S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 16.11.2021 um 10.30 UTC

Leicht wechselhaft und zunächst mild, ab Sonntag zurückgehende Temperaturen,
aber zunächst noch nicht wirklich kalt.

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 23.11.2021

Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Freitag befinden
sich weite Teile Deutschlands im Bereich einer umfangreichen Hochdruckzone, die
sich vom nahen Atlantik bi nach Südosteuropa erstreckt. Gestützt wird das Hoch
von einem sehr breit aufgespannten Rücken, dessen Potenzialmaximum im Bereich
Frankreich/Biskaya/Südengland (12 UTC) zu finden ist. Die Frontalzone schlägt im
Norden einen weiten Bogen um den Rücken, sie verläuft mit antizyklonal
gekrümmten Isohypsen vom mittleren Nordatlantik kommend über Skandinavien hinweg
bis zur Ukraine. Bei uns gelangt die zuvor eingeflossene subpolare Meeresluft
unter Absinken, was die 850-hPa-Temperatur auf Werte um +5°C, im Westen gar bis
zu +9°C steigen lässt. Darunter dürfte sich eine mehr oder weniger dicke kalte
Grundschicht etablieren, vor allem nach Süden und Südwesten hin, wo der
Druckgradient nur schwach ausgeprägt ist. Weiter im Norden und Osten hingegen,
also nördlich der Divergenzachse, ist der Wind stärker ausgeprägt ergo die
Durchmischung besser. Von der Nordsee her wird wolkenreiche, aber eben nicht
allzu kalte Meeresluft advehiert, in der es mitunter etwas regnen oder nieseln
kann.

Das Wochenende startet mit einer ähnlichen Konstellation, in der allerdings eine
Abschwächung der Hochdruckzone bei gleichzeitiger Südverlagerung auszumachen
ist. Grund ist ein aus dem Seegebiet südlich von Island ost-südostwärts
vorrückender, stark positiv geneigter Höhentrog, der bei uns für
kontinuierlichen Druckfall sorgt. Schlussendlich greift zum Sonntag hin eine
eher schwach ausgeprägte Kaltfront von der Nordsee her auf den Vorhersageraum
über, die aufgrund von Wellenbildung aber nur sehr zögerlich nach Süden
vorankommt. Da sie dabei zudem in frontolytisches Umfeld gelangt, dürfte die
Front am Montag schon wieder Geschichte sein. Fakt ist auf alle Fälle, dass mit
der Kaltfront etwas Regen zu uns gelangt und sich rückseitig ein Schwall
erwärmter Meereskaltluft (T850 0 bis -3°C) im Land verteilt.

Zu Beginn der neuen Woche wird die zonal exponierte Bodenhochdruckzone
wiederbelebt, was vor allem dadurch funktioniert, weil der o.e. Trog über der
Biskaya abtropft und das Residuum rasch nach Osten abzieht. Das federführende
dynamische Hoch thront mit seinem Zentrum knapp westlich von Irland, wo es über
1035 hPa aufs Barometer bringt. Schon im Laufe des Dienstags wird die
Hochdruckzone bereits wieder attackiert, was einer von Skandinavien gen
östliches Mitteleuropa gerichteten Austrogung geschuldet ist. Das
korrespondierende Bodentief befindet sich Dienstagmittag über dem Finnischen
Meerbusen, die zugehörige Kaltfront erreicht mit ihrem Regenband noch im
Tagesverlauf den äußersten Norden unseres Landes.

Kurzer Ausblick in die erweiterte Mittelfrist (Mittwoch bis Freitag): Kurzzeitig
Zufuhr maritimer Polarluft, danach aber rascher Paradigmenwechsel mit
Winddrehung auf Süd/Südost und (niedertroposphärischer) Erwärmung (T850 am
Freitag 00 UTC +2 bis +7°C). Grund ist ein rascher Abbau des hohen Luftdrucks
über dem nahen Atlantik (wird ersetzt durch ein umfangreiches, von der Irminger
See südwärts vorstoßendes Sturmtief), während gleichzeitig über dem nahen
Osteuropa Druckanstieg erfolgt.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Summa summarum kann dem IFS (ECMF) eine gute Konsistenz bescheinigt werden.
Unterschiede respektive Unschärfen liegen im handelsüblichen Rahmen
mittelfristiger Prognosen. Als Beispiel sei die zum Sonntag von der Nordsee
hereinschwenkende Kaltfront angeführt, deren Präsenz unstrittig ist, deren
Progression nach Süden aber von Lauf zu Lauf etwas anders simuliert wird. In der
aktuellen Version von heute 00 UTC wird die Front durch Wellenbildung stärker
ausgebremst als in den Vorläufen. Eine substanzielle Änderung der
Wochenvorhersage von gestern lässt sich daraus aber nicht ableiten, vielmehr
sind nur kleine Veränderungen an den prognostischen Stellschrauben vorzunehmen.

Interessanter ist da schon die Entwicklung in der erweiterten Mittelfrist, bei
der der jüngste Lauf von heute 00 UTV mit einer diametral entgegengesetzten
Lösung zu seinen jüngsten Vorgängern aufwartet. Statt eines möglichen ersten
Winterintermezzos wird nun die „Mildkeule“ ausgepackt, die diejenigen, die schon
frohlockt haben, erstmal verdauen müssen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Im offiziellen Mittelfristzeitraum bis kommenden Dienstag zeigen andere
Globalmodelle wie ICON, GFS, GEM oder auch UKMO keine signifikant von der
IFS-Lösung abweichenden Szenarien. Dass es an der einen oder anderen Stelle
gewisse Unschärfen gibt, liegt in der Natur der Sache.
In der erweiterten Mittelfrist wird die Wintervariante von den „Nordamerikanern“
(GFS/GEM) nachhaltiger verfolgt als von den „Europäern“ (IFS), was aber nichts
heißen muss.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

RAUCHFAHNEN:
Die Plums von IFS-EPS für verschiedene deutsche Städte zeigen bis Anfang
nächster Woche einen gutmütigen Verlauf, der die geschilderte Entwicklung auf
Basis des Hauptlaufs stützt. Dass es am Sonntag zu einer gewissen Spreizung der
Temperatur(850 hPa)- und Potenzial(500 hPa)-Verläufe kommt, liegt an der schon
bei der Konsistenzbetrachtung erwähnten Unsicherheit hinsichtlich der von Nord
nach Süd ziehenden Kaltfront. Der Trend – Abkühlung und Potenzialverlust – ist
aber eindeutig.
Im Lauf der nächsten Woche nimmt die Streuung allgemein zu, insbesondere zum
Ende hin. Da fällt auf, dass der o.e. „warme“ Hauptlauf am oberen Rand der
Kurvenscharen verläuft, wo er aber nur von einer guten Handvoll
Ensemblemitglieder begleitet wird. Deutlich mehr Ensembles favorisieren aber
eine „kalte“ Lösung mit 850-hPa-Temperaturen von rund -5°C oder darunter.

CLUSTER:
Gestartet wird am Freitag und Samstag (T+72…96h) mit drei Clustern, die sich für
unseren Raum aber kaum voneinander unterscheiden. Von Sonntag bis Dienstag
(T+120…168h) verringert sich die Zahl der Cluster auf zwei, die beidem dem
Strömungsregime „Atlantic Ridge“ zugeordnet werden. Auch sonst unterscheiden
sich die beiden Cluster (übrigens CL1 mit 26, CL2 mit 25 Vertretern) nur wenig.
In beiden tropft der positiv geneigte Trog ab, bei beiden stößt ein Hochkeil
nach. Kleine Unterscheide zeigen sich in der Geometrie der wetterbestimmenden
Druck- und Potenzialgebilde, die Grundmuster sind aber sehr ähnlich. Dass sich
die Anzahl der Cluster ab Mittwoch (T+192…240h) auf die Maximalzahl von sechs
erhöht, verwundert angesichts der Streuung in den Rauchfahnen nicht wirklich.
Haupt- und Kontrolllauf finden sich in CL2 wieder (9 Repräsentanten), das auch
die wärmste Lösung markiert. Die anderen Cluster setzen auf eine wie auch immer
geartete Troglage mit möglicher Abtropfung südlich der Alpen.

FAZIT:
Bis Anfang nächster Woche steht die Vorhersage weitgehend, auch wenn es
hinsichtlich der Kaltfront am Sonntag noch ein paar Fragezeichen zu tilgen gilt.
Die Entwicklung im weiteren Wochenverlauf bleibt spannend: Wenn man Schlagzeilen
braucht und Seriosität nur eine untergeordnete Rolle spielt, haut man den
„Winter“ raus. Ansonsten agiert man etwas vorsichtiger und nutzt den Konjunktiv.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Viel Signifikantes ist aus der Wetterlage bis nächsten Dienstag nicht
rauszuholen. Vor allem am Freitag und Samstag sind an der Küste und in einigen
Hochlagen Böen 8 Bft, exponiert auch 9 Bft drin. Ansonsten dümpelt das Ganze
mehr oder weniger unspektakulär vor sich hin.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix, IFS-EPS, IFS.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann