S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 30.04.2022 um 10.30 UTC

Zweigeteilte Mittelfrist: Schauer und Gewitter im Süden, örtlich mit Starkregen,
weitgehend trockenes Wetter im Norden mit der Gefahr von Frost in Bodennähe.

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 07.05.2022

Zu Beginn der Mittelfrist (Dienstag) weitet sich vom Atlantik her
Hochdruckeinfluss in die Mitte und den Norden Deutschlands aus. Dabei wird ein
Tief über Nordeuropa ostwärts verdrängt und auch der Tiefkomplex über Südeuropa
erfährt eine vorübergehende Abschwächung. Vom Tief über Nordeuropa bleibt in
Deutschland eine Kaltfront übrig, die das Vordringen kalter Luft aus Norden
markiert. In 850 hPa gewinnt die 0 Grad-Grenze in Deutschland an Boden und kommt
in der Nacht zum Mittwoch bis zur Mitte des Landes voran. Entsprechend droht in
der Nordhälfte gebietsweise Frost in Bodennähe. Vereinzelt fällt an der Front
auch etwas Regen, die Mengen sind aber gering. In der Südhälfte wird die feuchte
Luft etwas abgedrängt, sodass Schauer und Gewitter seltener werden.

Am Mittwoch verlagert sich das Hochzentrum am Boden über die Nordsee. Über
Südeuropa befindet sich weiterhin ein Tiefdrucksumpf. In der Höhe liegt ein Trog
über Westeuropa, aus dem über der iberischen Halbinsel ein Tief abtropft. Ein
weiterer Trog befindet sich über Südosteuropa. Dazwischen wölbt sich ein kleiner
Rücken auf. Die kalte Luft aus dem Norden wird also langsam abgedrängt.
Allerdings liegen in 850 hPa über dem Norden noch 0 Grad, sodass Frost in
Bodennähe weiterhin möglich bleibt. Aufgrund der Tiefsumpflage über dem
Mittelmeer wird feuchte Luft in den Süden Deutschlands geführt, in der es zu
Schauern und auch Gewittern kommt. Da es kaum Druckgegensätze gibt, haben die
Zellen nur eine geringe Verlagerung und es besteht die Gefahr von Starkregen.

Der Trog über Westeuropa verstärkt sich in der Nacht zum Donnerstag etwas,
sodass ein weiteres Höhentief über Frankreich entstehen kann. Es sorgt für den
Transport der feuchten Luft aus dem Süden Deutschlands in die mittleren und zum
Donnerstagabend auch in die nördlichen Landesteile. Schauer und Gewitter sind
also etwas verbreiteter möglich, wenngleich der Süden weiterhin den Schwerpunkt
bildet. Aus Süden kommt aber nicht nur feuchte, sondern auch milde Luft, sodass
die Temperatur tagsüber verbreitet nahe 20 Grad liegt.

Am Freitag gewinnt der Hochdruckeinfluss, die Höhentiefs füllen sich auf oder
ziehen nach Süden ab. Später am Tag bildet sich eine Hochdruckbrücke vom
Atlantik bis nach Russland. Tiefdruckgebiete wirbeln über dem Nordmeer sowie
über Tunesien. In der Südhälfte Deutschlands gibt es noch Schauer und Gewitter,
die sich in der Nacht zum Samstag immer weiter in den Süden zurückziehen. Mit
Maxima von 18 bis 20 Grad in weiten Teilen Deutschlands ist es mäßig warm.

In der erweiterten Mittelfrist scheinen Störungen aus dem Norden und Süden nur
die äußersten Regionen zu streifen, dazwischen hält sich aus heutiger Sicht
Hochdruckeinfluss.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

In der Grundsache ist der aktuelle IFS Lauf zu seinen Vorgängern konsistent: Der
Norden steht unter Hochdruckeinfluss, während über dem Süden tiefer Luftdruck
dominiert. Kleinere Unterschiede bestehen in der zeitlichen und räumlichen
Ausbreitung der feuchten Luft nordwärts. In der ersten Wochenhälfte ist der
aktuelle Lauf verhalten, was in einem trockenen Norden resultiert, während es im
Süden Schauer und Gewitter gibt. Nach Wochenmitte kommt die feuchte Luft aber
bis etwa Hamburg voran. Weil sich der Vorstoß der Luft aus dem Süden verzögert,
hält sich die kalte Luft im Norden länger, es droht also auch zum Donnerstag
noch Frost in Bodennähe.
In der erweiterten Mittelfrist könnte sich mit einem schnelleren Vorstoß hohen
Luftdrucks von Westen eine raschere Abtrockung einstellen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Zu Beginn der Mittelfrist sind die Unterschiede zwischen den Modellen gering. Ab
Mittwoch werden die Differenzen allerdings größer. Da geht die Erwärmung bei GFS
und IFS schneller voran als bei ICON. GFS ist insgesamt antizyklonaler. ICON hat
das IFS Höhentief von Frankreich über den Alpen und entsprechend mehr Hebung auf
der Alpensüdseite. In Deutschland lässt es ICON in der Mittelfrist weitgehend
trocken, wenn man von einzelnen Schauern oder Gewitter über den südlichen Bergen
mal absieht. Auch GFS bevorzugt weniger Niederschlag. In der erweiterten
Mittelfrist sind die Druck- und Potenzialverteilung teilweise gegensätzlich. IFS
lässt zum Sonntag ein Höhentief über Großbritannien entstehen, GFS ist weiter
antizyklonal.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Cluster bieten im ersten Zeitschritt (72-96h) 3 Lösungen, alle mit
atlantischem Rücken und für Deutschland ohne signifikante Abweichung. Haupt- und
Kontrolllauf liegen in Cluster 2. Der zweite Zeitschritt liefert 5 Cluster,
wobei die Mehrheit auch für atlantischen Rücken plädiert. Für Freitag sind
allerdings auch eine blockierende Lage (Cluster 2) und NAO-positiv (Cluster 3)
in den Lösungen. Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 4 bieten den atlantischen
Rücken mit kaum Wetteränderung für uns. Die erweiterte Mittelfrist liefert
wieder 3 Cluster mit atlantischem Rücken.

Die Rauchfahnen sind bis Dienstag eng, anschließend wird der Spread größer,
wobei aber noch die Mehrheit um den Haupt- und Kontrolllauf liegt. Ab Freitag
liegt der Hauptlauf am oberen Ende der Ensembles sowohl bei der Temperatur als
auch beim Geopotential. Der Kontrolllauf weicht vom Hauptlauf etwas ab und liegt
etwas tiefer, bei der Mehrheit der Ensembles. Ab Sonntag ist bei den Ensembles
alles drin. Die Verteilung ist gleichmäßig zwischen -6 und +6 Grad in 850 hPa.
Das Geopot auf 500 hPa bietet auch einen großen Spread, allerdings ist eine
Bündelung der Ensembles zwischen 550 und 560 gpdam zu erkennen. Der atlantische
Rücken scheint also „zementiert“ mit einem variablen Zustrom kühler Luft aus
Norden.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Vor allem im Süden und dort über dem Bergland gibt es Gewitter mit dem Potenzial
für örtlichen Starkregen. Im Norden droht gebietsweise Frost in Bodennähe.
Abgesehen davon treten in der Mittelfrist keine signifikanten
Wettererscheinungen auf.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix, IFS, ICON

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jacqueline Kernn