S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 02.03.2022 um 10.30 UTC

Zunächst ruhiges und vielfach sonniges Spätwinterwetter mit Nachtfrösten. Ab
Montag steigende Niederschlagsneigung.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 09.03.2022

Zum Start in den mittelfristigen Zeitraum am kommenden Samstag stehen die
Weichen noch auf ruhigem, aber wohl kaltem Spätwinterwetter. Als potentielle
Wetterlagen sind am Wochenende „Hoch Mitteleuropa“, „Brücke Mitteleuropa“, „Hoch
Fennoskandien“ oder „Nordost antizyklonal“ in der Verlosung. Alle stehen dabei
in Bezug zu einem breiten Rücken, der sich von Frankreich nordostwärts bis zum
Baltikum erstreckt und bodennah ein Hoch etwa bei Rügen stützt. Da auf dem
Atlantik jedoch ein weiterer kräftiger Rücken Richtung Island weist, wird am
Boden zusammen eine größere Hochdruckzone aufgespannt. Auf der Südflanke des
Rückens kann gleichzeitig ein Trog seine Amplitude vom Schwarzen Meer westwärts
bis in den zentralen Mittelmeerraum ausbauen und schließlich ein Drehzentrum
über dem Balkan ausbilden. Bodennah korreliert der Trog mit einer Tiefdruckzone
von Frankreich und der Schweiz in den westlichen Mittelmeerraum reichend. In
diese Zone eingebettet liegt dabei ein okkludierter Frontenzug, der von Norwegen
über den Osten Englands südwärts verläuft. Deutschland liegt aber noch
weitgehend im Einflussbereich von hochreichend antizyklonalen
Strömungsbedingungen. Entsprechend wird ein ruhiger und recht sonniger Tag
erwartet. Bei Temperaturen in 850 hPa zwischen -2 und -8 Grad bleiben die
Höchstwerte meist im einstelligen Niveau, allenfalls im Rheinumfeld könnte die
10 Grad-Marke fallen.

Zum Sonntag wird der Rücken nach Leseart des IFS von einem von Norden südwärts
stoßenden Trog abgehobelt und mit seiner Achse Richtung Alpen gedrängt. Dagegen
kann sich der rücken über dem Nordatlantik stärken und bei Nordirland einen
Schwerpunkt ausbilden. Bodennah stützt dieser ein kräftiges Hoch über den
Britischen Inseln, während sich das Hoch über Deutschland abschwächt und
südwärts wandert. Rückseitig übernimmt rasch der Kurzwellentrog, in den am Boden
ein Frontenzug liegt. Durch frontogenetische Prozesse und PVA aus der Höhe steht
auch ein gewisser Hebungsantrieb zur Verfügung, der jedoch in der vorhandenen
trockenen Luft kaum Niederschläge generieren kann. Das Temperaturniveau
verändert sich nur wenig hin zu noch etwas kühleren Werten. Demnach werden in
850 hPa meist zwischen -4 und -10 Grad gezeigt, die schließlich für Höchstwerte
von 2 bis 10 Grad verantwortlich sind.

Am Montag wird es dann spannend. Das IFS zeigt nun fortschreitend eine
nachlassende Konsistenz. Aber gerade die neusten Berechnungen zaubern wohl den
Winterfans nochmals ein Lächeln ins Gesicht. Demnach bleibt das hochreichende
Hoch über den Britischen Inseln und der Nordsee sehr stabil und reicht nach
Süden über Frankreich bis zur Mittelmeerküste. Auf der Ostflanke kann sich
gleichzeitig vom Baltikum über Polen hinweg ein Trog unter Verkürzung der
Wellenlänge west- südwestwärts amplifizieren und dabei auch weite Teile
Deutschlands zyklonal beeinflussen. Am Boden ist korrelierend zum Trog über
Osteuropa eine Tiefdruckzone aktiv, die bis in den Osten Deutschlands
vorankommt. Eingebettet in diese verlagert sich der Frontenzug langsam südwärts
und wird durch PVA zunehmend aktiviert. Nachfolgend sollen sich die
Niederschläge im Osten und Süden intensivieren. Aufgrund des Temperaturniveaus
von -4 bis -10 Grad in 850 hPa und unveränderten Höchstwerten fällt wohl bis in
tiefe Lagen Schnee. Im Nordwesten und Westen bleibt es mit der Nähe zum Hoch bei
antizyklonalen Verhältnissen weitgehend trocken und teils länger sonnig.

Am Dienstag verlagert sich nach IFS der Schwerpunkt des Höhenhochs über die
Nordsee und Norwegen. Resultierend schiebt sich auch das korrelierende Bodenhoch
ostwärts und nimmt einen Bereich von Nordwestrussland bis zur Nordsee ein. Auf
der Südostflanke des Höhenhochs verharrt dabei weiter der Trog mit eigenen
Drehzentren über Südostfrankreich und Ostpolen. Diese stützen ihrerseits
Bodentiefs über Nordspanien und der Ukraine. Deutschland liegt dabei auf der
Südflanke des hochreichenden Hochs in einer nordöstlichen bis östlichen
Grundströmung. Ein eingelagerter kurzwelliger Anteil versorgt den Osten und
Südosten mit Hebungsimpulsen und etwas Niederschlag. Mit der Ostströmung ist nun
der Weg für sibirische Kaltluft bereitet. Die Vorhut kommt auch schon in
Deutschland an. Einhergehend sinken die Temperaturen in 850 hPa auf -5 bis -12
Grad ab. Bei den Höchstwerten ändert sich aber noch nichts. Im Westen können mit
Sonnenschein sogar wieder zweistellige Werte möglich sein. Vor allem im Osten
sorgt der kalte Ostwind allerdings gefühlt für deutlich tiefere Temperaturen.

Am Mittwoch richtet sich das hochreichende Hoch über Skandinavien und
Nordwestrussland ein und gibt Mitteleuropa bis hin zum zentralen Mittelmeerraum
für tiefes Geopotential frei. Am Boden kann sich resultierend einer
Tiefdruckzone vom Atlantik über Südwesteuropa und den ganzen Mittelmeerraum
ostwärts erstrecken. Deutschland liegt auf der Süd- bzw. Südwestflanke des
Bodenhochs in der östlichen bis südöstlichen Grundströmung, die überwiegend
antizykonal geprägt ist. In der Höhe tummelt sich allerdings nach den neusten
IFS-Berechnungen ein Höhentief direkt über dem Land. Entsprechend stehen die
Hebungsimpulse aus der Höhe den antizyklonalen Bedingungen am Boden entgegen.
Vor allem kurzwellige Anteile in den unteren Luftschichten können aber die
Hebungsprozesse rasch deutlich anfachen. Entsprechend werden vom det. IFS in der
Mitte und Teilen Süddeutschlands auch Niederschläge simuliert. Da von Osten
kalte Festlandsluft westwärts vorankommt, sinken in 850 hPa die Werte auf -7 bis
-13 Grad ab. Auch bodennah sollten die Höchstwerte meist nur noch untere bis
mittlere einstellige Werte annehmen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die großskalige Geopotential- und Luftdruckverteilung wird von den vergangenen
IFS-Läufen vergleichbar dargestellt. Daher kann derzeit von einer recht guten
Konsistenz ausgegangen werden. Abweichungen gibt es ab Montag jedoch auf der
Südflanke des ausgeprägten Höhenhochs über den Britischen Inseln. Demnach soll
sich bei allen Modellläufen von Osten ein Trog west- südwestwärts schieben,
dabei wird aber die Ausrichtung, Amplitude und Intensität verschieden
abgebildet. Nach den neusten Berechnungen wäre die
Höhenhoch-Höhentief-Kombination nach Norden und auch etwas nach Westen
verschoben, sodass entgegen der vergangenen Lösungen nun schon ab Montag
zunächst im Osten, im Verlauf in der gesamten Südosthälfte Niederschläge
auftreten könnten. Alle Lösungen zeigen zudem einen mehr oder weniger intensiven
Vorstoß sibirischer Kaltluft.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am Samstag zeigen die verschiedenen
Globalmodelle (ICON, GFS, GEM, UKMO) noch weitgehend Einigkeit. Doch schon am
Sonntag ist es mit der Konsistenz zwischen den deterministischen Läufen der
Modelle schon vorbei. Vor allem das ICON weicht schon recht stark von den
Strukturen von IFS und GFS ab. Aber auch GFS und GEM als Paket zeigen
signifikante Unterschiede zum IFS. Diese beiden Modelle haben z.B. den beim IFS
südwärts vorstoßenden Kurzwellentrog am Sonntag nicht im Programm und weisen
stattdessen das Höhentief über dem Balkanraum nördlich verschoben auf. ICON
zeigt zwar analog zum IFS einen Trog von Skandinavien und der Ostsee
südwestwärts erstreckend, allerdings ist dessen Amplitude deutlich geringer,
sodass dieser im Vergleich zum IFS weniger markant ausfällt.

Ab Montag bleiben die beschriebenen Unterschiede erhalten. Grundstruktur
ähnlich, im Detail aber wesentliche Unterschiede. Dabei doppelt das GEM weiter
das GFS, die beide grundsätzlich auch den Strukturen des IFS ähneln. Allerdings
weisen beide zum IFS eine geringe Amplitude sowie eine etwas südlichere
Ausrichtung des Troges aus. Beim ICON wird der Trog nördlicher simuliert und
fällt weiter weniger markant aus. Gleichzeitig ist das Höhenhoch beim ICON am
schwächsten und am nördlichsten aufgestellt. Resultierend kommt beim ICON die
Kaltluft weniger weit nach Westen voran. Zudem überwiegen beim ICON in weiten
Teilen Deutschlands zunächst antizyklonale Bedingungen.
Am Mittwoch ist dann das Höhentief die große Unbekannte. IFS ist sehr
progressiv. GFS hat es ebenfalls im Programm, jedoch weiter über dem Balkan.
Beim ICON ist das Höhentief nicht vorhanden, dafür bekommt der Trog nun mehr
Wucht nach Westen. Und GEM? eine ganz neue Lösung von allem abgekoppelt?
Was zeigt nun noch das UKMO? Die englische Lösung scheint vor allem zu Beginn
der Mittelfrist komplett vom Rest isoliert. Selbst bei den Grundstrukturen gibt
es größere Abweichungen. Im Verlauf nähert es sich dann dem GFS zunehmend an.

Zusammenfassend haben fast alle Modelle auf der Südflanke eines hochreichenden
Hochs über Nordeuropa einen Kaltluftvorstoß im Programm. Die Ausprägung und ob
dieser auch mit nennenswerten Niederschlägen einhergeht, ist allerdings mehr als
unsicher. Da gibt es viel Spielraum für Träume.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen verschiedener Städte über Deutschland verteilt zeigt sich am
Wochenende aufgrund von gleichbleibendem Spread bei der Temperatur in 850 hPa
sowie dem Geopotential in 500 hPa stetige Vorhersagegüte auf Basis des IFS-EPS.
Ab Montag nehmen die Unsicherheiten dann je nach Parameter mehr oder weniger
stark zu. Vor allem das beim Geopotential in 500 hPa wird der ENS-Raum weit
aufgespannt, indem der Spread Werte bis 50 hPa ausweist. Dabei kristallisieren
sich auch zwei Schwerpunkte heraus. Ein Ast bleibt konstant und ein Ast fällt zu
geringem Geopotential ab. Der Haupt- und Kontrolllauf liegen mittig im ENS-Raum
und zwischen beiden Ästen mit der höchsten Eintrittswahrscheinlichkeit. Bei der
Temperatur nimmt der Spread vor allem ab Dienstag signifikant zu und erreicht am
Mittwoch Unterschiede von bis zu 22 Grad. Auch dort sind zwei verschiedene
Hauptstränge zu verzeichnen. Der Haupt- und der Kontrolllauf liegen dabei in dem
kälteren Strang, der im mittelfristigen Zeitraum auch eine größere
Eintrittswahrscheinlichkeit aufweist.

Bei der Analyse der Geopotential- und Luftdruckmuster im Zeitraum von +72h bis
+96h werden insgesamt sechs Lösungen ausgewiesen. Diese werden komplett dem
Schema „Blocking“ zugeordnet. Auch sonst sind die Abweichungen bezüglich des
Wetters in Deutschland eher gering. Unterschiede beziehen sich hauptsächlich auf
den südeuropäischen Raum, wo die Lage und Intensität der Drehzentren innerhalb
des Troges verschieden simuliert werden. Haupt- und Kontrolllauf sind im Cluster
2 zu finden.
Im Zeitraum von 120 bis 168h werden insgesamt vier Cluster benötigt, um die
Unsicherheiten im ENS ausreichend zu erklären. Die ersten drei Cluster
verbleiben dabei weiter im Schema „Blocking“ und beschreiben mit 44 Member auch
mehrheitlich das ENS. Doch zwischen den ersten drei Lösungen gibt es nun schon
signifikante Abweichungen. Diese stützen dabei die Unsicherheiten im
Modellvergleich und in der IFS-Konsistenz. Der Hauptlauf wird in Cluster 1
eingeordnet, während der Kontrolllauf seinen Platz im zweiten Cluster findet.
Die wesentlichen Abweichungen betreffen nun auch das Wetter von Deutschland. Je
nach Lage, Stärke und Ausrichtung des hochreichenden Hochs kann sich mehr oder
weniger stark der Trog von Osteuropa westwärts schieben bzw. amplifizieren. Die
volle Kaltluftdröhnung mit vereinzelten Niederschläge zeigt Cluster 1. Cluster 2
ist eher dem GFS zugewandt, wo sich der Trog südlicher erstreckt. Beim dritten
Cluster ist von dem osteuropäischen Trog in Mitteleuropa kaum etwas zu spüren.
Die Kaltluft würde in den östlichen Mittelmeerraum geleitet. Stattdessen würde
Deutschland zum Ende der Mittelfrist schon auf die Vorderseite eines
atlantischen Tiefs geraten. Das vierte Cluster stellt eine Einzellösung dar. Das
Schema schwankt zwischen pos. Und neg. NAO. Das hohe Geopotential samt
korrelierendem Bodenhoch sind weit nach Norden geschoben, sodass weite Teile
Europas von hochreichend tiefem Luftdruck bestimmt werden. Diese Lösung stützen
aber nur 7 ENS-Mitglieder, während die anderen Cluster nahezu gleichverteilt bei
12 bis 16 Mitgliedern liegen.
In der erweiterten Mittelfrist werden ebenfalls vier Cluster benötigt, um die
Unsicherheiten im ENS zu beschreiben. Nun gehen auch die Schemata wild
durcheinander. Cluster 1 zeigt eine pos. NAO, wobei über Mitteleuropa weiter ein
kräftiger rücken dominiert. Beim Cluster 2 steht hochreichend hoher Luftdruck
über Nordeuropa hochreichend tiefem Luftdruck über Südwesteuropa gegenüber,
wobei in Mitteleuropa auch tiefes Geopotential wetterwirksam wäre. In Cluster 3,
einer neg. NAO Lösung, gibt es Ähnlichkeiten zu Cluster 2. Allerdings ist der
hochreichend hohe Luftdruck nun etwas unterpräsentiert. Auf einer vergleichbaren
Linie befindet sich Cluster 4 ebenfalls mit einer neg. NAO Variante

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Bis einschließlich Mittwoch sind keine signifikanten Wettererscheinungen zu
verzeichnen.
Allenfalls in den Hochlagen des Schwarzwaldes sind zum Wochenstart einzelne
Sturmböen gering wahrscheinlich. An den Alpen gibt es zudem über Schnee
durchgehend Hinweise von 80 bis 100% für strengen Frost.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, ICON-EPS, am Wochenende auch det. IFS; TT mit MosMix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel