SXEU31 DWAV 131800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 13.04.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Heute Nacht im Nordwesten örtlich Starkregen. Donnerstag im Südwesten teils
kräftige Gewitter, lokal unwetterartiger Starkregen. Im Norden und Osten
einzelne Gewitter. Nachfolgend im Osten kälter.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC

Aktuell … liegt Deutschland unter einem breiten Höhenkeil, dessen Achse von
Italien über Österreich bis ins westliche Polen verläuft. Diese Achse wandert
bis zum Ausgang der kommenden Nacht allmählich nach Osten.
Gleichzeitig nähert sich von Nordwesten ein Kurzwellentrog, der die Nordsee im
Verlauf der Nacht zum Donnerstag ostwärts überquert.

Im Bodendruckfeld wurde u.a. um 12Z eine Okklusion über Benelux analysiert, die
die Nacht über dank postfrontalem Druckanstieg über Nordfrankreich und der
Annäherung der Kurzwelle zögernd ostwärts in Richtung Deutschland gedrückt wird.
Aktuell erscheint die Front noch recht inaktiv und liegt schön eingebettet in
einem schwach konturierten warmen Förderband (WCB). Das WCB wiederum ist dank
mäßiger Staubkonzentration (WMO SDS-WAS mit einer optischen Dicke von rund 0.3)
und der agilen Cirrenbildung recht schön zu erkennen und markiert auch im
MIMIC-TPW den Bereich mit den vergleichsweise erhöhten TPW-Werten (totales
niederschlagbare Wasser), die rund 25 mm erreichen. Die jüngsten
Radiosondenaufstiege aus Frankreich/Benelux stützen das mit 22 bis 24 mm. Diese
Front, inklusive dem Einschub feuchter und geringfügig labil geschichteter
Luftmassen, dienen als Hauptfokus für warnwürdiges Wetter in dieser Kurzfrist.

Heute Abend können sich zwischen dem Niederrhein und Schleswig-Holstein entlang
der Front erste Schauer entwickeln – dank recht stabiler Schichtung, noch
geringer frontaler Hebung und ebenfalls noch fehlendem Hebungsantrieb der
Kurzwelle sollte nicht mehr dabei herauskommen. Auch präfrontal über
Rheinland-Pfalz/dem östlichen NRW im ID2 gezeigte Labilität scheint dank recht
unrealistisch aggressiver Advektion von Grenzschichtfeuchte in der Numerik und
einem niedertroposphärischen Deckel bzw. kaum vorhandener Hebung ungenutzt zu
bleiben.

Ansonsten gehen wir deutschlandweit in einen freundlichen Abend, wenngleich
weiterhin ausgedehnte Cirren über den Himmel ziehen (jedoch uns wohl mit einem
farbenfrohen Abendrot dank Staubanteil beglücken). Die abendlichen Werte liegen
bei 17 bis 22 Grad, im Küstenumfeld bei 8 bis 12 Grad und das bei einem
schwachen Wind aus südöstlicher bis östlicher Richtung im Osten und westlicher
Richtung im Westen.

In der Nacht zum Donnerstag wird dann die Okklusion durch die
Kurzwellenannäherung aktiviert, wobei sich die vertikale Hebung von 750 – 600
hPa eingangs der Nacht auf die gesamte Troposphäre ausweitet (inklusive
verstärkter Frontogenese im oberen Bereich der Troposphäre). Entsprechend wird
die Niederschlagsbildung angekurbelt, wobei die Zellen entlang der ostwärts
ziehenden Front zügig nordostwärts ziehen und dank geringer Frontverlagerung
somit auch mehrmals über denselben Bereich ziehen. Mit verstärkter Hebung und
anfänglichen 100 bis 300 J/kg MUCAPE kann in der Tat in RP sowie im Bergland von
NRW ein kurzes Gewitter nicht ausgeschlossen werden. Abgesehen davon entwickeln
sich jedoch in diesem breiten Niederschlagsgebiet horizontal begrenzte und
konvektiv verstärkte Schauerstraßen, wobei dank der bereits angesprochenen
Feuchte strichweise auch Starkregen der Marke „markant“ nicht ausgeschlossen
werden kann. Die Signale in den jüngsten vier ID2-EPS Läufen springen jedoch
entlang der gesamten Front, sodass (wenn überhaupt) nur im Nowcast gewarnt
werden kann (auch Niedersachsen betreffend). In diesem Streifen, der den
Großteil Nordwestdeutschlands umfasst, fallen auch abseits konvektiver
Verstärkung großflächig 12-std. Mengen von 5 bis 10 l/m², nach IFS regional auch
um 15 l/m².

Im Süden und Osten verläuft die Nacht teils klar, teils stärker bewölkt (vor
allem durch Cirren) und trocken. Ob sich ausgangs der Nacht auch im Schwarzwald
erste Schauer entwickeln ist noch unsicher, wird von GFS/IFS favorisiert und im
ID2-EPS durch einzelne Member hervorgehoben.

Die Tiefstwerte liegen dank der dichten Bewölkung im Westen du Norden bei 10 bis
8 Grad und sonst zwischen 8 und 4 Grad, in Bayern bei effektiver Ausstrahlung
auch etwas darunter (dort besonders im Bergland leichter Frost in Bodennähe).

Donnerstag … erfolgt eine Trogpassage, wobei die Trogachse bis zum Abend
Westdeutschland voll und ganz erfassen dürfte. Das bedeutet auch, dass der Süden
und Osten ganztags auf der hebungsförderlichen Trogvorderseite verbleiben. Die
Okklusion inklusive der feuchten und labil geschichteten Luftmasse wird
allmählich in den Süden und Osten des Vorhersagegebietes abgedrängt. Somit
ergeben sich die folgenden konvektiven Schwerpunkte:

Schwarzwald, Alb – Mittagszeit bis in die Abendstunden:

Bei PPWs von etwas über 20 mm und den Resten einer abgehobenen Mischungsschicht
sowie mit einer tageszeitlich zunehmenden synoptisch-skaligen Hebung erscheint
die Entwicklung von einigen Gewittern im Bergland Südwestdeutschlands recht
sicher. MUCAPE von 500-1000 J/kg sowie hochreichende Scherung von rund 7 oder 8
m/s sind ein Hinweis für einzelne, vergleichsweise kräftige und langsam ziehende
Aufwinde. Dank der synoptisch-skaligen Hebung dürfte die Einstrahlung am
Vormittag durch WLA Gewölk zeitweise vermindert ausfallen, sodass sich auch
keine ausgeprägte orografische Zirkulation mit bodennahen Ostwinden einstellen
dürfte, doch auch ohne diesen Parameter stehen die Zeichen für punktuellen
Starkregen recht gut. Besonders ins Auge springen gute Höhendivergenz sowie eine
zunehmende Scherung im Ambossniveau – gut für Verfrachtung des Niederschlags aus
dem Aufwindbereich heraus. Daher verwundern auch die beständigen Signale für das
Erreichen der Unwetterschwelle „Starkregen“ nicht mit Werten im EPS von 30-40%
(und geringere Werte für extremes Unwetter). Summa summarum sind im Schwarzwald,
entlang der Alb bis zum Bodensee in dem genannten Zeitraum einzelne, teils
kräftige Gewitter mit Starkregen und lokal (meist kleinkörnigem) Hagel zu
erwarten, wobei punktuell auch unwetterartige Regenmengen fallen können.

Unterfranken, Oberfranken bis zum Thüringer Wald/Erzgebirge – später Nachmittag
bis erste Nachthälfte:

Die Okklusion mit genannter Feuchte sowie tageszeitlicher diabatischer,
präfrontaler Erwärmung ermöglicht die Chance für einzelne Gewitter im genannten
Zeitraum. Insgesamt ist das Zeitfenster für ausreichende thermodynamische
Unterstützung begrenzt, doch sollten sich abends in den gennannten Bereichen
einzelne Gewitter entwickeln, dann könnte die Scherung von 15-20 m/s
(hochreichend) die maue CAPE Komponente ausgleichen. Erhöhte SRH Werte könnten
temporäre Zellorganisation/-rotation mit lokalem Hagel und stürmischen Böen
ermöglichen. Dieses Risiko ist jedoch noch unsicher und hängt von der
tageszeitlichen Einstrahlung ab (CAPE-Aufbau). Ergo: Nowcast.

Norddeutschland – nachmittags und abends:

In der Nähe des thermischen Troges in der Höhe sowie nahe der Trogachse werden
bei rund 100 J/kg ungedeckeltem MUCAPE sowie überschaubarer Scherung zahlreiche
Schauer und Gewitter forciert, die rasch ostwärts ziehen. Graupel, Windböen Bft
7, im ungünstigsten Fall auch mal eine Bft 8 sollten hier die
Hauptbegleiterscheinungen sein. Abends schwächt sich die tageszeitenabhängige
Konvektion zügig ab.

Abseits der genannten Regionen bleibt der Himmel meist stark bewölkt mit kurzen
Auflockerungen sowie einzelnen Schauern. Im Nordosten regnet es im Umfeld der
Okklusion länger anhaltend, jedoch nicht warnwürdig. Die Höchstwerte liegen im
Norden etwas unter, im Süden etwas über 20 Grad und der Wind abseits der
Konvektion schwach bis mäßig aus Nordwest.

In der Nacht zum Freitag fallen die Gewitter rasch in sich zusammen, sodass nur
noch frontaler Niederschlag den Süden und Osten mit etwas Nass beglückt (meist 4
bis 8 l/m² in 12h). Im Westen/Nordwesten lockert die dichte Bewölkung teils
länger auf, bevor sich nach Mitternacht dichte Bewölkung von der Nordsee
südostwärts ausbreitet. In diesen Gebieten bleibt es jedoch trocken und lokal
bildet sich Nebel. Die Tiefstwerte liegen zwischen 10 und 5 Grad, bei längerem
Aufklaren und im Bergland um 3 Grad.

Freitag … gelangen wird bereits auf die Trogrückseite, wobei eine Kurzwelle
über Dänemark südwärts ziehend im Tagesverlauf Deutschland und Tschechien
erfasst, bevor in der Nacht zum Samstag bereits die nächste Kurzwelle auf
ähnlicher, nur etwas westlicherer Zugbahn südwärts über Deutschland zieht. Beide
Kurzwellen drücken dabei mehr oder weniger aktive Kaltfronten über Deutschland
nach Süden, wobei davon besonders der Osten betroffen ist.

Mit der erste (niedertroposphärisch ausgeprägten) Kaltfrontpassage gehen die 850
hPa Temperaturwerte auf 0 bis -1 Grad zurück. Zugleich wird in den Nordosten
eine feuchte Luftmasse geführt (zwischen 900 bis 800 hPa mächtig und das
Resultat von herumgeholter Feuchte im Kopf der Welle), die dank der vertikal
wenig ausgeprägten Frontfläche unterhalb einer Inversion in rund 700 hPa
gefangen bleibt. Verbreitet dichte, hochnebelartige Bewölkung im Nordosten ist
das Resultat und einzelne Regentropfen sind nicht ausgeschlossen.

Mit der zweiten Kaltfront während der Nachtstunden wird ein Schwall
modifizierter Polarluft inklusive 850 hPa Temperaturwerten von -3 bis -6 Grad in
den Nordosten geführt. Dank kräftiger postfrontalen Abtrocknung/Subsidenz reißt
die Bewölkung im Nordosten im Nachtverlauf rasch auf.

Im Westen und Süden verläuft der Tag freundlich und trocken. Eine Ausnahme
bildet der Alpenstau, wo aus starker Bewölkung etwas Regen fällt (4-8 l/m²/12h /
Schneefallgrenze rund 2000 m). In der Nacht zum Samstag wird es im Westen und
Süden teils klar, teils hochnebelartig bewölkt mit anhaltendem Stauniederschlag
am Alpenrand (2 bis 5 l/m² / Schneefallgrenze auf rund 1200 m sinkend).

Entsprechend variabel fallen die Temperaturwerte aus. Die Höchstwerte liegen im
Südwesten bei 19 bis 22 Grad und auch sonst über der Mitte und dem Süden bei 16
bis 20 Grad. Im Norden und Osten kühlt es hingegen schon ab auf 11 bis 15 Grad
und im Nordosten (Vorpommern bis Brandenburg) werden nur 8 bis 10 Grad erwartet.

Die Tiefstwerte liegen im Westen je nach Bewölkung zwischen +6 und +2 Grad und
im Osten zwischen +4 und +1 Grad. Regional Luftfrost bzw. verbreitet Frost in
Bodennähe muss im Verlauf der Nacht postfrontal der zweiten Kaltfront besonders
im Nordosten erwartet werden (0 bis -1 Grad, bodennah bis -4 Grad).

Der Nordwind weht nur schwach bis mäßig und dreht allmählich mehr auf
nordöstliche Richtung.

Samstag … überquert die zweite Kurzwelle Süddeutschland und gewinnt an
Amplitude bzw. somit auch an Hebungseinfluss. Rückseitig baut sich bodennah ein
kräftiges Bodenhoch auf, das bis zum Abend weite Bereiche Deutschlands
überstreicht.
Daher verläuft der Tag im Süden meist stark bewölkt und besonders im Umfeld der
Berge kann es einzelne Schauer geben (Schneefallgrenze im Bayerischen Wald bei
rund 600 m, am Alpenrand bei 1200 m). Ansonsten reißt die Bewölkung von Norden
rasch auf und der Tag verläuft über der Mitte und dem Norden immer freundlicher
bzw. sonnig und es bleibt trocken. Mit Höchstwerten von 10 bis 14 Grad im
gesamten Osten bleibt es kühler als im Westen, wo 15 bis 19 Grad erwartet
werden.
Der Nordostwind (aus dem Hoch ausfließend) weht schwach bis mäßig, im Südwesten
zeitweise auch leicht böig.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Numerik sieht die Entwicklung der Kurzfrist sehr homogen und beginnt erst
zum Ende (Samstag) mit der Frage der Wellenamplitude der Kurzwelle etwas zu
streuen. Auswirkungen auf die Wetterentwicklung fallen jedoch unbedeutend aus.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy