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SXEU31 DWAV 221800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 22.02.2022 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
Wechselhaft und zeitweise windig, am Mittwoch vorübergehend Wetterberuhigung, ab
Freitag kälter.
Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
Aktuell … liegen wir weiterhin unter einer strammen westlichen Höhenströmung,
die mit einem Jetstreak von teils 150 Knoten vom Atlantik kommenden über
Mitteleuropa leicht diffluent auffächert. Das liegt zum einen an Relikten eines
flachen Rückens über Schweden und zum anderen eines Cut-Offs über dem Ionischen
Meeres. Entlang der fortschreitend okkludierenden Front des kräftigen
Zentraltiefs mit Zentrum westlich von Island hat sich am Okklusionspunkt auch
(über-)strömungsbedingt ein klassisches Teiltief über dem Skagerrak gebildet,
dessen Kerndruck knapp unter 1000 hPa beträgt. Es wird nach Süden flankiert von
einem Azorenhochkeil, der sich über die Biskaya bis zu den Alpen (1025 hPa)
erstreckt.
So ist der Warmsektor über Deutschland aktuell noch ein Stück weit geöffnet. Die
Warmfront mit Taupunkten über 5 Grad hat nun eine Linie Ostholstein-Rhön-Pfalz
erreicht und schwenkt langsam weiter ostwärts. Ihr folgt rasch die Kaltfront
über Ostfriesland und der Rheinmündung nach. Damit verbunden sich meist nur
leichte, an der Kaltfront vorübergehend auch schauerartig verstärkte Regenfälle
mit 3h Summen von wenigen Litern. Die Schneefallgrenze sinkt von anfänglich 1000
Meter postfrontal über der Nordhälfte auf etwa 400 bis 600 Meter ab – allerdings
erst nach Abzug des Hauptniederschlags. Insofern bietet sich eine „echte“
Schneefallwarnung nur am Alpenrand und im Bayerischen Wald oberhalb von 1000
Metern an.
Markanter ist da schon die Windentwicklung, da derzeit schon in Benelux mit
Frontpassage Windböen Bft 7, über der freien See Bft 8 beobachtet werden.
Ähnliches steht auch uns in den kommenden Stunden bevor. Die Höhenwinde betragen
zwar in 850 hPa satte 50 Knoten und die hochaufgelösten Lokalmodelle (allen
voran AROME und SuperHD) reagieren auch verbreitet mit Sturmböen bis um die 70
km/h darauf. Allerdings sind Labilität (so gut wie kein ML CAPE und Lapse Rates
allenfalls -0.65K/100m) und Wetteraktivität begrenzt. Die aktuelle Drucktendenz
mit 40er Fall vor und 40er Anstieg hinter der Front liefert auch keinen großen
Anlass zur Besorgnis.
Gegen Mitternacht erreicht die bis dahin schon weitgehend okkludierte Front dann
schon die östlichsten Landesteile, d.h. im Laufe der zweiten Nachthälfte
verabschieden sich dann auch letzte Böen aus Vorpommern, Brandenburg und Sachsen
ostwärts. An der See treten stürmische Böen Bft 8, exponierte Standorte wie
Arkona sicherlich auch mal die Bft 9 auf. Nach einem kurzen morgendlichen
Minimum geht es mit Einsetzen des Tagesgangs aber am Vormittag nochmals in den
warnwürdigen Bereich. Im Süden Deutschlands ist der Gradient am Rande des Hochs
nicht so stark und es treten kaum warnwürdige Böen auf.
Rückseitig lockert es im Nordwesten und Westen auf. Für Glätte sollte es bei
Frühwerten von 5 bis 2 Grad aber allenfalls in den Kammlagen der Mittelgebirge
örtlich reichen. Sonst ist es entweder zu mild oder es kann bei ausreichend Wind
noch mehrheitlich abtrocknen.
Mittwoch … steht ganz im Zeichen des Zwischenhocheinflusses. Und zwar wird auf
der Vorderseite des Zentraltiefs bei Island WLA gestützt ein flacher Höhenkeil
über Mitteleuropa aufgebaut, womit sich auch die Hochdruckbrücke von Frankreich
über Süddeutschland bis zum Balkan langsam etwas nach Norden ausweiten kann und
damit im Endeffekt für eine deutliche Wetter- und auch Windberuhigung sorgt.
Lediglich an den Küsten, im angrenzenden Binnenland und im äußersten Osten
bleibt (frisch nach Frontabzug) noch ein recht veritabler Gradient aufrecht, so
dass es dort mit einsetzendem Tagesgang noch einzelne steife, an den Küsten
stürmische Böen gibt, in einigen Gipfellagen auch Sturmböen. Erst gegen Mittag
flaut
der Wind auch dort ab, um dann allerdings an der Nordsee erneut aufzufrischen.
Dies kündigt bereits das Nahen eines weiteren Frontensystems an, das aber
tagsüber noch nicht von Belangen ist.
Somit kann sich unter Hochdruckeinfluss neben lockeren Wolkenfeldern vermehrt
die Sonne durchsetzen, spätestens am Nachmittag auch verstärkt im Osten, wenn
der Wind auch dort beginnt auf Südwest rückzudrehen. Nur an den Alpen fällt am
Vormittag nach Abzug der Kaltfront noch etwas Regen, ab etwa 800 bis 1000 m
Schnee, der aber rasch nachlässt.
Mit Abzug des Hochkeiles dreht die Strömung niedertroposphärisch wieder auf
Westsüdwest und es gelangen rasch mildere Luftmassen ins Vorhersagegebiet. Bis
zum Abend steigt die Temperatur in 850 hPa auf -2 Grad an den Küsten bzw. im
Nordosten und bis +4 Grad im Südwesten. Entsprechend wird es angesichts der
fortgeschrittenen Jahreszeit und der gut durchmischten Luftmasse mit
Höchstwerten zwischen 7 und 11 Grad im Nordosten bzw. 9 und 14 Grad im Rest des
Landes frühlingshaft mild.
In der Nacht zum Donnerstag arbeitet sich das Zentraltief bei Island etwas nach
Süden vor, der zugehörige Trog greift auf Irland bzw. den Norden der Britischen
Inseln über und die Höhenströmung über Mitteleuropa steilt dadurch etwas auf.
Dabei dominiert weiterhin WLA. Zusammen mit einem Teiltief, das dicht westlich
der Lofoten liegt bildet es ein dipolartiges Gespann, das die Geschicke über
Mitteleuropa wieder in die Hand nimmt. Von letzterem geht auch die
teilokkludierte Kaltfront aus, die sich langsam von der zentralen Nordsee her
der Deutschen Bucht nähert. Diese kommt allerdings aufgrund der südwestlichen
Höhenströmung ins Schleifen und somit
kaum nach Süden voran, während sich das Hochdruckgebiet allmählich nach
Südosteuropa verabschiedet.
Somit verstärkt sich im Vorhersagegebiet der Druckfall, vorerst
aber durch den gleichzeitigen Rückzug des Hochs so gleichmäßig, dass sich der
Gradient kaum signifikant verschärft. Warnrelevante Böen (Bft 7) gibt es somit
wohl lediglich an den Küsten und selbst dort aufgrund der größtenteils
ablandigen Komponente aus Süd bis Südwest vor allem auf den Inseln. Exponierte
Gipfellagen wie der Brocken sind bereits rasch wieder mit Sturmböen dabei.
Mit der WLA und der Annäherung der Kaltfront werden die Wolken nicht nur im
Norden und Westen, sondern auch in den mittleren Landesteilen im Laufe der Nacht
dichter, etwas Regen fällt aber allenfalls bis zum Morgen schon auf Sylt sowie
Richtung Eifel und Bergisches Land. Im Süden und Südosten bleibt es dagegen noch
längere Zeit klar. Dort muss verbreitet mit leichtem Frostgerechnet werden, im
Norden und Westen bleibt es dagegen weitgehend frostfrei.
Donnerstag … ist es dann mit der Wetterberuhigung wieder vorbei. Der Höhentrog
über Nordwest- bzw. Westeuropa kommt unter Amplifizierung über den Britischen
Inseln bis zur Nordsee voran und wird am Nachmittag bzw. Abend durch einen von
Nordwesten Richtung Schottland vorstoßenden kurzwelligen Troganteil regeneriert.
Auf der scharf (vor allem ab 500 hPa aufwärts) und diffluent konturierten
Trogvorderseite verstärkt sich aufgrund von PVA (die allerdings zunehmend durch
KLA teilkompensiert wird) der dynamische Hebungsantrieb im Bereich der
Kaltfront, die dadurch aktiviert wird. Die Trogachse erreicht bis zum Abend den
äußersten Nordwesten des Landes. Durch die Regenerierung behält die vorgelagerte
Kaltfrontokklusion den schleifenden Charakter zunächst bei und wird erst im
Laufe des Nachmittags beschleunigt südostwärts gedrückt, da sich vom Azorenhoch
ein neuer Keil nach Südfrankreich ausbildet, der die westliche Strömung mit
größerer Schubkomponente im postfrontalen Bereich befeuert. Möglich gemacht wird
dies erst als Downstream Development im Zuge kräftiger WLA auf der Vorderseite
eines erneuten Sturmtiefs über der südlichen Labradorsee, die den
Potentialanstieg zwischen Grönland und den Azoren stützt.
Lange Rede, kurzer Sinn: Nach teils freundlichem Tagesbeginn von der Uckermark
bis zu den Alpen kommt von Westen mehrschichtige Bewölkung auf, aus der es vor
allem zum Nachmittag hin im Nordwesten und Westen beginnt schauerartig zu
regnen. Die Niederschläge nehmen mit Annäherung des Troges und zunehmendem
Hebungsantrieb mehr und mehr Anafrontcharakter an, setzen also erst mit
Kaltfrontpassage ein, fallen dann aber am Nachmittag und Abend im nördlichen
Niedersachsen und in Schleswig-Holstein relativ kräftig aus. Dort fallen bis zum
Abend nach Lesart des aktuellen ICON-EU 12UTC Laufes 5 bis 10 l/qm in etwa 6
Stunden, gebietsweise auch etwas mehr, was vom IFS mitgebtragen wird. Bis zum
Abend erreicht die Kaltfront in etwa eine Linie Mecklenburg-Saarland, südöstlich
davon bleibt es noch weitgehend trocken.
Dabei bleibt festzuhalten, dass der aktuelle 12 UTC GFS-Lauf die Front im
Gegensatz zu seinen Vorläufen nur noch geringfügig schneller ostwärts
vorankommen lässt. Insofern gleichen sich die Modelle weiter an und es ist damit
zu rechnen, dass GFS sukzessiver weiter geringfügig reduzieren wird.
Trog und Höhenkaltluft (T500 unter -30 Grad) stoßen zum Abend hin bereits nach
Nordwestdeutschland vor, so dass die Niederschläge dort Schauerform
annehmen und es auch kurze Gewitter mit Graupel geben kann. Der Kaltfront folgt
maritime Polarluft, in 850 hPa sinkt die Temperatur bis zum
Abend im Nordwesten bereits auf etwa -5 Grad. Im Bereich der
Anafrontniederschläge kann dabei je nach Intensität vor allem in
Schleswig-Holstein eventuell auch mal nasser Schnee bis nach ganz unten fallen.
Auch die postfrontalen Schauer am Abend sind dort teils mit Schnee und Graupel
vermischt.
Ansonsten rückt einmal mehr die Windentwicklung in den Fokus. Präfrontal
verschärft sich der Gradient und im Norden und Westen, teilweise auch in den
mittleren Landesteilen gibt es zunehmend steife Böen aus Südwest, im
Nordseeumfeld auch stürmische Böen. Mit Kaltfrontpassage dreht der Wind
nachmittags/abends im Westen und Nordwesten auf Nordwest und es kann dort dann
auch in den Niederungen bzw. im Binnenland kurzzeitig stürmische Böen geben. In
den Kamm- und Gipfellagen der westlichen, zentralen und später auch östlichen
bzw. südwestdeutschen Mittelgebirge gibt es stürmische Böen und Sturmböen, auf
dem Brocken schwere Sturmböen.
Die Höchsttemperaturen erreichen Werte zwischen 7 und 12 Grad, im Süden und
Südosten nochmals zwischen 10 und 15 Grad.
In der Nacht zum Freitag greift der Höhentrog von der Nordsee her auf
Mitteleuropa über, wobei ein kurzwelliger Troganteil von der Nordsee her im
Laufe der Nacht allmählich über das Vorhersagegebiet hinweg ostwärts schwenkt.
An diesen gekoppelt ist die Kaltfront, die nunmehr deutlich an Fahrt aufnehmen
kann und bereits im Laufe der zweiten Nachthälfte die Alpen erreicht. Mit
Frontpassage gibt es schauerartige Niederschläge, deren Mengen sich in Grenzen
halten (weniger als 5 l/qm, lediglich an den Alpen und im Schwarzwald mehr, im
Oberallgäu über 10 l/qm), die mit Vorstoß maritimer Polarluft (-5 bis -7 Grad in
850 hPa) oberhalb von 400 bis
600 m in Schnee übergehen, dann aber rasch nachlassen. Für nennenswerten
Neuschnee reicht es somit wohl nur an den Alpen und im Schwarzwald.
Postfrontal stößt höhenkalte Luft (teils unter -35 Grad in 500 hPa) in den
Norden und Westen des Landes vor, so dass sich dort vor allem mit Annäherung
eines aus dem ehemaligen Zentraltiefs resultierenden Bodentroges, der morgens in
etwa das
Seegebiet Fischer knapp nördlich der Deutschen Bucht erreicht, einzelne Regen-,
Schnee- und Graupelschauer entwickeln können, kurze Gewitter nicht
ausgeschlossen.
Der Wind legt weiterhin vor allem mit Frontpassage kurzzeitig deutlich zu und es
gibt steife bis stürmische Böen, in Gipfellagen teils schwere Sturmböen aus
West. Postfrontal nimmt er rasch ab, ehe er im Nordwesten mit Annäherung des
Bodentroges später wieder zulegt.
Erneut bleibt es in den Niederungen frostfrei, im Bergland gibt es hingegen
leichten Frost und entsprechende Glätte.
Freitag … gelangen wir vollends in den leicht positiv geneigten Bereich des
Höhentiefs, das mit Kaltluft von -35 Grad in 500 hPa gefüllt ist. Bis zum Mittag
stößt die -30 Grad Isotherme auch bis zu den Alpen vor. Da
niedertroposphärische die kalte Meeresluft mit T850 um -5 Grad
wetterbestimmend bleibt, ist aufgrund der vorhandenen Labilität und des
Sonnenstandes Ende Februar eine rege Schauertätigkeit im Tagesverlauf zu
erwarten. Örtlich gibt es kurze Graupelgewitter, oberhalb etwa 400 Meter teils
auch nasse Schneeflocken.
Spannend wird es vor allem entlang des o.e. scharfen Bodentroges, der um die
Mittagszeit in etwa von Nordfriesland bis ins Emsland reicht. Bis zum Abend
schwenkt er weiter südostwärt und erreicht bis 18z auch Vorpommern, Berlin und
Leipzig. Aufgrund der scharfen Krümmung mit sattem Windsprung von Süd auf
Nordwest ist eine eingelagerte Konvergenzlinie, an der sich Schauer und
Graupelgewitter linienhaft organisieren sehr gut vorstellbar. Dabei liegt das
Hauptaugenmerk weiterer Begleiterscheinungen auf Sturmböen. Vielmehr sollte es
angesichts von 850 hPa Winden zwischen 30 und 40 Knoten, im Süden weniger, nicht
werden. Allein vom Gradienten her reicht es dadurch aber vielerorts erneut für
steife Böen (Bft 7). Wie immer bei solchen Lagen sind vereinzelte Typ II
Tornados nicht gänzlich auszuschließen. Die HKN’s liegen im Norden und
Nordwesten teilweise nur bei 400 Meter, die Scherungswerte zwischen 0 und 1 km
teilweise bei 15 m/s.
In der gut durchmischten Meereskaltluft werden immerhin noch 5 bis 9 Grad
erreicht, die sich allerdings deutlich kühler anfühlen werden.
Modellvergleich und -einschätzung
Die allenfalls nur geringen Modellunterschiede wurden bereits im Text erwähnt.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen