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SXEU31 DWAV 041800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 04.01.2022 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
Im Süden anfangs noch windig und Dauerregen, von Nordwesten nachlassend und im
Bergland in Schnee übergehend. Am Mittwoch in der Mitte und an der See
stürmisch, zum Donnerstag Wetterberuhigung.
Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
Aktuell … liegen wir auf der Vorderseite eines umfassenden Langwellentroges,
der ausgehen vom Höhentief über Skandinavien über die Nordsee und Britischen
Inseln bis zur Iberischen Halbinsel gerichtet ist. Dabei verlaufen von Südwest
nach Nordost zwei Luftmassengrenzen über Deutschland. Die südliche wird nach
ostwärtigem Abzug einer flachen Welle, die inzwischen mit etwas unter 995 hPa
über dem Riesengebirge angelangt ist, langsam gegen die Alpen gedrückt. Damit
endet nicht nur der ungewöhnliche milde Tag in Süddeutschland (Tmax 18,2 Grad
Rheinfelden, 17,4 Grad Wielenbach, 16,5 Grad München), nein auch der Dauerregen
lässt von Nordwesten immer mehr nach. In den letzten 12 Stunden kam einiges
zusammen:
Vom Vogtland bis ins Saarland fielen verbreitet um 20 l/qm, im Nordschwarzwald
30 bis 50 l/qm.
Doch zurück zum aktuellen Geschehen: Zu erwähnen ist schließlich noch die zweite
Kaltfrontstaffel, die derzeit von der Eifel bis nach Nordbrandenburg verläuft
und ebenfalls weiter südostwärts vorankommt. Erst dahinter fließt merklich
kältere Meeresluft polaren Ursprungs ein, in der die 850 hPa Temperaturen auf -5
bis -8 Grad zurückgehen. Damit sinkt auch die Schneefallgrenze zunächst bis in
Kammlagen der Mittelgebirge, zum Morgen hin bis auf 400 Meter ab. In stärkeren
Schauern kann es bis ins Flachland Graupel oder nasse Flocken geben. Am
östlichen Alpenrand sinkt die Schneefallgrenze erst allmählich bis auf 1000
Meter ab. Niederschlagstechnisch hat die zweite Staffel allerdings nicht allzu
viel zu bieten, da sie von recht starker Kaltluftadvektion überlaufen wird. 1
bis 5 Zentimeter Neuschnee sollten in den Mittelgebirgen bis zum Morgen
zusammenkommen. Aufgrund der milden Vorgeschichte und recht warmen Böden, kann
man das gebietsweise durchaus auch mit Glättewarnungen „lösen“.
Staubedingt und aufgrund der vorgelagerten ersten Front sind vor allem im
Oberallgäu markante Mengen zwischen 10 und 15, exponiert bis 20 Zentimeter bis
Mittwoch Früh wahrscheinlich (ICON-EU EPS bis 70% für > 10 cm).
Nördlich der zweiten Staffel (also quasi post-postfrontal) lockert es über
Norddeutschland zeitweise auf, bevor sich zum Morgen an der Nordsee die
Haupttrogachse nähert. Damit einhergehend sinken die Temperaturen in 500 hPa auf
-34 Grad ab und die Lapse Rates gehen auf -0.8K / 100m zurück. Wegen der doch
recht limitierten spezifischen Feuchte von 10 g/kg in den untersten Schichten
sowie einer recht trockenen mittleren Troposphäre wird allerdings kaum ML CAPE
generiert. Gleichwohl reicht es aufgrund der Nullgradgrenze bei wenigen hundert
Metern für zahlreiche Schauer und vereinzelt auch kurze Gewitter, die zudem
durch das vergleichsweise milde Nordseewasser genährt werden. Die Tiefstwerte
liegen allgemein zwischen 5 und 1 Grad, im Bergland bei 0 bis -3 Grad. Da es
recht windig bleibt und trotz Auflockerungen im Norden vielfach trocken, spielt
Glätte mit Ausnahme der Berglagen so gut wie keine Rolle.
Die Windlage muss abschließend noch diskutiert werden, denn die ist ziemlich
komplex. So lässt der Wind im Süden nach Abzug der Welle zwar rasch nach, hinter
der zweiten Kaltfrontpassage bildet sich im Druckanstieg über Frankreich im
Laufe der Nacht aber ein erneutes Maximum mit Böen 6-7 Bft aus Nordwest aus.
Dieses greift in der zweiten Nachthälfte auf die Pfalz und den Oberrheingraben
aus und erreicht in den Frühstunden die Schwäbische Alb.
Zudem frischt mit Trogannäherung auch an den Küsten der Südwestwind stark auf
und erreicht in Böen an der Nordsee Sturmstärke (Bft 8 bis 9), an der Ostsee
bleibt es aufgrund der Entfernung und da meist ablandige Komponente bei Bft 7.
Die Gefahr einzelner schwerer Sturmböen auf den Nordseeinseln ist nicht komplett
ausgeschlossen, aber nur gering (ICON-D2 EPS mit 10-20%).
Mittwoch … überquert der Höhentrog zögernd Mitteleuropa ostwärts und weitet
sich dabei etwas nach Süden aus. Mit Ausnahme des äußersten Südens werden weite
Teile des Landes von hochreichend labil geschichteter Höhenkaltluft geflutet
(-32 bis -35 Grad in 500 hPa, -4 bis -7 Grad in 850 hPa, Ausnahme der äußerste
Südosten).
Das Bodentief über Jütland zieht rasch über Südschweden hinweg ostwärts und
füllt sich allmählich auf. Der Bodentrog greift auf Norddeutschland über und
kommt bis etwa zur Mitte des Landes voran. Die Pseudoreflektivitäten im ICON-D2
sowie ein schwach konvergentes Windfeld legt eine eingelagerte Konvergenz nahe,
die um 12 UTC in etwa von der Lübecker Bucht bis nach Ostwestfalen verläuft und
im Laufe des Nachmittags weiter südostwärts schwenkt. Dabei gibt es vielerorts
Schneeregen-, Schnee- und
Graupelschauer, vereinzelt auch kurze Gewitter (besonders innerhalb der
Konvergenz), die bis zum Abend vielleicht auch noch das nördliche
Baden-Württemberg und Bayern erreichen können. Weiter südlich bzw. südwestlich
bleibt es weitgehend trocken. Dorthin weitet sich von Frankreich her der Keil
eines Bodenhochs aus.
Während es in den Niederungen allerhöchstens in kräftigeren Schauern kurzzeitig
für Glätte durch etwas Graupel- oder Schneematsch reicht, gibt es in den
Mittelgebirgen oberhalb von etwa 400 m vor allem in Staulagen ein paar
Zentimeter Neuschnee, in exponierten Staulagen vielleicht um 5 cm.
Auch an den Alpen kann es im Stau noch bis zum Mittag schneien mit 5 bis 10 cm
Neuschnee (in exponierten Staulagen auch etwas mehr), ehe die Niederschläge dort
am Nachmittag rasch nachlassen.
Von Warnrelevanz ist aber vor allem der Wind, im Süden und Südwesten allerdings
nur kurzeitig in der Früh und am Vormittag nach Passage der zweiten Kaltfront
(meist Bft 7: Alb bis Niederbayern). Dann flaut er dort rasch ab und erreicht
höchstens auf Berggipfeln noch markante Warnkriterien.
In der Mitte und im Norden gibt es aber vor allem im Vorfeld und mit Passage der
Konvergenz starke bis stürmische Böen, in kräftigeren Schauern oder Gewittern
auch Sturmböen Bft 9 Südwest bis West. Die höchsten Wahrscheinlichkeiten für Bft
8 bis 9 gibt es bei 40-50 Knoten Oberwind in 925 hPa vom Münsterland bis zur
Altmark und Leipziger Tieflandsbucht. An den Küsten und auf den Berggipfeln
reicht es häufiger für Sturmböen, auf exponierten Gipfeln (Brocken, Fichtelberg)
auch für schwere Sturmböen bzw. orkanartige Böen.
Rückseitig der Konvergenz dreht er auf West, an den Küsten auf Nordwest und
lässt vor allem im Binnenland zum Abend hin deutlich nach.
Vor allem in Schleswig-Holstein – dort macht sich der Skandinavienföhn im
Tagesverlauf bemerkbar – aber auch im Südwesten sowie vom Main bis zum
Alpenvorland lockern die Wolken häufiger auf, sonst nur gelegentlich zwischen
den Schauern. Mit Höchstwerten zwischen 3 und 7 Grad bleibt es deutlich kühler
als an den Vortagen, im höheren Bergland werden kaum 0 Grad erreicht.
In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich der Höhentrog allmählich ins östliche
Mitteleuropa, gefolgt von einem Höhenrücken, der sich Donnerstagfrüh über die
Biskaya und die Britischen Inseln bis ins Nordmeer erstreckt. Somit dreht die
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet auf Nordwest und vor allem
niedertroposphärisch kann sich die Advektion maritimer Polarluft noch etwas
verstärken. Die Temperatur in 850 hPa liegt morgens bei rund -7 Grad, laut IFS
in Vorpommern und der Uckermark sogar bei -10 Grad. Das Bodentief füllt sich
weiter auf und wird in einen Tiefdruckkomplex über
Karelien bzw. Nordwestrussland integriert, so dass der Gradient über dem
Vorhersagegebiet weiter auffächert. Nur in Ostfriesland, an der Vorpommerschen
Ostseeküste und in den östlichen Mittelgebirgen gibt es noch längere Zeit
steife, exponiert stürmische Böen aus Nordwest. Gleichzeitig wird durch den
Höhenrücken das Bodenhoch über Frankreich gestützt und kann sich mit seinem Keil
weiter nach Süddeutschland ausweiten.
Mit dem Trog kommen auch die schauerartigen Niederschläge nach Südosten und
Süden voran, klingen tagesgangbedingt und mit steigendem Geopotential von Westen
langsam ab. Allerdings kann es vor allem in Sachsen, Bayern und
Baden-Württemberg zunehmend bis in tiefe Lagen etwas Schnee und Graupel geben,
die auch dort für Glätte sorgen. Oberhalb von 400 bis 600m fallen noch einige
Zentimeter Neuschnee, im Erzgebirgsstau sowie in den ostbayerischen
Mittelgebirgen auch um 5 cm.
Vor allem im Norden gibt es mit abflauenden Wind und auflockernder Bewölkung –
mal abgesehen von den Küsten – verbreitet Frost und Glätte durch Überfrieren von
Restnässe. In größeren Ballungszentren reicht es landesweit meist nicht für
Frost.
Donnerstag … kommt der Höhenrücken über Westeuropa mit zunehmenden Verlust der
Amplitude relativ rasch nach Osten voran und erreicht gegen Abend bereits den
Westen Deutschlands. Die nordwestliche Höhenströmung über Mitteleuropa nimmt
somit eine antizyklonalere Kontur an, so dass über dem Vorhersagegebiet Absinken
dominiert. Allerdings wird der Rücken mitteltroposphärisch bereits von WLA
überlaufen, die am Vormittag bereits den Nordwesten, am Nachmittag die komplette
Nordhälfte Deutschlands erfasst. Somit weitet sich das Bodenhoch von Frankreich
her nach Deutschland aus, wobei sich bis zum Abend über dem nördlichen Alpenraum
eine abgeschlossene Hochdruckparzelle (1025 hPa) ausbildet.
Vom Erzgebirge bis zu den Alpen gibt es anfangs noch leichte Niederschläge, wohl
bis in die Niederungen meist als Schnee, die mit zunehmenden Hochdruckeinfluss
am Nachmittag abklingen. Selbst in Staulagen reicht es kaum noch für
nennenswerten Neuschneezuwachs.
Sonst scheint auch mal längere Zeit die Sonne, vor allem nordöstlich der Elbe,
wo in der nordwestlichen Strömung noch immer Skandinavienföhn wirksam ist, bevor
der Wind zum Nachmittag in tiefen Schichten zunehmend beginnt rückzudrehen. Im
Nordwesten ziehen mit zunehmender WLA allerdings bald wieder dichtere Wolken
auf, eventuell fällt im Nordseeumfeld und Richtung Eifel später auch etwas Regen
bzw. Nieselregen.
Im Einflussbereich der eingeflossenen maritimen Polarluft (-5 bis -9 Grad in 850
hPa) bleibt es recht frisch, die Höchstwerte liegen meist zwischen 1 und 6 Grad,
im höheren Bergland gibt es leichten Dauerfrost.
In der Nacht zum Freitag schwenkt der Höhenrücken über das Vorhersagegebiet
hinweg ostwärts und die Westhälfte des Landes gerät bereits wieder auf die
Vorderseite eines vom Ostatlantik auf die Britischen Inseln übergreifenden
Höhentroges. Das korrespondierende Bodentief befindet sich knapp westlich von
Island und wies am Donnerstag tagsüber bzw. in der Vornacht einen durchaus
beeindruckenden Kerndruck von unter 940 hPa auf. Inzwischen hat es sich etwas
aufgefüllt und dessen okkludiertes Frontensystem greift von den Britischen
Inseln auf die Nordsee, später auch auf den Westen Deutschlands über. Das
Hochdruckgebiet über Süddeutschland wird bis
Freitagfrüh nach Ungarn abgedrängt und von Westen her setzt deutlicher Druckfall
ein. Im Vorfeld zur Okklusion frischt der auf Süd bis Südwest zurückdrehende
Wind somit im Westen und Nordwesten des Landes auf. An der Nordsee und in den
Hochlagen des Harzes gibt es im Laufe der Nacht zunehmend Sturmböen. Auch einige
windanfällige Leelagen der westlichen Mittelgebirge können mit einzelnen
Windböen Bft 7 anspringen.
Nun zur Niederschlagsphase: Durch die hochreichende Sättigung unter 0 Grad
starten die Niederschläge gemäß Top Down Methode zunächst mal als Schnee. Die
große Frage: Inwiefern sind präfrontal noch Auflockerungen vorhanden und es kann
entsprechend bodennah noch auskühlen. Es wird wohl – wie so oft – im
Ruhrgebiet, Münsterland bis nach Ostfriesland allenfalls die nasskalte Matsch-
oder durchweg Regenvariante sein, wohingegen die Chancen für eine
Neuschneeauflage im in den westlichen Mittelgebirgen ab etwa 400 Meter durchaus
gut stehen. Mehr als 1 bis 5 l/qm respektive Zentimeter im Bergland sind aber eh
nicht zu erwarten. Durchweg leichter Frost tritt wohl erst östlich von Hamburg,
Hannover und Köln auf, wobei es mit Bewölkungszunahme und Windauffrischung in
den Frühstunden aus Westen eher wieder milder wird.
Im Osten und Süden bleibt es gering bewölkt und vor allem in Gewässernähe kann
sich bei nur schwacher Luftbewegung Nebel bilden. Südlich der Donau ist dazu
mäßiger Frost, über Schnee an den Alpen teils auch strenger Frost möglich.
Freitag … kommt der Trog unter Verkürzung seiner Wellenlänge nur noch sehr
langsam ostwärts voran und zwischen den Rücken über der Biskaya und Südosteuropa
zunehmend in die Mangel genommen. Wir verbleiben auf dessen Vorderseite, wobei
der Anteil der höhenkältesten Luft im tagesverlauf zunehmend den Westen erfasst
mit T500 unter -30 Grad. Das vorgelagerte Frontensystem besitzt dadurch kaum
noch Schubkomponente, neigt zur Wellenbildung und kommt ebenfalls nur noch sehr
langsam ostwärts voran. Bis zum Abend erreicht es in etwa eine Linie Vorpommern,
Oberfranken, Bodensee. Von der Lausitz bis zu den Alpen bleibt es somit noch
weitgehend trocken und auch teils länger freundlich mit Sonnenschein.
In der erwärmten Subpolarluft wird die Warmluftschliere der Okklusion in der
Höhe zunehmend getilgt, am Boden reicht es im Flachland vielerorts nur für Regen
oder Schneeregen – mehr gibt die erwärmte Meereskaltluft mit T850 um die -5 Grad
bei vergleichsweise guter Durchmischung nicht her. Oberhalb etwa 400 Meter fällt
meist Schnee, der sich vor allem oberhalb 600 m auf wenige Zentimeter
akkumulieren kann. In den Kammalgen der westlichen und südwestlichen
Mittelgebirge kann man somit durchaus mal wieder von brauchbarem Winterwetter
sprechen. Dass dies angesichts Jahreszeit in der ersten Januarwoche überhaupt
Erwähnung findet, ist traurig genug.
Postfrontal gehen die Niederschläge in Schauer über, wobei westlich des Rheins,
entlang der Ems sowie in Nordseenähe vereinzelt auch ein kurzes Gewitter mit
Graupel möglich ist. Der Gradient geht postfrontal rasch in die Knie, so dass am
Nachmittag an der See nur noch wenige Böen Bft 7 auftreten. An den Höchstwerten
tut sich wenig.
Modellvergleich und -einschätzung
Im Wesentlichen lassen sich modellübergreifend kaum nennenswerte Unterschiede
feststellen.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen