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SXEU31 DWAV 191800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 19.11.2021 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
Im Norden lebhafter Wind, im Süden unter Hochdruckeinfluss ruhiges Herbstwetter,
dabei lokal Frost und Nebel. Am Sonntag von Nordwesten her Übergreifen einer
Kaltfront, die bis zum Abend bis etwa zur Donau vorankommt.
Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
Aktuell … wölbt sich über Deutschland in 500 hPa ein breiter Höhenrücken auf,
wobei der Bereich des höchsten Geopotentials in der Nacht vom Burgund zu den
Seealpen zieht. Dabei ist insgesamt nicht nur sinkendes Geopotential zu
beobachten, zusätzlich wird der Geopotentialgradient auch etwas
auseinandergezogen. Im Bodendruckfeld ist eine Hochdruckzone auszumachen, deren
Divergenzachse vom Nordatlantik über die Keltische See bis zu den Alpen
orientiert ist. Da somit der Süden und Südwesten im Bereich dieser Hochdruckzone
liegt, herrscht dort ruhiges Herbstwetter vor, wobei lokal Nebel wieder ein
Thema werden könnte, wenn er (oder Hochnebel) nicht aus dem Tag heraus ohnehin
schon im Focus stehen. Dabei stellt sich für die Nacht insbesondere die Frage,
inwieweit – und vor allem auch wie schnell – die aufgelockerte Zone, die sich am
Tage vom Schwarzwald bis nach Niederbayern erstreckt hat, in der Nacht von den
weiter nördlich liegenden Wolken wieder zugeschoben werden kann. Dieses
„Zuschieben“ bilden z.B. ICON (vom globalen Scale bis hinunter zur
D2-Auflösung), aber auch EZMW oder EURO4 ab. Laut dieser Modelle bleibt zum
Morgen nur ein schmaler Streifen unmittelbar an den Alpen wolkenfrei. Das
polnische Modell dagegen prognostiziert auch größere Gebiete im Unterallgäu,
eventuell sogar noch etwas weiter nördlich als aufgelockert oder klar, noch
weniger Wolken simuliert GFS. Bei letzterem Modell liegt dies auch daran, dass
sich die Hochdruckzone über Nordfrankreich abschnüren soll, was zu einem
eigenständigen Hoch mit Schwerpunkt vom Elsass bis nach Niederbayern und damit
auch einer niedertroposphärischen Winddrehung auf West führen würde.
Entsprechend zeigt insbesondere das polnische Modell auch im Allgäu und in den
Hochlagen des südlichen Baden-Württembergs leichten Frost, den ganz dezent,
trotz der sich schließenden Wolkendecke, auch ICON-D2 andeutet. Man wird sehen,
wie die Nacht dort im Detail verläuft. Nach Norden zu herrscht dagegen dichte
Bewölkung vor. Geschuldet ist dies der nördlich von uns liegenden Frontalzone
mit eingelagerten, wellenden Frontenzügen, die allerdings nicht oder kaum auf
den Norden Deutschlands übergreifen. Was allerdings übergreift (bzw. schon
übergegriffen hat) ist die dichte Bewölkung – und der lebhafte Wind. Auf der
Südflanke des zu den Frontensystemen gehörenden Tiefkomplexes über Skandinavien
ist der Druckgradient schärfer als im Süden. Im Laufe der Nacht zieht der
Gradient dort aber etwas auf, darüber hinaus nimmt auch die Bodenströmung eine
leicht antizyklonale Kontur an, so dass Ausgangs der Nacht warnwürdige Böen auf
exponierte Lagen der Ostseeküste beschränkt sein sollten. Da der Wind im
Nordosten aber nicht gänzlich einschläft, bleibt es bis zum Morgen bei gut
durchmischten Bedingungen in der unteren Troposphäre. Das bedingt dann auch
Temperaturminima, die mit bis zu 12 Grad knapp im zweistelligen Bereich liegen.
Samstag … sinkt im 500-hPa-Niveau das Geopotential über Deutschland etwas, der
Rücken bleibt in seiner Struktur aber noch erhalten – er wind nur zögerlich nach
Süden gedrückt. Das Augenmerk muss nunmehr auch auf einen Trog gerichtet werden,
der im Tagesverlauf von Island kommend bis in die nördliche Nordsee wandert. Auf
seiner Vorderseite und damit auf der Nordflanke des Rückens bleibt die
Höhenströmung eine moderat antizyklonal gekrümmte westliche, was auch für den
Süden gilt, dort allerding bei deutlich geringerer Isohypsendrängung. Da der
Trog eine deutlich positive Neigung aufweist, ist seine Achse nach Südwesten
gerichtet. Dies ist auch die Orientierung der zugehörigen Kaltfront, die in der
Nacht zum Sonntag (im Nordwesten) und am Sonntag das Wettergeschehen dominiert
und für das einfließen einer deutlich kühleren Luftmasse sorgt. Doch bis dahin
bleiben alle Frontensysteme zurückhaltend und greifen nicht auf Deutschland
über, sie nähern sich allenfalls ein bisschen. Berichtenswertes aus dem Norden
gibt es aber dennoch. Denn der flache, von großer Wellenlänge und flauer
Amplitude geprägte Bodenkeil schiebt sich nach Osten. Auf seiner Rückseite dreht
die Bodenströmung von West-Nordwest wieder mehr auf West, vor allem aber frischt
der Wind durch den wieder zunehmenden Gradienten auf. In der Folge können an den
Küsten wieder Böen Bft 7, exponiert auch Böen Bft 8 auftreten. Ein nennenswertes
Ausgreifen der warnwürdigen Böen ab Bft 7 ins Binnenland steht laut der gängigen
Modelle nicht auf der Agenda (wenn man vom Brocken mit seinen Böen Bft 8
absieht). Aber in der Norddeutschen Tiefebene weht der Wind fast überall mäßig
oder frisch. Dazu fallen aus der vorherrschenden dichten, mehrschichtigen
Bewölkung ein paar Tropfen Nieselregen. Kräftigerem Regen steht eine zumeist im
Niveau von etwa 850 hPa zu findende Inversion im Wege, die letztendlich dem
leichten Absinken durch die antizyklonale Höhenströmung geschuldet ist. Im Süden
bleibt es dagegen trocken, und es darf wieder Nebel- bzw. Hochnebellotto
gespielt werden. Die Inversion in der Südhälfte liegt um etwa 900 hPa,
plus/minus 50 hPa, und das bedeutet, dass Hoch- und Gipfellagen, mitunter aber
auch mittlere Lagen oberhalb der Inversion in der Sonne strahlen dürften.
Schlechte Karten hat man dagegen in den Tälern, aber auch dort bestehen
„Restchancen“ auf Sonne. Letztere schätzt GFS besonders optimistisch ein, da
dieses Modell den gesamten Süden und die Mitte freihält von jedweder tiefer
Bewölkung – eine sehr gewagte Prognose. Weitgehend „dicht“ präsentiert sich
EURO4, ICON sieht die größten Chancen auf etwas Sonne zwischen Niederbayern und
der Eifel, EZMW dagegen zwischen Niederbayern und dem Erzgebirge bzw. dem
Thüringer Wald. Eventuell kann es auch im Nordseeküstenumfeld im Tagesverlauf
mal Auflockerungen geben. Es gilt aber vor allem in tieferen Lagen, sich keine
allzu großen Hoffnungen auf Sonne zu machen. Dabei stehen In der Nordhälfte fast
durchweg zweistellige Temperaturmaxima bis 13 Grad auf der Karte, weiter südlich
5 bei 10 Grad, bei zähem Nebel lokal auch etwas darunter.
In der Nacht zum Sonntag kommt der wie oben schon erwähnt stark positiv geneigte
Höhentrog unter Verkürzung seiner Wellenlänge und Anwachsen der Amplitude weiter
nach Süden voran. Derweil zieht das mit dem Trog im Bodendruckfeld
korrespondierende Wellentief via Südschweden in Richtung Gotland. Die
zugehörige, laut der Pseudoreflektivitäten von ICON-D2 recht scharf konturierte
Kaltfront greift mit ihrem frontalen Regenband etwa um Mitternacht auf die
Nordseeküste und das nördliche Schleswig-Holstein über, später dann auch auf das
nord- und nordwestdeutsche Binnenland. Die 6-stündigen Mengen liegen bis zum
Morgen dabei meist um 2 l/m². Postfrontal dreht der Wind auf Nordwest, und
insbesondere in der zweiten Nachthälfte nimmt der Wind an der See vorübergehend
ab. In der Mitte und im Süden fällt der Druck weiter, was ein Anheben der
Hochnebeldecke und gerade im Mittelgebirgsraum Nieselregen zur Folge hat.
Insbesondere EZMW und EURO4 deuten dies mit einem zweiten, parallel zur Front
orientierten und dieser vorauslaufenden Regenband an. Dort, wo es längere Zeit
klar bleibt, bildet sich Nebel oder Reste vom Tage verdichten sich wieder. Dort,
wo weder Nebel noch Hochnebel zuschlagen, ist mit leichtem Frost zu rechnen.
Sonntag … schwenkt der Trog von Nordwesten her langsam zu uns rein, wobei sich
die Wellenlänge weiter verkürzt und die Amplitude vergrößert. Zum Abend
simuliert ICON über dem Süden Englands schon ein eigenständiges Höhentief. Somit
ist mehr als die Andeutung eines Cut-Offs gegeben. Bis dahin zieht das
Wellentief via Belarus nach Westrussland, und die zugehörige Kaltfront macht
Boden nach Süden hin gut. Dabei überquert sie mit dem zugehörigen, meist
leichten Regen ganz gemütlich den zentralen Mittelgebirgsraum und erreicht bis
zum Abend den Norden Bayerns und Baden-Württembergs. Weiter südlich bleibt es
noch trocken und nach z.T. schleppender Auflösung von Nebel und Hochnebel kann
sogar, zumindest gebietsweise, die Sonne die Sonne scheinen, wobei erneut die
Hochlagen (Schwarzwald, Alpen, aber auch das Alpenvorland) in der Vorhand sind.
Postfrontal kommt es dagegen an den Küsten in der eingeflossenen labilen Luft
und mit diabatischer Unterstützung des Wassers vermehrt zu Schauern. Da Schauer
in der Regel auch zeitweiligen Sonnenschein bedeuten, stehen an den Küsten, aber
auch im gesamten Nordwesten, zumindest am Nachmittag, die
Chancen auf sonnige Abschnitte nicht schlecht. Und in der deutlich kälteren Luft
tun ein paar Sonnenstrahlen gut. Lagen die 850er Temperaturen am Vortag noch bei
1 bis 9 Grad (von Nord nach Süd) so sind es am Sonntagabend nur noch -4 bis 1
Grad. Die Chancen auf Sonnenschein erhöhen sich auch dadurch, dass der Wind im
äußersten Norden weiter nach rechts auf Nord bis Nordost dreht und die Luft
damit weniger maritim geprägt sein dürfte. Für die (weitere) Winddrehung
verantwortlich ist ein neues, kräftiges Hoch über dem Nordostatlantik. Auf der
Ostflanke des Hochs schwenkt im Tagesverlauf von Südnorwegen bis nach
Ostfriesland ein Bodentrog nach Süden, der den Wind über und an der Deutschen
Bucht vorübergehend noch mal auffrischen lassen könnte. Der Konjunktiv deswegen,
weil die Geometrie des Troges noch unterschiedlich simuliert wird und der Trog
und somit der Gradient auch zunehmend auseinandergezogen wird. Temperaturmäßig
müssen im Norden jetzt kleiner Brötchen gebacken werden, nur lokal reicht es
noch für die 10-Grad-Marke. Im Süden sind 5 bis 9 Grad das Maß der Dinge, bei
Dauernebel reicht es nicht mal für die 5 Grad.
In der Nacht zum Montag tropft der südwestliche Troganteil endgültig in Richtung
Biskaya ab, das nördliche Residuum zieht über den Nordosten unseres Landes
hinweg in Richtung Polen. Im Süden fällt an der gegen Druckanstieg kämpfenden
Front noch gebietsweise leichter Regen. Richtung Alpen/südliches Vorland ist es
teils klar mit leichtem Frost. Auch ganz im Norden sowie allgemein in höheren
Lagen sind leichte Minusgrade zu erwarten, wobei evtl. das Thema Glätte
zunehmendes Interesse erwecken könnte. Der Wind an der Küste lässt, unabhängig
von seiner letztendlichen Ausprägung am Tage, in der Nacht wieder nach.
Montag … befindet sich über dem Atlantik weiterhin das großräumige und
kräftige Hoch mit einem Kerndruck von über 1035 hPa nordwestlich von Irland. Mit
diesem korrespondiert ein ausgedehnter und blockierender Höhenrücken mit
abgeschlossenen Höhenhoch mit Schwerpunkt westlich von Irland. Dieses Hoch wird
flankiert von dem o.e. Cot-Off-Tief über der Biskaya, welches weiter zur
Iberischen Halbinsel zieht. Passend zum residualen Langwellentrog über
Nordeuropa ist am Boden ein Tief über Nordwestrussland zu finden. Zwischen
diesen Druckgebilden stellt sich eine nördliche Strömung ein, mit der deutlich
kühlere Polarluft in die Nordhälfte Deutschlands einströmt. Hinter der
Kaltfront, die sich zögerlich weiter nach Süden voran arbeitet, sinkt die
Temperatur in 850hPa auf etwa -5 Grad ab. Die Front bringt zunächst der Mitte
und dem Süden noch schwache Niederschläge, im Norden hingegen lockert die
Bewölkung zunehmend auf. Mit Höchstwerten zwischen 3 und 8 Grad wird es nochmals
kühler als zuvor.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Modelle sind sich bezüglich der wesentlichen Sachverhalte in den kommenden
Tagen einig. Einige Details sehen sie unterschiedlich, diese wurden zum Teil im
Text angesprochen, sie sind aber kaum warnrelevant.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas