SXEU31 DWAV 051800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 05.05.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
GEWITTER/STARKREGEN:
Zunächst im Süden und Osten Schauer und Gewitter, örtlich eng begrenzet
Starkregen bis 25 l/qm in kurzer Zeit. Am Abend und in der Nacht zum Freitag
auch am Alpenrand zunächst teils kräftige Gewitter, später in nichtgewittrigen
Starkregen übergehend, unwetterartiger Starkregen in ein oder mehreren Stunden
(über 25 mm pro Stunde bzw. um 40 mm innerhalb weniger Stunden nicht
ausgeschlossen. Sonst abklingende Schauer und Gewitter.
Außerdem in der Nacht zum Freitag sowie erneut in der Nacht zum Montag im Norden
bei längerem Aufklaren leichter Bodenfrost nicht auszuschließen.
An den Folgetagen jeweils im Tagesverlauf mit geringer Wahrscheinlichkeit am
Alpenrand, entlang vom Inn und im südlichen Bayerischen Wald sowie zum Teil auch
in den südwestdeutschen Mittelgebirgen noch einmal Gewitter mit Starkregen bis
25 mm innerhalb kurzer Zeit.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC

Aktuell … liegt Deutschland unter einer antizyklonalen westlichen Strömung.
Die Frontalzone verläuft von der Südspitze Grönlands über Island und Karelien
hinweg zum mittleren Ural. Ein darin eingelagerter schwacher Trog hat
Ostfrankreich erreicht und tropft zur Rhonemündung aus. Der Resttrog greift auf
den Nordwesten Deutschlands über, kommt aber in seinem nördlichen Teil rascher
voran als in seinem südlichen Teil, wo sich ein weiterer Abtropfprozess
abzeichnet. Folglich bleibt über dem weitaus größten Teil Deutschlands eine
steile südwestliche und antizyklonal gekrümmte Strömung bestehen. Im
Bodendruckfeld hält sich eine Hochbrücke, die, ausgehend von einem Bodenhoch mit
Schwerpunkt westlich der Biskaya, über das nördliche Mitteleuropa hinweg nach
Westrussland erstreckt.
Mit dem allmählichen Übergreifen des Resttroges setzt sich von Nordwesten her,
gestützt durch antizyklonale Vorticityadvektion, in Bodennähe wieder
antizyklonaler Einfluss durch. Demzufolge ist dann die Luftmasse vom Vortag über
dem Südosten Deutschlands zu finden, d.h. Konvektion erfolgt im Südosten und bis
in den östlichen Mittelgebirgsraum hinein. Allerdings wird die Luftmasse durch
Entrainmentprozesse aus dem von Nordwesten her übergreifenden Hochkeil heraus
ein wenig entschärft. CAPE erreicht kaum noch 400 J/kg und der Gehalt an
niederschlagbarem Wasser liegt bei 20 mm. Somit kann in Verbindung mit
hochreichender Konvektion noch Starkregen und vielleicht auch kleinerer Hagel
auftreten, unwetterartige Starkregenfälle sind jedoch weitgehend
unwahrscheinlich.
Allerding gilt es, den Alpenrand im Auge zu behalten. Bedingt durch eine
nördliche bis nordwestliche bodennahe Windkomponente wird dort die feuchtlabile
Luft gestaut und gehoben, so dass dort ab dem Abend die intensivsten
Entwicklungen zu erwarten sind. Dabei dürften von Gewittern begleitete
mehrstündige Starkregenereignisse bis hin zum Unwetter zustande kommen.
In der Nacht zum Freitag verlagert sich der aus dem o.g. Austropfprozess
hervorgegangenen Resttrog, ebenfalls im Austropfen begriffen, in die Mitte
Deutschlands. Von Westen her setzt sich zusehends der Keil eines mit Schwerpunkt
unmittelbar westlich der Biskaya liegenden Bodenhochs durch. Absinken in dessen
Bereich lässt die Konvektion nahezu überall in sich zusammenfallen. Stellenweise
bilden sich flache Nebelfelder. Bei längerem Aufklaren kann es im Nordwesten und
im Norden Deutschlands in ungünstigen Lagen noch einmal leichten Frost in
Bodennähe geben. Für leichten Luftfrost sollte es nicht mehr reichen.
Eine Ausnahme stellt bis weit in die zweite Nachthälfte hinein der Südosten
Deutschlands und dort vor allem der Alpenrand dar, wo weiterhin Reste der
vorherigen Luftmasse zu finden sind. Dort werden die gesamte Nacht hindurch von
mehreren hochauflösenden Modellen konsistent über mehrere Modellläufe hinweg
mehrstündige Starkregenfälle simuliert. Selbst unwetterartige Regenmengen
können, leicht abgesetzt vom Alpenrand, nicht ganz ausgeschlossen werden.
Allerdings gibt die beteiligte Luftmasse aus synoptischen Überlegungen heraus
derartig hohe Niederschlagssummen nicht unbedingt her.

Freitag … tropft auch der Resttrog in Richtung Zentralmassiv aus. Diesem folgt
ein Keil, der von der Biskaya nach Südskandinavien gerichtet ist. Ein weiterer
Trog greift währenddessen auf England über. Im Bodendruckfeld wird, gestützt
durch den Keil, die Hochbrücke regeneriert. In deren Bereich stellen sich
größere Auflockerungen im Wechsel (vor allem in Nordseenähe) mit teils dichteren
Sc-Feldern ein, wobei es niederschlagsfrei bleibt. In einem breiten Streifen von
den westlichen Mittelgebirgen und von der Pfalz bis nach Brandenburg und ins
nördliche Sachsen stellen sich längere sonnige Abschnitte ein.
Der Südosten verbleibt noch an der Vorderseite des Resttroges, so dass dort die
Konvektion, wenngleich in einer deutlich abgeschwächten Version, noch einmal
aufleben kann. CAPE wird kaum noch generiert, der Gehalt an niederschlagbarem
Wasser ist nahezu unverändert, auch von der Dynamik bleibt jegliche
Unterstützung aus, so dass ganz im Süden, d.h. am Hochrhein, in Bodenseenähe und
entlang der Alpen noch einzelne Gewitter auftreten können, aber die
Wahrscheinlichkeit für Starkregenereignisse eher gering ist.
Gegenüber den Vortagen erfolgt ein leichter Temperaturanstieg auf 18 bis 23
Grad. In Küstennähe und im Südosten werden 12 bis 17 Grad erreicht.

In der Nacht zum Samstag rückt dann der Trog von den Britischen Inseln bis zu
den Benelux-Staaten vor und tropft ebenfalls aus. Trogvorderseitige Hebung lässt
dann im Nordwesten mehrschichtige Bewölkung aufziehen, ohne dass bereits
Niederschlag fällt. Gegenüber weiter zurückliegenden Modellläufen wird diese
Entwicklung von den aktuelleren Simulationen ausgebremst.
Ansonsten hält sich der Einfluss des nach Osten abziehenden Bodenhochkeils.
Absinken lässt den Himmel aufklaren. Vor allem im Süden, wo der Gradient am
schwächsten ist und wo zuvor der meiste Regen fiel, können sich erneut flache
Nebelfelder bilden.

Samstag … überquert der Resttrog weitgehend das Vorhersagegebiet, wobei sich
das Cut-Off-Tief von den Benelux-Staaten nach Ostfrankreich verlagert. Dieser
Trog ist Bestandteil eines breiten, auf Skandinavien übergreifenden
Langwellentroges. Das mit diesem Trog korrespondierende kräftige Bodentief wird
über das Nordmeer hinweg in Richtung Barents-See gesteuert. Dessen Kaltfront
dringt über die dänischen Inseln hinweg bis nach Süd-Dänemark vor, mit deren
Annäherung frischt an der Nordseeküste von der Elbmündung aus nordwärts der Wind
aus Nord-Nordwest auf, ohne jedoch warnrelevant zu werden. Auch sonst ist der
Wind, abgesehen vielleicht von Gewitterböen, über den gesamten
Vorhersagezeitraum hinweg nicht warnrelevant.
Mit dem nach Deutschland sich verlagernden Trog erfassen die Niederschläge dann
den Norden und Westen Deutschlands. Dabei sind die zu erwartenden Regenmengen
alles andere als warnrelevant und bedeuten keinesfalls ein Ende der Trockenheit
in weiten Teilen Deutschlands. Meist liegen die zu erwartenden Mengen unter 5
mm, nur in Staulagen kommen maximal 10 mm zusammen. Kurze eingelagerte Gewitter
sind zwar wenig wahrscheinlich, können nicht ganz ausgeschlossen werden.
Immerhin handelt es sich um Niederschläge, die im Bereich bzw. unmittelbar an
der Vorderseite eines Troges zustande kommen. Die Luftmasse ist daher leicht
labil, aber mit einem Flüssigwassergehalt bis 25 mm einigermaßen feucht.
Aufgrund verringerter Einstrahlung wird nur wenig CAPE generiert. Später am Tag
lassen von der Nordsee her die Niederschläge nach.
In der Donauregion und südlich davon sowie über dem Bayerischen Wald wird die
dort noch vorhandene leicht feuchtlabile Luftmasse, die ähnliche Parameter wie
die im Nordwesten vorhandene Luft aufweist, durch schwache Hebung an der
Vorderseite des ostwärts schwenkenden Resttroges aktiviert. Dort und auch aus
den Alpen heraus können sich schauerartige und vereinzelt gewittrige
Niederschläge entwickeln. Die Wahrscheinlichkeit für Starkregen ist gering;
dennoch sind derartige Ereignisse nicht ganz auszuschließen.
Auflockerungen sind im Küstenbereich und südlich der Mittelgebirge am
wahrscheinlichsten, aber auch sonst ist die Bewölkung keinesfalls längere Zeit
geschlossen. Kompensierendes Absinken sorgt in einem breiten Streifen von der
Pfalz und vom Nordschwarzwald bis zur Lausitz und zum Oberpfälzer Wald für
längere sonnige Abschnitte. Gegenüber Freitag ändern sich die Temperaturen nur
unwesentlich.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich das Cut-Off-Tief von Ostfrankreich
kommend zum Zentralmassiv und verliert hierdurch seinen Einfluss auf unser
Wettergeschehen. Ähnliches gilt auch für den Resttrog, der bis Sonntagfrüh das
Erzgebirge überquert hat. Folglich kräftigt sich der antizyklonale Einfluss,
ausgehend von einem Bodenhoch mit Schwerpunkt über der Nordsee und Südnorwegen.
Die Konvektion kommt spätestens in der zweiten Nachthälfte dann auch am
östlichen Alpenrand vollends zum Erliegen.
An der Südflanke dieses Hochs (vielmehr einer Hochbrücke, die sich bis in den
Azorenraum erstreckt) wird die Kaltfront des dann in Richtung Nowaja Semelja
ziehenden Tiefs nach Süden bis in den Mittelgebirgsraum gedrückt. Deren
Wetterwirksamkeit beschränkt sich weitgehend auf kompakte, bis etwa 600 hPa
hinaufreichende Bewölkung, geringe Niederschläge bis maximal 1 mm zeichnen sich
allenfalls an den Nordseiten der Mittelgebirge ab. Postfrontal kann es im Norden
aufklaren. In ungünstigen Lagen weiter im norddeutschen Binnenland ist dann
leichter Bodenfrost nicht ganz auszuschließen.

Sonntag … gelangt Deutschland unter die Vorderseite eines breiten
Höhenrückens. Durch diesen wird ein ausgedehntes Bodenhoch mit Schwerpunkt über
der Nordsee und Südnorwegen gestützt. In dessen Randbereich setzt sich über dem
Norden und Westen Deutschlands Absinken durch. Die Folge sind längere sonnige
Abschnitte. Nur an den Nordseiten der Mittelgebirge hält sich noch Restbewölkung
der vorherigen Kaltfront. Die Wetterwirksamkeit dieser Front wird
unterschiedlich simuliert. Während ICON allenfalls über dem östlichen Erzgebirge
und der Lausitz ein paar Millimeter zustande bringt (was das wahrscheinlichere
Szenario darstellt) zeichnet sich nach EZMW eine Intensivierung der frontalen
Niederschläge, 6-std. In Staulagen bis etwa 10 mm, ab. Nach GFS werden die
frontalen Niederschläge etwa 200 km weiter südlich als EZMW und ICON, aber mit
ähnlichen Niederschlagssummen wie beim EZMW, erwartet. Nach allen
Vorhersagemodellen sind die zu erwartenden Niederschläge fernab von jeglicher
Warnrelevanz.
Über den süddeutschen Mittelgebirgen sowie aus den Alpen heraus können sich etwa
ab Mittag zunächst einzelne, im Tagesverlauf vermehrt Gewitter entwickeln.
Bedingt durch eine nördliche, im Süden eher nordöstliche bodennahe Strömung
staut sich feuchtlabile Luft an den dort vorhandenen orografischen Strukturen.
Der Gehalt an niederschlagbarem Wasser erreicht dort Werte um 20 mm, CAPE (KK)
bis 500 J/kg. Für konvektive Umlagerungen, die erneut durchaus mit Starkregen
einhergehen können, ist dies hinreichend. Gegenüber den beiden Vortagen ergibt
sich keine nennenswerte Temperaturänderung.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten. Auf eventuelle Abweichungen zum oben beschriebenen
Szenario ist bereits weiter oben hingewiesen worden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann