SXEU31 DWAV 261800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 26.04.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
In der Nacht südostwärts abziehende Schauer und Gewitter mit
Starkregenpotenzial. Dann ruhige, ereignisarme Hochdruckrandlage. In den Nächten
aber weiterhin kühl mit Bodenfrost.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC

Aktuell … befindet sich die Südhälfte Deutschlands noch im Wirkungsbereich
eines Kaltlufttropfens, dessen Zentrum über Ostwürttemberg zu findet ist und im
Laufe der kommenden Nacht über Bayern nach Österreich südostwärts abzieht. Damit
einher geht eine hochreichende Labilisierung der erwärmten Subpolarluft (T850 um
0 °C, T500 im Kernbereich des KLTs um -28 °C). Darüber hinaus sind
synoptisch-skalige Hebungsmechanismen wirksam: an der Südostflanke des
Höhentiefs PVA, an der Nord- und Nordwestflanke gegenstrom-bedingte WLA. Dadurch
konnte sich eine kommaartige Niederschlagsschleppe vom Südost- bis in den
Nordwestquadranten um das Drehzentrum des Tiefs herum ausbilden. Vor allem über
den mittleren Landesteilen brachten die mitunter schauerartig verstärkten
Regenfälle nennenswerte Mengen von 10 bis 20, lokal bis knapp 30 mm innerhalb
von 6 bis 10 Stunden. Mit Abzug des KLTs ziehen sich diese Regenfälle unter
Abschwächung über östlichen Mittelgebirgsraum nach Ostbayern zurück. Warnwürdige
Mengen werden nicht mehr erwartet.

In Südostbayern konnten sich entlang einer ostwärts fortscheitenden Druckwelle
in noch etwas wärmerer und feuchterer Luft und in gut gescherter Umgebung zuvor
etwas kräftigere, organisierte Gewitter mit Sturmböen bilden, die aber bereits
nach Österreich abgezogen sind.
Ansonsten entwickelten sich eher „unmotivierte“ pulsierende Einzelzellen mit
lokalem Starkregen und Graupel, die insbesondere im Bereich der höhenkältesten
Luft im Südwesten und Süden gewittrig ausfielen. Diese klingen mit dem Tagesgang
recht zügig ab, lediglich gegen die Alpen stauen sie noch etwas an, sodass es
hier noch etwas regnet, oberhalb von 1200 bis 1500 m fällt etwas Schnee.

In der Nordhälfte dagegen macht sich bereits ein Keil von Hoch TIM über dem
Nordmeer und Absinken bemerkbar. Der Keil wird gestützt von einem Rücken über
Frankreich und den Britischen Inseln. Mit schwacher nördlicher Strömung wird
eine etwas trockenere Luft herangeführt. So reichte es meist nur für ein paar
Quellwolken, lediglich im Übergangsbereich zur feuchteren Luft in einem Streifen
von NRW bis nach Südniedersachsen und zur Altmark für den ein oder anderen
Schauer. Auch die klingen im Abendverlauf aber rasch ab.

Von den nach Südosten zurückziehenden Niederschlägen abgesehen, verläuft die
Nacht folglich ruhig und vielfach trocken. Nebel bildet sich vor allem im Süden
und Westen, wo es zuvor noch geregnet und auflockert. Im Norden und Nordosten
dagegen stellt sich bei teils klaren Verhältnissen und niedrigen Taupunkten
örtlich leichter Frost ein, Bodenfrost gibt es verbreitet.

Mittwoch … gliedert sich der Kaltlufttropfen einem umfangreichen Höhentrog
über Nord- und Nordosteuropa und verlagert sich nach Slowenien. Damit verliert
er endgültig seinen Einfluss auf Deutschland, sodass auch Reste der
Niederschlagsschleppe vom Vortag über Südost- und Ostbayern nach Osten abziehen.

Nachfolgend konturiert sich die schwache nordwestliche Höhenströmung im Rande
des westeuropäischen Rückens zunehmend antizyklonal, sodass sich das Absinken
über Deutschland generell verstärkt. Das mit dem Rücken korrespondierende Hoch
verschiebt seinen Schwerpunkt nach Schottland. Über der Nordhälfte bleibt eine
nördliche Strömung vorherrschend, über der Südhälfte kommt der Wind am Rande der
Tiefdruckzone über dem Mittelmeerraum eher aus östlicher Richtung. Die Luftmasse
trocknet durch das Absinken insgesamt ab und erwärmt sich leicht (T850 zwischen
0 und 4 °C).

Die strahlungsbedingte Labilisierung der unteren Troposphäre führt zur
Ausbildung einiger Quellbewölkung unterschiedlicher Mächtigkeit. Im Norden und
Nordwesten sowie im äußersten Südwesten liegt die Absinkinversion teils unter
800 hPa (bzw. >-10°C), sodass eher keine niederschlagsbildenden Prozesse in Gang
kommen sollten. Ansonsten liegt sie meist zwischen 750 und 650 hPa, sodass sehr
wohl der ein oder andere schwache Schauer zu erwarten ist, bevorzugt im Südosten
sowie über den Mittelgebirgen. Das zeigen im Grunde alle hochauflösenden
Modelle, aber auch GFS und IFS. ICON6 dagegen fällt mit seiner sehr
zurückhaltenden Variante etwas aus dem Rahmen. Im Großen und Ganzen bekommt aber
auch die Sonne einige Gelegenheiten, sich zu zeigen, wenngleich die
MOSMIX-Prognose eventuell etwas ZU optimistisch sein könnte.

Bei auflandigem Wind an der Küste sowie im etwas wolkigeren Südosten werden nur
10 bis 14 °C erreicht, sonst immerhin 14 bis 19 °C.

In der Nacht zum Donnerstag fällt die Konvektion rasch in sich zusammen, sodass
es vielfach gering bewölkt oder klar ist. Nur im Nordwesten und Norden könnten
von der Nordsee mit Winddrehung auf Nordwest dichtere Stratusfelder hereinziehen
und sich in feuchterer Luft Nebel bilden. Dennoch kühlt es wieder kräftig ab,
sodass die Tiefstwerte meist im niedrigen einstelligen Bereich angesiedelt sind,
ganz vereinzelt reicht es auch wieder für leichten Frost, in jedem Fall aber
gebietsweise für Bodenfrost.

Donnerstag … kippt die Achse des Rückens langsam im Uhrzeigersinn und schwenkt
von der Nordsee südostwärts nach Deutschland, sodass weiterhin großräumig
Absinken dominiert. Das Hochdruckgebiet über den Britischen Inseln verlagert
seinen Schwerpunkt kaum, sodass die nordwestliche bis nordöstliche Grundströmung
über Deutschland im Wesentlichen erhalten bleibt. Sie ist meist schwach, nur im
Südwesten stellt sich eine schwache Bisenlage ein. Es bleibt aber eher bei Böen
Bft 7 im höheren Bergland. Die Luftmasse erwärmt sich vor allem in der
Südwesthälfte, wo das Absinken am stärksten ist, auf T850 zwischen 3 und 6 °C,
nach Nordosten zu bleibt sie etwas kühler (T850 0 bis 3 °C).

Die Absinkinversion wird noch etwa nach unten gedrückt und liegt meist zwischen
900 und 800 hPa, sodass sich die im Tagesverlauf erneut ausbildende
Quellbewölkung harmlos bleibt und die Sonnenanteile im Vergleich zum Vortag
zunehmen. Lediglich nach Osten zu reicht die labile Schicht bis über 750 hPa
hinaus, sodass ein vereinzelter Schauer nicht ausgeschlossen werden kann.

Entlang des Rheins und seiner Nebenflüsse erwärmt sich die Luft auf 20 bis 22
°C, sonst auf 15 bis 19 °C, an der See bleibt es wieder kühler.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der Rücken langsam Richtung Alpen. Ihm folgt
ein Kurzwellentrog, der sich zum Ausgang des Ärmelkanals verlagert. Im Vorfeld
kommt etwas Hebung durch PVA, teils unterstützt durch WLA, sodass hohe in die
Nordwesthälfte hohe, im Nordwesten auch mehrschichtige Bewölkung aufzieht.
Niederschlag gibt es aber keinen.
Die meist nur hohe Bewölkung mindert die Ausstrahlung nur unwesentlich, sodass
ähnliche Tiefstwerte wie in der Vornacht zu erwarten sind mit gebietsweisem
Bodenfrost, und örtlichem Luftfrost.

Freitag … kommt der Trog nur noch langsam nach Südosten voran, sondern weitet
sich nach Südwesten aus und erreicht am Abend mit seiner Achse die Deutsche
Bucht und Benelux. Das Hoch wird dadurch etwas geschwächt und verschiebt sich
leicht retrograd nach Irland. An den niedertroposphärischen
Strömungsverhältnissen über Deutschland ändert das kaum etwas, allerdings
gelangt mit dem Trog in den Norden etwas kühlere Luft (T850 auf 0 bis -3 °C
absinkend), während sie sich unter Einfluss des Rückens über dem Alpenraum im
Süden langsam, aber kontinuierlich erwärmt (T850 1 bis 8 °C).

Die Hebung und leichte Progression des Troges sorgen dafür, dass sich die hohen
und mittelhohen Wolken weiter nach Südosten ausbreiten, sodass der
Wettercharakter insgesamt ein etwas wolkigerer wird. Am wenigstens Sonne gibt es
im Nordseeumfeld, am meisten am Alpenrand.

Im Übergangsbereich von kälterer und wärmerer Luft ist eine schwache
Feuchtekonvergenz wirksam, die Labilität lässt aber zu wünschen übrig. Dennoch
simulieren GFS und IFS schwache Schauer, ICON lässt es trocken. Am Alpenrand
labilisiert die Luft etwas stärker und es kommt leichtes alpines Pumpen in Gang,
was ebenfalls zu etwas Feuchteanreicherung führt. ICON simuliert in der Folge
wenige Hundert J/kg ML-CAPE, das aber wahrscheinlich recht stark gedeckelt ist,
womit auch dort Schauer oder gar Gewitter noch eher unwahrscheinlich sind.

Im Norden geht das Temperaturniveau leicht zurück (9 bis 14 °C), sonst werden
für die Jahreszeit recht akzeptable 15 bis 21 °C, am Oberrhein sogar bis 23 °C
erreicht.

Modellvergleich und -einschätzung

Im Hinblick auf die großräumige Geopotenzial- und Druckverteilung sehen die
verschiedenen Modellergebnisse sehr ähnlich aus. Auf die dennoch auffälligen
Diskrepanzen bezüglich der Schauertätigkeit vor allem am morgigen Mittwoch wurde
im Text eingegangen. Warnrelevanz hat das ohnehin nicht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser