S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 21.11.2021 um 10.30 UTC

Abkehr vom derzeit meist ruhigen Herbstwetter hin zu nasskaltem Verhältnissen
mit der Möglichkeit für Schnee bis ins Tiefland.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 28.11.2021

„Da ist Musik drin!“ könnte man beim morgendlichen ersten Blick auf die neuesten
Vorhersagekarten des EZMW vom heutigen Sonntag denken. Musik insofern, dass sich
die Wetterlage deutlich umstellt und das vielerorts herrschende eher ruhige
„Gedümpel“ nun in andere Fahrwasser gelenkt wird. Dabei übernimmt mehr und mehr
ein Trog das Geschehen, der sich bis zum Ende der Mittelfrist über Europa
festsetzt, die aktuell meist vorherrschende Rücken-/Hochdruckkonstellation
verdrängt und die Großwetterlage „Brücke Mitteleuropa“ (BM) in „Trog
Mitteleuropa“ (TrM) oder „Nordwest zyklonal“ (NWz) umformt.

Im Detail ist zum Beginn der Mittelfrist am kommenden Mittwoch vorrangig noch
der Rücken über Mitteleuropa und dem südlichen Skandinavien für uns zuständig,
was am Boden oben besagte Hochdruckbrücke zwischen dem kräftigen, blockierenden
Hoch WALPURGA mit Kern über dem Nordostatlantik und Hoch VALENTINA mit Kern über
Südosteuropa aufrechterhält, sodass wir bei einer weit nördlichen Frontalzone
noch in ruhigen Gewässern schippern. Dabei strömt von Süden bis in die Mitte des
Landes vorübergehend mildere Luft mit T850 hPa von 0 bis 7 Grad ein, während die
im Norden eingeflossene kalte Meeresluft polaren Ursprungs mit T850 hPa von 0
bis -4 Grad nicht ausgeräumt wird.

Am Donnerstag beginnt dann die Umstellung. Der Rücken bzw. die Brücke werden von
zwei Seiten in die Zange genommen. Zum einen von einem über die Nordsee nach
Norddeutschland vorstoßenden Randtrog, der eine Kaltfront eines Tiefs über
Skandinavien von Norden her nach Deutschland bringt. Zum anderen durch ein
Höhentief über dem westlichen Mittelmeer, dessen korrespondierendes Bodentief im
Süden für eine Feuchtigkeitsanreicherung unter etwas zunehmenden zyklonalen
Aspekten sorgt. Damit wird die vorübergehend mildere Luft im Süden wieder nach
Osten abgedrängt, weil die Strömung auf Nordwest dreht. Hinter der Kaltfront im
Norden sinkt die T850 hPa noch ein wenig auf -3 bis -5 Grad.

Am Freitag läuft der erste Randtrog bereits nach Osten ab, von Grönland und
Island stößt aber der nächste Randtrog in die Nordsee vor. Dieser ist kräftiger
als der erste Randtrog und kann als „Downstream developement“ des hochreichenden
und blockierenden Hochs über dem Nordostatlantik angesehen werden. Der neue
Randtrog generiert ein neues Tief über der nördlichen Nordsee. Auf der anderen
Seite zieht das Höhentief über dem westlichen Mittelmeer nach Norditalien, womit
sich das Mittelmeertief zwar abschwächt, am östlichen Alpenkamm über Österreich
jedoch eine Leezyklogenese hervorruft. Zwischen diesen beiden Gebilden setzt
sich die kühle Luft mit T850 hPa von -4 bis -7 Grad bis in den Süden
Deutschlands durch.

Am Samstag weitet sich der Randtrog, der durch einen weiteren Randtrog
Unterstützung erhält, bis nach Benelux, Ostfrankreich und Deutschland aus. Das
Drehzentrum liegt abends über den Niederlanden, das zugehörige Bodentief zieht
von der nördlichen in die südliche Nordsee. Derweil schlägt das Tief über
Österreich einen Weg über Polen nach Norden ein, womit es eine Vb-artige
Struktur auch hinsichtlich seiner Entstehung aufweist. Die Luft bleibt mit -4
bis -7 Grad weiterhin kalt.

Am Sonntag bleibt der Trog über West- und Mitteleuropa erhalten, wobei das
Drehzentrum zur westlichen Ostsee wandert. Das Bodentief zieht damit in den
Nordosten Deutschland, wo es sich aber aufgrund zunehmend achsensenkrechter Lage
zum Höhentief langsam auffüllt. Mit nordwestlicher bis nördlicher Strömung hält
die Zufuhr kalter Luft mit T850 hPa von -4 bis -7 Grad weiter an.

In der erweiterten Mittelfrist ab Montag schwenkt der Trog nach Osteuropa ab.
Von Grönland macht sich aber bald ein neuer Trog auf den Weg in die Nordsee. Er
führt nach kurzem Zwischenhocheinfluss durch einen flachen Rücken die Ausläufer
eines Tiefs über dem Nordmeer nach Deutschland, wobei zunächst mildere mit T850
hPa von 0 bis 4 Grad einfließt. Mit Ankunft der Kaltfront deutet sich dann aber
schon wieder eine Abkühlung an.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Wenn man sich nur die groben Strukturen der Modellfelder des EZMW anschaut, kann
dem heutigen 0 UTC-Lauf eine gute Konsistenz im Vergleich zum gestrigen 0
UTC-Lauf bescheinigt werden. In den Details gibt es jedoch Unterschiede, wie
beispielsweise ein schneller nach Deutschland vorankommender Randtrog bzw.
Kaltfront am Donnerstag oder die genaue Lage und Zugbahn des Nordseetiefs ab
Samstag. Der gestrige 12 UTC-Lauf ist dagegen ab Freitag nur noch bedingt
konsistent im Vergleich zu den 0 UTC-Läufen. Es brachte ein Höhentief über
Frankreich ins Spiel (im gestrigen 0 UTC-Lauf lag das über der Biskaya, im neuen
0 UTC-Lauf fehlt es), das im weiteren Verlauf über Deutschland hinweg nach Osten
gezogen wäre und andere Niederschlagsverteilungen bedeutet hätte. Nachfolgend
nimmt die Konsistenz allerdings wieder zu. Die Wetterumstellung hin zu
zyklonalen Verhältnissen simulieren alle drei Läufe, auch das Temperaturniveau
sieht sehr ähnlich aus.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

GFS und GEM zeigen im Vergleich zum EZMW keine neuen Entwicklungen auf.
ICON setzt den Trog ab Freitag weiter westlich an und amplifiziert ihn stärker
nach Süden, womit sich das Nordseetief über dem Ärmelkanal in den Süden
Frankreichs verlagert. Nachfolgend bewegt sich der Trog nach Mitteleuropa und
zum zentralen Mittelmeer, weist damit aber einen Zeitverzug gegenüber dem EZMW
auf. JMA und NAVGEM bieten eine dem ICON sehr ähnliche Lösung an.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

RAUCHFAHNEN:
Die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles für repräsentativ über Deutschland verteilte
Städte bestätigen die vom deterministischen Lauf angestrebte Wetterlage
größtenteils. So finden sich Haupt- und Kontrolllauf meist im engen Median
wieder, vor allem beim Geopot 500 hPa ist der Spread auch sehr klein. Bei den
T850 hPa-Kurven nimmt der Spread am Mittwoch und Donnerstag vor allem in Städten
in der Mitte Deutschlands vorübergehend zu, sodass das Vorankommen der
vorübergehend milderen Luft noch Fragezeichen aufwirft. Allgemein öffnen sich
die Spreads dann ab Samstag, wobei sich der Großteil der Member nahe oder im
Median befinden. Am Dienstag kommender Woche (erweiterte Mittelfrist) wandern
Haupt- und Kontrolllauf an den oberen Rand der Streuungen, weshalb die Milderung
und der Durchgang des Rückens keineswegs sicher sind. Die zunehmenden
Niederschlagssignale ab Freitag bestätigen die zunehmende Zyklonalität.

CLUSTER:
Von Donnerstag bis Samstag werden zwei Cluster analysiert. C1 mit 27 Mitgliedern
setzt den Trog ähnlich wie ICON, JMA und NAVGEM westlicher an, C2 mit 24
Mitgliedern, Haupt- und Kontrolllauf entspricht der deterministischen Lösung.
Von Sonntag bis Dienstag gibt es ebenfalls nur zwei Cluster. Diesmal ist C1 mit
26 Mitgliedern und dem Kontrolllauf obiger Lösung ähnlich, C2 mit 25 Mitglieder
dagegen lässt den Trog nach Osten durchschwenken und den Rücken zu uns
hereinkommen.

FAZIT:
Die Umstellung der Wetterlage von ruhigen „Dümpelwetter“ zu tiefdruckgeprägtem
Wetter mit sinkenden Temperaturen ist unstrittig, auch wenn die genauen Details
vor allem hinsichtlich der Niederschlagsverteilungen noch unsicher sind. Bei den
zu erwartenden T850 hPa von -4 bis -7 Grad fallen Niederschläge im Bergland
meist als Schnee, während es in den Niederungen vorwiegend zu nasskalten
Bedingungen kommt. Einige Modelle rechnen aber sogar mit dem ersten
liegenbleibenden Schnee bis ins Tiefland, vor allem in Süddeutschland.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

WIND:
Von Donnerstag bis Samstag in den Hochlagen der Alpen einzelne stürmische Böen
aus Süd bis West.

SCHNEEFALL:
EFI zeigt am Freitag im Südosten Bayerns und am Samstag im Südwesten
(insbesondere im höheren Schwarzwald) zwar nur Werte um 0.3 für ungewöhnlich
starke Schneefälle an, SOT als Parameter für extrem ungewöhnliche Ereignisse
reagiert aber auch. Im Ensemble gibt es allerdings nur Wahrscheinlichkeiten bis
40 % für mehr als 5 cm Neuschnee in 12 Stunden, für mehr als 10 cm in 12 Stunden
liegen sie sogar nur bei maximal 10 %.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW, EZMW

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler