SXEU31 DWAV 181800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 18.11.2021 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Sehr milde, antizyklonal geprägte West- bis Nordwestlage. Vielerorts kompakte
Bewölkung, im Süden teils Sonne, teils Nebel. An der See windig.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC

Aktuell … wölbt sich ein für die Jahreszeit außergewöhnlicher Warmluftberg
samt hohen Geopotentials über dem nahen Ostatlantik und den Britischen Inseln
nordwärts auf und reicht bis knapp an Island heran. Er ist angefüllt mit 500 hPa
Temperaturen um -15 Grad und T850 um +10 Grad. Um diesen herum wird die
Frontalzone in einem weiten Bogen über das Seegebiet südlich von Island über die
Färöer Inseln geführt, um nachfolgend südostwärts Richtung Mitteleuropa
abzukippen. Bodennah haben wir es zwischen der korrespondierenden
Hochdruckbrücke, die von der Keltischen See bis zum Balkan reicht, und einem
Tief über dem Oslofjord mit einer weitgehend antizyklonal geprägten Westlage zu
tun. Vom erwähnten Tief geht eine Warmfront aus, die aktuell bereits weite Teile
Norddeutschlands überquert hat. Dementsprechend sind die Taupunkte von der
Nordsee aus auch auf Werte um 10 Grad angestiegen. Ab und an fällt auch etwas
Regen mit jedoch unbedeutenden Mengen.

Nun muss man an dieser Stelle mal festhalten, dass für einen Warmfrontaufzug aus
Nordwest Mitte November erstaunlich viele Lücken in der Bewölkung sind, vor
allem über Westdeutschland. Das resultiert vor allem daraus, dass der
Hauptanteil der WLA eher auf Ostdeutschland und Polen abzielt und das Absinken
am Rande des Hochs doch recht stark ist. Zum anderen erkennt man über den
Schottischen Highlands aber auch über den Deutschen Mittelgebirgen doch etliche
Leewellen, so dass in der strammen westlichen Strömung auch föhnige
Auflockerungen zu den Sonnenanteilen beitrugen. Aus Sicht der Vortage war damit
dennoch nicht unbedingt so verbreitet zu rechnen.

Damit wird es in der kommenden Nacht aber alsbald „Essig“ sein, denn im
Warmsektor findet unterhalb von 850 hPa doch ein fortwährender Feuchtenachschub
statt, so dass flächendeckend die Ausbreitung beziehungsweise Verdichtung von
Hochnebelfeldern zu erwarten ist. Im Süden und Südwesten, wo es am längsten
gebietsweise aufgelockert ist und auch die Winde am schwächsten sind, kann sich
örtlich auch dichter Nebel bilden. Sonst sind eher nur die mittleren Lagen in
Wolken. Vom Alpenvorland bis zur Baarebene bleibt es teils klar und es tritt
stellenweise leichter Frost auf. Sonst sinken die Temperaturen unter den Wolken
auf 8 bis 3 Grad, in der Nordhälfte kaum unter 10 Grad.

Nicht zu vergessen sei noch der in Böen starke, auf den Inseln teils stürmische
Wind an der See, der auch über die Nacht hinweg am Südrand des Tiefs mehr oder
minder konstant anhält. Auch über der Norddeutschen Tiefebene.

Freitag … verlagert sich der Schwerpunkt des massiven Rückens allmählich vom
nahen Ostatlantik nach Frankreich. Bodennah bleibt die Südhälfte ebenfalls unter
Hochdruckeinfluss mit über 1030 hPa. Unterdessen zieht über Skandinavien ein
weiteres Wellentief hinweg ostwärts und erreicht zum Abend mit rund 990 hPa den
Finnischen Meerbusen. Frontenreste (und auch noch etwas WLA zwischen 500 und
1000 hPa) ziehen in den Frühstunden auch aus Mecklenburg-Vorpommern und
Brandenburg ostwärts ab. Regen fällt daraus kaum noch. Im Zuge des
Geopotentialanstiegs und kontinuierlichen Absinkens nimmt die Ausprägung der
Inversion in 850 hPa zu. Oberhalb davon steigt die Temperatur um etwa 5 K auf
nahe 10 Grad an. Unterhalb hält sich vielerorts eine feuchte Grundschicht mit
zäher, meist hochnebelartiger Bewölkung, aus der hin und wieder auch etwas
Sprühregen fällt. Hoffnung auf kurze Auflockerungen besteht vor allem für die
Leelagen der Mittelgebirge, insbesondere des Harzes. Auch die Nebelfelder an
Ober- und Hochrhein lösen sich – wenn überhaupt – nur sehr zögernd auf.

Vom Südschwarzwald bis nach Garmisch scheint hingegen oft die Sonne. Hier ist
die feuchte Grundschicht deutlich flacher und auf bodennahe Schichten begrenzt.
Zudem sind die Lagen ab etwa 800-1000 Meter eh meist über der Inversion.

Bezüglich des Windes gibt es kaum Änderungen zu erwähnen. Während er aufgrund
der leicht nordwärts kippenden Achse des Hochs an der Nordsee zögernd etwas
nachlässt, erreicht er vor allem an der vorpommerschen Küste in Böen Sturmstärke
8, exponiert auch mal ne 9. Zudem weiten sich die Böen der Stärke 7 im
Tagesverlauf landeinwärts bis etwa zu Uckermark aus.

Die Höchstwerte erreichen das starker Bewölkung in der eingeflossenen erwärmten
Meeresluft sehr milde 10 bis 15 Grad, in Flusstälern Süddeutschlands 6 bis 9
Grad.

In der Nacht zum Samstag bleibt die ruhige Hochdrucklage stabil, wobei sich der
Hochschwerpunkt allerdings langsam zu den Alpen zurückzieht. Die 568 gpdm
Isohypse in 500 hPa über Norddeutschland verdeutlicht, dass die Frontalzone noch
in ausreichender Entfernung nördlich liegt. In der alternden Luftmasse bleibt
die Grenzschichtproblematik akut. Aufgrund der zumeist kompakten Bewölkung schon
tagsüber und dem moderaten Gradienten in der Nordosthälfte bleibt es vielerorts
beim Hochnebel mit örtlichem Sprühregen. Erhöhte Nebelneigung mit Sichtweiten
teils unter 150 Metern besteht analog zur Vornacht vor allem an den Flussläufen
im Süden und Südwesten des Landes.

Dementsprechend tut sich auch bei den Tiefstwerten vergleichsweise wenig. In
Norddeutschland kühlt es kaum unter 10 Grad ab, in der Mitte auf 9 bis 5 Grad
und am Alpenrand gibt es örtlich leichten Frost.

Der Wind lässt spätestens in der zweiten nachthälfte auch an der vorpommerschen
Ostseeküste immer mehr nach. Zum Morgen treten auch dort kaum noch Windböen der
Stärke 7 auf.

Samstag … stößt von der Ostgrönlandsee ein Trog zur nördlichen Nordsee vor und
bewirkt allmählich Druckfall. Die strömungsparallele, zonal orientierte
Frontalzone über Südskandinavien kann so kaum Strecke nach Süden gutmachen,
womit wir tagsüber noch immer im breiten Warmsektor unter antizyklonalem
Einfluss verbleiben. Das bedeutet freilich nicht, dass wir großartige
Sonnenanteile erwarten dürfen. Grundsätzlich steigen die Chancen durch leichtes
Anheben der Inversion und erneuter Gradientverschärfung im Norden aber etwas, so
dass sich vor allem am Nachmittag doch gebietsweise ein paar Wolkenlücken auftun
können.

Auf die Küsten greifen zunehmend wieder Windböen Bft 7 Südwest bis West aus.
Zudem bleibt es für die Jahreszeit zu mild mit Höchstwerten von 8 bis 14 Grad,
im längeren Nebel in Süddeutschland um 5 Grad.

In der Nacht zum Sonntag schwenkt der Trog unter Verkürzung seiner Wellenlänge
wenig südwärts und erfasst bis zum Morgen auch die südliche Nordsee und die
Deutsche Bucht und die Britischen Inseln. Mit ihr greift die am Boden
eingelagerte Kaltfront im Verlauf auf den Norden und Nordwesten Deutschlands mit
teils schauerartig verstärkten Regenfällen über. Sporadisch wird in der
hochreichend gescherten Troposphäre (DLS >20 m/s) sogar etwas ML Cape generiert.
Die Folge sollte eine scharf abgegrenzte, gut organisierte Linie sein. Für
Gewitter reicht es angesichts von Wolkenoberkantentemperaturen wärmer als -10
Grad laut ICON 12 z Vorhersagetemps aber nicht.

Die nächtlichen Temperaturen sowie der in Küstennähe böige westliche Wind ändern
sich kaum.

Sonntag … verkürzt der Trog seine Wellenlänge weiter und zeigt zum Ende des
Tages über dem Englischen Kanal erste Abtropftendenzen, da stromaufwärts bereits
der nächste kräftige Rücken über dem Nordatlantik ostwärts nachschiebt. Als
Folge dessen baut sich nordwestlich von Irland ebenfalls ein kräftiges Bodenhoch
mit über 1035 hPa auf und richtet seinen Keil postfrontal nach Skandinavien aus.
Die die zur Kaltfront gehörende Welle aber weit östlich über Belarus ansetzt und
der stärkste Druckanstieg über Skandinavien weit nördlich, weicht der Gradient
über Deutschland rasch auf.

In der Konsequenz verlieren sich dadurch dynamisch unterstützende Divergenzen
und Temperaturadvektionen in der Höhe und auch die thermische
Sekundärzirkulation am Boden bröckelt rasch. So bleibt letztlich nicht mehr viel
Wetterwirksamkeit der Front auf dem Weg nach Süden übrig und bis zum Abend
erreichen meist leichte Regenfälle gerade noch die zentralen Mittelgebirge.
Rückseitig lockert es von den Küsten her auf. Nach Auflösung von Nebel und
Hochnebel gestaltet sich auch das Wetter südlich der Donau weitgehend freundlich
und trocken.

Auch wenn viele Faktoren gegen die Kaltfront wirken, so muss man ihr doch zu
Gute halten, dass trotz schwächelnden Gradienten ein beachtlicher Windsprung von
Südwest auf Nordwest bis Nord mit der Passage stattfindet. Rückseitig fließt
etwas abgeschwächt Meereskaltluft polaren Ursprungs zu uns mit T850 hPa unter 0
Grad. In Alpennähe hängt bis zum Abend noch die +5 Grad Isotherme. Folglich
erreichen die Höchstwerte nicht mehr das ganz milde Niveau der Vortage, sondern
pendeln sich bei 6 bis 10 Grad ein, wobei es gerade in Teilen Norddeutschlands
im Tagesverlauf sogar etwas kühler werden sollte.

Der warnwürdige Wind an der See ist mit Frontpassage und Winddrehung auf
Nordwest bis Nord schnell passé.

Modellvergleich und -einschätzung

In den synoptischen Basisfeldern lassen sich keine gravierenden
Prognoseunterschiede finden. Erwähnenswert ist lediglich, dass das GFS den Trog
etwas später abtropfen lässt, weshalb die Wetteraktivität dort am stärksten
ausgeprägt ist (schön zu sehen auch anhand der 700 hPa Feuchte). Momentan ist
dieses leicht veränderte Szenario in der Außenseiterrolle.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen