S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 10.11.2021 um 10.30 UTC

Tendenziell ruhiges Wetter ohne die ganz großen Schlagzeilen. Vor allem am
Samstag vorübergehend zyklonaler.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 17.11.2021

Mit dem heutigen Mittwoch endet die erste Dekade des Novembers 2021 und wenn man
mal auf die letzten zehn Tage zurückblickt, fällt das Urteil aus
wettertechnischer Perspektive eher unspektakulär, für Vollwetterfans gar
ernüchternd aus. Zumindest was uns hier in Deutschland betrifft, konnte der
November bisher keine nennenswerten Akzente setzen. Ob sich das ab morgen, wenn
die sogenannte fünfte Jahreszeit dazukommt, signifikant ändern wird, muss schon
nach einem oberflächlichen Scan der klassischen 16er-Blätter mehr als bezweifelt
werden. Weder ein veritabler Herbststurm, noch ein erster ernstzunehmender
Wintereinbruch sind erkennbar, und auch sonst wird die Karte mit signifikanten
respektive markanten Wettererscheinungen in den nächsten Tagen vergleichsweise
leer bleiben. Doch der Reihe nach.

Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Samstag bekommt die
bis dato wetterbestimmende Hochdruckzone einen Knacks. Ursache ist ein
hochreichendes Tief, das von der Nordsee her auf die Niederlande übergreift.
Bereits jetzt ist das Tief – es handelt sich übrigens um TORBEN – draußen auf
dem Atlantik tätig und das gar nicht mal so übel. So macht man keinen Fehler, es
als Sturmtief zu bezeichnen, das seinen Höhepunkt noch nicht erreicht hat. Heute
Morgen konnte eine Kernisobare von 985 hPa analysiert werden, am Donnerstag
könnte sogar eine „975“ aufleuchten. Gar nicht schlecht, mag die eine oder der
andere an dieser Stelle einwerfen, da geht doch was (in Sachen Sturm). Jo, kommt
sogleich der Einwand vom Verfasser, aber nicht bei uns, denn: Schon im Laufe des
Freitags füllt sich der gute TORBEN signifikant auf, so dass beim Landgang am
Samstag gerade noch müde 1010 bis 1015 hPa zu Buche stehen, womit natürlich kein
großer Staat zu machen ist. Immerhin reicht es, den Hochdruckeinfluss zu
unterbrechen und uns einen recht wechselhaften Samstag zu kredenzen, an dem es
zumindest in einigen Regionen zeitweise regnet. Da der Wind in Verbindung mit
dem Tief so gut wie gar nicht anspringt, kann auch kein richtiger
Luftmassenwechsel erfolgen. Sprich, vor allem Teile der erkalteten Grundschicht
werden nicht richtig ausgeräumt, sondern durch den Regen lediglich neu
angefeuchtet.

Wie auch immer, bereits zum Sonntag hin beginnen Luftdruck und Potenzial von
Norden her wieder zu steigen. Das Bodentief verschwindet auf seinem Weg nach
Süden von der Bildfläche, so dass nur noch der korrespondierende Höhentrog
übrigbleibt, der sich wiederum mit dem Dauerhöhentief über dem westlichen
Mittelmeer verbindet. Da die Grundschicht aus den genannten Gründen zunächst
noch recht feucht ist, halten sich am Sonntag viele tiefe Wolken, die aber kaum
noch Regen bringen. Vornehmlich im Norden sollte die beginnende Abtrocknung aber
doch für einige Auflockerungen und etwas Sonne gut sein.

Zu Beginn der neuen Woche gelangt Deutschland an den Rand einer abgeschlossenen
Höhenantizyklone über der Nord- und Ostsee unter eine östliche Höhenströmung.
Auch der Bodenwind dreht auf Ost, wobei dieser aufgrund des zunehmenden
Gradienten, aber auch der vorhandenen Supergeostrophie böig auffrischt.
Supergeostrophisch ist der Wind deswegen, weil das verantwortliche und mit über
1040 hPa feudal ausgestattete Hoch sein Zentrum über dem Baltikum hat, von wo
aus ein Keil bis zur Nordsee reicht. Von Norden bzw. Osten her trocknet die
Luftmasse (T850 0 bis 4°C) weiter ab, insbesondere im Süden halten sich aber
noch Feuchtereste.

Bis Mittwoch verlagert das Hoch seinen Schwerpunkt zur Ukraine, wodurch wir auf
die Westflanke gelangen. Der Wind dreht nach rechts auf Südost, was mit einer
niedertroposphärischen Erwärmung einhergeht (Anstieg T850 bis Mittwoch auf rund
8°C). Gleichzeitig wird aus dem Mittelmeerraum etwas feuchtere Luft angesaugt,
die die Wolken-, nicht aber die Regenbildung fördert. Im Nordwesten allerdings
nähern sich am Mittwoch ein Höhentrog sowie die Kaltfront eines Tiefs bei
Island, was etwas Regen zur Folge hat.

Knapper Ausblick noch in die erweiterte Mittelfrist: Hochdruckbrücke mit
Schwachstellen im Norden und Westen, an der See mitunter windig bis stürmisch.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Nach den Schwankungen der vergangenen Tage hat sich das IFS (ECMF) inzwischen
soweit eingependelt, dass von einer guten Konsistenz gesprochen werden kann.
Demnach wird der aktuell wirksame Hochdruckeinfluss am Wochenende
(schwerpunktmäßig am Samstag) kurz unterbrochen, bevor er sich wieder
regeneriert. Wesentliche Abweichungen vom gestern eingeschlagenen
Prognosekonzept müssen nicht vorgenommen werden.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Wenn man mal von Kleinigkeiten absieht, sind die anderen etablierten
Globalmodelle (ICON, GFS, GEM, UKMO) der gleichen Meinung wie IFS. Gänzlich in
andere Richtungen abdriftende Szenarien werden nicht feilgeboten.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Bis einschließlich kommenden Samstag zeigen die IFS-EPS-Rauchfahnen
repräsentativer deutscher Städte einen homogenen und eng gebündelten Verlauf.
Danach beginnt die Streuung zwar zuzunehmen, allerdings ist das nicht
gleichbedeutend mit einer totalen Unsicherheit der Vorhersage. So wird der auf
Basis des Hauptlaufs geschilderte Ablauf von den Ensembles grundsätzlich
gestützt, was durch einen gut definierten Median (in dem sich auch Haupt- und
Kontrolllauf befinden) dokumentiert wird. Mit Ausnahme eines einzigen
Ensemblemitglieds, das für den Wochenanfang einen kleinen Kälteeinbruch
simuliert (T850 runter auf rund -6°C), handelt es sich im Wesentlichen um
handelsübliche Unschärfen. Erst ab Wochenmitte, wenn es in die erweiterte
Mittelfrist geht, wird die Gemengelage unübersichtlicher. Nach der Abtrocknung
zu Wochenanfang nehmen die Niederschlagssignale wieder zu. Außerdem fällt der
bifokale Verlauf der 850-hPa-Temperatur ins Auge: Während der obere, etwas
stärkere Ast weiterhin recht hohe Werte propagiert (um 5°C oder mehr), fällt der
untere Ast unter den Gefrierpunkt. Hier ist also noch einiges an Spielraum
gegeben.

Zu den Clustern von IFS-EPS, die für den Zeitraum T+72…96h (Wochenende) 5
Schubladen ziehen. Dabei ist das Grundmuster überall gleich, einzig die genaue
Positionierung des von der Nordsee übergreifenden Tiefs scheint noch nicht final
geklärt (Grundfrage: etwas weiter östlich oder westlich?).
Von Montag bis Mittwoch (T+120…168h) bleibt es bei 5 Clustern, die für uns aber
alle ein ähnliches Szenario im Angebot haben. Paradoxerweise reduziert sich die
Anzahl der Cluster ab Donnerstag (T+192…240h) auf 2. Zur Debatte stehen ein
abtropfender Höhentrog mit anschließendem Hochdruckeinfluss oder den Übergang zu
einer nördlichen bzw. antizyklonalen Westlage (Wa).

FAZIT: Im Großen und Ganzen unterstützen die Ensembles und auch die anderen
Modelle die Lösung des IFS-Hauptlaufs.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Wie bereits weiter oben angedeutet, gibt die geschilderte Lage auf dem Sektor
signifikanter Wettererscheinungen wenig bis nichts her. Dass der Wind an der
Küste und in höheren Lagen zeitweise mal etwas flotter daherkommt, haut
niemanden wirklich aus dem Sattel.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann