SXEU31 DWAV 161800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 16.05.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Diagonal vom Nordwesten in den Südosten sowie am Alpenrand starke, teils schwere
Gewitter, über der Mitte nordostwärts verlagernd. Von der Deutschen Bucht bis
nach Sachsen mehrstündiger Starkregen gering wahrscheinlich.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC

Aktuell … überdeckt ein flacher Höhenrücken weite Teile Süd- und Mitteleuropas
und läuft spitz in Richtung Island zu. Begrenzt wird dieser von zwei umfassenden
Langwellentrögen über dem nahen Ostatlantik sowie über dem westlichen Russland.
Um den abgeflachten Rücken läuft dabei ein schwacher Randtrog vom südlichen
England zur Nordsee. Das Bodendruckfeld ist einerseits charakterisiert durch
eine Hochdruckzelle über dem Europäischen Nordmeer und einem dazugehörenden,
nach Polen reichenden Keil, sowie andererseits durch eine flache Hochdruckzone
über dem westlichen Mittelmeerraum. Dazwischen ist eine Tiefdruckrinne
eingelagert, die ausgehend von einem Tief über der südwestlichen Nordsee zum
Balkan reicht. Dabei wird in weite Teile des Landes feuchtwarme Mittelmeerluft
geführt, nur im Nordosten ist eine trockenere und weniger warme Luftmasse
wetterbestimmend. Auf der warmen Seite ist die Luft dagegen deutlich feuchter
(ppws um 30 mm) und labiler (lapse rate um -0,65 K/100 m, CAPE bis 600 J/kg). Im
Zusammenspiel eines Randtroges (besonders gut in 300 hPa ausgeprägt) und einer
schwachen Bodenkonvergenz kam es daher vom Südwesten her zur Auslösung von
Schauern und Gewittern. Da die Scherungswerte nur schwach ausgeprägt sind, liegt
das Hauptaugenmerk auf örtlichem Starkregen oder heftigem Starkregen (15 bis 35
l/qm/h) und Hagel mit Korngrößen bis 3 cm. Örtlich können zudem stürmische Böen
(Bft 8) auftreten. Zum Ausgabezeitpunkt des Berichts reicht diese „Linie“ vom
Emsland bis nach Ostbayern und verlagert sich in den nächsten Stunden im Süden
nach Osten sowie über der Mitte weiter in Richtung Nordosten. Auch am Alpenrand
hält die Gewitteraktivität noch länger an. Diese haben dabei zunächst eine
ähnliche Stärke wie am Abend, bevor im Laufe der zweiten Nachthälfte die
Gewitteraktivität deutlicher nachlässt. Dafür steigt in einem breiten Streifen
von Schleswig-Holstein und der Deutschen Bucht über das westliche Brandenburg
bis nach Sachsen die Gefahr für ein- bzw. mehrstündigen Starkregen (mehr als 15
l/qm/h bzw. 20 l/qm/6h). Der Blick auf ICON-D2-EPS unterstützt dies mit mehr als
20 bis 30 % zwischen dem Emsland und dem westlichen Erzgebirge für 6-stündigen
Starkregen von mehr als 20 l/qm sowie mit mehr als 30 % in einem Streifen von
der Deutschen Bucht bis zur sächsischen Elbe für die zweite Nachthälfte. Darin
eingebettet sind jeweils schwache Signale für mehr als 35 l/qm/6h (diese wurden
in den letzten Läufen reduziert. Auch am östlichen Alpenrand gibt es ähnliche
Signale für die erste Nachthälfte. Für das Warnmanagement bietet sich daher an,
dass nach Abklingen der Gewitter auf mehrstündigen, markanten Starkregen gesetzt
wird. Den äußersten Nordosten erreicht der Regen bis dahin nicht. Der Wind
spielt allgemein keine große Rolle und kommt aus unterschiedlichen Richtungen.

Dienstag … zieht der Langwellentrog auf dem nahen Ostatlantik unter leichten
Tendenzen zum Abtropfen etwas ostwärts, dadurch verengt sich der Rücken über
West- und Mitteleuropa. Dessen Achse verläuft dabei von der Ostküste Spaniens
über Benelux bis zum südlichen Norwegen. Außerdem stärkt sich ausgehend vom
Hochdruckgebiet mit Schwerpunkt über Skandinavien die Hochdruckzone über
Deutschland. Diagonal über dem Nordosten Deutschlands befindet sich weiterhin
die aus der Nacht dort quasistationäre Luftmassengrenze, die im Tagesverlauf
leicht nach Südwesten gedrängt wird. Weiterhin trennt diese eine trockenere und
weniger warme Luftmasse von der warmen Mittelmeerluft im Südwesten ab. Im
Übergangsbereich kommt es im Tagesverlauf zu Schauern und einzelnen Gewittern,
die erneut mit örtlich begrenztem Starkregen um 20 l/qm/h einhergehen können.
Die Unwettergefahr ist dabei etwas geringer als am heutigen Tag (etwas geringere
ppws und Labilität). Die höchste Gewitterwahrscheinlichkeit besteht vom
Nordwesten bis in den östlichen Mittelgebirgsraum sowie allgemein im Bergland.
Davon abgesehen bleibt es im Südwesten sowie im äußersten Nordosten allgemein
trocken. Dazu wird es in der Südwesthälfte sommerlich warm, ansonsten verbleiben
die Höchstwerte unter der 25-Grad-Marke, an der See sind 20 Grad kaum zu
erreichen. An der Nebenrolle des Windes ändert sich nicht viel, dieser ist meist
schwach bis mäßig und kommt aus Nordost bis Nordwest. In der Nacht zum Mittwoch
klingen die Schauer und Gewitter rasch ab und nachfolgend bleibt es trocken.
Davor verantwortlich ist weiterhin der Einfluss des west- und mitteleuropäischen
Rückens sowie die Ausweitung des Bodenhochs mit Schwerpunkt über dem südlichen
Skandinavien. In der weiterhin weniger warmen Luft im Nordosten kühlt die Luft
teils bis 5 Grad aus, im Westen sind die Tiefstwerte dagegen um 15 Grad.

Mittwoch … ändert sich an der synoptischen Grundkonstellation nicht viel.
Weiterhin verläuft die Achse des Rückens vom Löwengolf bis zum Oslofjord. Die
Bodenhochdruckzelle etabliert sich zunehmend über dem nördlichen Polen. Von der
Deutschen Bucht bis zum Inn verläuft dabei die schon bekannte Luftmassengrenze.
Während nordöstlich davon die Höchstwerte zwischen 21 und 26 Grad liegen, sind
im Südwesten verbreitet mehr als 30 Grad möglich. Das Schauer- und
Gewitterrisiko ist gering, allenfalls am Alpenrand ist durch orographische
Auslösung der eine oder andere Schauer sowie ein Gewitter nicht ausgeschlossen.
Der Wind ist weiterhin schwach und kommt aus östlichen Richtungen. In der Nacht
zum Donnerstag schiebt sich der Rücken langsam etwa ostwärts, ist aber weiterhin
das entscheidende Muster. Dem Westen nähert sich jedoch die Kaltfront eines
Tiefs über dem Nordatlantik an, die sich primär in etwas dichterer Bewölkung
bemerkbar macht. Im äußersten Nordwesten sind aber erste Schauer und Gewitter
nicht ausgeschlossen. Sonst verläuft die Nacht meist ruhig mit einstelligen
Tiefstwerte im Osten und Südosten, sonst sind des 16 bis 10 Grad.

Donnerstag … ist die Achse des Höhenrückens deutlich ostwärts vorangekommen
und erstreckt sich nun von Süddeutschland bis nach Polen. Damit nimmt der
zyklonale Einfluss von Westen her langsam zu. Wenngleich der Haupttrog sich noch
auf dem Nordatlantik befindet, laufen auf seiner Vorderseite Kurzwellentröge von
Südwest nach Nordost. Ein erster
befindet sich bei den Britischen Inseln, der im Westen für schauerartigen Regen
sorgt. Teils sind darin Gewitter eingelagert. Später greifen schließlich von
Frankreich und Benelux her teils starke Gewitter auf den Südwesten, Westen und
Nordwesten über. Dabei besteht aufgrund der erhöhten Schwerungswerte, hohem CAPE
und ppws eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für einzelne unwetterartige
Entwicklungen. Außerdem wird es fast im ganzen Land sehr warm bis heiß mit
Höchstwerten zwischen 26 und 32 Grad.

Modellvergleich und -einschätzung

Die synoptischen Muster sind bei den verschiedenen Modellen ähnlich und ergeben
keine grundlegenden Vorhersageunsicherheiten. Die konvektiven Umlagerungen
weisen die typischen prognostischen Unschärfen auf, die im Nowasting gelöst
werden müssen. Das Potential für den mehrstündigen Starkregen liefert vor allem
ICON-D2-EPS. Besonders interessant wird die Lage ab Donnerstag, diese sollte
bezüglich unwetterartiger Entwicklungen im Fokus behalten werden

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Mag.rer.nat. Florian Bilgeri