SXEU31 DWAV 031800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 03.05.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Im Süden und teils auch in der Mitte jeweils ab mittags Schauer und Gewitter mit
Starkregen (Unwetter v.a. am Mittwoch nicht ausgeschlossen), im Norden schwacher
Hochdruckeinfluss.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland nach wie vor im Bereich schwacher
Potenzialgegensätze. Die Frontalzone verläuft etwa von Südgrönland über Island
und Skandinavien bis in den Westen/Nordwesten Russlands. Darin eingebettet,
verlagert sich im Laufe der Nacht ein breit angelegter Trog über die Britischen
Inseln zur Nordsee bzw. zum Ärmelkanal, wodurch die flache, von Frankreich über
Süddeutschland ostwärts reichende und mit mehreren Drehzentren ausgestattete
Potenzialrinne aufgefüllt bzw. in den Trog inkludiert wird. Gleichzeitig wandert
ein flacher Höhenkeil über die Nordsee nach Nord- bzw. Ostdeutschland und wölbt
sich vorderseitig des herannahenden Troges ein wenig auf, so dass die schwache
Höhenströmung über dem Westen und Südwesten des Vorhersagegebietes auf Südwest
dreht.
Im Bodenfeld löst sich die Kaltfront des mit dem Trog über Nordeuropa
korrespondierenden Tiefs über der Barentssee über Norddeutschland auf. Dabei
kann sich die von den Azoren über Benelux bis zum Baltikum reichende
Hochdruckbrücke auch über Norddeutschland wieder etwas verstärken. Insgesamt
bleibt das Druckfeld über dem Vorhersagegebiet aber äußerst schwachgradientig.
Die die Kaltluft begleitende, etwas dichtere mehrschichtige Bewölkung kommt noch
ein wenig nach Süden voran und erreicht morgens in etwa die Regionen von der
Eifel über den zentralen Mittelgebirgsraum bis Brandenburg. Dabei bleibt es
weiterhin meist trocken, lediglich von der Eifel bis zum Siegerland simulieren
einige Modelle vereinzelte unergiebige Schauer, die wohl dem schwachen
trogvorderseitigen dynamischen Hebungsantrieb geschuldet sind. Dahinter klart
der Himmel über der Norddeutschen Tiefebene gebietsweise auf, ehe von Nordwesten
her erneut einige hohe Wolkenfelder aufziehen. Entsprechend kann die Luft wieder
deutlich auskühlen und es gibt vielerorts Frost in Bodennähe, in ungünstigen
Lagen ist auch Luftfrost nicht ausgeschlossen.
Über der Südhälfte hält sich dagegen nach wie vor eine feuchtere und vor allem
auch potenziell instabile Luftmasse. Innerhalb derer haben sich tagsüber wieder
vielfach Schauer und auch einzelne Gewitter entwickelt, die im Laufe der Nacht
wieder abklingen. Etwas länger dauern wird das an den Alpen bzw. im
Alpenvorland, von wo aus auch im Laufe der zweiten Nachthälfte bis zu den
ostbayerischen Mittelgebirgen noch eine leichte Schauertätigkeit simuliert wird,
ebenso in einigen südwestdeutschen Mittelgebirgen. Von Gewittern sollten diese
aber kaum mehr begleitet werden und auch Starkregen dürfte nur noch eingangs der
Nacht bzw. bis zum späteren Abend Thema sein. Ansonsten lockern die Wolken auch
mal stärker auf, wobei sich dann stellenweise dichter Nebel bilden kann. Mit
Tiefstwerten zwischen 9 und 3 Grad verläuft die Nacht etwas milder als im
Norden.

Mittwoch … arbeitet sich der Trog mit seiner Achse unter Amplifizierung nach
Südsüdwest zur Deutschen Bucht, nach Benelux und nach Zentralfrankreich vor. Der
flache Höhenrücken wird nach Westpolen abgedrängt und somit gelangt das gesamte
Vorhersagegebiet in den trogvorderseitigen Bereich. Mangels Gradient bleibt der
dynamische Hebungsantrieb (aufgrund von PVA) aber sehr gering, immerhin dreht
die Strömung auch niedertroposphärisch auf Südwest und die Hochdruckbrücke über
Norddeutschland schwächt sich zwar ab, bleibt aber erhalten.
Damit kann allerdings die feuchtlabile Luftmasse über Süddeutschland etwas nach
Nordnordost vorankommen und erfasst neben dem westlichen und zentralen
Mittelgebirgsraum (etwa Pfälzer Wald, eventuell Hunsrück, Taunus, Spessart, Rhön
bzw. osthessisches Bergland und Thüringer Wald) auch noch zumindest das Vogtland
bzw. Westerzgebirge. Auch die zeitweise dichtere SC-Bewölkung über der
nördlichen Mitte des Landes wird etwas nach Norden gedrückt. Somit dürften die
Sonnenanteile in vielen Regionen gegenüber heute abnehmen, am häufigsten zeigt
sich die Sonne noch im Nordosten, an den Küsten und im Westen, aber vor allem
vormittags auch noch in Teilen Süddeutschland.
Mit Annäherung des Troges wird eine geringfügig feuchtere Luftmasse nach
Süddeutschland und auch in die Mitte advehiert und die schwache Hebung induziert
eine zusätzliche Labilisierung. Der Flüssigwassergehalt steige gebietsweise auf
knapp über 20 mm, dazu wird am Nachmittag örtlich mehr als 500 J/kg ML-Cape
simuliert. Die Luftmasse ist nach wie vor hochreichend indifferent bzw. labil
geschichtet und ungedeckelt, mangels dynamischer Hebung beschränkt sich die
Auslöse somit zunächst auf die Orographie, ehe sich die Gewitter (oft gegen die
Strömung) allmählich auch in die Niederungen bzw. vom Alpenrand ins Vorland
vorarbeiten. Erneut weisen die Gewitter eine nur geringe bzw. gar keine
Verlagerungsgeschwindigkeit auf, so dass der Starkregen im Fokus der
Begleiterscheinungen steht. Auch Graupel bzw. kleinkörniger Hagel tritt lokal
eng begrenzt auf. Mangels Scherung entwickeln sich häufig kurzlebige
Einzelzellen bzw. unorganisierte Multizellencluster. Die Wahrscheinlichkeit für
unwetterartigen Starkregen ist gegenüber heute als etwas höher zu beziffern, was
auch ICON-D2-EPS andeutet. Dennoch betrifft es wieder nur, wenn überhaupt, sehr
wenige Regionen, so dass sich eine Vorabinformation nicht aufdrängt. Zudem muss
im alltäglichen Warngeschäft beachtet werden, dass die Radarverfahren derzeit
aufgrund der relativ niedrigen Nullgradgrenze und des hohen Graupelanteils
innerhalb der Gewitter eher zur Übertreibung neigen, die stündlichen Regenmengen
betreffend.
An den Höchstwerten ändert sich gegenüber heute meistens nur wenig. Nach wie vor
bewegt sich die 850 hPa-Temperatur zwischen 0 Grad im Norden und +7 Grad im
Süden. Somit werden Werte zwischen 15 und 21 Grad erreicht, wobei es vor allem
im Südwesten und in der Mitte aufgrund der dichteren Bewölkung etwas kühler
bleibt als heute. An den Küsten sowie im Nordwesten liegen die Höchstwerte bei
auflandigem Wind meist zwischen 10 und 15 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag kommt der Höhentrog mit seiner Achse nach
Westdeutschland bzw. Ostfrankreich voran. Dabei läuft aus dem Trog ein
kurzwelliger Anteil über den Süden und Osten Deutschlands nordostwärts, so dass
die Schauer- und Gewittertätigkeit nur zögernd zum Erliegen kommt und
gebietsweise bis in die zweite Nachthälfte andauert. Lokal eng begrenzt ist dann
auch noch Starkregen, eventuell mehrstündig, möglich.
Vor allem vom Schwarzwald bis zu den oberfränkischen und östlichen
Mittelgebirgen und an den Alpen dürfte das der Fall sein. Mit der
trogvorderseitigen Hebung kann es im Laufe der Nacht (übrigens nach Lesart mehr
oder weniger aller vorliegenden Modelle) auch in Sachsen-Anhalt (außer
nordwestliche Landesteile) und Brandenburg, vielleicht sogar bis nach
Ostvorpommern etwas regnen oder schauern.
Mit dem Trog sickert dagegen in die westlichen Mittelgebirge von Nordwesten her
eine zunehmend stabile und auch etwas trockenere Luftmasse. Somit verläuft die
Nacht in der Nordwesthälfte meist aufgelockert, teils auch gering bewölkt und
trocken, nach Abzug der Schauer lockern aber auch im Süden gebietsweise die
Wolken auf, wobei sich dort Nebel bilden kann. Im Nordwesten sinken die
Temperaturen auf 6 bis 0 Grad mit Frost in Bodennähe in ungünstigen Lagen, bei
längerem Aufklaren ist auch Luftfrost nicht ausgeschlossen (lediglich an den
Küsten bleibt es milder), ansonsten liegen die Tiefstwerte zwischen 10 und 4
Grad.

Donnerstag … kommt der schwache Höhentrog nur noch langsam über dem
Vorhersagegebiet ostsüdostwärts voran und tropft über dem westlichen Mittelmeer
ab. Abends verläuft dessen Achse mit leicht positiver Neigung in etwa von
Westmecklenburg bis zum Oberrheingraben bzw. Ostfrankreich. Somit verbleibt
lediglich der Südosten noch trogvorderseitig im Einflussbereich der
feuchtlabilen Luftmasse. Allerdings weitet sich von Frankreich her ein
Bodenhochkeil ins Vorhersagegebiet aus, so dass die Luftmasse auch dort durch
Entrainmentprozesse geringfügig abtrocknet. PPW geht um wenige mm zurück, dazu
werden nur noch 200 bis 400 J/kg ML-Cape simuliert. Dennoch entwickeln sich
innerhalb der ungedeckelten Luftmasse, etwas Einstrahlung vorausgesetzt, vom
östlichen BaWü und auch den Alpen heraus Schauer und Gewitter, die sich
nordostwärts bis in die ostbayerischen und östlichen Mittelgebirge ausweiten.
Dabei treten lokal eng begrenzt auch wieder Starkregen und kleinkörniger Hagel
auf, die Wahrscheinlichkeit für Unwetter-Starkregen ist aber noch geringer als
am Vortag. Nach Westen zu, also etwa Richtung Oberschwaben und Allgäu, fällt
gebietsweise auch längere Zeit schauerartiger Regen ohne Gewitter.
Auch ganz im Osten fällt anfangs noch etwas Regen, der mit Abzug des
kurzwelligen Troganteils am Vormittag nachlässt.
Im Bereich der Trogachse vor allem über dem Westen und Nordwesten des Landes ist
die Luftmasse ebenfalls labil geschichtet. Dort dürfte es aber im Bereich des
Bodenhochkeils wohl nur für einzelne Schauer reichen, kurze Gewitter (aber ohne
Starkregen) nicht ganz ausgeschlossen.
Mit der Ausweitung des Bodenhochkeils wird die etwas kühlere Luft auch nach
Süden gedrückt, während es im Norden durch Absinken ein wenig milder wird. Die
850 hPa-Temperatur liegt somit zum Abend hin zwischen 3 Grad im Norden und 6
Grad an den Alpen. Dabei kann sich vor allem im Nordosten auch längere Zeit die
Sonne zeigen, während es Richtung Oberschwaben und Allgäu meist stark bewölkt
bis bedeckt bleibt. Die Höchstwerte liegen meist zwischen 15 und 21 Grad, an den
Küsten bleibt es etwas kühler und auch im Allgäu werden bei längerem Regen kaum
mehr als 10 Grad erreicht.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich der Höhentrog weiterhin kaum nach Osten,
so dass der Südosten des Landes noch die ganze Nacht über im trogvorderseitigen
Bereich bleibt. Dort gehen die Schauer und Gewitter mehr und mehr in
schauerartigen Regen über, der sich nur langsam ins südliche Alpenvorland bzw.
nach Südostbayern zurückzieht. Eventuell reicht es gebietsweise auch noch für
mehrstündigen Starkregen, am ehesten an den Alpen (ICON-EU dort verbreitet mit
10 bis 20 l/qm in 6 bis 12 Stunden).
Dem Trog folgt ein in die westliche Höhenströmung eingebetteter flacher
Höhenkeil, der morgens die Nordsee erreicht. Er stützt die Hochdruckbrücke im
Bodenfeld, die sich verstärkt und über das Vorhersagegebiet hinweg
(Divergenzachse in etwa über den mittleren Landesteilen) ostwärts bis zu einem
sich ebenfalls verstärkenden Hochdruckgebiet über Osteuropa reicht.
Somit dominiert in weiten Teilen des Landes Absinken und die Wolken lösen sich
vielerorts auf. Allerdings ist die Luftmasse bodennah, außer im Nordosten,
inzwischen relativ feucht, so dass sich – am ehesten wohl im Nordwesten – im
Bereich der Absinkinversion (800 bis 900 hPa) SC-Bewölkung ausbreiten kann,
gebietsweise bildet sich auch Nebel. Die Frostgefahr dürfte vernachlässigbar
sein, Frost in Bodennähe tritt am ehesten noch im Nordosten auf.

Freitag … kommt der Höhentrog nur sehr zögerlich nach Osten voran und befindet
sich erst etwa ab mittags mit seiner Achse knapp östlich des Vorhersagegebietes.
Gleichzeitig greift von Westnordwest her ein weiterer Kurzwellentrog auf die
Britischen Inseln über, so dass der ins Vorhersagegebiet schwenkende flache
Höhenkeil mehr und mehr in die Zange genommen wird.
Er stützt aber dennoch die Hochdruckbrücke im Bodenfeld, die nur langsam wieder
abgebaut wird und deren Achse nach Süddeutschland vorankommt. Im Südosten, etwa
vom östlichen BaWü über weite Teile Bayerns bis in den östlichen
Mittelgebirgsraum halten sich noch Reste der ehemals feuchtlabilen Luftmasse,
die im aktuellen ICON-EU-Lauf nach Osten zu sogar etwas nach Norden vorankommen
und auch auf das südliche Sachsen-Anhalt, Ostsachsen und Südbrandenburg
übergreifen könnte. Dabei entwickeln sich nochmals Schauer, eventuell auch kurze
Gewitter, bei PPW unter 20 mm und maximal 200 J/kg ML-Cape bleibt die
Starkregenwahrscheinlichkeit aber wohl vernachlässigbar gering.
Ansonsten herrscht im Bereich des Hochkeils ruhiges Wetter. Vor allem vom
Südwesten über die Mitte bis in den Nordosten kann bei nur flachen Quellwolken
länger die Sonne scheinen. Im Westen bzw. Nordwesten ziehen später wieder
dichtere Wolken auf, die dem nächsten, an den oben erwähnten Trog gekoppelten
Frontensystem geschuldet sind, das bis zum Abend auf die mittlere und
südwestliche Nordsee übergreift. IFS und vor allem der 06 UTC-Lauf des GFS haben
dieses etwas progressiver auf der Agenda und simulieren am späten Nachmittag
bzw. Abend ganz im Westen/Nordwesten auch schon erste unergiebige Schauer. Dafür
soll allerdings der östliche Trog rascher abziehen, so dass sich die Schauer
dort nur noch auf Teile von Bayern und BaWü beschränken.
Je nach Sonne können die Temperaturen vor allem im Südwesten, Westen und in der
Mitte etwas ansteigen, sonst ändert sich kaum etwas. Somit liegen die
Höchstwerte zwischen 16 und 22 Grad, an den Küsten und an den Alpen werden wohl
keine 15 Grad erreicht.

Modellvergleich und -einschätzung

Auffällig ist, dass ICON-D2-EPS recht großflächig relativ hohe
Wahrscheinlichkeiten für markanten Starkregen (und auch gar nicht so geringe
Wahrscheinlichkeiten für Unwetter-Starkregen) vor allem für den morgigen
Mittwochnachmittag (Zeitraum 12 bis 18 UTC) auf der Agenda hat. Das war heute
auch schon der Fall und erscheint in der Fläche übertrieben. Dennoch ist ein
lokal eng begrenztes Unwetterereignis nicht ausgeschlossen.
Ansonsten simulieren alle vorliegenden Modelle ein ähnliches Szenario mit
kleineren, aber nicht warnrelevanten Abweichungen erst zum Freitag hin (siehe
Text).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff