S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 19.11.2021 um 10.30 UTC

Deutlich kühler, aber zunächst noch ruhiges Wetter. Ab Donnerstag unbeständiger
mit Schneefällen im Bergland.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 26.11.2021

Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am Montag befindet sich über dem
Atlantik ein ausgedehnter und blockierender Höhenrücken mit einem
abgeschlossenen Höhenhoch mit Schwerpunkt westlich von Irland. Dazu
korrespondiert ein kräftiges Bodenhoch mit einem Kerndruck von über 1035 hPa
nordwestlich von Irland. Dieses Hoch wird flankiert von einem Höhentief, das
über der Biskaya von einem langwelligen Trog über Nordeuropa abgetropft ist und
weiter zur Iberischen Halbinsel zieht. Passend zum Langwellentrog über
Nordeuropa ist am Boden ein Tief über Nordwestrussland zu finden. Zwischen
diesen Druckgebilden stellt sich eine nördliche Strömung ein, mit der deutlich
kühlere Polarluft in die Nordhälfte Deutschlands einströmt. Hinter der
Kaltfront, die am Morgen noch über der Mitte Deutschlands liegt und im
Tagesverlauf bis nach Süddeutschland vorankommt, sinkt die Temperatur in 850hPa
auf etwa -5 Grad ab. Die Front bringt zunächst der Mitte und dem Süden noch
schwache Niederschläge, im Norden hingegen lockert die Temperatur zunehmend auf.
Mit Höchstwerten zwischen 3 und 8 Grad wird es deutlich kühler als zuvor.

Am Dienstag dehnt sich der Höhenrücken über Großbritannien bis zur Nordsee aus
und das Bodenhoch mit Schwerpunkt über Irland reicht mit einem Keil bis nach
Deutschland. Das Höhentief über der Iberischen Halbinsel verlagert sich kaum,
sorgt aber über dem westlichen Mittelmeer respektive den Balearen für kräftige
Hebungsantriebe. Deutschland befindet sich zwischen diesen beiden Druckgebilden
und dem Langwellentrog, der sich nunmehr über Nord- und Osteuropa befindet. Nach
einer frostigen Nacht scheint am Dienstag im Süden die Sonne, ein schwaches
Frontensystem schickt in die Nordhälfte hingegen mehr Wolken, wahrscheinlich
bleibt es aber niederschlagsfrei bei ähnlichen Temperaturen wie am Vortag.

Am Mittwoch kommt es in Verbindung mit einem neuen Trog von Island kommend bis
nach Großbritannien zu einem markanten Kaltluftvorstoß, wodurch das Hoch
retrograd nach Westen abgedrängt wird. Östlich des Kaltluftvorstoßes wölbt sich
ein Höhenrücken auf, dessen Achse sich über Schweden, der Ostsee und
Ostdeutschland befindet. Das Höhentief scheint sich über Spanien und dem
westlichen Mittelmeer richtig wohl zu fühlen und bringt auf seiner Vorderseite
dem zentralen Mittelmeerraum erneut kräftige Regenfälle. Über Deutschland bleibt
es beim ruhigen Hochdruckwetter, wobei sich v.a. in der Nordhälfte
wahrscheinlich eine Stratusdecke (Nordseesumpf) ausbreitet.

Am Donnerstag stößt die Kaltluft weiter nach Süden vor, sodass die
0-Grad-Isotherme Nordspanien erreicht, wobei der Kurzwellentrog über der Biskaya
abtropft und zusammen mit dem ursprünglichen Höhentief eine dipolartige Struktur
bildet. Im Bodendruckfeld stellt sich zwischen dem kräftigen blockierenden Hoch
über dem Atlantik (über 1045hPa) und dem zum Kurzwellentrog gehörigen
Tiefdruckkomplex über der Nordsee und Skandinavien erneut eine nördliche
Strömung ein, mit der ein weiterer schwall Kaltluft in den Norden Deutschlands
vordringen kann (T850hPa um -3 Grad). Über Deutschland bildet sich eine
Luftmassengrenze aus, da ein Tiefdruckgebiet mit Zentrum über dem Golf von Genua
mit einer südlichen Strömung und unterstützt durch föhnige Effekte beim
Überströmen der Alpen in Süddeutschland die T850hPa auf +7 Grad ansteigen lässt
und ein weiteres Vorankommen der Kaltluft nach Süden zunächst verhindert.

Am Freitag nistet sich das abgetropfte Höhentief wieder über der Iberischen
Halbinsel ein, der nördliche Teil des Trogs schwenkt über Deutschland hinweg.
Mit einer nordwestlichen Strömung gelangt kühle und feuchte polare Meeresluft
auch in den Süden Deutschlands, sodass die Temperaturen in 850hPa auf rund -5
Grad zurückgehen. Zudem wird es unbeständiger, einerseits aufgrund eines zu
einem Tief westlich von Nordwegen gehörigen Frontensystems. Andererseits kommt
es im Süden zu Niederschlägen, die durch Aufgleiten auf die Kaltluft zu erklären
sind, ausgehend vom Tief über dem Mittelmeerraum. Dabei kommt es im Bergland zu
Schneefällen, in tieferen Lagen wird es nasskalt, wobei die
Niederschlagsverteilung und auch die Phasen noch mit großen Unsicherheiten
behaftet sind.

In der erweiterten Mittelfrist stellt sich voraussichtlich eine ausgeprägte
blockierende und meridionale Lage ein, mit einem Tiefdruckkomplex über weiten
Teilen Europas und einem mächtigen Rücken über dem Atlantik. Dabei bleibt es in
Mitteleuropa unbeständig, wobei es in den Mittelgebirgen zunehmend winterlich
werden könnte, in tieferen Lagen bleibt es nasskalt.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Mittwoch ist der aktuelle 00-UTC-Lauf sehr ähnlich zu den
Vorläufen. Ab Donnerstag nehmen mit dem Kaltluftvorstoß über Westeuropa die
Unsicherheiten zu, wobei dieser im heutigen 00UTC-Lauf weiter nach Süden
vorstößt als in den Vorläufen. Unsicher ist auch die Tiefdruckentwicklung am
Boden auf dessen Vorderseite. Im gestrigen Lauf wurde ein Orkantief bei den
Shetlands simuliert, das sich im heutigen Lauf zwar an ähnlicher Stelle
befindet, aber etwas schwächer ausgeprägt ist. Im 12UTC-Lauf würde das Orkantief
hingegen bei der Haltenbank entstehen. Am Freitag gehen die Modellläufe dann
völlig unterschiedliche Wege. Im heutigen Lauf kommt der abgetropfte Trog über
der Iberischen Halbinsel zu liegen, im gestrigen Lauf über Westfrankreich. Nach
dem 12UTC-Lauf würde sich hingegen ein kräftigen Höhentief über der keltischen
See bilden, was auch am Boden dort eine Sturmtiefentwicklung zu Folge hätte und
verhindert, dass der nördliche Trog über uns hinwegschwenkt. Diese
unterschiedlichen Entwicklungen haben jeweils größeren Einfluss auf die
Niederschlagsverteilung, deren Intensität und Phase. Hier werden erst die
kommenden Tage für mehr Klarheit sorgen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Im Vergleich zu den externen Modellen zeigt sich ein ähnliches Bild. Bis
einschließlich Mittwoch sind die Unterschiede nicht der Rede wert. Relevante
Unterschiede entstehen erst mit dem Kaltluftvorstoß. Dieser findet beim ICON
massiver und weiter östlich über der Nordsee und Frankreich statt und es kommt
erst deutlich später und weiter östlich zum Abtropfen kommt. Daher wird der
durchschwenkende Trog in der Nacht zum Freitag und am Freitag markanter
simuliert, in Verbindung mit einem Tief, das über Dänemark ostwärts zieht. Die
im obigen Text beschriebene Luftmassengrenze über Deutschland würde sich in
dieser Variante nicht einstellen und die Kaltluft würde bereits am Donnerstag
weite Teile Deutschlands fluten. Wieder anders sieht es beim GFS aus, das zwar
das Abtropfen ebenfalls zeigt, wobei das resultierende Höhentief nordwestlich
von Spanien deutlich schwächer als beim IFS ausfällt, ebenso wie der
durchschwenkende Trog über Nordeuropa. Am Freitag entsteht laut GFS ein
mächtiger Tiefdruckkomplex, der mit seinem Zentrum von den Faröern über
Schottland südostwärts zur Nordsee ziehen soll und so in Deutschland von Westen
her schon wieder eine leichte Milderung und mit dem übergreifenden Frontensystem
Regen, in höheren Lagen Schneefälle bringt. Dieser Tiefkomplex wird von IFS und
ICON nicht gestützt. Wir müssen uns bezüglich des Ablaufs des möglichen
Berglandwinters also noch ein wenig gedulden.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Betrachtet man die Rauchfahnen unterschiedlicher Städte in Deutschland, so zeigt
sich, dass beim Geopotential die Lösungen ab Mittwoch/Donnerstag deutlich
auseinandergehen. Zwar sinkt bei allen Membern ab Mittwoch das Geopotential,
aber unterschiedlich schnell und stark, was auf die Unsicherheiten beim
Kaltluftvorstoß zurückzuführen ist. Niederschlagssignale gibt es v.a. ab
Donnerstag, wobei diese im Süden am stärksten ausgeprägt sind. Bei der
850hPa-Temperatur nimmt der Spread bereits ab Dienstag deutlich zu, am
Donnerstag reicht für Offenbach die Spanne von -8 bis +5 Grad, wobei sich die
meisten Member zwischen -3 und -6 Grad liegen. Für den Süden ist der Spread noch
größer, bedingt durch das unterschiedlich schnelle Übergreifen der Kaltluft. Der
große Spread legt nahe, dass noch nicht einmal der Berglandwinter in trockenen
Tüchern ist und noch viele Überraschungen möglich sind.

Bei den Clusteranalysen werden für t(120-168h) ganze 6 Cluster angeboten, wobei
alle auf eine Meridionalisierung mit einem Rücken über dem Atlantik hindeuten.
Die Lage und Amplitude des Rückens in den einzelnen Clustern ist aber
unterschiedlich stark ausgeprägt. Mit einer raschen Zonalisierung der Strömung
ist also erstmal nicht zu rechnen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Signifikante Wettererscheinungen hat diese Wetterlage, zumindest bei uns in
Deutschland, wenige zu bieten. An den Küsten wird es zeitweise windig, was dort
aber keinen überraschen sollte, ebenso wenig wie Sturmböen auf dem Feldberg.
Interessanter wird es erst am Donnerstag und Freitag, wobei zumindest im
Bergland markante Schneefälle denkbar sind (insbesondere am Freitag mit den
Aufgleitniederschlägen im Süden). Für die Details ist es aber noch zu früh,
worauf im Text bereits eingegangen wurde.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dr. rer. nat. Markus Übel