SXEU31 DWAV 311800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 31.12.2021 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Zufuhr sehr milder Atlantikluft.
WIND:
Zunächst an der Nordsee und im höheren Bergland stürmische Böen 8 Bft, in
Gipfellagen Sturmböen (9 Bft). Auf dem Brocken schwere Sturm- bis orkanartige
Böen (10/11 Bft). In der Nacht zum Samstag abflauender Wind. Anfangs in Kamm-
und Gipfellagen noch Sturmböen 8-9 Bft.

Am Samstag (Neujahr) nur auf dem Brocken anfangs Sturmböen 8-9 Bft. Danach erst
wieder in der Nacht zum Sonntag in den Kamm- und Gipfellagen der zentralen und
nördlichen Mittelgebirge Böen 8-9 Bft, auf dem Brockenplateau bis 10 Bft aus Süd
bis Südwest.

Am Sonntag in Kamm- und Gipfellagen Böen 8-9 Bft, auf dem Brocken 10 Bft aus
Südwest. In der Nacht zum Montag im Westen und Südwesten aufkommend bis in tiefe
Lagen Böen 8 Bft, vereinzelt 9 Bft. Bis Montagfrüh auf den Nordwesten und die
Mitte übergreifend. In Gipfellagen (schwere) Sturmböen 9-10 Bft oder Orkanböen
11 bis 12 Bft. Darüber hinaus einzelne Gewitter, zumindest mit Sturmböen 9 Bft
nicht ausgeschlossen.

Am Montag anfangs in der Mitte und bis gegen Mittag im Nordosten noch bis in
tiefe Lagen stürmische Böen 8 Bft, in Gipfellagen der nördlichen und östlichen
Mittelgebirge (schwere) Sturmböen 9/10 Bft. Sonst auf exponierten Gipfeln
Sturmböen 8/9 Bft. Wind bis zum Abend abflauend. Dann nur in wenigen exponierten
Gipfellagen Sturmböen Bft 8/9.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC

Aktuell … liegt Deutschland an der Nordostflanke eines breiten Höhenkeils, der
sich in die Nordsee verlagert und, gestützt durch bis in Richtung Island
ausgreifende kräftige Warmluftadvektion, nach Norden ausweitet. Dieser Keil wird
durch einen Langwellentrog über Osteuropa flankiert, so dass sich eine
nordwestliche Strömung ergibt. In dieser läuft ein schwacher Kurzwellentrog nach
Südosten ab. Diesem Trog ist eine flache Welle vorgelagert, die von diesem Trog
überlaufen wird und daher keine Chance hat, sich zu intensivieren. Vorderseitig
ist eine schwache Kaltfront zu finden, die zunächst im Norden und später im
Nordosten ein paar (meist weniger als 5) Millimeter Niederschlag bringt. Bedingt
durch die Lage der Frontalzone, wenngleich auch an deren warmen Rand, ist der
Gradient recht kräftig, wird aber zusehends auseinandergezogen, so dass im
Binnenland kaum noch Windböen auftreten. An der Nordsee gibt es teils stürmische
Böen, auf höheren Berggipfeln Sturm- und schwere Sturmböen (Brocken orkanartige
Böen).
In der Nacht zum Samstag wölbt sich, gestützt durch den sich nähernden
Höhenkeil, ein Bodenhochkeil auf, der vom Alpenraum bis in die Norwegische See
reicht und Anschluss zu dem über Grönland liegenden Hoch findet. Dies lässt den
Gradienten weiter auffächern, so dass der Wind abflaut. Im Westen treten in der
zweiten Nachthälfte keine warnrelevanten Böen mehr auf. In höheren Berglagen
muss nach wie vor mit Sturmböen Bft 8/9 (Brocken Bft 10/11) gerechnet werden.
Mit der Passage der Kaltfront (oder was davon übrigbleibt) frischt im Osten der
Wind in der zweiten Nachthälfte noch einmal auf und wird in der Lausitz sowie im
Erzgebirgsraum mit Böen bis Bft 7 warnrelevant. Möglicherweise macht sich dort
ein leichter Leitplankeneffekt bemerkbar.
Im Südwesten und im Süden kommt die Luftmasse weitgehend zur Ruhe. Dort können
sich flache Nebelfelder bilden. Es bleibt durchweg frostfrei.

Samstag … (Neujahr) greift der o.g. Keil auf Deutschland über. Mit diesem
überquert der korrespondierende Bodenhochkeil das Vorhersagegebiet, so dass
dessen Achse am Abend bereits über Westpolen liegt und zu den Lofoten gerichtet
ist. In dessen Bereich wird der Gradient weiter auseinandergezogen, so dass
allenfalls auf dem Brocken und anfangs vielleicht auch noch auf dem Fichtelberg
warnrelevante Böen vorstellbar sind.
In der nachfolgend aufkommenden und zunächst schwachen südwestlichen Strömung
streift eine schwache Warmfront ohne nennenswerte Niederschläge, aber mit meist
mehrschichtiger Bewölkung, den Norden und Nordosten Deutschlands. Etwas mehr
Gradient kommt im Westen gegen Abend auf, so dass es an den Nordrändern der
westlichen Mittelgebirge dann vielleicht wieder für erste Windböen reichen kann.

Größere Auflockerungen sind auf den Süden und dort vor allem auf die Gebiete in
Alpennähe beschränkt. In den mittleren Landesteilen reicht es nur für wenige
Wolkenlücken. Weiter nach Norden hin hält schwache Warmluftadvektion die
Bewölkung weitgehend geschlossen. Dennoch startet das neue Jahr mit
Höchsttemperaturen zwischen 10 und 15 Grad und um 8 Grad an der See, im Bergland
und in Teilen Niederbayerns sehr mild.

In der Nacht zum Sonntag verabschiedet sich der Höhenkeil nebst
korrespondierendem Bodenkeil nach Osteuropa, so dass sich bis über die Oder und
Neiße hinweg eine west-südwestliche Strömung durchsetzt. Eine darin eingelagerte
Kaltfront greift schleifend auf den Nordwesten und den äußersten Norden
Deutschlands über, wobei in Nordseenähe bis 10 mm Regen möglich sind. Weiter
landeinwärts reicht es hingegen nur für wenige Millimeter.
Ansonsten hält sich noch antizyklonaler Einfluss, wenngleich sich bis in die
mittleren Landesteile hinein eine Gradientzunahme bemerkbar macht. Auf höheren
Berggipfeln der nördlichen und zentralen Mittelgebirge können dann wieder
Sturmböen Bft 8/9 (Brocken Bft 10) aufkommen.
Südlich der Mittelgebirge bleibt der Gradient schwach, so dass dort erneut mit
der Bildung von Nebelfeldern zu rechnen ist. Wie bereits in den Nächten zuvor
bleibt es überall frostfrei.

Sonntag … nähert sich ein in die west-südwestliche Strömung eingelagerter
flacher Trog. Dies lässt die Kaltfront schleifend und unter Wellenbildung
allmählich bis in die (nördliche) Mitte ausgreifen. Da der Trog wie auch die
Kaltfront von schwacher Kaltluftadvektion überlaufen werden, halten sich die
frontalen Niederschläge in Grenzen. Mehr als 10 mm sollten selbst in Staulagen
nicht zusammenkommen.
Präfrontal erfolgt in der zweiten Tageshälfte ein Einschub labiler Luft
subtropischen Ursprungs. Mit Annäherung des Kurzwellentroges wird es in der
mittleren Troposphäre kälter, nicht bzw. unwesentlich aber in den bodennahen
Schichten. Die Scherung (sowohl niedertroposphärisch als auch hochreichend)
nimmt signifikant zu, der Westen gelangt an den linken Ausgang des Jets, etwas
Hebung kommt durch positive Vorticityadvektion zustande, was durch den sich
nähernden Kurzwellentrog bedingt ist. Demzufolge dürften zum Abend hin auf den
Westen und Nordwesten Deutschlands kurze Gewitter übergreifen. Dank eines
Oberwindes, der im 850 hPa-Niveau 45 kt erreicht, können diese Gewitter mit Böen
bis Sturmstärke einhergehen. Ohnehin gilt es, zu monitoren, ob möglicherweise
sogar organisiertere Entwicklungen auftreten. Aber auch ohne konvektive
Komponente macht sich die Gradientzunahme in Form eines auffrischenden Windes
bemerkbar. In tieferen Lagen reicht es wahrscheinlich noch nicht für
warnrelevante Böen, in Kamm- und Gipfellagen werden dann Sturmböen Bft 8/9
(Brocken darüber) wieder wahrscheinlicher als bisher.
Wie bereits am Vortag sind Auflockerungen auf die südwestlichen und südlichen
Landesteile beschränkt. Gegenüber den Vortagen erfolgt keine wesentliche
Temperaturänderung.

In der Nacht zum Montag überquert der Kurzwellentrog, der eine nahezu senkrechte
Achse aufweist, weitgehend das Vorhersagegebiet und erreicht bis Montagfrüh die
polnische Grenze. Mit diesem Trog erfolgt eine weitere Gradientverschärfung,
wodurch im Westen bis in tiefe Lagen stürmische und auch einzelne Sturmböen bis
Bft 9 zustande kommen können. Bis Montagfrüh erfasst das Starkwindfeld mit Böen
Bft 8, vereinzelt Bft 9 auch die nördliche Mitte und die östlichen Landesteile.
In höheren Berglagen muss dann mit schweren Sturmböen gerechnet werden,
exponiert sich auch orkanartige Böen nicht auszuschließen. Sollten sich
konvektive Entwicklungen, die bis hin zu kurzen Gewittern reichen können, auch
in diese Gebiete vorarbeiten, sind bis in tiefe Lagen schwere Sturmböen
vorstellbar. Aufgrund der nach wie vor günstigen Voraussetzungen (Labilität,
Scherung, Hebung) und des Oberwindes, der auf die Mitte und später auch auf den
Osten übergreifend im 850 hPa-Niveau 50 bis 60 kt erreicht, sind die
Voraussetzungen für schwere Sturmböen durchaus gegeben.
Relativ entspannt stellt sich die Windlage dagegen ganz im Norden dar. Dort wird
bei Trogpassage der Gradient auseinandergezogen. Erst in der zweiten Nachthälfte
kommen von der Nordsee her wieder Windböen, unmittelbar an der Küste gegen
Morgen auch stürmische Böen auf. Hierbei bestehen aber noch Unsicherheiten
(siehe weiter unten).
Aber auch im Süden sind warnrelevante Böen auf mittlere (Bft 7) und höhere
Berglagen (Sturmböen Bft 8/9) beschränkt. In exponierten Gipfellagen der
süddeutschen Mittelgebirge können Sturm- und schwere Sturmböen bis Bft 10 nicht
ausgeschlossen werden.
Nicht unerwähnt soll das Niederschlagsgeschehen bleiben. Durch den Trog wird die
nach wie vor schleifende Front aktiviert, so dass im Norden und bis in die
nördliche Mitte hinein großflächig 5 bis 10, vereinzelt um 15 mm Niederschlag
innerhalb von 12 Stunden zu erwarten sind. Südlich daran anschließend sind die
Niederschläge konvektiv geprägt, aber auch hierdurch sind, wenngleich
kleinräumig und in wesentlich kürzerer Zeit, mehr als 10 mm Niederschlag
möglich. Lediglich in Donaunähe und weiter südlich reicht es nur für wenige
Millimeter Regen.
Wie bereits in den Nächten zuvor bleibt es durchweg frostfrei.

Montag … entspannt sich, was die stärksten Böen betrifft, unter einer relativ
glatten west- bis leicht nordwestlichen Strömung die Lage wieder. Das geht
zögernd vonstatten, der Gradient beginnt nur allmählich aufzuweichen. Bis um die
Mittagszeit sind im Norden und in der Mitte Deutschlands bis in tiefe Lagen
Windböen, an der Küste sowie im Bergland und zusätzlich in den Leegebieten der
Mittelgebirge stürmische Böen zu erwarten. In den Kamm- und Gipfellagen treten
Sturm- und exponiert noch schwere Sturmböen auf. Im Süden sind dagegen bis
Mittag warnrelevante Böen auf das Bergland (auf Gipfeln ebenfalls Sturmböen Bft
8/9) beschränkt. Bis zum Abend setzt von Westen und Süden her eine leichte
Stabilisierung ein, was für eine Abnahme der Böigkeit des Windes bereits
hinreichend ist. Windböen treten dann im Binnenland kaum noch auf, Sturmböen Bft
8/9 sind auf Kamm- und höhere Gipfellagen beschränkt. An der Nordsee sind noch
Wind- und stürmische Böen möglich, an der Ostseeküste reicht es hingegen kaum
noch für Windböen.
Der Kurzwellentrog ist längst über Osteuropa angelangt, im Norden und in der
Mitte hält sich noch labil geschichtete Kaltluft, die im 500 hPa-Niveau immerhin
Temperaturen um -30 Grad aufweist, wogegen in 850 hPa knapp unter 0 Grad zu
erwarten sind. Was fehlt, ist Hebung. Die Dynamik lässt hier jegliche Antriebe
vermissen. Im Bodendruckfeld zeichnet sich sogar eine leichte Antizyklonalität
ab. Somit können sich allenfalls über den Mittelgebirgen bzw. durch deren
Anströmung einzelne kurze Gewitter entwickeln. Kräftige Schauer, immerhin mit
Niederschlagssummen um 10 mm, dürften dagegen jedoch relativ verbreitet
auftreten. Die Gefahr von Böen bis Sturmstärke in Verbindung mit Schauern und
kurzen Gewittern wird jedoch im Tagesverlauf dank des nachlassenden Oberwindes
zusehends geringer.
Für ein paar Auflockerungen reicht es lediglich im Süden Deutschlands sowie in
den Leegebieten der Mittelgebirge. Ansonsten hält sich rasch wechselnde bis
starke Bewölkung. Mit Temperaturmaxima zwischen 8 und 14 Grad bleibt es noch für
die Jahreszeit sehr mild.

Modellvergleich und -einschätzung

Bis einschließlich Sonntagabend stützen die verfügbaren Modelle die oben
beschriebene Entwicklung. Bis dahin lassen sich keine prognoserelevanten
unterschiede ableiten.
Der in der nahezu westlichen Strömung in der Nacht zum Montag übergreifende Trog
wird unterschiedlich simuliert. Bei GFS und LFPW lässt sich dieser Trog kaum
finden, auch bei EZMW ist dieser etwas schwächer ausgeprägt als bei ICON, setzt
aber weiter nördlich an. Signifikante Unterschiede bzgl. dieses Troges
(Phasenlage, Intensität) lassen sich auch von Modelllauf zu Modelllauf finden.
Somit ist es noch relativ unsicher, wann und wo das Windmaximum zu erwarten ist.
Eine Konsens-Vorhersage würde ergeben, dass im Süden Deutschlands in tieferen
Lagen Sturmböen Bft 8/9 relativ unwahrscheinlich sind. Demnach wird nach den
aktuelleren Modellläufen das Auffächern des Gradienten am Montag eher verzögert
gezeigt als dies bei weiter zurückliegenden Simulationen noch der Fall war.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann