SXEU31 DWAV 211800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 21.01.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
In der Nacht von Nord nach Süd Niederschlag, im Bergland teils kräftiger
Schneefall (vor allem Westerzgebirge, Ostbayern und Alpen) bis in den
Unwetterbereich. Dazu Schneebruch und in den Hochlagen Verwehungen. Im Osten, im
Süden und in den Hochlagen Frost und Glätte. Am Samstag in der Mitte, am Sonntag
auch im Süden Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC

Aktuell … sind die großräumigen synoptischen Strukturen schnell erklärt.
Einerseits befinden wir uns in Deutschland auf der Ostflanke eines
hochreichenden Hochdruckgebietes. Dabei ist im Bodendruckfeld der Schwerpunkt
des Hochs vor der Südostspitze Englands auszumachen, jener in 500 hPa dagegen
vor der Südwestspitze Irlands zu erkennen. Beide bewegen sich in der kommenden
Nacht nur sehr zögerlich nach Osten, so dass das Höhenhoch immerhin das irische
„Festland“ erreicht. Dem Hochdruckgebiet steht eine, ebenfalls hochreichende,
Zyklone über Westrussland gegenüber. Da dort das Höhen- und Bodentief praktisch
senkrecht über einander stehen, ist es mit einer weiteren Vertiefung des
Bodendrucks nicht weit her. Im Gegenteil: Das Tief füllt sich allmählich auf;
liegt der Druck aktuell noch bei etwa 992 hPa, so sollen es zum Morgen schon 999
hPa sein (zumindest nach ICON). Unabhängig von den genauen Druckwerten liegt
Mitteleuropa zwischen den beiden in einer recht gradlinigen nord-nordwestlichen
Höhenströmung bei zumeist westlichen oder nordwestlichen Bodenwinden, wobei
letztere auch einem Bodenkeil geschuldet sind, der sich von Westen her nach
Süddeutschland erstreckt. Damit streicht die Luftmasse, die aktuell nach
Deutschland gesteuert wird, über die Nordsee, was eine moderate Anfeuchtung zur
Folge hat. Ihren Ursprungsort hat sie über dem Nordatlantik (natürlich auch
feucht), von wo aus sie den Weg nördlich am angesprochenen Atlantikhoch vorbei
nimmt. Es handelt sich insofern um eine mäßig kalte maritime Luftmasse, die
allmählich die zuvor eingeflossene Polarluft ersetzt und somit für eine
Milderung sorgt. So steigen die 850er Temperaturen über dem Nordwesten von -2
auf +1 Grad, über dem Südosten sogar von -8 auf -4 Grad. Diese Warmluftadvektion
kann man auch an den steigenden Schneefallgrenzen ablesen. Bis zum Morgen soll
diese westlich einer Linie Hamburg – Leipzig sowie nördlich von Eifel,
Rothaargebirge und Thüringer Wald auf über 600m, teils sogar bis auf knapp 1000m
ansteigen. In den übrigen Gebieten dominiert auch morgen früh noch die Kaltluft,
so dass mögliche Niederschläge (der Südwesten wird wohl weitgehend trocken
bleiben) zumeist als Schnee fallen – und da die Soundings keine „warme Nase“
aufweisen, sollte auch gefrierender Regen kein Thema sein. In den zentralen und
östlichen Mittelgebirgen sollen im Laufe des Abends und der ersten Nachthälfte
zumeist leichte Schneefälle einsetzen, die sich im weiteren Verlauf bis in den
Süden ausbreiten. Der nordwestlichen Anströmung stellen sich naturgemäß vor
allem das Erzgebirge und die massiven Alpen in den Weg. Im Erzgebirge sollen
entsprechend bis morgen früh bis zu 10 cm, lokal sogar bis um 20 cm Neuschnee
(Unwetter) zusammenkommen, wobei dort das Schneefallereignis im Laufe des
Vormittages rasch nachlässt. An den Alpen schneit es bis weit in die Nacht zum
Sonntag hinein, wobei sich am östlichen Alpenrand 30 bis 40 cm, in Staulagen
sogar bis 60 cm Neuschnee über den gesamten Zeitraum akkumulieren (Unwetter).
Der dritte Niederschlagsschwerpunkt wird von den Hochlagen Ostbayerns gebildet,
wobei dort die Schneefälle voraussichtlich bis in die Mittagsstunden des
morgigen Samstags andauern, die Mengen dort werden wohl etwas unter denen
liegen, die für’s Erzgebirge avisiert sind (5 bis 10 cm, lokal bis 20 cm). Aus
dem Gradient heraus, teils aber auch konvektiv verstärkt, weht ein frischer
Wind, der an der Nordsee und über dem Südosten mit steifen Böen einhergeht (an
der Nordsee im Verlauf der Nacht nachlassend). In den Hochlagen des Südostens
sind stürmische Böen oder Sturmböen mit dabei. Vor allem in den höchsten Lagen,
wo der Schnee über längere Zeit noch in trockener Form fällt, muss entsprechend
mit Verwehungen gerechnet werden. Ansonsten könnte es auch Probleme mit
Schneebruch geben und auch Leiterseilschwingungen sind nicht von der Hand zu
weisen. Die von den Modellen immer mal wieder angebotenen „roten Schlangen“
(gefrierender Regen) dürften im Übergangsbereich von Schnee in Regen wegen der
fehlenden „warmen Nase“ (s.o.) und der hochreichenden Sättigung nur eine
untergeordnete, lokal und zeitlich sehr begrenzte Rolle spielen. Ansonsten wäre
noch zu konstatieren, dass im Nordosten kaum oder gar kein Niederschlag fällt
und auch der Südwesten etwas „hinterherhinkt“. Im Osten (teils wolkenlos durch
„Skandenföhn“) und Süden sowie in Teilen der Mitte geht die Temperatur in den
leichten Frostbereich zurück. Allerdings sollte man sich nicht wundern, wenn am
Samstagmorgen ein Pluszeichen vor der Temperatur steht, was der fortschreitenden
nächtlichen WLA geschuldet ist.

Samstag … ändert sich an der Grundkonstellation nicht viel. Weiterhin stehen
sich hoher Druck und hohes Geopotential westlich von uns und niedriger Druck und
ein Langwellentrog östlich von uns gegenüber. Im Tagesverlauf ist eine leicht
progressive Verschiebung der Druck- und Geopotentialgebilde zu erkennen. In der
Folge steigt über Deutschland der Druck, insbesondere aber wird der Gradient
über dem Südosten, wo sich der kräftige Bodenkeil bemerkbar macht, aber auch
über dem Rest des Landes auseinandergezogen. Damit lässt der Wind nach. Im
Alpenvorland tritt am Vormittag noch die eine oder andere steife Bö auf, in den
Hochlagen des Südostens (Erzgebirge, Ostbayern, Alpen) sind es steife oder
stürmische Böen bzw. einzelne Sturmböen, die aber im weiteren Tageverlauf dann
kein Thema sein werden. Die Nordwestströmung mit ihrer WLA bleibt uns erhalten.
Zwar zeigen die 850er Temperaturen keine klaren Anstiegszeichen, aber die
Schneefallgrenze strebt nach Höherem, und in der Folge sind zum Abend auch im
Norden Bayerns und Baden-Württembergs oberhalb von 600 m keine Flocken mehr zu
erwarten. Die Schneefallgebiete werden mit der Nordwestströmung ohnehin nach
Südosten verlagert. Am Vormittag schneit es im südlichen Bayern und
Baden-Württemberg noch weiter, meist nur leicht mit wenigen cm Neuschnee, an den
Alpen aber auch kräftiger, und am Nachmittag ziehen sich die Schneefälle dann
weiter ins Alpenvorland und an die Alpen zurück, wo über den Tag in Staulagen
des Berchtesgadener Landes und der Chiemgauer Alpen aber durchaus 20 bis 30 cm
Neuschnee, lokal auch etwas mehr, zusammenkommen können (Gesamtmengen über das
gesamte Ereignis: siehe Vortag). Nach Westen zu, also in Richtung Werdenfelser
Land und Allgäu, fällt weniger. Abgesehen vom Südosten lässt die Austrocknung
der Atmosphäre unter zunehmendem Hochdruckeinfluss, die in der Nordwesthälfte
noch von einer markanten Inversion in etwa 850 bis 800 hPa begleitet ist, keine
großen Niederschlagsmengen mehr zu. Lokal sind sicher noch ein paar Tropfen, in
Gipfellagen vielleicht auch noch ein paar Flocken möglich, mehr als 1 bis 2 mm
(oder eben 1 bis 2 cm) in Staulagen wird es aber nicht werden. Nebenbei bemerkt:
Da die Inversion unter der -10-Grad-Isotherme liegt, ist es mit dem Schnee
ohnehin nicht weit her. Ein Streifen von Vorpommern bis nach Ostsachsen bleibt
ohnehin trocken. Zwar soll auf den Norden und Nordosten eine schwache Warmfront
übergreifen, auf deren Vorderseite ist die Atmosphäre aber auch
niedertroposphärisch zu trocken für Regen, und die Rückseite wird von dem
Westeuropahoch im wahrsten Sinne des Wortes unter Druck gesetzt. Mit der
Inversion schwinden übrigens auch die Chancen auf größere Wolkenlücken in der
Nordwesthälfte, denn unter ihr könnte tiefer Stratus breitlaufen oder sich
Hochnebel sammeln, der kaum Lücken zulässt. Da über dem Süden noch die
Schneewolken den Ton angeben, wird der regenfreie Streifen von Vorpommern bis
nach Ostsachsen wohl auch derjenige sein, wo die Sonne die größten Chancen hat.
Was nicht heißt, dass es dort am wärmsten wird. Im Gegenteil. Dort werden nur 2
bis 4 Grad erwartet, kälter bleiben nur die Hochlagen des Ostens und Südens mit
Werten um null Grad. Vergleichsweise kuschelig mit Maxima um 8 Grad soll es
dagegen im Nordwesten und am Niederrhein zugehen.

In der Nacht zum Sonntag setzen sich Druck- und Potenzialanstieg von Westen her
fort. Dadurch fächert der Gradient weiter auf, der Wind könnte allenfalls zu
Beginn der Nacht auf dem Brocken oder dem Großen Arber noch ein Thema sein. Auch
beim Niederschlag ist weiterhin der Abwärtstrend erkennbar, was neben dem
zunehmenden Hochdruckeinfluss auch dem leichten Absinken der Inversion und in
der Folge dem Schrumpfen der Sättigungsschicht geschuldet ist. Auf die
Problematik, dass die -10-Grad-Isotherme über der Inversion liegt, wurde schon
hingewiesen. In Verbindung mit den nächtlichen Tiefstwerten, die in höheren
Mittelgebirgslagen und an den Alpen unter null Grad liegen, könnte das für eine
gewisse Gefahr von gefrierenden Nieselregen sprechen. Am östlichen Alpenrand
schneit es hingegen anfangs munter weiter, in der zweiten Nachthälfte lässt der
Schneefall dann auch dort nach. Ungefähr 10 bis 15 cm, lokal bis 20 cm Neuschnee
dürfte die Nacht dort nochmals bringen. Auch im Bayerischen Wald und im
Alpenvorland kommt noch etwas Neuschnee dazu. Im Westen und Südwesten, wo die
Wolkendecke partiell aufreißt, bildet sich Nebel. Neben dem angesprochenen
leichten Frost im Bergland und an den Alpen gibt es diesen auch an Oder und
Neiße, Glätte durch Schnee, gefrierende Nässe oder Reif inklusive.

Sonntag … und in der Nacht zum Montag übernimmt das Westeuropahoch mehr und
mehr die Geschicke bei uns. Das Bodenhoch verlagert sich dabei vom Ärmelkanal
bis nach Bayern, das Höhenhoch nur sehr wenig von der Themsemündung bis zum
Ostausgang des Ärmelkanals. Außerdem kippt der zuvor vom nahen Atlantik bis nach
Finnland gerichtete Höhenrücken etwas nach Südosten ab, seine Achse reicht am
Montagmorgen von Ostfriesland bis zum Baltikum, so dass sich das Absinken über
Deutschland verstärkt. Allerdings bleibt eine ausreichend feuchte Grundschicht
mit tiefem Stratus vorhanden, um weiten Landesteilen den Zugang zur Sonne zu
verwehren. Am größten sind die Chancen auf Sonne im Südwesten und am Hochrhein
sowie im Allgäu. Im östlichen Mittelgebirgsraum sowie am östlichen Alpenrand
fällt sogar noch etwas Niederschlag. Da inzwischen aber auch dort die Inversion
angekommen ist, sollte es Regen, eventuell auch gefrierender Regen (von eher
„lausiger“ Intensität) sein – an den Alpen eventuell auch noch etwas Schnee.
Dabei liegen die Temperaturmaxima zwischen 2 und 8 Grad mit den niedrigsten
Werten im Süden und Südosten, nachts sinken die Werte von Nord nach Süd auf 5
bis -5 Grad. Dabei fällt im Osten und Südosten noch etwas Regen, gefrierender
Regen oder Schnee, in den anderen Gebieten bildet sich teils dichter Nebel.

Montag … verbleibt Deutschland unter hohem Druck und hohem Geopotential. Dabei
bildet sich eine Hochdruckbrücke aus, die mäandrierend vom Atlantik über
Nordwesteuropa, die Alpen und den Balkan bis nach Russland reicht. Der
Schwerpunkt des Höhenhochs wandert derweil vom Ärmelkanal nach Nordfrankreich.
Die Frontalzone positioniert sich weit nördlich von uns. Die mit dem Hoch
eingeströmten Luftmassen weisen 850er Temperaturen von 0 bis 6 Grad auf, im
Südosten hält sich aber noch ein wenig kältere Luft mit Werten von 0 bis -4
Grad. Zwar simulieren die Modelle anfangs noch geringfügigen Niederschlag über
Ostsachsen und dem südlichen Brandenburg, insgesamt ist es unter Absinken aber
weitgehend trocken und windschwach. Dafür bildet sich nachts verbreitet Nebel,
und in der Südhälfte liegen die Tiefstwerte in der Nacht zum Dienstag praktisch
durchweg unter null Grad – mit entsprechender Glättegefahr.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle simulieren die Abläufe der kommenden Tage insgesamt recht ähnlich.
Beim Wind in der kommenden Nacht ist EZMW etwas aggressiver als ICON. Bezüglich
des Schnees ist es umgekehrt: ICON (also ICON und, wenig überraschend, ICON 6)
simuliert/simulieren in der Nacht im Erzgebirge ebenso wie am morgigen Samstag
an den Alpen mehr Schnee als dies bei EZMW der Fall ist.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas