SXEU31 DWAV 011800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 01.05.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
In der Südhälfte vor allem jeweils nachmittags und abends Schauer und Gewitter,
dabei von Tag zu Tag langsam ansteigendes Potenzial für Starkregen und Hagel. Im
Norden überwiegend ruhiges Hochdruckwetter.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland an der Südwestflanke eines umfangreichen
Langwellentroges über Nord- und Nordosteuropa. Die Frontalzone ist aktuell von
der Dänemarkstraße über das Europäische Nordmeer und Skandinavien bis nach
Westrussland gerichtet. Ein darin eingebetteter markanter Kurzwellentrog
verlagert sich bis Montagfrüh zur Norwegischen Küste, wodurch in weiterer Folge
der Höhentrog über Skandinavien regeneriert wird.
Über Mitteleuropa bleibt das Geopotenzialfeld dagegen zunächst einmal
gradientarm. Dabei kommt ein flacher kurzwelliger Höhentrog, der aktuell
Norddeutschland erreicht hat, nur zögernd nach Süden voran und befindet sich in
den Frühstunden mit seiner Achse über der Norddeutschen Tiefebene. Ihm folgt ein
Höhenkeil, der aktuell über Schottland und die Nordsee bis zum Skagerrak bzw.
Kattegat gerichtet ist und morgens die Deutsche Bucht bzw. die südwestliche
Ostsee erreicht. Der süddeutsche Raum befindet sich hingegen an der Nordflanke
eines Höhentiefs über Italien bzw. der Adria.
Ein signifikanter dynamischer Hebungsantrieb ist weder dort noch im Bereich des
Troges über Norddeutschland auszumachen. Allerdings befinden sich die Südhälfte
und teilweise auch der zentrale Mittelgebirgsraum im Einflussbereich einer
relativ feuchten und potenziell instabilen Luftmasse, innerhalb derer sich
tagsüber einzelne Schauer, ganz vereinzelt auch Gewitter entwickelt haben. Diese
klingen in den kommenden Stunden mehr und mehr ab und die gebietsweise dichte
Bewölkung lockert etwas auf, allerdings kann sich bei geringer Bewölkung hier
und da Nebel bilden.
Auch im Norden und Nordwesten ist es gebietsweise bewölkt, teilweise
resultierend aus schwacher trogvorderseitiger Hebung in der unteren Troposphäre
(SC-Bewölkung, aus der es vor allem an den Nordrändern der Mittelgebirge auch
mal etwas regnen kann), teilweise aber auch aus mitteltroposphärischer WLA an
der Südflanke der Frontalzone (hohe Bewölkung). Im Laufe der Nacht, mit der
allmählichen Südverlagerung des Troges, lockern die Wolken aber vor allem im
Nordwesten und später auch in der östlichen Norddeutschen Tiefebene sowie im
Nordosten stärker auf. Dabei ist die Luftmasse dort bodennah trockener als im
Süden, so dass die Wahrscheinlichkeit für Nebel eher gering bleiben dürfte.
Allerdings kann es dank des polaren oder sogar arktischen Ursprungs der
Luftmasse bei längerer Zeit geringer Bewölkung vielerorts Frost in Bodennähe und
in ungünstigen Lagen sogar leichten Luftfrost geben.

Montag … verlagert sich der Kurzwellentrog mit seiner Achse allmählich in die
mittleren Landesteile und kommt mit seinem Westteil etwas rascher nach Süden
voran als weiter östlich, bekommt also eine leicht positive Achsneigung, so dass
die Strömung vorderseitig mehr auf Südwest dreht. Somit kann sich die relativ
feuchte und instabil geschichtete Luftmasse über der Südhälfte vor allem nach
Osten zu ein wenig nach Norden vorarbeiten und erfasst auch die östlichen
Mittelgebirge. Dabei wird mit Annäherung des Troges über der Südhälfte, vor
allem nach Südosten zu auch geringfügig mehr Hebung simuliert als am Vortag, was
zur Folge hat, dass die Luftmasse ein wenig labiler geschichtet ist, mit
(zumindest zeitweise) vorhandener Einstrahlung mehr Cape generiert werden kann
(etwa 200 bis 400 J/kg, gebietsweise mehr) und auch die PPW-Werte wieder
ansteigen (15 bis 20 mm). Somit dürften sich über der Südhälfte häufiger als am
Vortag Schauer und Gewitter entwickeln, wobei der aktuelle ICON-D2-Lauf
schwerpunktmäßig das östliche Bayern und den Alpenrand auf der Agenda hat. Mit
geringerer Wahrscheinlichkeit und vor allem orographisch getriggert dürfte es
aber auch in den zentralen und östlichen Mittelgebirgen und deren Umgebung für
etwas Konvektion reichen. Dabei entwickeln sich hauptsächlich Einzelzellen, die
sich mangels Scherung zu unorganisierten und sich kaum verlagernden
Multizellenclustern vereinen.
Das Potenzial für lokal eng begrenzte Starkregenereignisse ist somit etwas höher
zu beziffern als am Sonntag.
Weiter nördlich erreicht der flache Höhenkeil Norddeutschland, wird aber mit
Übergreifen des markanten Höhentroges auf Skandinavien, dessen Drehzentrum bis
zum Abend über Nordfinnland eine zentralsteuernde Position übernimmt, mehr und
mehr abgebaut.
Auch im Bodenfeld schwächt sich die von den Britischen Inseln bis nach Nordpolen
reichende Hochdruckbrücke vor allem über Norddeutschland weiter ab, bleibt aber
noch wetterbestimmend. Die Kaltfront des mit dem skandinavischen Höhentrog
korrespondierenden und sich zunächst noch etwas intensivierenden Bodentiefs über
dem Norden Skandinaviens erreicht bis zum Abend erst die nördliche Nordsee bzw.
das Skagerrak. Somit steht im Norden und Nordwesten ein recht sonniger Tag ins
Haus.
Auch sonst zeigt sich die Sonne durchaus mal häufiger, vor allem in der Lausitz
und im Südwesten. Etwas dichter bewölkt (aber durchaus mit Lücken) bleibt es
dagegen im Bereich der Trogachse und im Osten Bayerns. In 850 hPa steigt die
Temperatur vor allem im Süden etwas an und erreicht Werte zwischen 0 Grad im
Nordosten und 6, vielleicht 7 Grad im Süden. Das reicht – je nach Sonne – für
Höchstwerte zwischen 14 und 18 Grad, mit etwas Sonne im Südwesten und Süden um
20 Grad; bei auflandigem Wind bleibt es an den Küsten und im angrenzenden
Binnenland trotz Sonne etwas kühler.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt der Langwellentrog über Skandinavien langsam
südostwärts, weitet sich dabei aber kaum nach Süden aus. Der nur noch flache
Höhenkeil über Norddeutschland wird dadurch endgültig abgebaut, der vorgelagerte
kurzwellige, ebenfalls nur sehr flache Trog wird nach Südwest- bzw.
Süddeutschland abgedrängt, morgens erstreckt sich dessen Achse über
Baden-Württemberg und Nordbayern nordostwärts bis nach Südpolen.
Das zur Kola-Halbinsel ziehende Bodentief hat den Höhepunkt seiner Entwicklung
erreicht, dessen Kaltfront greift ausgangs der Nacht auf den äußersten Norden
des Landes über. Die Wetterwirksamkeit dieser stabilen aktiven Kaltfront ist auf
kompakte, aber maximal bis etwa 750 hPa hinaufreichende Bewölkung und ein paar
Regentropfen beschränkt.
Postfrontal stellt sich zwischen dem Tief über der Kola-Halbinsel und einer von
den Azoren über Schottland hinweg bis nach Ostgrönland reichenden Hochbrücke bis
in die Nordsee hinein eine nördliche bodennahe Strömung ein. Mit dieser dringt
arktische Polarluft nach Süden vor.
Mit Annäherung der Kaltfront wird die Hochdruckbrücke im Bodenfeld über
Norddeutschland etwas nach Süden gedrückt, aber kaum angebaut. Sie reicht
morgens in etwa vom Niederrhein bis nach Westpolen. Südlich davon hält sich die
feuchtere Luftmasse, allerdings klingen Schauer und Gewitter tagesgangbedingt
rasch ab. Vor allem an den ostbayerischen Mittelgebirgen und am östlichen
Alpenrand kann es noch etwas länger regnen, später hören dann aber auch dort die
Niederschläge auf. Die Wolken lockern auf, dann kann sich stellenweise dichter
Nebel bilden.
Zwar wird die Nacht erneut recht frisch mit Minima zwischen 9 und 2 Grad, Frost
in Bodennähe oder gar Luftfrost sollten aber nur stellenweise auftreten.

Dienstag … schwenkt der über Skandinavien liegende Trog ostwärts, so dass
dessen breite Achse im Tagesverlauf die Baltischen Staaten überquert.
Nachfolgend werden mit der bestehenden nordwestlichen Strömung weitere, aber
relativ schwach ausgeprägte Keil-Trog-Strukturen südostwärts gesteuert. So folgt
dem o.g. Trog ein breiter, aber flacher Rücken, der in die Nordsee gelangt.
Gestützt durch diesen weitet sich erneut ein Bodenhochkeil in den Ostseeraum
aus. Da dieser Keil jedoch etwas weiter nördlich liegt als der bisherige, kann
sich die trockenere und stabilere Luftmasse im Vorhersagegebiet nur geringfügig
weiter nach Süden durchsetzen. Etwa entlang und südlich einer Linie
Pfalz-Thüringer Wald-Bayerisches Vogtland bleibt die feuchtlabile Luft erhalten.

Allerdings ist diese Luftmasse aufgrund vorheriger Niederschläge etwas mehr mit
Feuchte gesegnet, der Gehalt an niederschlagbarem Wasser erreicht lokal knapp
über 20 mm, auch etwas mehr CAPE (immerhin nach Südosten hin bis an die 500
J/kg) wird generiert. Der über dem Süden Deutschlands liegende Kurzwellentrog
wird zwar weitgehend zugeschüttet bzw. tropft erneut nach Westen aus, so dass
die von diesem Trog ausgehende Dynamik zwar schwach, aber für konvektive
Umlagerungen hinreichend ist, die sich wahrscheinlich nicht nur auf das Bergland
beschränken.
Insgesamt werden Starkregenereignisse (teils auch mehrstündige mit Summen um 25
mm) wieder etwas wahrscheinlicher als bisher. Dabei resultieren diese
Niederschlagssummen aus einer kaum vorhandenen Verlagerung der
Konvektionszellen; dynamische Antriebe sind vernachlässigbar, Scherung ist nicht
erkennbar.
Im Norden, Westen und größtenteils auch über der Mitte dauert das Absinken im
Bereich des sich erneut kräftigenden Bodenhochkeils an. Die Kaltfront kommt nur
noch wenig nach Süden voran und erreicht abends in etwa eine Linie
Westmünsterland-Berliner Raum. Nach wie vor erweist sie sich als kaum
wetterwirksam und macht sich vor allem in Form dichterer Bewölkung bemerkbar,
die sich an der Absinkinversion in etwa 750 bis 700 hPa ausbreitet und kaum
Regen bringt. Im Tagesverlauf bekommt die teils kompakte Bewölkung auch
gebietsweise größere Lücken, vor allem nach Osten zu.
Postfrontal lockern die Wolken auf, vor allem an den Küsten und im angrenzenden
Binnenland scheint länger die Sonne. Dort macht sich die lee-Wirkung durch das
Skandinavische Küstengebirge bemerkbar.
Aber auch innerhalb der feuchteren Luftmasse in der Mitte und im Süden lässt
sich durchaus auch mal die Sonne blicken, am ehesten wohl im Südwesten. An den
850 hPa-Temperaturen ändert sich nur wenig, so dass ähnliche Höchstwerte wie am
Vortag erwartet werden. Dabei kann mit auffrischenden nordnordwestlichen Winden
der kühlere Seewind in Norddeutschland vielleicht etwas weiter ins Binnenland
vordringen als am Vortag.

In der Nacht zum Mittwoch überquert ein flacher Höhentrog die Britischen Inseln,
wodurch die flaue Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet ein wenig auf West
zurückdreht. Sie ist allerdings geringfügig zyklonaler konturiert als bisher, so
dass kleinräumige kurzwellige Troganteile vor allem im Süden und in der Mitte
etwas dynamische Hebung generieren können.
Somit kommt die Konvektion dort langsamer als an den Vornächten zum Erliegen;
gebietsweise fällt auch längere Zeit schauerartiger Regen, so dass eventuell
auch mehrstündiger Starkregen kleinräumig in Betracht gezogen werden muss. Die
Wahrscheinlichkeit dafür sollte aber spätestens im Laufe der zweiten nachthälfte
rapide abnehmend. Dann lockern die Wolken auch mal stärker auf und es bildet
sich örtlich Nebel.
Der flache Höhenrücken schwenkt über der Nordsee langsam Richtung Dänemark,
gleichzeitig kann sich durch kräftige Kaltluftadvektion rückseitig des
Skandinavientroges ein Bodenhoch über dem Baltikum ausbilden kann. Zwischen
diesem und dem Azorenhoch verstärkt sich die Hochdruckbrücke über
Norddeutschland auch wieder etwas. Somit dominiert dort nach wie vor Absinken.
Die Kaltfront kommt über der Mitte des Landes kaum mehr nach Süden voran.
Rückseitig kann sich unterhalb der Absinkinversion (in etwa 700 hPa)
gebietsweise dichtere SC-Bewölkung ausbreiten, vor allem über der „nördlichen
Mitte“ und eventuell auch im Nordwesten. Ansonsten bleibt es in Norddeutschland
und im Nordosten aber gebietsweise auch gering bewölkt. Dann kann es bei nur
noch schwachen Bodenwinden Frost in Bodennähe und in ungünstigen Lagen
vielleicht sogar leichten Luftfrost geben.

Mittwoch … greift der Höhentrog von den Britischen Inseln unter Amplifizierung
auf die Nordsee, Benelux und Frankreich über, wodurch die Höhenströmung über dem
Vorhersagegebiet aufsteilt. Vor allem der Südwesten und Süden des Landes geraten
dabei in den trogvorderseitigen Bereich und dort kann auch etwas dynamische
Hebung generiert werden.
Der Trog stützt durch schwache WLA allerdings auch einen flachen Höhenkeil, der
sich über der Mitte Deutschlands nach Norden aufwölbt und allmählich nach Osten
vorankommt. Dadurch bleibt auch die Hochdruckbrücke noch halbwegs erhalten und
kann sich vielleicht sogar noch etwas nach Süden ausweiten, so dass der gesamten
Nordhälfte und auch weiten Teilen Westdeutschlands ein störungsfreier Tag ins
Haus steht. Allerdings herrscht nicht überall eitel Sonnenschein, da sich an der
Inversion (die allmählich auf etwa 800 hPa sinkt) gebietsweise hartnäckig
SC-Bewölkung hält, die nur zögernd Lücken bekommt. Mit etwas höherer
Wahrscheinlichkeit recht sonnig bleibt es dagegen an den Küsten, im Nordosten
und Osten.
In der Südhälfte teilweise bis in die zentralen Mittelgebirge reichend hält sich
dagegen die feuchtlabile Luftmasse, da sich auch die Kaltfront quasi über der
Mitte Deutschlands bei schwachen Luftdruckgegensätzen auflöst und nicht weiter
nach Süden vorankommt. Die Instabilitätsparameter steigen gegenüber dem Vortag
noch etwas an, da dynamische Hebung (wenn auch nur sehr marginal) ins Spiel
kommt und von Südwesten her eine geringfügig feuchtere Luftmasse advehiert wird.
So steigen die PPW-Werte vor allem im Südwesten gebietsweise auf über 20 mm und
mit Einstrahlung können örtlich mehr als 500 J/kg ML-Cape generiert werden.
Ansonsten ähnelt der Wetterablauf dort im Großen und Ganzen dem des Vortages:
Nach teils freundlichem, teils bewölktem Beginn entwickeln sich ausgehend von
den Mittelgebirgen und den Alpen hochreichende Quellwolken mit Schauern und
Gewittern, die zunehmend verclustern und kaum Verlagerungsgeschwindigkeit
aufweisen. Der Starkregen bleibt natürlich im Fokus, wobei jetzt auch
unwetterartige Ereignisse mit mehr als 25 l/qm in kurzer Zeit nicht
ausgeschlossen sind. Vereinzelt tritt auch kleinkörniger Hagel auf.
An den Temperaturen ändert sich gegenüber den Vortagen insgesamt nur wenig.

Modellvergleich und -einschätzung

Alle vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung, so dass sich keine signifikanten warn- und prognoserelevanten
Unterschiede herausarbeiten lassen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff