S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 09.01.2022 um 10.30 UTC

Im Norden und Nordosten leicht wechselhaft und windig, aber mild. Sonst ruhiges
Winterwetter und kaum Niederschläge.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 16.01.2022

Am Mittwoch und Donnerstag liegt Deutschland an der Ostflanke eines
blockierenden Hochs mit Schwerpunkt über den Britischen Inseln. Über Osteuropa
hält sich ein Langwellentrog, der sich von Karelien über das östliche
Schwarzmeergebiet bis ins östliche Mittelmeer erstreckt. In der relativ weit
nördlich liegenden Frontalzone, die vom Seegebiet knapp südlich von Island über
Südskandinavien hinweg südostwärts gerichtet ist, werden mit einer kräftigen
Strömung Frontensysteme nach Südosten geführt, die den Norden und Nordosten
Deutschlands nur leicht streifen und dichte Bewölkung, aber allenfalls geringe
Niederschläge und an der Küste zeitweise stürmische Böen bringen.
Über der Mitte, dem Westen und Süden hält sich meist der Einfluss des mit einen
Keil bis in dies Gebiete reichenden Bodenhochs. Hierdurch halten sich geringe
Luftdruckgegensätze, somit wird das Wettergeschehen durch Grundschichtprozesse
geprägt. Berglagen liegen dann häufig oberhalb der bodennahen Inversion.
Am Freitag verlagert sich das nach wie vor blockierende Hoch nach Frankreich.
Ein in der Frontalzone nach Südosten ablaufender breiter Trog lässt die Strömung
über dem Norden und Nordosten Deutschlands etwas aufsteilen. Nachfolgend
verschiebt sich der Schwerpunkt des Hochs zu den Westalpen. Diesem Hoch setzt
dann ein schwacher Trog zu, der auf die Iberische Halbinsel übergreift. Die
Folge ist Geopotentialverlust, wodurch sich am Samstag auch der nach
Süddeutschland reichende Bodenhochkeil abzuschwächen beginnt. Nach wie vor sind
aber in dessen Bereich die Luftdruckgegensätze gering. Der Norden und Nordosten
werden dann von einer schwachen Welle gestreift, so dass in diesen Gebieten
etwas Regen oder Sprühregen zu erwarten ist. Hierdurch wird im Nordosten der
Gradient auseinandergezogen, was stürmische Böen an der See zusehends weniger
wahrscheinlich werden lässt. Am Sonntag setzt sich auch im Norden und Nordosten,
ausgehend von einem sich über der Nordsee und Westeuropa liegenden und sich
kräftigenden Bodenhoch, antizyklonaler Einfluss durch, wobei der Gradient weiter
auseinandergezogen wird. Dies lässt die Luftmasse auch dort altern, so dass es
in diesen Gebieten nicht mehr so mild wird wie bisher. Geringe Niederschläge
sind dann noch im Norden und Nordosten Deutschlands möglich, ansonsten bleibt es
weitgehend niederschlagsfrei.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum verlagert sich das Bodenhoch
über Mitteleuropa hinweg allmählich ostwärts, so dass wahrscheinlich bis
Wochenmitte die Luftdruckgegensätze gering sind. Hierdurch setzt sich die
Alterung der Luftmasse fort, als Folge dürfte sich eher ein leichter
Temperaturrückgang abzeichnen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Samstag ist der aktuelle Modelllauf gegenüber den beiden
gestrigen Modellrechnungen weitgehend konsistent. Unterschiede zeigen sich
lediglich in der am Samstag über den Nordosten ablaufenden schwachen Welle, die
die beiden Modellläufe des Vortages nicht im Programm hatte. Am Sonntag hatte
der gestrige 00 UTC-Lauf einen markanten Trog zu bieten, der, in der Frontalzone
nach Südosten ablaufend, in Verbindung mit einer Randtiefentwicklung über dem
Nordosten Deutschlands eine signifikante Gradientzunahme gebracht hätte. De
beiden nachfolgenden Simulationen setzen auf das Gegenteil, also eine stete
Gradientabnahme.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum wäre im Gegensatz zur oben
beschriebenen Entwicklung im Bereich der sich nach Süden vorarbeitenden
Frontalzone deutschlandweit eine Starkwind-, wenn nicht gar Sturmlage zu
erwarten gewesen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis einschließlich Samstag stützen die vorliegenden Modelle weitgehend die oben
beschriebene Entwicklung. Prognoserelevante Unterschied lassen sich bis dahin
nicht ableiten.
Die nach Südosten in der Nacht zum Sonntag ablaufende Welle hat ICON nicht im
Programm; GFS entwickelt hieraus ein ausgewachsenes Tief, das über Südschweden
hinweg südostwärts gesteuert wird. Rückseitig dringt dann Polarluft in den
Norden und Nordosten Deutschlands vor. Dieser Kaltluftvorstoß ist demzufolge bei
ICON nicht vorhanden und nach EZMW deutlich schwächer ausgeprägt als nach GFS.
Das Modell des kanadischen Wetterdienstes folgt am ehesten der ICON-Variante,
wonach Deutschland unter der (oberhalb der Grundschicht vorhandenen) Warmluft
verbleibt.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum lässt GFS die Strömung auf
Nord drehen, was auf direktem Wege einen vorübergehenden Vorstoß arktischer
Polarluft (mit Temperaturen im 500 hPa-Niveau bis -40 Grad und in 850 hPa um -15
Grad) zur Folge hätte. Das Bodenhoch setzt demnach weiter westlich (sogar
westlich von Irland) an und weitet sich bis zur Wochenmitte nach Mitteleuropa
aus. An dessen Nordflanke würde sich dann wieder die Frontalzone nach Osten
durchsetzen und eine Milderung bescheren. Allerdings sind die Vorhersagen des
GFS bzgl. dieser Entwicklung nicht konsistent und daher mit Vorsicht zu
genießen.
Das kanadische Vorhersagemodell belässt die Frontalzone in einer relativ weit
nördlichen Lage. Das Bodenhoch setzt sich demnach über dem Alpenraum fest (und
verlagert sich nicht nach Südosten wie beim EZMW-Modell). Die Folge wäre wie
beim EZMW die Andauer der gradientschwachen Lage und demzufolge eine
fortschreitende Alterung der Luftmasse, was als das wahrscheinlichere Szenario
anzusehen ist.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Das EPS des GFS zeigt bis einschließlich Samstag nur einen geringen Spread.
Danach beginnen die Einzellösungen umso stärker zu divergieren, ohne dass sich
ein Trend ableiten lässt. Sowohl „warme“ Lösungen sind zu finden als auch Läufe,
die die Version des Hauptlaufes stützen. Allerdings dürfte, was den
Kaltlufteinbruch im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum betrifft, der
ungestörte Lauf die „kalte“ Unterkante der Verteilung der Einzellösungen
markieren. Betrachtet man das EPS-Mittel, lässt sich ebenfalls der Schwerpunkt
des blockierenden Hochs über den Britischen Inseln oder westlich davon finden.
Die Kaltluft stößt jedoch im Gegensatz zum Hauptlauf weiter im Osten nach Süden
vor.
Beim EPS des EZMW erfolgt zwar ebenfalls ab Sonntag eine Zunahme des Spreads,
die jedoch weniger markant ausfällt als beim EPS des GFS. Betrachtet man die
Cluster, sind alle Möglichkeiten offen. Von einem Kaltlufteinbruch (zwar nicht
so ausgeprägt wie beim EPS des GFS, aber immerhin markant und von nahezu einem
Drittel der Einzellösungen gestützt) bis hin zu einem ausgedehnten Sturmtief
über Südskandinavien, was der Version der beiden gestrigen Modellläufe
entsprechen würde und aktuell nur von Einzellösungen gesehen wird. Der aktuelle
Hauptlauf lässt sich kaum in eines der Cluster einordnen. Nimmt man das
EPS-Mittel zu Hilfe (womit man, statistisch gesehen, am wenigsten falsch macht
und was auch der Version des GFS ziemlich ähnlich ist)) wäre ab Sonntag eine
Drehung der Strömung auf Nordwest das wahrscheinlichste Szenario. Die Folge wäre
vor allem im Norden und Osten vermehrt Niederschläge (jedoch ohne größere
Mengen). Auch im Westen und Süden wäre dann eine aufkommende leichte
Unbeständigkeit zu erwarten.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Aufgrund der ruhigen Hochdruckrandlage sind von Mittwoch bis Freitag allenfalls
an der Nordfriesischen Küste sowie in exponierten Lagen an der Ostsee einzelne
stürmische Böen zu erwarten. Ab Donnerstag sind auch in einigen Kamm- und
Gipfellagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge Sturmböen nicht ganz
auszuschließen. Am Wochenende sind auch an der See sowie auf exponierten Gipfeln
markant zu bewarnende Böen eher unwahrscheinlich.

Basis für Mittelfristvorhersage
EPS-Mittel + (anfangs) MOS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann