S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 01.04.2022 um 10.30 UTC

Wechselhaft mit wiederholten Niederschlägen, dabei meist windig bis stürmisch
und etwas ansteigenden Temperaturen.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 08.04.2022

Die ab dem kommenden Montag beginnende Mittelfrist verspricht eine wechselhafte
und damit nasse sowie zeitweise windige Geschichte zu werden. Die dabei
beteiligten Luftmassen sind eher mild, sodass winterliche Erscheinungen seltener
werden, aber noch nicht ganz vom Tisch sind.

Im Detail stellt sich am Montag ein Langwellentrog über Skandinavien als „Big
Player“ vor, um dessen Drehzentrum etwa bei Finnland im Laufe der Woche immer
wieder Randtröge herumlaufen, die auch Mitteleuropa und Deutschland traktieren.
Ein solcher Randtrog läuft am Montag selber vom Nordmeer in die nördliche
Nordsee und interagiert mit einem von Island kommenden Bodentief (Nr. 1). Dieses
wird zum Baltikum geführt, die Warmfront dringt im Laufe des Montags mit
kräftiger WLA, entsprechender Hebung und Niederschlag von Nordwesten her nach
Deutschland vor. Bei recht kräftigem Gradienten ist es vor allem in der
Nordhälfte windig oder stürmisch. Die T850 hPa steigen bei Zufuhr milderer
Atlantikluft auf 0 bis 3 Grad.

Am Dienstag zieht der Randtrog in die Ostsee, das zugehörige Bodentief (Nr. 1)
vom Baltikum Richtung Nordwestrussland. Gleichzeitig schwenkt ein neuer Randtrog
vom Nordmeer nach Island, was zu einer Zyklogenese südlich von Island führt. Die
Kaltfront des Baltikumtiefs (Nr. 1) ist verbunden mit der Warmfront dieses neuen
Tiefs (Nr. 2), über Deutschland kommen die Ausläufer diagnal ins Schleifen.
Damit sind weitere Niederschläge zu erwarten bei weiter kräftigem Gradienten und
T850 hPa über 0 Grad im Süden. Im Norden allerdings sinken die T850 hPa nördlich
der Ausläufer bis auf -5 Grad.

Am Mittwoch verlagert sich der neue Randtrog bei Island etwas nach Süden und
Westen. Das zugehörige Bodentief (Nr. 2) wird in die nördliche Nordsee geführt.
Die Warmfront kommt nun wieder nach Norden bzw. Nordosten voran, sodass die T850
hPa meist auf über 0 Grad steigen. Vor allem in der Nordhälfte bleibt es nass,
aber auch im Süden sind gebietsweise Niederschläge zu erwarten. Der Gradient
lässt nur vorübergehend ein wenig nach.

Am Donnerstag löst sich aus dem Randtrog bei Island ein kleiner Anteil heraus,
der im Laufe des Tages Deutschland überquert. Bodentief Nr. 2 zieht derweil von
der nördlichen Nordsee nach Südschweden. Dadurch werden nicht nur weitere
Feuchtefelder nach Deutschland geführt, sondern auch der Gradient verschärft
sich wieder. Erneut steht damit ein windiger Tag an, ein ausgewachsener Sturm
ist jedoch (aktuell) nicht zu sehen. Die T850 hPa bleiben meist über 0 Grad.

Am Freitag schleifen die Ausläufer des von Südschweden zum Baltikum
weiterziehenden Tiefs Nr. 2 über dem Süden. Derweil erreicht der Randtrog bei
Island die nördlichen Britischen Inseln, was dort ein weiteres Tief (Nr. 3) in
Stellung bringt. Ausläufer davon sind verbunden mit den über den Süden
Deutschlands schleifenden Fronten. Weiterhin sind also gebietsweise
Niederschläge zu erwarten, die T850 hPa liegen in der Südhälfte meist über 0, in
der Nordhälfte sinken sie auf knapp unter 0 Grad. Der Gradient lässt zwischen
den beiden Tiefs vorübergehend nach.

In der erweiterten Mittelfrist am übernächsten Wochenende zieht Tief Nr. 3 von
den Britischen Inseln über Dänemark hinweg zum Baltikum und gestaltet das Wetter
erneut wechselhaft mit zeitweiligen Niederschlägen, wechselnden
Temperaturniveaus (aber keine ganz kalten Luftmassen) und wieder ordentlichem
Gradienten. Erst zum Ende der erweiterten Mittelfrist deutet sich ein über den
Britischen Inseln aufwölbender Rücken an, der das Wetter bei uns stabilisieren
könnte. Damit würde die Strömung auf Südwest drehen, womit der Weg frei wäre für
deutlich mildere subtropische Luft.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis Mittwoch sind der heutige und die beiden gestrigen EZMW-Läufe auf einer
Linie ohne größere Abweichungen. Danach lässt die Konsistenz nach. Der nun als
kleiner aus dem Randtrog bei Island herauslösende Troganteil wurde in den
Vorläufen deutlich kräftiger gerechnet. Damit wäre aber auch das Bodentief (Nr.
2) stärker gewesen, was der Windentwicklung noch einen zusätzlichen Schub
gegeben hätte. Nachfolgend werden die Unterschiede zwischen den Läufen noch
größer, alle drei zeigen jedoch vorherrschende Zyklonalität. Der gestrige 0
UTC-Lauf hatte dabei einen erneuten Kaltluftausbruch mit T850 hPa unter -10 Grad
im Programm, dieser ist nun (vorerst?) vom Tisch.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Ähnlich wie bei den Konsistenzbetrachtungen lässt die Einigkeit vom EZWM mit
anderen Modellen ab Donnerstag deutlich nach. Sowohl GFS als auch ICON haben den
Trog dann noch stärker drin, was nach GFS ein ausgewachsener Sturm bei uns sein
würde. Beim ICON liegt er dagegen weiter nördlich, da sich der Trog noch ein
wenig anders deformiert. Nachfolgend sind sich die Modelle nur dahingehend
einig, dass das Wetter zyklonal geprägt bleibt, wobei ICON und GFS ein etwas
niedrigeres Temperaturniveau zeigen. Das könnte zumindest im Bergland noch
einmal den Winter bringen.
Beim JMA fehlt von Tief Nr. 2 am Donnerstag dagegen fast jede Spur, dabei zeigt
sich auch keine Randtrogentwicklung über Island. Vielmehr würden wir uns auf der
Rückseite des Langwellentrogs in nordwestlicher Strömung mit leicht kühlerer
Luft mit T850 hPa von -2 bis -6 Grad befinden.
GEM ist dem EZMW recht nahe, lässt das Tief am Donnerstag aber ein wenig weiter
südlich über Norddeutschland durchgehen. Das würde mehr Wind als beim EZMW
bedeuten.
Beim NAVGEM zieht das Tief sogar über die Mitte Deutschlands hinweg nach Osten,
ist dafür allerdings deutlich schwächer ausgeprägt. Am Freitag würde dann
Zwischenhocheinfluss herrschen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

RAUCHFAHNEN:
Die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles für diverse deutsche Städte öffnen sich
bereits am Dienstag ein wenig, dafür zeichnen sich jedoch nur wenige
Ensemblemitglieder verantwortlich. Ab Donnerstag weiten sich die Kurven stärker,
vor allem ein Ast des Medians mit deutlich niedriger Temperatur in T850 hPa
fällt dann auf. Aber auch beim Geopot 500 hPa gibt es einige Ausreißer nach
unten, insbesondere am Donnerstag. Das könnte für einen stärkeren Randtrog
stehen, womit das Bodentief kräftiger sein könnte und doch stärkerer Wind
möglich ist. Niederschlagssignale sind an allen Tagen vorhanden, mit Spitzen am
Montag/Dienstag und am Donnerstag/Freitag.

CLUSTER:
Im zweiten Zeitschritt von Mittwoch bis Freitag kommender Woche werden drei
Cluster angeboten (mit vorherrschendem Wetterregime „Atlantischer Rücken“). Der
Randtrog wird jeweils etwas unterschiedlich stark simuliert, womit auch das
Bodentief unterschiedlich stark ist und die Zugbahn nicht kongruent. Allerdings
zeigt keines der Cluster einen starken Sturm.
Im dritten Zeitschritt von Samstag bis Montag kommender Woche (erweiterte
Mittelfrist) gibt es zwei Cluster mit NAO negativ. Beide zeigen die
Trogvorderseite, die bei C1 aber schneller nach Osten vorankommt als beim C2.
Daher stellt sich die Frage, wie lange möglicher Zwischenhocheinfluss andauern
würde.

FAZIT:
Das wechselhafte und zu Niederschlägen neigende Wetter in der Mittelfrist ist
sicher. Dabei ist es häufig windig, am Montag und am Donnerstag vielleicht
stürmisch. Das Temperaturniveau steigt an, sodass es nur im Bergland zeitweise
winterliche Optionen gibt. Allerdings ist bei den Temperaturen noch nicht das
letzte Wort gesprochen, es gibt auch noch Modelle bzw. Ensembles mit deutlich
kühlerem Szenario vor allem zum Ende der kommenden Woche hin.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

WIND:
EFI liefert von Montag bis Donnerstag jeden Tag Hinweise für starken Wind. In
den Ensembles gibt es am Montag von der Mitte bis in den Norden erhöhte
Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen Bft 8, exponiert für Sturmböen Bft 9.
An der Küste und im Bergland sind schwere Sturmböen Bft 10 wahrscheinlich.
Am Dienstag sind im Nordosten stürmische Böen gering wahrscheinlich, an der
Ostsee und im östlichen Bergland Sturmböen.
Am Mittwoch treten starke Böen Bft 7 auf, nur lokal auch stürmische Böen. Im
Bergland muss mit Sturmböen bis schweren Sturmböen gerechnet werden.
Am Donnerstag rechnen die Modelle verbreitet mit stürmischen Böen, im Bergland
und an der See mit Sturmböen oder schweren Sturmböen.
Am Freitag liegen bisher nur für das Bergland Hinweise für stürmische Böen oder
Sturmböen vor.

DAUERREGEN:
Auch beim Dauerregen ist EFI mit Signale über Deutschland ausgestattet, meist
aber über dem Norden Deutschlands.
In den Ensembles sind am Montag nur für Schleswig-Holstein und für das Bergische
Land und den Harz geringe Wahrscheinlichkeiten für mehr als 30 l/qm in 24
Stunden vorhanden.
Am Dienstag findet man ähnliche Signale für den Schwarzwald und das Allgäu.
Am Mittwoch gibt es keine Hinweise für Dauerregen.
Am Donnerstag und Freitag ist Dauerregen weiterhin möglich, die Modelle sind
sich allerdings noch sehr uneins. Am ehesten könnten wieder die Staulagen
einiger Gebirge betroffen sein.

SCHNEE:
Am Montag können in einigen höheren östlichen und südöstlichen Mittelgebirgen
nochmals um 10 cm Neuschnee fallen. Dafür ist ebenfalls ein schwaches EFI-Signal
vorhanden.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW, EZMW-ENS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler