SXEU31 DWAV 151800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 15.04.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Überwiegend ruhiges Hochdruckwetter, vorübergehend mit erhöhter
Nachtfrostgefahr. Im Hochschwarzwald vor allem in der Osternacht Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland an der Südwestflanke eines umfangreichen
Höhentrogkomplexes über Nordosteuropa, der wiederum flankiert wird von einem
weite Teile Südwest- und Westeuropas überdeckenden und bis ins Nordmeer
reichenden Höhenkeil. Daraus resultiert eine leicht zyklonal konturierte
nordnordwestliche Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet, wobei ein Randtrog
heute im Tagesverlauf die Osthälfte südwärts überquert hat, heute Abend bereits
Ostbayern erreicht und ein weiterer, kurzwelliger Troganteil aktuell von
Südschweden auf die südwestliche Ostsee übergreift.
Somit dominieren über weiten Teilen des Landes Kaltluftadvektion und Absinken.
Der kräftige Druckanstieg hat zum Aufbau eines kräftigen Bodenhochs über
Skandinavien geführt, das sich allmählich südwärts bis ins Vorhersagegebiet
ausweitet, Samstagfrüh befindet sich dessen Schwerpunkt in etwa über Südnorwegen
bzw. Dänemark.
Unterhalb der Absinkinversion, deren Obergrenze sich in der Osthälfte immerhin
in etwa 700 hPa befindet, im Westen und Südwesten hingegen rasch auf unter 800
hPa sinkt, konnte allerdings in den Norden, Osten und zunehmend auch in die
mittleren Landesteile recht feuchte und somit auch wolkenreiche maritime
(Sub)Polarluft (PPW-Werte zwischen 10 und 15 mm) vordringen, die sich im Laufe
der Nacht mit dem Trog weiter südwärts verlagert, wobei sie nach Westen und
Südwesten zu aufgrund des Absinkens und der niedrigeren Inversion vermehrt
Abtrocknungstendenzen aufweist, so dass die Wolkendecke dort bei ihrer
Südverlagerung immer größere Lücken bekommt. Vor allem nach Osten zu fällt dabei
auch etwas Niederschlag, der allerdings mehr und mehr nachlässt, sich an den
östlichen Mittelgebirgen und später auch an den Alpen aber stauen kann. Im Erz-
und Zittauer Gebirge sinkt bei einsetzender Advektion modifizierter Polarluft
(-3 bis -4 Grad in 850 hPa) die Schneefallgrenze auf etwa 800 bis 600 m,
allerdings werden dort auch als Maximum kaum mehr als 2 l/qm simuliert, so dass
es höchstens stellenweise für etwas Glätte reicht. An den Alpen sind wohl erst
oberhalb von etwa 1300 bis 1600 m einzelne Schneeflocken zu erwarten.
Der nachfolgende kurzwellige Troganteil zieht im Laufe der Nacht unter
deutlicher Amplifizierung ebenfalls rasch südwärts und erreicht Samstagfrüh
Süddeutschland. Ihm folgt mit nordöstlicher Boden- und Höhenströmung eine
deutlich trockenere kontinentale Luftmasse, so dass die Wolken nach dessen
Passage mit etwas auffrischendem Nordost- bis Ostwind in der Nordhälfte, morgens
auch in der Mitte rasch auflockern bzw. sich auch komplett auflösen. Die
Temperatur in 850 hPa sinkt im Nordosten auf -3 bis -4 Grad, im Westen und Süden
dagegen auf +2 bis -1 Grad. Vor allem im Nordosten kann es bei dort dann schon
länger klarem Himmel leichten Frost geben, ansonsten beschränkt sich Luftfrost
wohl lediglich auf einige Mittelgebirgstäler bzw. Kammlagen, in den Niederungen
liegen die Tiefstwerte meist zwischen 6 und 1 Grad, je nach Bewölkung kann es im
Westen und Süden gebietsweise auch milder bleiben.

Samstag … passiert die Kurzwelle bis mittags Süddeutschland, bis zum Abend
dann auch die Alpen. Der Höhenkeil kann sich noch etwas verstärken und weitet
sich nach Mitteleuropa aus, wobei dessen Achse weiterhin deutlich westlich des
Vorhersagegebietes verbleibt. Die nordnordöstliche Höhenströmung bekommt somit
eine zunehmend antizyklonale Kontur.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt über Dänemark nur noch wenig nach
Süden, weitet sich aber südwärts aus, während gleichzeitig über dem Löwengolf
und Norditalien mit dem Trogvorstoß der Druck fällt. Somit verschärft sich der
Gradient vor allem in der Mitte und im Süden Deutschlands, im Südwesten kommt
Bise auf. Für warnrelevante Böen (Bft 7) aus Ost bis Nordost reicht es aber
zumindest tagsüber wohl nur in einigen Mittelgebirgskammlagen.
Ansonsten steht ein wettertechnisch ruhiger Tag auf der Agenda. Im Osten und
Süden beginnt der Tag noch bewölkt, an den Alpen bleibt das bis zum Abend auch
so und es gibt dort vor allem im Stau auch noch leichte Niederschläge, oberhalb
von etwa 1400 m ein paar Schneeflocken. Ansonsten lockern die Wolken mit der
sich fortsetzenden Advektion sehr trockener Festlandsluft auch im Südosten mehr
und mehr auf.
Im Norden und Westen sowie in den mittleren Landesteilen scheint dagegen
überwiegend die Sonne, von Norden her ziehen lediglich einzelne hohe und
mittelhohe Wolkenfelder durch.
Ähnlich wie am Vortag bleibt ein recht veritables Temperaturgefälle aufrecht,
wobei es vor allem im Südosten deutlich kühler bleibt. Die trockenkühle
Festlandsluft dringt zwar auch in die Westhälfte vor, kann sich dort aber
aufgrund der gebietsweise fast ungehinderten Sonneneinstrahlung kräftig
erwärmen. In 850 hPa steigen die Temperaturen auf Werte zwischen 4 Grad im
Westen und -3 Grad in der Oberlausitz. Das mündet in Höchstwerte zwischen 10 und
14 Grad im Osten und Südosten – in den östlichen sowie ostbayerischen
Mittelgebirgen sowie in den Alpentälern bleibt es eher kühler – und zwischen 14
und 18 Grad, am Rhein vielleicht 19 Grad im Westen und Südwesten Deutschlands.

Die Osternacht verläuft ruhig, an der Konstellation der Geopotenzial- und
Druckgebilde ändert sich kaum etwas.
Die tiefen Wolken im Südosten und an den Alpen lösen sich vollends auf, dafür
ziehen vor allem über die Osthälfte zeitweise etwas dichtere, meist aber
aufgelockerte hohe und mittelhohe Wolkenfelder, die dem sich wieder
regenerierenden Höhentrog über Osteuropa geschuldet sind.
Im übrigen Land bleibt es gering bewölkt oder klar.
Somit muss, mal abgesehen von einigen Regionen im Westen des Landes, zumindest
in ungünstigen Lagen verbreitet mit leichtem, in Bodennähe auch mit mäßigem
Frost gerechnet werden.
Am Gradienten ändert sich nur wenig, allerdings koppelt sich die Grundschicht
tagesgangbedingt zunehmend ab, so dass in einigen zentralen und süddeutschen
Mittelgebirgen, vor allem aber im Hochschwarzwald an der Inversion lokale Low
Level Jets entstehen können. Dann frischt in einigen Kamm- und Gipfellagen der
Ost- bis Nordostwind böig auf. In erster Linie im Hochschwarzwald können dabei
stürmische Böen, exponiert auch Sturmböen (Bft 8 bis 9) auftreten. Die vom
ICON-EU simulierten schweren Sturmböen (punktuell im Südschwarzwald auch mehr)
erscheinen dagegen übertrieben.

Sonntag … rückt uns der Höhenkeil allmählich näher auf die Pelle, büßt aber
durch einen Trogvorstoß ins Seegebiet westlich der Britischen Inseln bzw. nach
Irland an Wellenlänge ein, während der Höhentrog über Osteuropa inzwischen bis
in den zentralen Mittelmeerraum vorgedrungen ist, sich an dessen Ausrichtung
ansonsten aber wenig verändert. Somit bleiben wir unterhalb einer recht glatten
nordöstlichen Höhenströmung.
Das Bodenhoch zieht sich ein wenig nach Nordosten zurück und schwächt sich etwas
ab, bleibt aber nach wie vor wetterbestimmend. Der Gradient an dessen Südflanke
fächert vor allem über Südwestdeutschland nur zögernd auf, so dass mit der
besseren turbulenten Durchmischung der Ost- bis Nordostwind auf den Bergen am
Vormittag ab-, in den Niederungen aber vorübergehend noch einmal etwas zunimmt,
ehe er am Nachmittag und Abend auch dort abflaut. Eventuell reicht es an
Bodensee und Hochrhein noch einmal für steife Böen.
Ansonsten bleibt alles beim Alten: Über den Osten und Südosten ziehen zeitweise
lockere, aber teils mehrschichtige Wolkenfelder, wobei zwischendurch aber auch
die Sonne zum Zuge kommt. Im Rest des Landes steht ein weitgehend sonniger
Ostersonntag ins Haus. An der 850 hPa-Temperaturverteilung ändert sich nur
wenig, dennoch wird der Tag vielerorts als etwas wärmer empfunden, da der
Ostwind gegenüber dem Vortag weniger auffrischt. Die Höchstwerte liegen zwischen
11 und 15 Grad in der Osthälfte und 15 und 19 Grad im Westen; vielleicht reicht
es entlang des Rheins auch für knapp 20 Grad.

In der Nacht zum Ostermontag nistet sich der Höhentrog knapp west- bzw.
nordwestlich der Britischen Inseln ein, wodurch der vorgelagerte Höhenkeil
sowohl an Wellenlänge als auch an Substanz verliert. Er erweist sich aber
weiterhin als robust und erstreckt sich über Frankreich, Benelux und die Nordsee
bis nach Skandinavien, wobei dessen Achse morgens in etwa den äußersten
Westen/Nordwesten des Landes erreicht.
Auch das Bodenhoch wird weiter abgebaut, so dass der Gradient selbst im
Hochschwarzwald wohl kaum mehr für die Ausbildung warnrelevanter lokaler Low
Level Jets reicht.
Dünne, hohe Wolkenfelder gibt es wohl am ehesten im Norden bzw. Nordwesten, wo
sich schwache WLA bemerkbar macht, etwas mehrschichtige Bewölkung kann es aber
weiterhin auch in der Osthälfte geben, da der Osteuropatrog nach wie vor kaum
Verlagerungstendenz aufweist. Ansonsten verläuft die Nacht gering bewölkt oder
klar. Vor allem in der Mitte und im Süden gibt es zumindest in ungünstigen Lagen
erneut leichten, in Bodennähe vereinzelt mäßigen Frost.

Montag … wird der nur noch schmalbrüstige Höhenkeil in die Zange genommen und
schließlich auch ganz abgebaut. Zwar kommt der Höhentrog über Westeuropa kaum
nach Osten voran, dafür verlagert sich an der Nordflanke des inzwischen über
Osteuropa abgetropften Höhentiefs ein recht markanter kurzwelliger Randtrog von
Baltikum bis zum Abend zur südlichen Ostsee und streift dabei auch die
vorpommersche Ostseeküste. Somit bleibt vom ehemaligen Keil lediglich eine
flache Geopotenzialbrücke über dem Westen Deutschlands über, während die
nördliche Höhenströmung über dem Osten des Landes wieder eine leicht zyklonale
Kontur aufweist.
Das Bodenhoch zieht sich nach Nordosteuropa zurück, so dass sich über weiten
Teilen des Vorhersagegebiets schwachgradientige Druckverhältnisse einstellen,
lediglich im Norden und Nordosten bleibt ein etwas schärferer Gradient aufrecht
und verschärft sich sogar noch etwas, so dass der Wind vor allem im Ostseeumfeld
aus Ost bis Nordost auffrischt. Warnrelevante Böen sind aber voraussichtlich
keine zu erwarten.
Ein von den Britischen Inseln auf die westliche Nordsee übergreifendes,
weitgehend okkludiertes Frontensystem schwächt sich mit Annäherung an den
Höhenkeil bzw. dessen Überresten deutlich ab, kann sich im äußersten Westen und
Nordwesten aber vielleicht noch anhand hoher Wolkenfelder bemerkbar machen,
während ansonsten in der Westhälfte und auch in der Mitte vielerorts die Sonne
scheint.
Etwas anders sieht es in der Osthälfte, vor allem im Südosten aus. Mit der
Ausweitung des Troges werden die Wolken dort allgemein etwas dichter, einige
Modellläufe (vor allem IFS von 00 UTC, aber auch GFS von 06 UTC) haben im
Bayerwald sowie vom Chiemgau an ostwärts sogar geringe Niederschläge in Form
vereinzelter Schauer auf der Agenda. Dennoch kommt auch dort die Sonne zumindest
zeitweise zum Zuge.
Mit dem sich nähernden kurzwelligen Randtrog und dem etwas auffrischendem
Ostwind wird auch niedertroposphärisch wieder etwas kältere Festlandsluft in den
Osten und Nordosten geführt, bis zum Abend sinkt dort die Temperatur in 850 hPa
auf -2 bis -5 Grad, während sie im Westen bei 2 bis 4 Grad verharrt und im
Südwesten sogar noch ein wenig ansteigt. Somit liegen die Höchstwerte meist
zwischen 10 und 14 Grad im Osten bzw. Nordosten, sonst zwischen 13 und 17 Grad,
entlang und westlich des Rheins können auch bis nahe 20 Grad erreicht werden.

Modellvergleich und -einschätzung

Bis auf Kleinigkeiten, die meistens nicht warnrelevant sind, unterscheiden sich
die Modelle kaum. Lediglich bzgl. der Bise vor allem in der Nacht zum Sonntag
gibt es noch geringere Differenzen, wobei die deutsche Modellkette neigt, solch
lokale Effekte deutlich zu übertreiben.
Am Montag bestehen noch Unsicherheiten darüber, inwieweit sich der
osteuropäische Trog bzw. das Höhentief vor allem in der Osthälfte des Landes
erneut anhand etwas dichterer Wolkenfelder und kühlerer Luftmassen bemerkbar
machen kann.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff