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S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 11.01.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Ruhige, ereignisarme Hochdruckrandlage (BM->NWa).
Schwache Störungen nur in der Nordhälfte: örtliches Glatteis in der Nacht zum
Mittwoch/Mittwochvormittag, ab der Nacht zum Donnerstag im Nordosten windig, an
der Ostsee mitunter stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC

Aktuell … und über die komplette Kurzfrist hinweg dominiert der Einfluss eines
umfangreichen Hochs, das seinen Schwerpunkt im Verlauf von den Britischen Inseln
nach West- und Mitteleuropa verlagert, das Wettergeschehen in Deutschland. Nur
die Nordhälfte wird von schwachen Störungen beeinflusst, im Zuge derer in
zunehmend lebhafter westlicher bis nordwestlicher Strömung feuchte Meeresluft
herangeführt wird.

Eine solche Störung des Hochdruckwetters macht sich auch ab heute Abend sowie in
der kommenden Nacht bemerkbar. Verantwortlich dafür zeigt sich ein
Kurzwellentrog, der eingebettet in die weit nördlich verlaufende, aber sehr gut
ausgeprägte Frontalzone vom Nordmeer über die Nordsee und Skandinavien zur
Baltischen See schwenkt. Die nördliche Höhenströmung bleibt am Rande eines sich
intensivierenden Höhenhochs westlich der Britischen Inseln über Deutschland zwar
großräumig antizyklonal konturiert, im Feld der Isentropen Potenziellen
Vorticity erkennt man die Störung aber sehr gut anhand einer IPV-Schliere. Diese
erfasst bis Mittwochfrüh die Nordwesthälfte des Landes.

Damit in Verbindung steht eine Okklusion, die den Nordwesten ab dem späten Abend
erfasst und bis zum Morgen etwa auf eine Linie Ruhrgebiet-Vorpommern vorankommt.
Die PVA-induzierten Hebungsantriebe sind zwar eher schwach ausgeprägt, dennoch
geht die Front mit geringfügigen Niederschlägen einher. Da sich eine gut
ausgeprägte Warmluftschliere mit T850 um 0 Grad und positiven Temperaturen in
der unteren Troposphäre abzeichnet, dürfte die flüssige Phase die dominierende
sein. Im Nordwesten ist die Situation aus warntechnischer Sicht unkritisch. Hier
bleibt es frostfrei und auch die Böden sind verhältnismäßig warm. Spannender
wird es, wenn die Niederschläge auf die Regionen weiter südöstlich übergreifen.
Etwa ab einer Linie Emsland-Hamburg-Schwerin ist mit leichtem Frost zu rechnen
und insbesondere Richtung östliches Mecklenburg, Vorpommern und Brandenburg sind
die Böden nach vorangegangenem Dauerfrost zudem gebietsweise durchgefroren. Dort
besteht also zumindest eine geringe Wahrscheinlichkeit für örtliches Glatteis
durch gefrierenden Regen oder Sprühregen. Es ist nicht ganz ausgeschlossen, dass
der sich im Vorfeld ausbreitende Hochnebel etwas gehoben werden könnte und
geringfügiger gefrierender Nieselregen auch die westlichen und nördlichen
Mittelgebirge erfassen könnte. So oder so kann dieses Ereignis nur im Nowcast
abgewarnt werden, wobei gelbe oder markante Warnungen ausreichen sollten.

In der Südosthälfte bleibt die Brücke zwischen dem sich verstärkenden Hoch mit
Schwerpunkt bei Irland und dem Hoch über Westrussland dominierend. Bei
windschwachen Bedingungen können sich Nebel und Hochnebelfelder wieder
ausbreiten und verdichten. Die Absinkinversion liegt zwischen 900 und 950 hPa,
einige Kammlagen schauen also aus der Nebelsuppe heraus.

Mit der bereits erwähnten Ausnahme im Nordwesten stellt sich quasi flächendecken
leichter bis mäßiger Frost, im östlichen Bergland und in Alpennähe und dort vor
allem über Schnee örtlich strenger Frost zwischen -10 und -15 Grad ein. In
klaren Gebieten ist örtlich Reifglätte, in Nebelgebieten Glätte durch
gefrierende Nebelnässe möglich.

Mittwoch … ist auf der warmen Seite der überaus gut ausgeprägt, kaum
mäandrierenden Frontalzone über dem Nordostatlantik und Nordeuropa (Jetstreak
mit 200 kt über Island!) weiterhin großflächig Warmluftadvektion wirksam,
wodurch sich das Höhenhoch weiter verstärken und seinen Schwerpunkt noch etwas
nach Nordosten ins Seegebiet knapp westlich von Irland verschieben kann.
Deutschland liegt am Rande dieses Hochs in einer antizyklonalen nördlichen bis
nordöstlichen Höhenströmung. Die Brücke zwischen dem korrespondierenden Hoch mit
Zentrum über Südengland und dem russischen Partner geht zwar in die Brüche,
übrig bleibt aber ein Hochkeil, der mit einer 1040-hPa-Isobare gekennzeichnet
bis nach Süddeutschland hinein ragt. Die Nordhälfte gelangt an der Nordabdachung
der Hochdruckzone in eine westliche Strömung, mit langsam mildere und feuchte
Meeresluft (T850 0 bis 3 Grad) herantransportiert wird, während ansonsten die
subpolare Luftmasse weiter altert (T850 0 bis -4 Grad).

Die okkludierte Front hat es in dem von großräumigen Absinken dominierten Umfeld
schwer. Sie kommt noch bis in die mittleren Landesteile voran und löst sich dort
faktisch auf. Dennoch tritt die dahinscheidende Front weiterhin mit einem recht
kompakten Wolkenband in Erscheinung, das in einem breiten Streifen vom Rheinland
bis zur Oder und Neiße für einen trüben Tag sorgt. Weiterhin ist geringfügiger
Nieselregen oder Schneegriesel möglich, sowohl aus dem frontalen Wolkenband, als
auch aus den davor liegenden, sich leicht hebenden Hochnebelfeldern. Bis zum
Vormittag besteht in den nördlichen und westlichen Mittelgebirgen, zum Abend
dann in den östlichen Mittelgebirgen ein geringes Potenzial für örtliches
Glatteis.

In der postfrontal einfließenden feuchten Meeresluft lockert es über dem Norden
zögerlich etwas auf und es bleibt trocken.

Präfrontal etwa südlich der Mainlinie lösen sich die zähen Nebel- und
Hochnebelfelder in den meisten Regionen auf, nur in wenigen Flussniederungen
könnte es ganztags neblig trüb bleiben. Durchweg sonnig ist es in bzw. oberhalb
der Absinkinversion (~950 hPa) im höheren Bergland und am Alpenrand.

Entlang und südlich der Donau sowie generell oberhalb von 400 bis 500 m und in
Nebelgebieten herrscht leichter Dauerfrost, ansonsten werden Höchstwerte
zwischen 1 und 6 Grad erreicht.

In der Nacht zum Donnerstag wird der Norden und Nordosten von der Warmfront
eines Tiefs über dem Nordpolarmeer gestreift. Damit wird die Advektion feuchter,
milderer Meeresluft in die Nordosthälfte Deutschlands nochmal forciert, was sich
in einem Anstieg der pseudopotenziellen Temperatur, aber auch T850 (1 bis 6
Grad) niederschlägt. In dieser Luft breitet sich an der Inversion bei 950 hPa
dichter Stratus aus, darüber liegt teilweise WLA-getriggerte mittelhohe und hohe
Bewölkung. Unter der Wolkendecke bleibt es mit Tiefstwerten zwischen 5 und 1
Grad frostfrei. Durch leichte, aber sukzessive Gradientverschärfung mit
Warmfrontpassage frischt der Wind insbesondere an der Ostsee auf und erreicht in
Böen 7 Bft.

In der Südwesthälfte bleibt das Wetter gänzlich Grenzschichtprozessen
überlassen, Nebel und Hochnebel breiten sich wieder aus, insbesondere im Süden
geht die Nacht gebietsweise aber auch klar über die Bühne. Dann geht es mit dem
Temperaturen wieder steil bergab auf -5 bis örtlich -10 Grad über Schnee, aber
auch sonst ist mit leichtem Frost bis -5 Grad zu rechnen.

Donnerstag … gelangt Deutschland zunehmend in den Nahbereich des Höhenhochs,
das sein Zentrum ohne nennenswerte Intensitätsschwankung über die Straße von
Dover verschiebt. Die oval konturierte, von den Britischen Inseln bis zum Balkan
reichende Hochdruckzone liegt mit ihrer Divergenzachse über der Südwesthälfte
Deutschlands. Während die Advektion milder Meeresluft aus Westnordwest in der
Nordosthälfte anhält (T850 4 bis 7 Grad), erwärmt sich auch in der Südwesthälfte
die Luft bedingt durch fortwährendes Absinken auf T850 zwischen 0 und 5 Grad).

Dem Stratus über der Nordosthälfte wird zum einen durch das Entrainment
trockener Luft von oben, zum anderen durch Leeffekte an den nördlichen und
östlichen Mittelgebirgen leicht zugesetzt. So zeigen sich am ehesten an den
Osträndernd der Mittelgebirge zunehmend Lücken in der Wolkendecke, über der
norddeutschen Tiefebene bleibt sie aber oft dicht. Der Gradient verschärft sich
noch etwas, sodass an der Ostsee zunehmend Böen 8 Bft auftreten, an der Nordsee
in im nordostdeutschen Binnenland einzelne Böen 7 Bft.

In der Südwesthälfte stellt sich erneut nur die Frage, wo und wie schnell sich
die gebietsweisen Nebel- und Hochnebelfelder auflösen. Im Hinblick auf
Sonnenschein bevorzugt sind wieder die höheren Lagen im Süden und Südwesten,
benachteiligt die Flussniederungen, insbesondere Frankens.

Die Höchstwerte liegen zwischen 0 Grad im Dauernebel und um 7 Grad im
Norddeutschen Tiefland.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich das Höhenhoch mit seinem Schwerpunkt
nach Belgien. Durch einen nach Skandinavien gerichteten Trogvorstoß wird es in
seinem Nordteil etwas abgehobelt, sodass sich über dem Norden und Osten
Deutschlands wieder eine glatte nordwestliche Höhenströmung einstellen kann. Die
Divergenzachse der Hochdruckzone wird dadurch etwa nach Südwesten
zurückgedrängt.

Nennenswerten Einfluss auf das Wettergeschehen hat diese Entwicklung aber noch
nicht, sodass die Nordhälfte wieder mit sich zunehmend ausbreitender
Stratusbewölkung zu „kämpfen“ hat, die Südhälfte „nur“ mit gebietsweisen
Nebelfeldern. Erhalten bleibt auch die Windsituation im Nordosten mit Böen 8 Bft
an der Ostsee und Böen 7 Bft im Binnenland. Allerdings springen zunehmend auch
die Gipfellagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge an (Brocken,
Fichtelberg 9 Bft).

Die „Frostgrenze“ läuft wie schon in den Vornächten quer über der Mitte, wobei
durch die Alterung der Luftmassen im Süden die Nacht nicht mehr ganz so kalt
wird.

Freitag … zieht das Höhenhoch mit seinem Schwerpunkt zum westlichen Alpenraum.
Der Trog über Skandinavien schwenkt unter Zunahme seiner Wellenlänge nach
Osteuropa. Dazwischen stellt sich landesweit eine nordwestliche Höhenströmung
ein, die im Nordosten einen leicht zyklonalen Touch bekommt. Im Bodenfeld zieht
sich die Hochdruckzone noch etwas nach Südwesten zurück, sodass der Wind – mit
Ausnahme des äußersten Südwestens – überall eine westliche bis nordwestliche
Komponente bekommt.

Die Kaltfront des mit dem Trog korrespondierenden Tiefs über Westrussland greift
im Tagesverlauf auf den Norden und Nordosten über und bringt leichten Regen oder
Sprühregen. Postfrontal sickert wieder kältere Polarluft in den Nordosten (T850
+1 bis -3 Grad). Der Gradient fächert erst nach Kaltfrontpassage auf, zuvor sind
im Nordosten und Osten gebietsweise Böen 7 Bft, an der See 8 Bft zu erwarten.

Präfrontal hält sich etwa nördlich der Mittelgebirgsschwelle dichter Stratus,
der vor der Kaltfront gehoben wird und ebenfalls etwas Nieselregen produzieren
könnte.

In der Südhälfte ändert sich im Grunde nichts (teils sonnig, teils zäher Nebel),
allerdings führt die absinkbedingte Erwärmung der unteren Troposphäre (T850 1
bis 6 Grad) dazu, dass Dauerfrost kaum ein Thema mehr sein dürfte. Meist werden
2 bis 6 Grad, im Norden bis 8 Grad erreicht.

Modellvergleich und -einschätzung

Keine prognoserelevanten Unterschiede.
Die räumlich eng begrenzte Glatteislage in der Nacht zum Mittwoch und
Mittwochvormittag ist eher Nowcast.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser