SXEU31 DWAV 070800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 07.04.2022 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
Wz Übergang NW z

Heute Sturmlage mit teils schweren Sturmböen an der See, über der Mitte und dem
Süden. Im Bergland Orkanböen. Kommende Nacht noch im ganz im Norden stürmisch,
ab Freitagabend ganz im Süden wieder Sturm. Im Schwarzwald, Allgäu und ab
Freitagnachmittag eventuell von der Pfalz bis Nordbaden markanter Dauerregen.
Dazu kurze Gewitter, teils mit Starkregen oder Graupel. Vor allem in der Nacht
zum Samstag über der Mitte und dem Süden kräftige Schneefälle bis in tiefe
Lagen, im Bergland markanter Neuschnee möglich.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC

Donnerstag… zieht ein kräftiges Sturmtief von der Nordsee nach Südschweden,
das ziemlich genau unter einem Höhentrog und etwas abseits des Jets liegt und
sich daher kaum weiter vertieft. Aktuell liegen die Druckwerte im Zentrum bei
ca. 970 hPa, woran sich bis zum Abend nicht viel ändern soll. Das Sturmfeld
greift im Tagesverlauf auf Deutschland über und erfasst das ganze Land. Vor
allem an der Kaltfront und präfrontal dürfte es die stärksten Böen geben. Sie
greift in den nächsten Stunden auf den Nordwesten über und liegt abends etwa auf
einer Linie von Nordbaden bis zur Oberpfalz.

Da sich durch einen Warmluftberg über der Biskaya die Temperaturgegensätze in
der Höhe verstärken und sich ein markanter Jet über Deutschland aufbaut, auf
dessen hebungsförderndem linken Ausgang die Front größtenteils liegt, nehmen die
Oberwinde und Scherung im Bereich des Tiefsauläufers weiter zu. In 850 hPa
werden um 60 kt erreicht, die Geschwindigkeitsscherung liegt bei 20-25 m/s
zwischen 0 und 1 km und 30-50 m/s zwischen 0 und 6 km.
Obwohl ML Cape nur wenig vorhanden ist, sollte es durch die starke Hebung zu
einzelnen Gewittern an der gut definierten Kaltfront mit markanter Schauerlinie
reichen. Dabei drohen vor allem mit Frontdurchgang im Norden zunächst Böen der
Stärke 8 bis 9, über der Mitte und nach Süden hin eher 9-10 Bft. Orkanartige
Böen können dort nicht ganz ausgeschlossen werden, obwohl Signale dafür in den
Modellen kaum vorhanden sind. Im höheren Bergland dürften aber verbreitet
schwere Sturmböen bis Orkanböen auftreten. Die HKN`s liegen recht hoch, sodass
es für Tornados eher nicht reichen sollte, obwohl die Scherung und SRH
entsprechenden Input liefern könnten.
Starkregen, Graupel oder Hagel sind bei der Frontpassage zwar nicht
ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich und dürften auch von der Relevanz
hinter der Windentwicklung zurücktreten.
In den Nachmittags- und Abendstunden greift an Südflanke des Sturmtiefs ein
markanter Bodentrog auf den Nordwesten über. Postfrontal sorgt die kräftige
Kaltluftadvektion zunächst für Absinken, bevor sich Schauer und Gewitter des
folgenden Trogbereiches von Nordwesten bemerkbar machen. Nach vorübergehend
Windabnahme legt dieser erneut zu und es treten im Nordwesten auch abseits der
Schauer (T500 sinkt unter -30 Grad) verbreitet Sturmböen (Bft 8 bis 9), über der
freien Nordsee und an den Küsten auch schwere Sturmböen (Bft 10) aus Südwest bis
West auf.
Der Höhenwind ist im Trogbereich schwächer und erreicht nur noch vereinzelt
Geschwindigkeiten bis 60 Knoten, das größere Gefahrenpotential geht von der
Kaltfrontpassage aus. Die HKN’s sinken von Nordwesten zwar auf 400 m ab, die
Scherung aber ebenfalls.

Am mildesten wird es vor Kaltfrontpassage in Niederbayern und der Lausitz mit 16
bis 18 Grad. Sonst liegen die Höchstwerte meist zwischen 10 und 15 Grad.
Mit den frontalen Niederschlägen setzen heute darüber hinaus im Südwesten
wiederholte Regenfälle ein, die bis Samstag früh andauern. Die akkumulierten
Mengen liegen um 50 mm, lokal in Staulagen deutlich darüber, was zur Ausgabe der
entsprechenden Dauerregenwarnungen Anlass gegeben hat. Ein weiterer
Regenschwerpunkt liegt ab heute Abend im Oberallgäu, wo ebenfalls um 50 mm
zusammen kommen können.

In der Nacht zum Freitag kommt die Kaltfront am Alpenrand in strömungsparalleles
Umfeld und gerät ins Schleifen. Im weiteren Verlauf wird sie rückläufig und
mündet als Warmfront in ein neues Wellentief, das zum Morgen den Ärmelkanal
erreicht.
So regnet es im Süden längere Zeit schauerartig verstärkt, anfangs lokal
gewittrig durchsetzt. Im Laufe der Nacht ziehen sich die Niederschläge zunehmend
zu den Alpen zurück. Bis zum Morgen fallen gebietsweise um die 10, im
Südschwarzwald und Allgäu 20 bis 30 l/m², in Staulagen auch etwas mehr.

Auf der Rückseite strömt ein Schwall subpolarer Meeresluft nach Deutschland,
womit die 850 hPa Temperaturen auf 0 Grad an den Alpen und -6 Grad im Nordosten
zurückgehen. Die Schneefallgrenze sinkt dementsprechend in der Mitte bis in die

Kammlagen auf rund 400 bis 600 Meter ab (nur noch einzelne Schauer, die kaum
noch ergiebig sind mit < 5 l/m²), an den Alpen bis zum Morgen auf rund 1300 m.

Im Norden sind die Schauer im Trogbereich (das Sturmtief zieht sich zur
nördlichen Ostsee zurück) zahlreicher, aber im Flachland nur vereinzelt mit
Graupel vermischt. Der Wind ist allerdings weiter markant. Während er im Süden,
wenn die Kaltfront sich an die Alpen legt, rasch nachlässt, geht im Norden ein
weiteres Maximum im Bodentrogbereich von West nach Ost durch. Allerdings setzen
die Modelle auf eine geringfügige Entkopplung der Grenzschicht (was auch dank
nächtlicher Stabilisierung/Ausstrahlung realistisch erscheint), sodass meist
starke bis stürmische Böen Bft 7 bis 8 aus West zu erwarten sind. Im
Küstenumfeld tritt voller Sturm, exponiert auch schwerer Sturm (Bft 10) auf.

Die Temperaturen gehen bis in die Frühstunden auf 7 bis 2, im höheren Bergland
bis in den leichten Frostbereich zurück.

Freitag… glättet die Strömung zunächst durch aus westlichen Richtungen, dreht
aber vor dem nächsten Trog über GB langsam wieder etwas nach Südwest zurück. Der
küstennahe Bereich verbleibt in höhenkalter Luft mit teils bis -35 Grad
in 500 hPa und Lapse Rates von -0.8K pro 100 m in einer niedertroposphärisch
ordentlich labilen Schichtung. Die Tops reichen bis 500 hPa rauf. ML CAPE ist
allerdings marginal, da die Luftmasse trocken ist. So sind allenfalls kurze
Graupelgewitter zu erwarten, die warntechnisch schwer in den Griff zu bekommen
sind. Der Wind ist stark böig mit Bft 7, nach Nordosten hin Bft 8 und im
Ostseeumfeld auch Sturmböen Bft 9, anfangs Bft 10.

Spannend wird es im Süden. Das zunächst flache Wellentief liegt vor dem
erwähnten Randtrog und kann sich leicht intensivieren und schlägt zum Abend über
NE Frankreich auf. Davon ausgehend weitet sich aber eine Rinne, möglicherweise
mit separatem Tiefkern nach Süddeutschland aus. Die über Süddeutschland
befindliche Luftmassengrenze wird damit aktiviert und als Warmfront nordwärts
geführt.

Im Warmsektor wird die Schichtung im Tagesverlauf labiler, so dass die
Niederschläge konvektiv verstärkt und eventuell mit Hilfe der Orografie im
Südwesten auch gewittrig ausfallen können. Zudem frischt der Wind an der
Südflanke der Rinne auf mit starken bis stürmischen Böen (Bft 7 bis 8),
vereinzelt Sturmböen, im Bergland vermehrt mit Sturmböen (Bft 9) und auf dem
Feldberg mit Böen bis Orkanstärke.

Wie weit der Niederschlag nordwärts ausgreift und auf der kalten Seite durch
Niederschlagsabkühlung bis auf welches Höhenniveau in Schnee übergeht, ist noch
etwas unsicher. Nach aktueller Lesart der meisten Modelle dürfte etwa eine Linie
von der Eifel bis zum Erzgebirge den Nordrand darstellen und der Niederschlag
bis ca. 400 m als Schnee fallen. Etwas liegen bleiben dürfte zunächst aber erst
ab 600m und ab den Abendstunden.
In einem schmalen Streifen nördlich davon gibt es einen Bereich
kompensatorischen Absinkens, wo vorübergehend ruhiges, wenn auch nicht unbedingt
freundliches Wetter vorherrscht. Im Bereich mehrschichtiger, aus Südwesten
aufziehender
Bewölkung fällt aber kaum Regen.

In der Nacht zum Samstag zieht das Tief über Süddeutschland, wahrscheinlich
irgendwo zwischen Main und Donau, nach Osten. Der rückseitige Druckanstieg ist
immens und sollte vorübergehend dreistellig sein (> 10.0 hPa in 3 h). Erst die
rumgewickelte Okklusion markiert den eigentlichen (Kaltfront-)Bereich, wo es
nachfolgend deutlich kälter wird.
Im Süden regnet es verbreitet und der Westwind frischt wieder stürmisch auf mit
Böen Bft 8 bis 9, exponiert 10, Gipfel 10 bis 12 Bft. Südlich der Donau kann es
vorübergehend leicht föhnig sein, regnen tut es dort kaum.

Nördlich anschließend – wahrscheinlich in einem Streifen von Rheinland-Pfalz bis
zum Erzgebirge fallen länger anhaltende Niederschläge (meist 10-20 l/m² binnen
12 Stunden), in Nordbaden und in der Vorderpfalz kann es zu 20 bis 40 mm in 12
Stunden reichen, die aber teilweise als Schnee fallen. Hier wären
Dauerregenwarnungen, bzw. markante Schneefallwarnungen nötig. Mit Abzug des
Tiefs lassen die Niederschläge von Westen her später nach.
Da die Schneefallgrenze je nach Intensität teils bis in tiefe Lagen sinkt, wäre
nochmals eine morgendliche weiße Überraschung in einigen Landesteilen möglich.

Abseits davon teils aufgelockert und nur in Küstennähe einzelne Schauer. Dazu
wird es wieder frisch mit zwischen +5 und -2 Grad, im Nassschneefall um 0 Grad.
Gebietsweise kann es glatt werden; an den Küsten bleibt es windig.

Samstag… hat sich aus der einst zonalen Strömung eine Meridionale entwickelt
mit einem markanten Trog über Mitteleuropa mit T500 unter -35 Grad, der aber
zügig nach Osten schwenkt. Die kräftigen skaligen Niederschläge der Nacht
weichen wechselhaftem Schauerwetter mit kurzen Gewittern und stark böigem und
sehr kühlem Westwind (verbreitet Bft 6 bis 7, im Norden auch 8).
Das meiste CAPE (mit allerdings auch allenfalls knapp 100 J/kg) wird im
Nordwesten simuliert, wo der niedertroposphärische Feuchteintrag von der Nordsee
noch am größten ist). Die Schneefallgrenze pendelt von Nord nach Süd zwischen
500 und 800 m und in einigen Staulagen (v.a. Sauerland, Harz) sind zeitweise
auch kräftige Schneeschauer möglich. Auch an den Alpen schneit es noch längere
Zeit mit 5, in Staulagen bis um 10 cm binnen 12 Stunden. Die Höchstwerte
erreichen in der gut durchmischten Luftmasse 6 bis 10 Grad.

In der Nacht zum Sonntag dehnt sich von Westen ein Hochdruckgebiet nach
Deutschland aus, womit sich das Wetter beruhigt. Die Schauer klingen außer ganz
im Norden und an den Küsten sowie den Alpen ab und die Bewölkung lockert stärker
auf. Die Temperaturen liegen um den Gefrierpunkt, vereinzelt kann es auch glatt
werden. An den Küsten, im höheren Bergland und anfangs im Nordosten sind noch
warnrelevante Böen zu verzeichnen, die aber auf dem absteigenden Ast sind.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle simulieren grundsätzlich einen ähnlichen Ablauf. Die Windentwicklung
für den heutigen Tag scheint recht sicher. Spannender wird es morgen, wenn das
Wellentief über Süddeutschland nach Osten zieht. Die Niederschlagsschwerpunkte
haben sich angeglichen, es läuft neben dem Schwarzwald, noch auf Dauerregen im
Allgäu und gebietsweise im Südwesten (Pfalz, Nordbaden) hinaus. Die Warnungen
können aber heute Abend, bzw. noch morgen ausgegeben werden. Andere Baustellen
wurden schon im Text erwähnt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner