S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T ausgegeben am Sonntag, den 17.04.2022 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 17.04.2022 um 10.30 UTC
Zunächst ruhiges, allmählich wieder wärmeres Wetter. Zum Wochenende
unbeständiger mit Schauern und Gewittern.
Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 24.04.2022
Die Mittelfrist ist geprägt von einer großräumig blockierten Zirkulation. Die
verantwortliche positive Geopotenzialanomalie verschiebt ihren Schwerpunkt dabei
vom skandinavischen Raum retrograd zum Nordmeer, was gleichbedeutend ist mit
einer Umwandlung der Großwetterlage von „HF“ (Hoch Fennoskandien) zu HNF bzw. HN
(Hoch Nordmeer). Das blockierende Hoch wird an seiner Südseite flankiert von
mehreren Cut-Offs, deren Einfluss auf Deutschland im Verlauf der Mittelfrist
tendenziell zunimmt. Folglich bekommt die Großwetterlage zunehmend eine
zyklonale Färbung.
Zu Beginn der Mittefrist am Mittwoch findet sich das hochreichende blockierende
Hoch mit seinem Schwerpunkt über Finnland. Am Donnerstag und Freitag verschiebt
es sich langsam nach Nordwestrussland und schwächelt sichtbar. Ein neues, sich
rasch kräftigendes Hoch über dem Nordmeer mit Zentrum nahe Island springt aber
sofort in die Bresche und hält die Blockierung aufrecht. Den antizykonalen
Protagonisten stehen insgesamt drei Cut-Off-Tiefs gegenüber. „Nummer 1“
verlagert sich vom Nordatlantik südostwärts Richtung Kap Finisterre, „Nummer 2“
dreht bei langsamer Ostverlagerung über dem westlichen/zentralen Mittelmeer
seine Kreise und „Nummer 3“ findet sich schließlich nahezu ortsfest über der
Ukraine. Deutschland liegt dazwischen im Bereich eher schwacher
Geopotenzialgradienten, sodass mit keinen nennenswerten dynamischen Antrieben zu
rechnen ist. Bodennah stellt sich zwischen der sich vom Nordmeer bis nach
Nordwestrussland ausbildenden Hochruckzone und den mit den Cut-Offs
korrespondierenden Tiefs über West- und Südeuropa eine mit der Zeit etwas an
Fahrt aufnehmende östliche bis nordöstliche Strömung ein. Vor allem in die
Nordosthälfte wird dabei eine etwas wolkenreichere und kühlere Luft aus
Osteuropa herangeführt (T850 zwischen -1 und +3 °C), während ansonsten mildere
und trockenere Luft aus Südosteuropa wirksam ist (T850 2 bis 7, am Alpenrand am
Freitag durch Föhn bis 10 °C). Entsprechend üppig fällt die Temperaturspanne
über Deutschland aus, die von kaum 10 °C bei stark böigem, auflandigem Wind an
der Ostsee, bis 22/23 °C am Freitag am Oberrhein reicht.
Am Wochenende beginnt das sich über Westeuropa langsam annähernde Höhentief
„Nummer 1“ von Südwesten her Einfluss auf Deutschland zu nehmen. In der aus
Südosten einfließenden milden bis sehr milden, aber auch zunehmend feuchten und
labilen Luftmasse werden in der Folge schauerartige Regenfälle und einzelne
Gewitter generiert. Aufgrund geringer Verlagerungsgeschwindigkeiten der Zellen
ist trotz des nicht überbordend hohen Gehaltes an niederschlagbaren Wassers in
der Atmosphäre durchaus mit lokalem Starkregen zu rechnen. Es bleibt allerdings
abzuwarten, wie zügig und weit sich der Einfluss des Höhentiefs bzw. der
schauer- und gewitterträchtigen Luft nach Nordosten gegen die nordeuropäische
Hochdruckzone durchsetzen kann.
In der erweiterten Mittefrist soll sich das Höhentief nach IFS-Lesart dann über
Mitteleuropa einnisten, sodass mit weiteren, zahlreichen Schauern und Gewittern
mit lokalem Starkregenpotenzial gerechnet werden muss. Typisches Aprilwetter auf
eher durchschnittlichem Temperaturniveau.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Großräumig betrachtet rechnen die IFS-Modellläufe zunächst recht konsistent. Im
Detail ergeben sich allerdings schon zu Beginn der Mittelfrist prognoserelevante
Unterschiede, die insbesondere auf die differenzierte Behandlung der Höhentiefs
zurückzuführen sind. Deren Einfluss auf Mitteleuropa wurde im Vergleich zu den
Vorläufen zumindest für den Zeitraum von Mittwoch bis Freitag zurückgenommen. Im
neusten IFS-00Z-Lauf dominiert insgesamt zunächst noch der Einfluss der
blockierenden Hochs über dem Nordmeer und Skandinavien. Zudem wird die Advektion
wärmerer Luftmassen in die Südwesthälfte in den beiden neusten IFS-Läufen zum
Ende der Woche deutlich forciert.
AB Wochenende nimmt die Konsistenz weiter ab, wenngleich alle Läufe den
zunehmenden zyklonalen Einfluss auf der Agenda haben.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Bis einschließlich Freitag rechnen die verschiedenen Globalmodelle eine sehr
ähnliche Geopotenzialverteilung. Selbst die Positionen der Höhentiefs
unterscheiden sich kaum.
Zum Wochenende gehen die Berechnungen aber zunehmend auseinander. Bei ICON
weitet sich der zyklonale Einfluss von Süden her rasch auf ganz Deutschland aus
(Höhentief „Nummer 2“). Bei GFS macht sich zumindest bis Samstag über der
Nordhälfte noch der Einfluss des blockierenden Hochs über dem Nordmeer
bemerkbar, bevor sich ab Sonntag auch bei diesem Modell der zyklonale Einfluss
landesweit durchsetzt. IFS ist demnach das hochdruck-lastigste Modell.
Auffällig ist ferner, dass bei GFS auch noch am Wochenende aus Nordosten kühlere
Luft in die Nordhälfte Deutschlands fließt und die Erwärmung im Süden schwächer
ausfällt als bei ICON und IFS. Dies steht in Verbindung mit einem weiteren
Höhentief „Nummer 4“ und Kaltluftvorstoß über Skandinavien.
In der erweiterten Mittelfrist rechnet auch GFS mit einer diffusen Troglage,
auch wenn das Geopotenzialfeld durchaus unterschiedlich aussieht.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Rauchfahnen des IFS-EPS zeigen sowohl bei Temperatur als auch beim
Geopotenzial keine größeren Fluktuationen. Einen nennenswerten, sukzessiven
Erwärmungstrend bis zum Wochenende lässt sich am ehesten noch im Süden und
Südwesten ausmachen. Die Bündelung ist zumindest bis Donnerstag recht eng,
danach weiten sich die Rauchfahnen zwar stärker auf, was aber nur auf wenige
Member zurückzuführen ist. Der deterministische IFS-Lauf läuft stets nahe des
Medians der Verteilung. Einzig die EPS-Niederschlagssignale, die vor allem im
Süden und Südwesten bereits ab Freitag sichtbar zunehmen, geben Anlass, hinter
dem bis zum Wochenende verhältnismäßig hochdruckdominierten Szenario des
deterministischen Laufes ein kleines Fragezeichen zu setzen.
Sowohl im Zeitraum +72-96 h als auch im Zeitraum +120-168 h werden alle
vorliegenden Cluster dem Regime „Blocking“ zugeordnet. Die Positionen des
blockierenden Hochs sowie der flankierenden Höhentiefs variieren zwischen den
Clustern zwar leicht, großräumig betrachtet sehen sie sich aber dennoch sehr
ähnlich aus.
Im Zeitraum +192-240 h vollzieht der einzige, vorliegende Cluster einen Übergang
zum Regime „Atlantic Ridge“, was in einer weiteren, retrograden Verschiebung des
blockierenden Rückens begründet ist. Dadurch gelangt Mitteleuropa zunehmend
unter Trogeinfluss.
FAZIT: Der mittelfristige Wetterabschnitt am Mittwoch startet zunächst mit einer
antizyklonal dominierten, blockierten Großwetterlage „HN(F)“ sehr ruhig,
wenngleich nicht überall mit „eitel Sonnenschein“. Dabei stellt sich zumindest
in der Südwesthälfte eine allmähliche Erwärmung ein, nach Norden und Nordosten
zu tut sie sich eher schwer.
Zum Ende der Woche nimmt der zyklonale Einfluss von Süden und Südwesten her
wieder zu. Ob sich das wechselhafte Schauerwetter bereits am Freitag oder erst
im Laufe des Wochenendes einstellt, bleibt aber abzuwarten.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Mit Blick auf das Warnmanagement gibt die Mittelfrist zunächst nicht viel her.
Erwähnenswert ist, dass die Nachtfrostgefahr im Laufe der zweiten Wochenhälfte
weiter abnimmt.
Etwas mehr „Spannung“ bietet das Wochenende, wenn die Wahrscheinlichkeit für
konvektive Umlagerungen von Süden und Südwesten her allmählich zunimmt. Bei
stärkeren Schauern und Gewittern sollte man aufgrund der wohl eher langsamen
Verlagerung den lokalen Starkregen auf jeden Fall mit ins Kalkül ziehen.
In den Alpen stellt sich ab Freitag eventuell eine leichte Föhnsituation ein,
sodass es zumindest auf den Gipfeln zu Sturmböen kommen könnte.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS det.+EPS, MOS-Mix
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser