SXEU31 DWAV 131800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 13.05.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Hoch XENOPHON übernimmt – ruhiges und meist trockenes Wochenende. Erst am Montag
von Westen wieder unbeständiger mit (durchaus erwünschten) Regenfällen und teils
kräftigen Gewittern.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland weiterhin unter einer westlichen
Höhenströmung, die zwischen einem breit aufgestellten Trog über Nord- und einem
nicht minder breiten Rücken über Südeuropa hindurchflutscht. Von Westeuropa her
nähert sich langsam ein flacher Rücken, so dass der Potenzialgradient in den
nächsten Stunden immer weiter aufweicht. Der Rücken korreliert mit dem Hoch
XENOPHON (immerhin ein Schüler des großen Sokrates; nicht das Hoch selbst,
sondern Antik-Grieche Xenophon), das seinen Einfluss vom nahen Atlantik immer
weiter nach Osten ausdehnt und somit auch bei uns an Einfluss gewinnt. Im
Verbund mit dem Tagesgang sorgt dieser Sachverhalt nicht nur für eine allgemeine
Wetterberuhigung, auch wolkentechnisch wird ordentlich an der Tilgung
gearbeitet.

Zunächst der Blick in den äußersten Süden, wo sich noch immer die inzwischen
gealterte Luftmassengrenze gegen ihr Karriereende wehrt. Immerhin hat sie der
vorhersagenden Meterologenschaft von gestern bis heute Nachmittag ordentlich
Arbeit beschert und den Süden bzw. die Mitte BaWüs und Bayerns mit
schauerartigen (Stark)Regenfällen und teils kräftigen Gewittern bis in den
WU-Bereich versorgt. Inzwischen hat sich die Lage aber beruhigt, was zum einen
der Annäherung des Rückens, zum anderen dem Entrainment trockenerer und
stabilerer Luftmassen von Westen und Norden her geschuldet ist. Letzte Schauer
am Alpenrand dürften sich bald erledigt haben, die Wolken lockern vielfach auf
und auch die Front (die am Ende eher einer Dry-Line denn einer thermischen
Luftmasse glich) dürfte allmählich aus den Analysen verschwinden.

Zur Mitte hin ist und war das Wetter heute gänzlich unproblematisch mit nur
wenigen Wolken (neben flachen Quellungen auch einige Cirren), die auch in der
kommenden Nacht nicht mehr werden. In der trockenen Luft kühlt die Luft zum Teil
auf 5°C, in einigen Tal- und Muldenlagen noch etwas darunter ab. In der Eifel
sendet der alte Märtyrer Bonifatius, seines Zeichens einer der Eisheiligen,
sogar einen kleinen Gruß, indem „er“ die Temperatur in Bodennähe punktuell bis
in den leichten Frostbereich zurückgehen lässt.

Im Norden, wo die Zufuhr subpolarer Meeresluft am ausgeprägtesten ist (T850 um
3°C), tagsüber sogar einige meist schwache Schauer aufgetreten sind (Obergrenze
zwischen 600 und 700 hPa) und zudem noch ein flotter und böiger westlicher Wind
unterwegs war, stehen die Zeichen ebenfalls auf Beruhigung. Die Wolken lockern
mehr und mehr auf und windmäßig reicht es nur noch an exponierten
Küstenabschnitten (Ostsee und anfangs noch nordfriesische Küste) für ein paar
steife Böen 7 Bft aus West-Südwest (leichte Rückdrehung).

Samstag … schiebt sich der flache Rücken noch etwas dichter an den
Vorhersageraum heran, wobei seine Achse leicht westlich von uns verbleibt. Das
korrespondierende Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt mit etwas über 1020 hPa
vor die niederländische Küste, erstreckt sich insgesamt aber von Irland/England
über den Vorhersageraum hinweg bis zum nördlichen Balkan. Im Nordosten des
Landes bleibt zwischen dem Hoch und dem Doppeltief ZOEY über der Norwegischen
See respektive Nordskandinavien zumindest bis zum Nachmittag ein gewisser
Gradient übrig, der den auf Nordwest rechtdrehenden Wind noch mal für einige
Stunden anfacht mit Böen 7 Bft insbesondere an der vorpommerschen Küste und ein
Stück weit auch im Hinterland. Darüber hinaus kommt die Warmfront eines neuen
Tiefs südwestlich von Island (neuer Durchlauf beginnt, Gott zum Gruße ASTRID)
dem äußersten Norden und Nordosten ziemlich nahe, so dass man sich von SH bis
hinüber nach Südostvorpommern über ein paar lustlose Tropfen Regen nicht wundern
sollte.

Ansonsten gilt es für den größten Teil der Nation aber einen trockenen Tag zu
vermelden. Im Norden bilden sich unter der auf 750 bis 800 hPa absinkenden
Inversion mal mehr, mal weniger dichte Quellungen, so dass die
Sonnenscheinbilanz nicht ganz so überragend ausfällt wie in der Mitte und in
weiten Teilen Süddeutschlands, wo Wolken Mangelware sind. Erst wenn man den
Alpen näherkommt, nimmt die Wahrscheinlichkeit für tagesgangbedingte Quellwolken
wieder zu. Ob das auch ausreicht, aus den Resten der feuchtwarmen und potenziell
instabilen Luftmasse noch ein paar wenige Schauer oder gar ein Gewitter auf
deutschen Hoheitsgebiet zu generieren, ist fraglich. Die Hauptaktivität soll
sich im Wesentlichen auf den inneralpinen Bereich sowie auf die Alpensüdseite
konzentrieren, aber ganz ausschließen lässt sich ein vereinzeltes Gewitter auch
bei uns nicht. Wenn was hochschießt, dann gilt es primär den Starkregen im Auge
zu haben (PPWs um 20 mm, kaum Bewegung).

Bei auf Nordwest bis Nord drehendem Wind steigt die Temperatur verbreitet auf 22
bis 27°C mit den höchsten Werten am Ober- und Mittelrhein nebst Nebenflüssen.
Etwas verhaltener das thermische Niveau im Norden, wo 19 bis 23°C, direkt an der
noch kühlen See sogar nur 14 bis 18°C auf der Karte stehen.

In der Nacht zum Sonntag verlagert das Hochs seinen Schwerpunkt nach
Norddeutschland und auch der Rücken kommt noch einen kleinen Tick nach Osten
voran. Unter dem Strich bedeutet das für die meisten Landesteile eine gering
bewölkte oder klare Nacht, in der die Luft im Norden und Osten sowie in einigen
Mittelgebirgen auf 5°C oder etwas darunter abkühlt. Gerade in prädestinierten
Muldenlagen sowie über trockenen Sandböden ist punktuell leichter Frost nicht
ganz ausgeschlossen. Im äußersten Nordwesten besteht eine leichte Neigung zu
Nebel oder Hochnebel.

Sonntag … verbringt Deutschland unter der Nordostflanke des o.e. Höhenrückens,
der sich mächtig aufplustert und dessen Hauptachse nach Nordwesten gen Island
Ostgrönland gerichtet ist. Vorderseitig herrscht verbreitet Absinken und vor
allem über dem Europäischen Nordmeer steigt der Luftdruck deutlich an. Am Ende
steht eine stark meridional geprägte, sich von der Grönlandsee bis nach
Mitteleuropa erstreckende Hochdruckzone auf der Karte, die deutschlandweit für
einen sonnigen oder nur locker bewölkten Sonntag (nomen est omen) sorgt. Zwar
wird die Luftmasse im äußersten Süden und Südwesten von der unteren Troposphäre
her zunehmend labilisiert (Anstieg T850 von rund 11°C auf bis zu 14 oder 15°C
bei konstant -15°C auf 500 hPa), allerdings ist der Wasserdampfgehalt zu gering
und die Deckelung zu stark, so dass selbst über den Bergen keine Gewitter
ausgelöst werden. Die Luft erwärmt sich auf 24 bis 29°C, am Oberrhein lokal
30°C. Etwas verhaltener das thermische Milieu in einem Streifen von der
Deutschen Bucht bis hinüber in den Berliner Raum mit 19 bis 24°C, an der Küste
bei Seewind nur um 16/17°C.

In der Nacht zum Sonntag lohnt es sich mal wieder einen etwas geschärfteren
Blick auf die Geschehnisse über dem Osttalantik zu werfen. Dort hat sich
inzwischen ein veritabler LW-Trog mit eigenständigem Drehzentrum breitgemacht,
das von mehreren Randtrögen umkreist wird. Das zugehörige Tief ASTRID befindet
sich noch deutlich südwestlich von Island, wo es den Charakter eines steuernden
Zentraltiefs erworben hat. Auf seiner Südflanke wird ein kleines, aber sehr
entwicklungsfähiges Tief ost-nordostwärts gesteuert, was für das Geschehen bei
uns aber keinerlei Bedeutung hat. Deutlich relevanter ist einer der o.e.
Randtröge, der im Laufe der Nacht via Biskaya auf Frankreich sowie UK/Irland
zusteuert. Der damit einhergehende Druckfall erzeugt über Frankreich und Benelux
eine breite Rinne, die dem Zentraltief angeschlossen ist und langsam seine
Fühler bis nach Westdeutschland ausstreckt. Derweil verschieben sich die
Bodenhochdruckzone und die Achse des Rückens langsam nach Nordosten.

Die Konsequenz daraus ist, dass schon im Laufe der Nacht von Ostfrankreich und
BeLux sowie aus der Schweiz heraus Schauer und Gewitter auf den Westen und
Südwesten sowie die alpennahen Gebiete (dort allerdings nicht nach Osten hin)
übergreifen können. Wie genau das Ganze aussieht, lässt sich heute noch nicht
belastend beantworten, weil es stark von den Entwicklungen am Tage bei unseren
westlichen und südwestlichen Nachbarn abhängt. Von den Modellen zeigt sich IFS
am offensivsten mit den höchsten Niederschlagspeaks, was aber noch nichts heißen
muss. Der Norden und die gesamte Osthälfte bleiben sehr wahrscheinlich noch
außen vor, lediglich durchziehende Cirren geben einen zaghaften Hinweis darauf,
dass weiter west-südwestlich was passiert. Inwieweit diese Entwicklung die in
dieser Nacht anstehende Mondfinsternis stört, ist schwer zu beurteilen. Im
Westen und Südwesten könnten Wetter und Wolken schon ein Hindernis sein, während
nach Norden und Osten hin der frühere Monduntergang bzw. die früh einsetzende
Dämmerung das Problem sein dürften. Kein Problem mehr ist Frost in Bodennähe,
dazu reicht die Abkühlungsrate nicht mehr aus.

Montag … wird der Höhenrücken über der Nordsee und dem Nordmeer stationär,
wodurch seine Blockadewirkung zunimmt. Weiter südlich, also genau bei uns,
offenbart er allerdings eine Schwachstelle. Genau genommen „bohrt“ sich der
mittlerweile an Schärfe zugenommene Randtrog von BeNeLux und Frankreich in die
Westflanke des Rückens. Dabei wird vorderseitig zum einen synoptisch-skalige
Hebung generiert, zum anderen fällt der Luftdruck weiter. Aus der ziemlich breit
gestarteten Rinne wird ein deutlich schmalerer „Schlauch“, dessen gut
ausgeprägte Konvergenzachse am Mittag etwa von den Niederlanden über den Harz
bis zum Erzgebirge reicht.

Nördlich der Konvergenz strömt mit östlichen Winden relativ trockene und
stabilere, aus dem Hoch ausfließende Luft in den Nordosten, wo entsprechend
wenig bis nix passiert. Vielleicht reicht es im Tagesverlauf mal für einen
schwachen Schauer, ansonsten scheint aber trotz einiger durchziehender Wolken
häufig die Sonne bei Temperaturmaxima unter 25°C.
Anders die Situation süd-südwestlich der Konvergenzachse (-linie), wo sich
zunehmend feuchte (PPWs steigen z.T. auf über 30, stellenweise über 35 mm) und
potenziell instabile Subtropikluft ostwärts ausbreitet. Und da vorher in vielen
Bereichen noch genügend Einstrahlung gegeben ist, kann ausreichend CAPE
generiert werden. Je nach Modell stehen gebietsweise über 1000 J/kg für
konvektive Schandtaten zur Verfügung und da für Hebung ja gesorgt ist – zu dem
o.e. Randtrog kommen noch die Orografie und möglicherweise eine von Westen
nachlaufende schwache Kaltfront dazu -, dürfte am Montag gewittermäßig einiges
abgehen. Dass dabei auch rote Karten vornehmlich wegen Starkregen, vielleicht
aber auch wegen Hagel(ansammlungen) gezogen werden müssen, ist nicht
unwahrscheinlich. Ansonsten gilt natürlich das Gleiche wie für die Vornacht
nämlich, dass Detailfragen noch etwas geschoben werden müssen.

Die Temperatur steigt auf Höchstwerte zwischen 24 und 28°C, ganz im Norden etwas
darunter.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle sind sich weitgehend einig, auch wenn es bei den Regen- und
Gewitterschwerpunkten am Montag – naturgemäß möchte man hinzufügen – noch
Diskrepanzen gibt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann