S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 28.01.2022 um 10.30 UTC

Zyklonale Nordwestlage. Wechselhaft, bis Wochenmitte windig bis stürmisch, im
Bergland zumindest anfangs noch winterlich, im Westen und Südwesten eher zu
mild.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 04.02.2022

Über Mitteleuropa hält sich, wie auch in den vergangenen Wochen, eine zyklonale
Nordwestlage. Als Aktionszentren lassen sich das zeitweise nach Nordosten
verschobene Azorenhoch und der über Osteuropa liegende Langwellentrog ausmachen.
Die Frontalzone verläuft von Südgrönland südostwärts, leicht mäandrierend über
West- und Mitteleuropa zum östlichen Mittelmeer hin. Ein darin eingelagerter
Kurzwellentrog überquert am Montag Mitteleuropa ostwärts. Das zunächst
entwicklungsgünstig liegende korrespondierende Bodentief verlagert sich von der
Nordsee nach Deutschland, wird von diesem Trog überlaufen und beginnt sich
aufzufüllen. Während es im Bereich der Zugbahn dieses Tiefs, d.h. im Norden und
Nordosten, vergleichsweise windschwach bleibt, sind im Westen und Süden bis in
tiefe Lagen stürmische Böen, in höheren Berglagen teils schwere Sturmböen zu
erwarten. Die rasch auf ganz Deutschland übergreifenden Niederschläge können
anfangs bis in tiefe Lagen als Schnee fallen. Im Tagesverlauf pendelt sich die
Schneefallgrenze zwischen 600 und 800 m ein, oberhalb davon können in Staulagen
10 bis 20 cm Schnee fallen. Dabei besteht die Gefahr von Verwehungen bis hin zum
Unwetter.
In der Nacht zum Dienstag schwenkt der Kurzwellentrog rasch ins östliche
Mittelmeer. Nachfolgend stellt sich eine steile nordwestliche Strömung ein. Dies
beschert dem Alpenrand bei absinkender Schneefallgrenze länger andauernde
Schneefälle, aber auch in den Staulagen der Mittelgebirge können noch einmal 5
bis über 10, im Nordstau des Erzgebirges und im Schwarzwald bis über 15 cm
Schnee hinzukommen. Nach wie vor besteht dabei Verwehungsgefahr.
Am Dienstag läuft ein weiterer Kurzwellentrog in der Frontalzone nach Südosten
ab. Dieser induziert über dem Skagerrak eine Randtiefentwicklung. Mit der
Warmfront dieses Randtiefs greifen von Nordwesten her auf ganz Deutschland
wieder vermehrt Niederschläge über. Diese fallen zunächst oberhalb etwa 400 m
als Schnee, gehen aber bis zum Abend unterhalb 600 m und in den westlichen
Mittelgebirgen durchweg in Regen über. An der Südflanke dieses Randtiefs erfolgt
eine erneute Gradientzunahme, wodurch bis in tiefe Lagen Sturmböen Bft 9 und im
höheren Bergland schwere Sturm- bis hin zu Orkanböen auftreten können. In den
Hochlagen der östlichen Mittelgebirge sowie an den Alpen besteht dann die Gefahr
von starken Verwehungen. In der Nacht zum Mittwoch steigt dann auch in den
östlichen und süddeutschen Mittelgebirgen sowie an den Alpen die
Schneefallgrenze vorübergehend auf Lagen um oder etwas über 1000 m, so dass dort
der nasse Schnee zu Schneebruch führen kann. Da sich das Tief vom Skagerrak in
die Ostsee verlagert, wird der Gradient kaum schwächer, d.h. stürmische Böen
sind weiterhin auch in tiefen Lagen zu erwarten. Im höheren Bergland gibt es
nach wie vor schwere Sturm- und orkanartige Böen.
Am Mittwoch gelangt von Norden her wieder kältere Luft nach Deutschland, was die
Schneefallgrenze auf etwa 500 m (im Osterzgebirge) und 1000 m (im Schwarzwald)
absinken lässt. Oberhalb davon kommen in Staulagen 10 bis über 15, an den Alpen
auch mehr als 20 cm Neuschnee hinzu. Hinsichtlich der Windlage ergibt sich
zunächst kaum eine Änderung. Erst im späteren Tagesverlauf verlagert sich dieses
Tief weiter nach Osten, wodurch der Gradient dann auseinandergezogen wird.
Sturmböen Bft 8/9 sind dann auf höhere Lagen der nördlichen und östlichen
Mittelgebirge sowie einige Küstenabschnitte beschränkt. Nach wie vor können im
Bergland Verwehungen auftreten.
In der Nacht zum Donnerstag greift ein breiter Rücken auf Westeuropa über, was
auch über Deutschland die Strömung antizyklonal deformiert. Ein mit diesem
Rücken korrespondierender Bodenhochkeil weitet sich nach Süddeutschland aus. Da
nach wie vor eine nordwestliche Strömung andauert, sind an den Nordwestseiten
der nördlichen und östlichen Mittelgebirge sowie an den Alpen weitere
Schneefälle zu erwarten, die erneut 5 bis 10, an den Alpen auch um 15 cm
Neuschnee ergeben können. Abgesehen davon wird der Gradient jedoch
auseinandergezogen, so dass sich eine Wetterberuhigung einstellt.
Am Donnerstag erfasst der Rücken Mitteleuropa, gefolgt von einem weiteren Trog,
der sich bis in den nahen Ostatlantik vorarbeitet. In die Ostflanke des Rückens
läuft die Warmfront eines nach Island ziehenden Tiefs hinein, was im Nordwesten
und Westen Deutschlands Niederschläge aufkommen lässt. Diese greifen in der
Nacht zum Freitag auf den östlichen Mittelgebirgsraum über und fallen bei einer
auf Lagen um 1000 m ansteigenden Schneefallgrenze nahezu durchweg als Regen.
Bereits am Freitag greift der nachfolgende Trog vom nahen Ostatlantik kommend
auf Westeuropa über. Vorderseitig dreht die Strömung auf Südwest und steilt auf,
im Nordwesten und Westen setzt Regen ein, wogegen im Lee der östlichen
Mittelgebirge und zu den Alpen hin Auflockerungen vorstellbar sind. Die Folge
ist insgesamt ein leichter Temperaturanstieg.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum verbleibt Deutschland zunächst
unter einer trogvorderseitigen südwestlichen Strömung. Bis Montag arbeitet sich
dieser Trog unter Ausweitung ins westliche Mittelmeer bis nach Mitteleuropa vor.
Mit der im Trogbereich einfließenden hochreichenden Kaltluft sinkt die
Schneefallgrenze wieder auf 600 bis 400 m ab, wahrscheinlich aber, ohne dass
größere Neuschneemengen zusammenkommen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Mittwoch ist der aktuelle Modelllauf im Vergleich mit den
gestrigen Modellrechnungen weitgehend konsistent. Am Donnerstag ergeben sich
erste signifikante Unterschiede in der Gestalt, als dass der sich dann nähernd
breite Rücken in seiner Ostverlagerung vom aktuellsten Lauf deutlich
„ausgebremst“ wird. Der nachfolgende Trog, der nach der neuesten Simulation am
Freitag gerade erst auf die Britischen Inseln übergreifen soll, wurde vom 00
UTC-Lauf des Vortages bereits über Mitteleuropa erwartet.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum ergibt sich zu den gestrigen
Simulationen dann wieder ein ähnliches Bild, wobei gegenüber dem 24 Stunden
zurück liegenden Modelllauf der Gradient herausgenommen wurde und von einer
erneuten Windzunahme bis hin zu stürmischen Böen bis in tiefe Lagen dann keine
rede mehr sein kann.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis einschließlich Freitag stützen die verfügbaren Modelle die oben beschriebene
Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis dahin nicht
ableiten. Lediglich das Modell des kanadischen Wetterdienstes (CMC) begibt sich
auf Außenseiterposition und lässt die Kaltfront, die nach den anderen Modellen
noch über den Britischen Inseln und der Nordsee liegt, bereits auf Deutschland
übergreifen.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum folgt CMC dem EZMW-Modell,
wogegen GFS über der Biskaya ein ausgewachsenes Sturmtief simuliert. Nachfolgend
tropft nach GFS der nach den anderen Modellen zum westlichen Mittelmeer bzw. zur
Iberischen Halbinsel reichende Trog vollends aus. Über Mitteleuropa würde sich
demnach eine schwache Hochdrucklage entwickeln.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Das EPS des GFS stützt weitgehend das hauseigene deterministische Modell. Nach
der Troglage am 1. Februarwochenende, die auch von den anderen Modellen erwartet
wird, dürfte sich über Mitteleuropa antizyklonaler Einfluss durchsetzen, wobei
die Frontalzone sich dann wieder über Nordeuropa hinweg nach Osten durchsetzt.
Der Spread nimmt während des gesamten Vorhersagezeitraumes stetig zu, ohne dass
sich sowohl beim aktuellen Lauf als auch im Vergleich zu den weiter
zurückliegenden Modellläufen eine eindeutige Tendenz ableiten lässt.
Das EPS des EZMW folgt nur anfangs dem Hauptlauf, lässt aber im Gegensatz zu
diesem bereits (anhand des EPS-Mittels) den Trog am Freitag auf Mitteleuropa
übergreifen. Beim deterministischen Lauf ist dies erst am Sonntag der Fall. In
dieser Fragestellung unterscheiden sich auch die Cluster. Ein rascheres
Übergreifen des Troges wird mit einer höheren Wahrscheinlichkeit erwartet als
ein weiteres „Zurückhängen“ oder gar ein Austropfen, wie es beim GFS zu sehen
ist und nur von 6 EPS-Membern gestützt wird. Sehr wahrscheinlich verbleibt
Deutschland am Freitag noch eindeutig unter der Vorderseite des nahenden Troges,
wogegen das Übergreifen des Troges (und damit auch der Beginn der erneuten
Abkühlung) unsicher ist. Bedingt durch diese Unterschiede vergrößert sich ab
Freitag auch der Spread des EPS rapide. Zwar folgen die Mehrzahl der Member den
beiden ungestörten Läufen hin zu tieferen Temperaturen und niedrigerem
Geopotential, aber es gibt noch eine ganze Reihe von Lösungen, die nicht diesen
Weg einschlagen. Eine ausgewachsene Troglage kommt dann gemäß
Großwetterlagen-Clustering ohnehin nicht zustande, vielmehr dürfte es sich dabei
um einen Übergang zu einer zyklonalen Westlage handeln.
Bis einschließlich Mittwoch sind beim EFI kräftige Signale bzgl. signifikanter
Schneefälle und Böen zu sehen, was als Indiz für heftige kombinierte Ereignisse
(in Form von Schneeverwehungen bis hin zum Unwetter) zu sehen ist. Betrachtet
man die Windentwicklung, zeichnen sich Höhepunkte am Montag und in der Nacht zum
Mittwoch ab.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Montag treten wahrscheinlich im Westen und Süden bis in tiefe Lagen Sturmböen
auf. In den Kamm- und Gipfellagen der westlichen, süddeutschen und östlichen
Mittelgebirge muss mit schweren Sturm- bis orkanartige Böen gerechnet werden,
auf exponierten Gipfeln sind Böen bis Orkanstärke nicht ausgeschlossen.
Im Bergland oberhalb etwa 600 m gibt es kräftige Schneefälle, in Staulagen mit
10 bis deutlich über 15 cm Neuschnee innerhalb von 12 Stunden, im Allgäu auch
mehr als 20 cm Schnee. Dabei besteht die Gefahr von starken Verwehungen
(Unwetter).
Am Dienstag muss deutschlandweit bis in tiefe Lagen mit stürmischen Böen
gerechnet werden, auch einzelne Sturmböen sind nicht ausgeschlossen. An der
Küste und im Bergland gibt es schwere Sturmböen, in Kamm- und Gipfellagen mit
hoher Wahrscheinlichkeit wieder Böen bis Orkanstärke, die in der Nacht zum
Mittwoch andauern.
Im östlichen und süddeutschen Bergland sind oberhalb etwa 600 m weitere kräftige
Schneefälle zu erwarten, in Staulagen mit wahrscheinlich erneut 10 bis über 15
cm Neuschnee und an den Alpen sind bis über 20 cm innerhalb von 12 Stunden nicht
ausgeschlossen. Dabei muss zunächst noch mit starken Verwehungen gerechnet
werden. Mit ansteigender Schneefallgrenze auf etwa 1000 m stellen sich
Nassschneefälle ein, wodurch die Gefahr von Schneebruch besteht.
Am Mittwoch zeichnet sich zumindest im Norden, Osten und in Teilen der Mitte
zunächst noch die Andauer der Sturmlage mit Böen bis Sturmstärke bis in tiefe
Lagen ab. Dort gibt es auf höheren Berggipfeln und mit geringer
Wahrscheinlichkeit auch an der See noch orkanartige bzw. Orkanböen. Im Westen
und Süden sind Sturmböen auf die Hochlagen der Gebirge beschränkt. In der Nacht
zum Donnerstag flaut der Wind zusehends ab, so dass dann selbst im Bergland kaum
noch Sturmböen auftreten.
Im höheren Bergland kommt es am Mittwoch zu weiteren Schneefällen, in Staulagen
kommen noch einmal 10 bis (an den Alpen) über 20 cm Neuschnee innerhalb von 12
Stunden zusammen, die bei einer auf 600 bis 800 m absinkenden Schneefallgrenze
sehr wahrscheinlich wieder mit Verwehungen einhergehen. Diese Schneefälle lassen
erst in der Nacht zum Donnerstag allmählich nach. Am Donnerstag ergibt sich dann
in Staulagen nur noch ein geringer Neuschneezuwachs.

Basis für Mittelfristvorhersage
Det. Lauf + MOS, ab Freitag vermehrt Orientierung zu EPS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann