S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 09.05.2022 um 10.30 UTC

Übergang von nördlicher Westlage hin zu einem blockierenden Hoch über
Westeuropa; Omegalage in der erweiterten Mittelfrist.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 16.05.2022

Am Donnerstag herrscht zwischen hohem Druck über dem Mittelmeer und tiefen
Luftdruck über dem Nordmeer und Skandinavien eine nördliche Westlage. Dabei
besteht ein starkes Süd-Nord Temperaturgefälle. Während im Süden Deutschlands
die 850-hPa-Temperatur bei 12 °C liegt, erreicht sie in Schleswig-Holstein nur 1
°C. Dabei simulieren die Modelle das Übergreifen eines Kurzwellentroges auf den
Norden, der im IFS kaum, im GFS mäßig und im ICON sehr stark ausgeprägt ist.
ICON-0z simuliert dabei ein abgeschlossenes Bodentief an der Frontalzone über
Deutschland auf der Trogvorderseite. In der labil geschichteten Luft bauen sich
demnach bis zu 700 J/kg CAPE in der Mitte auf. Die Deep-Layer-Scherung liegt auf
Grund der straffen Höhenströmung bei 30 m/s! So bietet ICON-0z alle Zutaten für
eine Schwergewitterlage. Die Hauptgefahr würde dabei von schweren Sturmböen oder
lokal sogar orkanartigen Böen ausgehen. GFS, das den Trog schwächer und weiter
nördlich sieht, zeigt ein abgeschlossenes Tief über der Nordsee. Mit ein paar
100 J/kg CAPE sind auch hier an der Kaltfront Gewitter möglich. Die Scherung
lässt hier aber im Tagesverlauf von Westen her deutlich nach, sodass sich eine
nicht so gute Überlappung mit den höchsten CAPE-Werten ergibt. Im IFS und im
neuen ICON-6z-Lauf ist der Trog kaum auszumachen. Es wird im Norden nur wenig
CAPE simuliert, der allenfalls für Schauer reicht. Südlich der Donau hingegen
werden bis zu 500 J/kg berechnet. Dort zeigen ICON6z und IFS einige Gewitter.
Durch die kräftige Höhenströmung herrschte ein für die Jahreszeit ungewöhnlich
starker Wind. In den Niederungen werden daher starke, im ICON lokal sogar
stürmische Böen simuliert.
In der Nacht zum Freitag zeiht der Trog ostwärts ab. Die Front gelangt über der
südlichen Mitte Deutschlands ins schleifen. Auf der warmen Seite wird in der
Südhälfte Deutschlands von allen Modellen weiterhin schauerartiger, teils
gewittrig durchsetzter Regen gezeigt, der die Nacht über andauern kann. Auf den
Nordwesten greift in den Morgenstunden ein weiterer, diesmal in allen Modellen
schwacher Kurzwellentrog über.

Ab Freitag beginnt sich die Wetterlage umzustellen: Vorderseitig eines
Langwellentroges, der von Grönland aus südwärts vorstößt, baut sich ein Rücken
über dem Ostatlantik auf. Das korrespondierende Bodenhoch verbindet sich mit dem
hoch über dem Mittelmeer. Stromabwärts amplifiziert sich der Kurzwellntrog über
Deutschland, der allerdings gegen das hohe Geopotenzial über dem Mittelmeer
anläuft. Schauer im Norden Deutschlands sind die Folge, während sich im Süden in
der warmen und feuchten Luftmasse wieder bis zu 700 J/kg CAPE aufbauen können.
Dort gibt es im Tagesverlauf erneut kräftige Schauer und Gewitter. Bei mäßiger
Scherung können diese auch besser organisiert sein.

Am Samstag setzt sich die Umstellung der Wetterlage fort. Über Großbritannien
kräftigt sich ein Hoch, das zusammen mit dem Mittelmeerhoch eine große
Hochdruckzone über ganz West,- Süd- und Mitteleuropa bildet. Auch am Samstag
gibt es wieder erheblich Unsicherheiten bezüglich des sich stromabwärts
entwickelnden Troges. Im IFS und ICON-06z liegt dieser recht schwach weiter
östlich über dem Baltikum, und zieht rasch ostwärts ab, während er sich im GFS
stromabwärts über Norddeutschland amplifiziert.

Am Sonntag wölbt sich der Höhenkeil über Westeuropa weiter bis ins Nordmeer auf.
Das korrespondierende Bodenhoch beeinflusst weiterhin Deutschland. Während sich
im Westen die Luft unter Absinken weiter erwärmt, fließt in den Nordosten
Deutschlands an der Ostflanke des Hochs weiterhin etwas kühlere und
wolkenreichere Subpolarluft ein.

Zu Beginn der nächsten Woche verlagert sich der Hochdruckblock Richtung
Skandinavien. Es bildet sich ein Omegamuster, während über Westeuropa zunehmend
heiße Sahraluft Nord-nordostwärts vorankommt.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Kurzwellentröge werden von Donnerstag bis Samstag in den Vorgängerläufen
geringfügig anders berechnet, wodurch die Schauer- und Gewitteraktivität
beeinflusst wird. Ansonsten ist die Entwicklung der Großwetterlage recht
eindeutig.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die Modelle zeigen relevante Unterschiede bezüglich der Kurzwellentröge von
Donnerstag bis Samstag. Die anschließende blockierende Hochdruckwetterlage wird
dann von allen Modellen wieder recht einheitlich gezeigt.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die IFS-ENS-Rauchfahnen zeigen nach der Temperaturspitze am Mittwoch
deutschlandweit einen Temperaturrückgang bis Samstag. Die Streuung ist vor allem
in der Mitte dabei etwas größer. Besonders im Norden sinkt dabei das
Geopotenzial. Größere Streuung zeigen sich aber im Geopotenzial nicht, sodass
die Unsicherheiten bezüglich der Tröge in den Ensembles nicht so ausgeprägt,
sondern eher Modellabhängig sind. Vor allem im Süden werden von Donnerstag bis
Samstag Niederschlagssignale simuliert, die auf Grund des konvektiven Charakters
recht unterschiedliche Intensität zeigen.
Ab Sonntag zeigt sich ein Aufwärtstrend bei Temperatur und Geopotenzial, der
allerdings im Ensemblemittel nicht so stark ausfällt, wie ihn der Hauptlauf
erwarten lässt. Dieser befindet sich ab Dienstag im oberen Bereich der ENS. Die
Streuung ist ab Sonntag erheblich. Dies deutet darauf hin, dass noch nicht
sicher ist, wo genau das blockierende Hoch liegen bleibt.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass noch erheblich Unsicherheiten von
Donnerstag bis Samstag bei den Trogdurchgängen bestehen. Die ICON-0z-Variante
mit der potenziellen Schwergewitterlage am Donnerstag gilt als unwahrscheinlich,
zumal sie von den anderen Modellen nicht bestätigt worden sind und vom 6z-Lauf
bereits wieder verworfen wurde. Dennoch sind einzelne schwere Gewitter nicht
auszuschließen. Die Blockadelage ab dem Wochenende gilt als gesichert und wird
von allen Clustern gezeigt. Unsicher ist noch die genaue Position des Hochs, die
sich auf das Temperaturniveau auswirkt. Die heiße Variante, des IFS-Hauptlaufs
ist zwar derzeit eine Außenseiterlösung, wahrscheinlich liegt das
Temperaturniveau auf einem niedrigeren, aber meist noch sommerlichen Niveau. Bei
ähnlichen Wetterlagen in der Vergangenheit haben sich häufig die wärmeren
varianten letztendlich mit der ostwärts Verlagerung des Blocks durchgesetzt. Da
diese Wetterlage sehr stabil ist, müssen wir uns ab dem Wochenende
voraussichtlich auf einen längeren trockenen Witterungsabschnitt einstellen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Donnerstag muss vor allem im Süden mit Gewittern gerechnet werden. Dabei geht
die Hauptgefahr in der Mitte von Sturmböen, im Süden auch von Starkregen und
Hagel aus. Lokale Unwetter sind dabei möglich, jedoch ist eine
Schwergewitterlage, wie sie ICON0z zeigte eher unwahrscheinlich.

Der Wind nimmt deutlich zu, sodass im Bergland mit stürmisch Böen gerechnet
werden muss.

Am Freitag gibt es weitere Gewitter im Süden. Auch hier kann es lokale Unwetter
bezüglich Starkregens und Hagel geben. Stürmische Böen beschränken sich auf die
schleswig-holsteinische Küste.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, Donnerstag/Freitag IFS-MOS, ab Samstag MOS-MIX und IFS-ENS-Mittel

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christian Herold