S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 17.01.2022 um 10.30 UTC

Am Donnerstag an den Küsten und auf den Bergen stürmisch, dabei recht kalt mit
Schneeschauern teils bis in tiefe Lagen. Danach Wetterberuhigung und
(höhen)milder, lediglich am Alpenrand am Samstag eventuell größere
Neuschneemengen.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 24.01.2022

Auf der Vorderseite eines sich beständig regenerierenden Langwellentroges über
dem Osten Nordamerikas kommt es im Raum Neufundland bis in die erweiterte
Mittelfrist zu markanten Zyklogenesen, auf deren Vorderseite sich immer wieder
ein kräftiger Höhenrücken über dem mittleren Nordatlantik aufbauen kann, der
zeitweise bis nach West- und Mitteleuropa reicht (überwiegendes Wetterregime:
Atlantischer Rücken bzw. Blocking). Gleichzeitig erweist sich der kräftige
Polarwirbel in der mittleren und unteren Stratosphäre als außerordentlich robust
und sorgt dort (in etwa 10 hPa auf 60 Grad Nord) weiterhin für
überdurchschnittlich starke Westwinde. Somit erweist sich auch das meridionale
Wellenmuster innerhalb der Troposphäre aufgrund der dynamischen Kopplung mit der
Stratosphäre als progressiv, wodurch es stromab zum atlantischen Höhenrücken
immer wieder zu Kaltluftausbrüchen kommen kann, diese aber eher Richtung
Osteuropa und Balkan gerichtet bleiben bzw. das Vorhersagegebiet lediglich
streifen. Somit steht beständiges Winterwetter weiterhin nicht ins Haus.

Doch nun zur Entwicklung im Einzelnen:
Am Donnerstag, zu Beginn der Mittelfrist, steht tatsächlich ein solcher
Kaltluftausbruch ins Haus. Dem umfangreichen Höhenrücken, der über den
Ostatlantik nordwärts bis nach Südgrönland reicht und im Bodenfeld ein kräftiges
Hoch (nahe 1045 hPa Kerndruck) westlich von Irland stützt, steht ein
Langwellentrog gegenüber, der vom Nordmeer über Skandinavien südwärts bis zum
Balkan reicht. Das zentralsteuernde Sturmtief im Bodenfeld verlagert sich über
Finnland bis Freitag allmählich Richtung Baltikum. An dessen Ostflanke gelangt
von Nordnordwest her auf direktem Wege über die Norwegische See bzw.
Skandinavien maritime Polarluft (etwa -7 bis -11 Grad in 850 hPa) nach
Deutschland, innerhalb derer es bis in tiefe Lagen Schnee- und Graupelschauer
geben kann. Nennenswerte Neuschneehöhen sind aber wohl lediglich an den
Nordseiten der Mittelgebirge sowie am Alpennordrand zu erwarten. Dazu gibt es an
den Küsten und auf den Berggipfeln Sturmböen, im Nordosten eventuell bis in
tiefe Lagen stürmische Böen.

Am Freitag verlagert sich die Achse des Höhenrückens allmählich über das
Nordmeer und die Britischen Inseln ostsüdostwärts. Der nach Süden
amplifizierende Trog wird weit nach Nordost- und Osteuropa abgedrängt, so dass
die auf Nord drehende Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet zunehmend
antizyklonal konturiert ist. Dadurch verlagert auch das nach wie vor kräftige
Bodenhoch seinen Schwerpunkt bis Samstagfrüh zum Westausgang des Ärmelkanals,
wobei sich ein über Frankreich bis nach Südwestdeutschland gerichteter Hochkeil
verstärkt. An dessen Nordostflanke gelangt mit der auf Nordwest zurückdrehenden
Bodenströmung zunächst noch kalte, ab Freitagnachmittag und vor allem in der
Nacht zum Samstag aber wieder mildere Meeresluft ins Vorhersagebiet (T850 hPa am
Samstag, 00 UTC zwischen 0 Grad an der Nordsee und -9 Grad im Südosten). Vor
allem im Südosten schneit es am Freitag noch gebietsweise, auch sonst gibt es
noch einzelne Schnee- in tiefen Lagen im Westen auch Schneeregenschauer,
lediglich im Nordosten bleibt es trocken. Abends setzen im Nordwesten mit Aufzug
einer Warmfront erneut Niederschläge ein, die sich nach südostwärts verlagern
und zumindest im Westen und in der Mitte in tiefen Lagen wohl wieder in Regen
übergehen. Im Nordosten und Osten bleibt es noch trocken.

Am Wochenende weiten sich Höhenrücken und Bodenhoch über Mitteleuropa allmählich
nach Osten aus, wobei die Achse des Bodenhochs über Süddeutschland
ostsüdostwärts gerichtet bleibt und an dessen Nordflanke recht feuchte und etwas
mildere Meeresluft vor allem in den Norden und die Mitte des Vorhersagegebietes
gelangt. Es bleibt somit überwiegend stark bewölkt bis bedeckt und trüb mit
leichten, im Stau der Alpen allerdings auch kräftigeren Niederschlägen, die im
Südosten vielfach als Schnee, sonst als Regen oder Nieselregen fallen, wobei es
vor allem nachts gebietsweise auch Glatteis geben kann. Dabei kann es an den
Alpen mit der zögernd nach Südosten vordringenden Warmfront am Samstag größere
Neuschneemengen geben (Unwetter nicht ausgeschlossen). Längere trockene Phasen
sind am ehesten wohl im Südwesten zu erwarten, dort kann sich zeitweise auch die
Sonne durchsetzen. Im Südosten bleibt es kalt, gebietsweise auch mit Dauerfrost,
während es im Norden und Westen vielerorts nicht einmal mehr für Nachtfrost
reicht.

Zu Beginn der kommenden Woche deutet sich nach Lesart des IFS eine Regeneration
des Höhenrückens über dem Ostatlantik an, gleichzeitig stößt erneut ein
Höhentrog nach Skandinavien vor, wodurch die Höhenströmung über Nordwesteuropa
wieder beginnt aufzusteilen. Dabei bleibt ein Höhenkeil allerdings über
Mitteleuropa hinweg nach Südosten gerichtet und stützt die Hochdruckzone im
Bodenfeld, die am Montag von den Britischen Inseln bis nach Südwest- bzw.
Süddeutschland reicht. An deren Nordostflanke kann nun auch niedertroposphärisch
die mildere Meeresluft bis nach Süddeutschland vordringen, während die Kaltfront
eines von Finnland nach Nordwestrussland ziehenden Tiefs in der Nacht zum
Dienstag auf Norddeutschland übergreift. Aufgrund des überwiegend antizyklonalen
Regimes erweist sie sich allerdings als wenig wetteraktiv. Somit ändert sich am
Wetterablauf insgesamt nur wenig gegenüber dem Wochenende.

In der erweiterten Mittelfrist verlagert sich der Höhenrücken vom Ostatlantik
über Westeuropa nach Mitteleuropa und Skandinavien. Er stützt dann zu
Wochenmitte ein kräftiges Bodenhoch über Mitteleuropa, so dass sich ruhiges,
allerdings vielerorts trübes und höhenmildes (T850 hPa oft über 0 Grad) Wetter
im Vorhersagegebiet einstellt. Sonnige Abschnitte sind dann wohl am ehesten im
Südwesten, an den Alpen sowie auf den Bergen zu erwarten.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich zum Wochenende unterschieden sich die letzten drei IFS-Läufe
nicht wesentlich voneinander. Der gestrige 00 UTC-Lauf simulierte das Vordringen
milderer Meeresluft am Freitag bzw. in der Nacht zum Samstag von Nordwesten her
etwas zeitverzögerter und aufgrund mehr antizyklonal konturierten Bodenfeldes
weniger feucht als der aktuelle Lauf bzw. der gestrige 12 UTC-Lauf.
Größere Differenzen deuten sich dann zum Sonntag bzw. vor allem zu Wochenbeginn
an. Nach Lesart des gestrigen 00 UTC-Laufes verlagert sich der Höhenrücken am
Sonntag und Montag allmählich über Mitteleuropa hinweg ostsüdostwärts, was dann
endmittelfristig, also zum Dienstag hin gar in die Großwetterlage HM bzw. SWa
mündet. Der gestrige 12 UTC-Lauf ähnelt zunächst dem aktuellen IFS-Lauf, hat vor
allem zum Dienstag hin die Austrogung über Nord- und Osteuropa stärker auf der
Agenda, so dass die Kaltfront in der Nacht zum Dienstag über dem
Vorhersagegebiet rascher nach Süden vorankommt und ihr außerdem ein Schwall
skandinavischer Kaltluft folgt. Während die Temperatur in 850 hPa im aktuellen
Lauf bis Dienstag, 06 UTC auf -7 Grad im Nordosten und nur bis +1 Grad im
Südwesten sinkt, erreicht sie nach Lesart des gestrigen Laufes dann Werte
zwischen -9 und -4 Grad. Allerdings dominiert auch im gestrigen Lauf der
Einfluss des Bodenhochs, so dass kaum Niederschläge simuliert werden.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Den Vorstoß maritimer Polarluft über das Nordmeer und Skandinavien am Donnerstag
und in der Nacht zum Freitag haben alle vorliegenden Modelle auf der Agenda.
Nach Lesart des GFS erfolgt dieser jedoch auf etwas westlicherer Zugbahn mit
entsprechend geringfügig niedrigeren 850 hPa-Temperaturen und höheren
Neuschneemengen vor allem im Stau der Mittelgebirge und vor allem der Alpen.
Entsprechend wird auch der Vorstoß milderer Luftmassen von Nordwesten her ab
Freitagabend/Nacht zum Samstag vom aktuellen GFS-Lauf etwa 12 bis 18 Stunden
später simuliert. Am Freitag und in der Nacht zum Samstag bleibt es somit über
dem Vorhersagegebiet kälter und vor allem auch trockener als nach IFS und ICON,
die sich insgesamt ziemlich ähneln. Das GEM tendiert dagegen ein wenig Richtung
GFS, ist allerdings ebenfalls etwas milder aufgestellt.
Am Wochenende haben dann alle Modelle eine mehr oder weniger antizyklonal
konturierte Nordwest- bis Nordlage auf der Agenda. Im Bodenfeld weitet sich auch
nach Lesart des ICON, GFS und GEM eine Hochdruckzone von den Britischen Inseln
über Frankreich bis nach West- und Süddeutschland aus, an deren Nordostflanke
relativ feuchte und vor allem in den Norden und Westen auch allmählich mildere
Meeresluft advehiert wird. Differenzen gibt es am ehesten noch bzgl. der Phase
der dabei auftretenden, meist nur leichten Niederschläge, wobei ab der Mitte
südostwärts vor allem nachts stellenweise auch mal Glatteis auftreten kann.
Zudem simulieren GFS und GEM am Samstag für den Alpenrand deutlich geringere
Niederschlagsmengen als IFS und ICON, nach deren Lesart zumindest im Stau der
Alpen unwetterartige Neuschneemengen (klassische Lage: Warmfront aus Nordwest)
auf der Agenda stehen.
Zu Wochenbeginn ähneln dann ICON und GFS eher dem gestrigen 12 UTC-Lauf des IFS
mit einem markanteren Trogvorstoß Richtung Nordost- und Osteuropa, während das
kanadische GEM in der Großwetterlage Hoch Mitteleuropa mündet und somit eher dem
gestrigen 00 UTC-Lauf des IFS ähnelt.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Im Zeitraum 72 bis 96 Stunden verteilen sich die 49 Einzelmember, der Haupt- und
der Kontrolllauf auf 3 Cluster (jeweils 22, 18 und 11 Member, Haupt- und
Kontrolllauf in Cluster 1), die sich allesamt ähneln (Regime: Rücken Atlantik),
wobei Cluster 3 den nach Mitteleuropa gerichteten Kaltluftvorstoß – ähnlich wie
GFS – etwas markanter zeigt.

Auf 6 Cluster verteilen sich die Einzelläufe hingegen im nächstfolgenden
Zeitraum (120 bis 168 Stunden). Allesamt verlagern den Höhenrücken über dem
Ostatlantik tendenziell allmählich Richtung West- und Mitteleuropa (Regime:
Blocking), deuten aber eine erneute Regenerierung des Rückens über dem Atlantik
an. Somit sind die Cluster Mitteleuropa betreffend überwiegend antizyklonal
aufgestellt mit dem Schwerpunkt hohen Luftdruckes am Sonntag/Montag überwiegend
im Bereich der Britischen Inseln. Lediglich Cluster 3 (mit 11 Membern besetzt,
aber inklusive Hauptlauf und Kontrolllauf) tendiert dann zumindest vorübergehend
zu Hoch Mitteleuropa bzw. West antizyklonal, was sich auch im deterministischen
Lauf niederschlägt, der den Trogvorstoß über Nordeuropa am Montag/Nacht zu
Dienstag ja schwächer auf der Agenda hat als GFS und ICON. Den markantesten
Trogvorstoß nach Skandinavien hat dagegen der mit 5 Membern besetzte Cluster 5
auf der Agenda.
Auch in der erweiterten Mittelfrist (192 bis 240 Stunden, 6 Cluster) dominieren
die Regime „Blocking“ bzw. „atlantischer Rücken“. Vor allem nach Cluster 4 (8
Member) und 5 (6 Member, inklusive Hauptlauf) bleibt es quasi durchgehend bei
der Großwetterlage Hoch Mitteleuropa, während ansonsten vielfach zyklonale
(Cluster 2 mit 11 Membern sowie Cluster 6 mit 5 Membern) bzw. antizyklonale
(Cluster 1 mit 12 Membern) auf der Agenda stehen. Cluster 3 (9 Member) markiert
den Übergang von Hoch Mitteleuropa bzw. West antizyklonal hin zu Nordwest
zyklonal.

In der Kurvenschar der 850 hPa-Temperatur diverser über das Vorhersagegebiet
verteilter „Rauchfahnen“ spiegelt sich der Kaltluftvorstoß am Donnerstag/Freitag
gut wieder. Danach geht es innerhalb eines vor allem ab Samstag deutlich breiter
werdenden Spreads wieder bergauf, wobei die deutliche Milderung (auf 0 bis +5
Grad in 850 hPa) in den Rauchfahnen über Norddeutschland von mehr Membern
mitgetragen wird als in der Mitte und im Süden, wo sich das Groß der Member auch
am Wochenende noch um bzw. knapp über 5 Grad in 850 hPa bewegen und nur wenige
Einzelmember die 0 Grad überschreiten.
Zu Beginn kommender Woche sinkt dann die 850 hPa-Temperaturen in den nördlichen
Gitterpunkten im Mittel wieder etwas, während sie nach Süden zu bei breiter
werdendem Spread sich im Mittel nur wenig ändert.

FAZIT:
Im Großen und Ganzen bleibt es zunächst bei einer Hochdruckrandlage, soll
heißen, nach NWz am Donnerstag NWa am Wochenende. Ob es danach mit HM weitergeht
oder eher bei NWa bleibt, muss abgewartet werden.
Das interessanteste Wetter ist noch an den Alpen zu erwarten, wo am Samstag eine
Warmfront eventuell größere Neuschneemengen bringen könnte. Ansonsten steht aber
nicht sonderlich spektakuläres Wetter ins Haus, von nachhaltigem Winterwetter
bis in tiefe Lagen kann nach wie vor keine Rede sein und auch eine
abwechslungsreiche Westwetterlage mit eventuellen Sturmtiefentwicklungen steht
nicht zur Debatte.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Donnerstag steht warntechnisch zunächst einmal der Wind auf der Agenda. An
den Küsten dürfte der Gradient verbreitet für stürmische Böen, vielfach auch für
Sturmböen aus Nordwest reichen, das zeigt auch die Probabilisitk. In den Kamm-
und Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen reicht es ebenfalls für
Sturmböen, auf exponierten Gipfeln (Brocken, Fichtelberg, Gr. Arber) eventuell
für schwere Sturmböen. Vor allem im Norden und Osten gibt es auch in den
Niederungen bzw. im Binnenland vorübergehend stürmische Böen.
In der Nacht zum und am Freitag flaut der Wind nur zögernd ab, auch am Freitag
tagsüber kann es an den Küsten anfangs noch stürmische Böen geben, auf einigen
Gipfeln, vor allem der östlichen Mittelgebirge und der Alpen Sturmböen.
Im Zustrom maritimer Polarluft gibt es am Donnerstag und in der Nacht zum
Freitag, im Südosten auch noch am Freitag, bis in tiefe Lagen Schnee- und
Graupelschauer, vereinzelt auch kurze Gewitter mit stürmischen Böen. Während es
in den Niederungen aber für keine nennenswerten Neuschneemengen reicht und auch
im Stau der Mittelgebirge zumeist weniger als 10 cm in 12 Stunden fallen, kann
es im Stau der Alpen gebietsweise markante Neuschneemengen zwischen 10 und 20 cm
geben.

Mit Vordringen einer weiteren Warmfront steigt dann in der Nacht zum Samstag von
den mittleren Landesteilen südostwärts gebietsweise das Potenzial für
Glatteisregen.
An den Alpen setzen dann aber zumindest nach Lesart des IFS und ICON kräftige
Schneefälle ein, die erst in der Nacht zum Sonntag wieder nachlassen. Bis dahin
fallen dort teilweise über 20 cm Neuschnee in 24 Stunden, in Staulagen nach
beiden Modellen örtlich auch über 40 cm (Unwetter). Da GFS und GEM nicht
„mitziehen“, muss die genaue Entwicklung noch abgewartet werden.

Nach einem ruhigen Sonntag könnte dann ab der Nacht zum bzw. am Montag mit
Vordringen einer weiteren Kaltfront an den Küsten und auf einigen Bergen der
Wind in Böen erneut stürmisch aus Nordwest auffrischen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-ENS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff