S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 29.11.2021 um 10.30 UTC

Nasskalt und unbeständig, zeitweise windig. In höheren Lagen (>400-600 m)
winterlich, in den Alpen viel Schnee.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 06.12.2021

Die Mittelfrist startet am Donnerstag mit der Passage eines Langwellentroges,
der ausgehend von einem Höhentief über dem mittleren Skandinavien bis nach
Algerien reicht. Vorderseitig schwenkt ein scharfer Kurzwellentrog über die
Ostsee zum Baltikum. Er stützt ein Sturmtief, das in den Frühstunden mit einem
Kerndruck von rund 975 hPa noch über der westlichen Ostsee liegt, aufgrund der
senkrechten Achsenneigung aber bereits in einer Abschwächung begriffen ist.
Rückseitig fließt mit nordwestlicher Strömung maritime Polarluft ein (T850 auf
-5 bis -8 Grad absinkend). Der Nordosten Deutschlands wird zumindest in der
ersten Tageshälfte noch vom Sturmfeld des Tiefs erfasst. Zudem kommt es im
Bereich einer zurückgehenden Okklusion noch zu Niederschlägen, die teilweise als
Schnee fallen und Neuschneemengen >5 cm/6 h bringen können. Ansonsten kommt es
in der durch Höhenkaltluft (T500 bis -38 Grad) labilisierenden Polarluft zu
Schauern, eventuell auch zu kurzen Gewittern. In tiefen Lagen fällt Schneeregen
und Graupel, in den Mittelgebirgen ab 500 bis 600 m kann sich bei Dauerfrost
eine dünne Neuschneedecke ausbilden. An den Alpen stellt sich eine leichte
Stausituation ein, sodass bis Freitagvormittag 10-15 cm zusammenkommen können.
In der Nacht zum Freitag konturiert sich die einstellende nordwestliche
Höhenströmung mit Annäherung eines Rückens vor allem nach Südwesten zu leicht
antizyklonal. Damit einher gehen eine Stabilisierung und ein Luftdruckanstieg,
sodass sich ein Keil von Frankreich nach Süddeutschland schieben kann. Damit
beruhigt sich das Wetter etwas, allerdings muss quasi flächendecken mit
leichten, bei Aufklaren mit mäßigem Frost und Glätte gerechnet werden.

Am Freitag schwenkt der Rücken unter deutlichem Konturverlust nach Deutschland,
stützt aber weiterhin einen Hochkeil über Süddeutschland bzw. dem Alpenraum. So
herrscht zunächst ruhiges Wetter mit sonnigen Momenten vor allem an den
Nordosträndern der Mittelgebirge. Im Küstenumfeld bleibt die Schauerneigung
erhalten. Oberhalb von rund 400 m herrscht Dauerfrost.
Abends und in der Nacht zum Samstag wird der Zwischenhocheinfluss bereits wieder
beendet. In der auf Westnordwest rückdrehenden Höhenströmung schwenkt ein neuer
Kurzwellentrog zu uns. Dieser stützt einen Bodentrog nebst eingelagertem
Frontensystem. Zwar ist dieses bereits weitestgehend okkludiert, sodass die
Temperaturen auf 850 hPa zumeist im negativen Bereich verbleiben, allerdings
kann sich mit auffrischendem Südwestwind (Sturmböen an der Nordsee sowie in
Hoch- und Leelagen der Mittelgebirge) milde Luft vor allem in der
Nordwestdeutschen Tiefebene auch am Boden durchsetzen, sodass dort Schneeregen
oder Regen fällt. Ansonsten fallen die von Nordwest nach Südost ausgreifenden
Niederschläge häufig als Schnee, der bei leichtem Frost auch liegen bleibt. Die
Neuschneemengen sind aber wahrscheinlich meist im „gelben“ Bereich, lediglich an
den Alpen gibt es Hinweise auf markante Neuschneemengen (>10 cm/12 h).

Am Samstag zieht der Trog nebst den Regen- und Schneefällen südostwärts ab,
derweil schwenkt ein weiterer, deutlich massiverer Kurzwellentrog von den
Britischen Inseln nach Frankreich. Dazwischen dreht die Höhenströmung weiter auf
Südwest rück, fächert dabei – genauso wie die Bodenströmung – auf. Die dabei
einfließende maritime Mischluft (T850 zwischen 0 und -4 Grad) ist leicht labil
geschichtet, sodass einzelne Regen-, Schneeregen und Graupelschauer, oberhalb
von 400-600 m Schneeschauer zu erwarten sind. Der Dauerfrost zieht sich in Lagen
oberhalb 600 bis 700 m zurück.
In der Nacht zum Sonntag schwenkt der Trog nach Deutschland und weitet sich
gleichzeitig weit nach Süden bis zum zentralen Mittelmeer aus. Im Zuge dessen
verlagert sich auch am Boden eine Tiefdruckzone von der Nordsee nach
Mitteleuropa. Zwar ist die genaue Gestalt des Troges und der Tiefdruckzone noch
unklar, in jedem Fall kommen neue Niederschläge auf, die mit Übergreifen des
Troges und der Höhenkaltluft schauerartigen Charakter annehmen. Da die
einfließende Luft weiterhin eher eine gut durchmischte Mischluft ist (T850 -1
bis -4 Grad), fallen die Niederschläge in tiefen Lagen zumeist in flüssiger
Form, erst ab 400 m ist es winterlich. Markante Neuschneemengen (>10 cm/12 h)
bleiben wohl die Ausnahme, sind am ehesten in Staulagen Alpen nicht
ausgeschlossen. Die Windentwicklung steht und fällt mit der Ausprägung des Tiefs
(s. o.). Sturmböen sind vor allem in Hochlagen wahrscheinlich (Achtung
Schneeverwehungen möglich!), je nach Intensität und Position des Tiefs aber auch
verbreiteter in tiefen Lagen zumindest nicht ausgeschlossen.

Am Sonntag und Montag nistet sich der Trog über Mitteleuropa ein und sorgt in
Deutschland für unbeständiges Schauerwetter. Hinter der ostwärts abziehenden
Tiefdruckzone dreht der Wind allmählich auf nördliche Richtungen, sodass kältere
Luft einfließen kann (T850 auf -4 bis -8 Grad absinkend). Damit sinkt auch die
Schneefallgrenze wieder ab, in der Nacht zum Montag teils bis in tiefe Lagen.
Mal vom Alpenrand abgesehen, wo wiederholt >10 cm/12 h fallen können (im
gesamten Mittelfristzeitraum teils >50 cm!), bleiben die Neuschneemengen aber
gering.

In der erweiterten Mittelfrist verabschiedet sich der Trog nach Osteuropa. Dafür
bringt sich ein Langwellentrog über Westeuropa in Stellung, was für uns nach
kurzen Zwischenhocheinfluss erneut unbeständiges, dann aber deutlich milderes
Wetter und Tauwetter bedeuten würde.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Im Hinblick auf die groben synoptischen Strukturen sind die IFS-Läufe ziemlich
konsistent. Im Detail ergeben sich aber Unterschiede bei Ausprägung und Timing
der übergreifenden Tröge sowie den damit in Verbindung stehenden Zyklogenesen.
Diese schaukeln sich vor allem ab dem Wochenende soweit auf, dass es zu
prognoserelevanten Unterschieden kommt.
Am grundlegenden Wettercharakter bestehen aber keine Zweifel.
Das Sturmtief über Deutschland aus dem gestrigen IFS00Z-Lauf findet sich in den
neuen Läufen nicht mehr, sodass Sturmböen im Zuge von Passagen von Fronten und
Bodentrögen in der Regel auf Hochlagen und die Küste beschränkt bleiben.
Dahingehend ist aber das letzte Wort sicher noch nicht gesprochen. Auch die mit
diesem Tief in Verbindung stehende Glatteissituation im Süden wäre somit vom
Tisch. Die nachfolgende nasskalte bis winterliche Troglage ab dem Wochenende
hält sich in den beiden neusten IFS-Läufen etwas hartnäckiger als im gestrigen
IFS00Z-Lauf.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

ICON rechnet das Übergreifen des Troges am Freitag bereits zügiger (von
Nordwesten einsetzende Regen- und Schneefälle schon ab den Frühstunden). Zudem
ist der Gradient am Bodentrog etwas schärfer, sodass häufiger mit stürmischen
Böen und Sturmböen im Mittelgebirgsraum und im Nordwesten, an der Nordsee auch
mit schwerem Sturm gerechnet werden müsste. GFS simuliert den Höhentrog schärfer
und lässt ein eigenständiges Tief über der Mitte Deutschlands entstehen. Im
Süden und Südwesten wären stürmische Böen bis in tiefere Lage möglich.
Am Wochenende sehen sich ICON und IFS recht ähnlich, wenngleich ICON auch den
nachfolgenden Trog etwas progressiver rechnet, sprich früher übergreifen lässt.
Bei GFS unterscheidet sich das Muster dagegen deutlich von denen der anderen
Modelle. Hier ist der erste Trog der massivere, der zweite der deutlich
kurzwelligere. Dafür soll letzterer zu einer kräftigen Zyklogenese führen. Das
resultierende Sturmtief soll Sonntag nach Dänemark ziehen und vor allem bei
Kaltfrontpassage für verbreitete stürmische Böen sorgen.
Im weiteren Verlauf gleichen sich die Modelle zumindest insofern an, als dass
Deutschland in jeder Berechnung unter Trogeinfluss steht.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen des IFS-EPS sind sowohl hinsichtlich der Temperatur auf 850 hPa
als auch des Geopotenzial auf 500 hPa bis einschließlich Sonntag relativ eng
gebündelt. Am Freitag und Samstag nimmt der Spread vorübergehend etwas zu. Die
vor allem beim Bodenluftdruck verhältnismäßig stark zunehmende
Standardabweichung deutet auf die Unsicherheiten im Hinblick auf die mit den
Trögen in Verbindung stehenden Zyklogenesen hin. Da der deterministische Lauf
aber insgesamt gut in die Ensembleschar eingebettet ist, soll ein Hinweis auf
die Unsicherheiten genügen, ohne das oben beschriebene Szenario generell zu
hinterfragen.
Ab Montag weiten sich die Rauchfahnen dann sukzessive auf. Schon am Dienstag
bewegen sich die Ensembles bei der 850-hPa-Temperatur innerhalb einer von -15
bis 5 Grad Celsius reichenden Range. Die Mehrheit der Member deuten allerdings
ein Anstieg der Temperatur bei gleichzeitig ansteigendem Geopotenzial an,
allerdings mit mal mehr mal weniger starker Verzögerung.

FAZIT:
Der grobe Wetterablauf bis einschließlich des kommenden Wochenendes steht. Es
erwartet uns unbeständiges, von nur kurzem Zwischenhocheinfluss in der Nacht zum
Freitag und am Freitag unterbrochenes, nasskaltes Wetter. Zwar kann es immer
wieder auch mal bis ins Tiefland schneien, inklusive des berühmt berüchtigten
„Stundenmatsches“, so richtig winterlich ist und bleibt es aber nur im Bergland
ab 400 bis 600 m. Die Wintersportgebiete in den Hochlagen der Alpen dürfen sich
derweil auf viel Neuschnee freuen. Dicke Fragezeichen stehen hinter der
Windentwicklung. Noch nicht unbedingt am Donnerstag (Sturm im Nordosten) sehr
wohl aber mit den Bodentrögen/Tiefs, die – wie auch immer geartet – ab
Freitag(-abend) das Wetter in Deutschland beeinflussen. Stand jetzt ist eine
überregionale Sturmlage eher unwahrscheinlich, Sturmböen eher auf Hochlagen und
die Küste beschränkt.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

STURM:
Am Donnerstag in der ersten Tageshälfte im Norden und Nordosten sowie in
Hochlagen der Mittelgebirge Sturmböen, an der Ostsee schwere Sturmböen nicht
ausgeschlossen.
Ab Freitagnachmittag und in der Nacht zum Samstag an der Nordsee und in Hoch-
und Leelagen Sturmböen wahrscheinlich, in tiefen Lagen im Westen und Nordwesten
gering wahrscheinlich.
Am Samstag insgesamt geringe Wahrscheinlichkeit für Sturmböen, bevorzugt aber im
Süden und Südwesten sowie an der Nordsee.

SCHNEE:
Am Donnerstag an den Alpen Neuschneemengen >10 cm/12 h bzw. >15 cm/24 h gering
wahrscheinlich. Im Nordosten Neuschneemengen >5 cm/6 h gering wahrscheinlich.
Am Samstag und Sonntag an den Alpen wiederholt Schneefälle, vor allem in
Staulagen mit Neuschneemengen >10 cm/12 h bzw. >15 cm/24 h wahrscheinlich, noch
höhere Mengen nicht ausgeschlossen. Dort in Hochlagen im gesamten
Mittelfristzeitraum teils >50 cm.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS det.+EPS, MOS-EZ

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser