S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 22.01.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Übergang zu wenig nervenaufreibendem und für Vollwetterfans (am besten, ihr tut
euch mit Gladbachfans zusammen, die sind Leiden gewohnt) alles andere als
erbaulichem Hochdruckwetter.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC

Aktuell … sind wir drauf und dran, von einer Hochrandlage der Marke NWz
(Nordwest zyklonal) in eine Hochzentrallage HM (Hoch Mitteleuropa) zu schlittern
(bitte nicht wörtlich nehmen, Glätteprobleme sollten sich in der Nacht in
regional überschaubaren Grenzen halten, doch dazu später mehr). Damit nimmt auch
das Langeweilepotenzial wieder zu, verlagert sich das meteorologische
Hauptgeschehen doch in die Grenzschicht, wo es im Allgemeinen alles andere als
spannend zugeht. Bis es landesweit so weit ist, dauert es aber noch ein kleines
Weilchen, wie die folgenden Zeilen belegen.

Zunächst zur Ausgangslage, die – zumindest bezogen auf unseren Raum – weiterhin
von zwei Protagonisten geprägt wird: Im Westen, genau genommen bei UK/Irland,
das hochreichende Hoch ERICH, von dem aus sich ein Bodenkeil bis in den
Alpenraum und ein Höhenkeil bis hoch zur Barentssee erstrecken. Im Osten das
sich zusehends auffüllende Tief IDA unweit des Dreiländerecks
Belarus-Russland-Ukraine, von dem aus ein veritabler Höhentrog bis zum östlichen
Mittelmeer reicht. Zwischen den beiden Systemen verläuft eine ziemlich glatte
nördliche Höhenströmung, unter der sich auch Deutschland befindet. Der
eingelagerte Jetstreak befindet sich bereits östlich von uns, was als deutliches
Zeichen für zunehmende Einflussnahme des Hochs zu werten ist. Allerdings gilt es
erst noch eine Warmfront zu tilgen, die sich bis in die östlichen Landesteile
vorgearbeitet hat und zu einem Tief (JENNI) hoch im Norden über der Framstraße
westlich von Spitzbergen gehört. Die Front trennt feuchte und relativ milde
Nordseeluft im Norden und Nordwesten (heute Mittag Td um 6°C, T etwas höher) von
deutlich trockenerer und nicht ganz so milder Luft weiter östlich (Td zwischen
Vorpommern und Osterzgebirge/Zittauer Gebirge 0 bis -4°C, T 1 bis 4°C).

Im Laufe der Nacht kommt die Warmfront langsam ostwärts voran, womit die
trockene Luft peu a peu abgedrängt wird. Bevor es soweit ist, klart es im
äußersten Osten vorübergehend auf und die Temperatur sinkt in den leichten
Frostbereich, aus dem sie bis zum Morgen aber wieder zurückgeholt wird. Mit der
Front verlagern sich auch die schwachen Niederschläge (meist in Form von
Nieselregen) zunehmend in den Osten, wobei aber fraglich ist, ob sie die
Oder-Neiße-Linie erreichen. Es kann nicht ganz ausgeschlossen werden, dass es zu
einer kurzzeitigen Überschneidung von Nieselregen und negativen
(Belags)Temperaturen kommt, was Glätte zur Folge hätte. Wie gesagt, das Ganze
noch im Konjunktiv und wenn, dann auch nur von kurzer Dauer sowie lokal
begrenzt. Höher ist die Wahrscheinlichkeit für gefrierenden Nieselregen im
Erzgebirge oberhalb etwa 600 m, wo es aber auch etwas schneien kann.

Im großen Rest des Landes hält sich verbreitet geschlossene Bewölkung, aus der
insbesondere in den mittleren Landesteilen sowie im Südosten noch Niederschlag
fällt. Schneien tut es vor allem im Stau der Alpen mit Schwerpunkt östlicher
Alpenrand sowie im Bayerischen Wald, wo die feuchtgesättigte Luft noch
ausreichend kalt ist (Oberkante unter -10°C). Bis zu 15 cm kommen im Stau der
Chiemgauer und Berchtesgadener Alpen zu den bereits gefallenen üppigen Mengen
dazu, so dass am Ende teils über ein halber Meter bilanziert werden kann.
Spätestens in der zweiten Nachthälfte lässt die Intensität des Schneefalls aber
merklich nach.
In den übrigen genannten Gebieten kommt der Niederschlag überwiegend als
Nieselregen runter, was der fortdauernden Stauchung der feuchten Grundschicht
und der damit einhergehenden Erwärmung der Oberkante auf über -10°C geschuldet
ist. Dort, wo sich leichter Frost hält (höhere Lagen Süddeutschlands sowie der
zentralen und östlichen Mittelgebirge), besteht lokal die Gefahr gefrierenden
Nieselregens mit Glatteis, was aber nur in situ (ggf. markant) abgewarnt werden
kann. Nebel gibt es am ehesten im äußersten Südwesten (strahlungsbedingt,
Aufklaren von F und CH), im Mittelgebirgsraum (aufliegende Wolken) sowie an der
Grenze zu Polen (Mischungsnebel) geben.

Sonntag … kippt die Achse des Höhenkeils im Uhrzeigersinn südostwärts, wodurch
sich der Keil dem Vorhersageraum nähert. Die Achse verläuft am Abend über die
Nord- und Ostsee hinweg bis in den Nordwesten Russlands. Derweil wandert das
Zentrum des Bodenhochs (um 1035 hPa) gen Benelux/Westdeutschland, wodurch sich
die Divergenzachse nach Norden verlagert (am Abend zwischen Niederrhein und
Chiemgau). Südwestlich davon wird die Inversion auf etwa 850 bis 900 hPa
gedrückt. Darunter hält sich zunächst noch viel SC-/ST-Bewölkung, bevor es im
Tagesverlauf vom Niederrhein über PP und Südhessen bis hinunter nach BW und ins
südliche Bayern mehr und mehr auflockert bzw. sich vorhandener Nebel auflöst.
Chancen für ein paar Lücken bestehen auch im westlichen Niedersachsen.

Nordöstlich der Divergenzachse sieht die Sache dagegen ziemlich trostlos aus.
Advektion feuchter Nordseeluft, dazu leichte WLA und regional orografische
Hindernisse sind alles andere als sonnenscheinfreundliche Ingredienzien. Kurzum,
die Wolkendecke bleibt in weiten Teilen Norddeutschlands und der Osthälfte
geschlossen und nördlich des Erzgebirges sowie am östlichen Alpenrand fallen
mitunter etwas Nieselregen (in den Kammlagen des Erzgebirges lokal gefrierend)
oder letzte Flocken. Die Temperatur erreicht Maxima von 2 bis 8°C mit den
höchsten Werten im Westen und Norden. Die Frostgrenze zieht sich auf über 1000 m
zurück.

In der Nacht zum Montag verlagert sich der Hochschwerpunkt noch etwas nach
Osten, was quasi ganz Deutschland in den zentralen Bereich mit rund 1035 hPa
bringt. Da auch auf dem Ostatlantik das Druckniveau weiterhin hoch ist und über
Zentralrussland hoher Luftdruck herrscht, kann man getrost von einer
Brückenkonstellation sprechen, die von einem breiten Rücken respektive Höhenkeil
gestützt wird. Von unten bis oben herrscht absolute Ruhe im Karton, lediglich
das Absinken setzt sich weiter fort. Allerdings wird das kaum reichen, die
Wolkendecke im Norden und Osten nennenswert aufzubrechen. Im Gegenteil,
gebietsweise fällt in den östlichen Landesteilen sogar noch etwas Nieselregen.

Nach Westen und Süden zu startet die Nacht gebietsweise aufgelockert oder klar,
was zunächst mal zurückgehende Temperaturen zur Folge hat. Teilweise reicht es
sogar, bis in den Frostbereich zu kommen, bevor sich vermehrt Nebel oder
Hochnebel bilden respektive ausbreiten. Bei Nebel und Frost besteht die Gefahr
von lokaler gefrierender (Nebel)Nässe, bei klarem Himmel und Frost die Gefahr
von lokaler Reifglätte. Richtung Alpen kann es unter klarem Himmel und über
Schnee mäßigen, örtlich auch strengen Frost geben.

Montag … verbringen wir weiterhin unter hohem Geopotenzial. Der Schwerpunkt
des Rückens bzw. der abgeschlossenen Höhenantizyklone findet sich im Bereich
BeLux/NO-Frankreich. Auch das Druckniveau bleibt mit 1030 bis 1035 hPa hoch,
wobei sich die Hochdruckzone vom Ostatlantik über Mitteleuropa bis nach Russland
erstreckt. Fortlaufendes Absinken drückt die Inversion im Westen und Süden ganz
weit runter auf unter 950 hPa, was in mittleren und höheren Lagen „aufliegend“
bedeutet (Anstieg T850 auf bis zu 7°C). Entsprechend nimmt die
Wahrscheinlichkeit für einen sonnigen Wochenbeginn insbesondere in Lagen
oberhalb etwa 600 m deutlich zu. Aber auch weiter unten bestehen durchaus
Chancen, dass sich Nebel und Hochnebel – wenn z.T. nur schleppend und auch nicht
überall – auflösen.

Im Norden und Osten verbleibt die Inversion zwischen 900 und 850 hPa. Sie
deckelt eine weiterhin feuchte Grundschicht mit viel tiefer Bewölkung, die
wahrscheinlich nur gebietsweise mitunter mal Schwächen zeigt und der Sonne etwas
sichtbare Präsenz gewährt. Im Osten fällt vereinzelt sogar noch etwas
Nieselregen. Die Temperatur erreicht Höchstwerte von 1 oder 2°C bei zähem Nebel
im Süden und bis zu 8°C zwischen Köln und Neukölln.

In der Nacht zum Dienstag passiert bei uns wenig bis nix. Das gesamte Setup
bleibt antizyklonal konturiert, meint „teils Nebel/Hochnebel, teils klar“. Vor
allem die höheren Lagen ragen aus der feuchten Grundschicht heraus. Dem
äußersten Norden und Nordosten nähert sich zwar eine schwache Kaltfront (sie
gehört zum Tief JENNI, das Spitzbergen mittlerweile überquert hat), die aber so
gut wie keine Wirkung zeigt. Im Süden und Westen sowie in Teilen der Mitte
bildet sich je nach Bewölkung und Nebeltiming leichter, Richtung Alpen auch
mäßiger Frost. Ansonsten bleibt es überwiegend frostfrei.

Dienstag … verlagert das Höhenhoch seinen Schwerpunkt nach Zentralfrankreich,
was bei uns eine antizyklonal konturierte nord-nordwestliche Höhenströmung
bewirkt. Auch bodennah bleibt hoher Luftdruck unser Begleiter. Inwieweit die
Kaltfront im Nordosten irgendwelche Akzente setzen kann, ist noch offen. Laut
ICON sind das abgesehen von starker Bewölkung (die aber sowieso schon vorhanden
ist) keine weiteren Komponenten, während externe Modelle zumindest gebietsweise
etwas Regen oder Nieselregen simulieren (die IFS-Lösung von 00 UTC mit einem
kleinen, von den Niederlanden übergreifenden Kaltlufttropfen stellt allerdings
eine krasse Außenseiterlösung dar).

Unter dem Strich wird wohl auch der Dienstag wieder ein stark
grenzschichtgeprägter Tag mit viel Sonnenschein in den Hochlagen Süd- und
Südwestdeutschlands, zähen Nebel- und Hochnebelfeldern neben einigen
Auflockerungen und viel tiefes Gewölk im Norden und Osten. Die Temperatur steigt
dabei auf 1 bis 7°C. Mit Verlaub, viel langweiliger geht nicht…

Modellvergleich und -einschätzung

Alles Wesentliche ist gesagt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann