S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 22.11.2021 um 10.30 UTC

Zunehmende Tiefdruckaktivität mit sinkenden Temperaturen, dabei nasskalt bis
winterlich.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 29.11.2021

Die bereits am gestrigen Sonntag an dieser Stelle verkündete Umstellung der
Wetterlage mit deutlicher Abkühlung und Abkehr vom „Dümpelwetter“ findet sich
auch am heutigen Montag in den neuesten Karten des EZMW für den ab Donnerstag
beginnenden Mittelfristzeitraum wieder. So kann damit weiterhin die
Großwetterlage Hoch Britischen Inseln („HB“) ad acta gelegt werden, dafür
übernehmen zunächst Trog Mitteleuropa („TrM“) und ab dem kommenden Wochenende
dann Nordwest zyklonal („NWz“) die Regie mit deutlich wechselhafterem
Witterungscharakter.

Im Detail nähert sich am Donnerstag das Residuum eines abgetropften Trogs von
der Nordsee her Deutschland an, eine damit verbundene vorgelagerte Kaltfront
eines kleinen Tiefs nahe Dänemark erreicht aber nur den äußersten Norden
Deutschlands. Das abgespaltete Höhentief dagegen findet sich bereits über
Portugal wieder. Über dem westlichen Mittelmeer nahe der Balearen zieht ein
weiteres Höhentief seine Kreise, das nahezu achsensenkrecht darunter mit einem
sich auffüllenden Bodentief verbunden ist. Von diesem Tief wird ein wenig WLA
und Feuchtigkeit in den Süden Deutschlands gebracht. Die Bereiche dazwischen in
Deutschland profitieren noch von der Hochdruckbrücke, die seit einigen Tagen von
einem Hoch über dem Nordostatlantik bis zu einem Hoch über Südosteuropa
existiert.

Am Freitag verschwindet das Trogresiduum rasch in die russischen Weiten und wird
wieder mehr und mehr in den Langwellentrog integriert. An der Ostflanke der
hochreichenden blockierenden Antizyklone über dem Nordostatlantik zieht im Sinne
eines „Downstream Development“ ein weiterer Trog mit eigenem Drehzentrum flott
von Grönland über Island nach Süden zu den Britischen Inseln. Es hat ein
Bodentief im Schlepptau, das abends mit Zentrum etwa über Schottland liegt und
sich von einem Kerndruck von 1005 auf knapp unter 980 hPa verstärkt. Im Westen
und Nordwesten Deutschlands steuert das Tief feuchte Luft ein. Währenddessen
verlagert sich das Höhentief über dem westlichen Mittelmeer nach Italien, wobei
es seine Strukturen allmählich verliert. Das Bodentief füllt sich über
Norditalien dadurch größtenteils auf, gleichzeitig bildet sich im Grenzbereich
von Tschechien und Polen ein neues Tief. Ausläufer dieser beiden
Tiefdruckgebiete überqueren den Südosten Deutschlands. Zwischen dem Schottland-
und dem Mittelmeertief wird von Nordwesten kühle Meeresluft mit T850 hPa von -4
bis -6 Grad nach Deutschland eingeschleust, die die vorübergehend mildere Luft
mit T850 über 0 Grad, die sich bis zum Main ausgebreitet hatte, wieder
verdrängt. Zwischen den beiden Bereichen mit Tiefdruckeinfluss finden sich auch
immer noch letzte Reste des Hochdruckeinflusses.

Am Samstag weitet sich der Trog von den Britischen Inseln nach Frankreich und
ins westliche Mittelmeer aus, das Drehzentrum steuert Benelux an. Das Bodentief
gerät nun in achsensenkrechte Lage zum Höhentief und füllt sich schon wieder
auf. Der Kerndruck steigt dabei auf 995 hPa. Ausläufer des Tiefs greifen auf
Deutschland über. Das andere Tief macht sich derweil über Polen auf den Weg zum
Baltikum und verliert seinen Einfluss auf uns. Es sorgt im Süden aber für einen
leichten Temperaturanstieg auf -3 bis -1 Grad in 850 hPa, im Norden bleibt es
mit -4 bis -6 Grad kühler.

Am Sonntag schwenkt der Trog nach langsam nach Osten durch, das Drehzentrum
liegt abends über der Mitte Deutschlands, das zugehörige Tief verschwindet von
der Bildfläche. Dafür zieht mit einem neuen Trog ein weiteres Tief in die
Nordsee, und über dem zentralen Mittelmeer findet eine Zyklogenese statt.
Dadurch bleibt Deutschland unter Tiefdruckeinfluss und die kalte Luft mit T850
hPa von -4 bis -6 Grad setzt sich auch im Süden wieder durch.

Am Montag verlagert sich der Trog im Nordteil nur langsam nach Osten weiter,
zumal er durch den neuen Randtrog regeneriert wird. Das zugehörige Tief siedelt
von der Nordsee nach Nordostfrankreich um und schwächt sich dabei ab. Der
Südteil des Troges kommt schneller voran und treibt das dortige neue Tief über
Rumänien und Ungarn nach Weißrussland. Folglich dreht die Strömung bei uns auf
Nordost und noch etwas kühlere Luft mit T850 hPa von -5 bis -7 Grad wird zu uns
gelenkt.

In der erweiterten Mittelfrist ab Dienstag nächster Woche zieht der Trog nach
Osten ab, ihm folgt ein flacher Rücken und ebenso schnell ein weiterer Trog über
der Nordsee. Auch dieses hat ein Tief im Schlepptau, das vorübergehend mildere
Luft mit T850 hPa von 0 Grad zu uns führt, die aber hinter der Kaltfront mit
strammer nordwestlicher Strömung rasch wieder auf das alte Niveau abkühlt. Damit
ist dann die Wetterlagenumstellung hin zu NWz endgültig vollzogen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des heutigen 0 UTC-Laufs des EZMW zu seinen beiden gestrigen
Vorläufen ist nur bis zum Freitag gut. Danach setzt der Trog weiter westlich an,
was bereits gestern in den Ensembles mit fast 50 % Wahrscheinlichkeit eine
Option war. Damit verändern sich aber auch die Positionen und Zugrichtungen der
an die Höhendrehzentren gekoppelten Bodentiefs, sodass Niederschlagsgebiete nun
räumlich etwas anders gerechnet werden. In der Folge weichen die Läufe weiterhin
voneinander ab, das grobe Prozedere mit dem Trog wird bei allen 3 Läufen jedoch
beibehalten. Im neuesten Lauf verharrt dieser allerdings länger über
Mitteleuropa als in den Vorläufen. Der gestrige 12 UTC-Lauf brachte außerdem am
Montag ein kräftiges Sturmtief über der Nordsee, wobei es auch in Deutschland
ziemlich windig geworden wäre. Das Temperaturniveau ist bei allen 3 Läufen
jedoch ähnlich.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

ICON und GFS zeigen keine neuen Alternativen auf, auch wenn sich Geometrie und
Stärke des Langwellentrogs etwas unterscheiden. Einen Sturm haben beide Modelle
ebenso nicht im Programm. Des Weiteren bieten weitere Globalmodelle wie das JMA,
GEM und NAVGEM ebenfalls nichts Neues an.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

RAUCHFAHNEN:
Auch heute bestätigen die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles für repräsentativ über
Deutschland verteilte Städte die vom deterministischen Lauf angestrebte
Wetterlage größtenteils. So liegen Haupt- und Kontrolllauf meist im eng
definiertem Median. Wenige Ausreißer öffnen die Streuungen vor allem ab Samstag.
Ab Dienstag kommender Woche fächern Median und Streuungen weiter auf, sodass die
Vorhersagen ab dann nicht mehr durch Ensembles bestätigt werden können. Vor
allem die vorübergehende Milderung und der flache Rücken am Dienstag/Mittwoch
werden infrage gestellt, zeigen sich zum Teil sogar zwei Hauptäste (jeweils
einer auf höheren Niveau, einer auf niedrigerem). Durch zunehmende
Niederschlagssignale ab Samstag wird der zunehmende Tiefdruckeinfluss dagegen
auch in der kommenden Woche bestätigt.

CLUSTER:
Zwischen Freitag und Sonntag werden 4 Cluster ausgegeben. Diese unterscheiden
sich aber wie bei den anderen Modellen nur in der Geometrie und Stärke des
Langwellentrogs, womit keine großartig unterschiedlichen Entwicklungen
aufgezeigt werden.
Zwischen Montag und Mittwoch gibt es sogar nur einen Cluster. Dieser entspricht
natürlich dem deterministischen Lauf, was die Vorhersagegüte im Vergleich zu den
Rauchfahnen wieder erhöht.

FAZIT:
Die Umstellung der Wetterlage hin zu Tiefdruckeinfluss und Abkühlung nimmt ab
Donnerstag seinen Lauf und wird nicht groß infrage gestellt, auch wenn Details
noch festgezurrt werden müssen. In der kommenden Woche stellt sich die Frage
nach Andauer der nasskalten bis winterlichen Witterung, und ob es eine kleine
Pause mit vorübergehend milderer Luft gibt. Ein möglicher Sturm über
Deutschland, wie vom gestrigen 12 UTC-Lauf des EZMW am Montag prognostiziert,
ist eher nicht wahrscheinlich, ziehen doch weder die anderen Modelle noch die
Ensembles mit.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

WIND:
In den Hochlagen der Alpen treten zeitweise stürmische Böen Bft 8 auf.

SCHNEEFALL:
EFI gibt zwar keine Hinweise mehr auf ungewöhnlich viel Schneefall, im EZMW-EPS
sind aber für den Süden zeitweise Wahrscheinlichkeiten bis 40 % für mehr als 5
cm Neuschnee in 12 Stunden bzw. bis 20 % für mehr als 10 cm Neuschnee in 12
Stunden bis ins Tiefland vorhanden, vor allem in Südostbayern am Freitag und am
Alpenrand ab Sonntag.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW, EZMW-EPS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler