S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 06.11.2021 um 10.30 UTC

Im Süden und meist auch in der Mitte ruhiges Spätherbstwetter. Im Norden und
Nordosten leicht wechselhaft. Tagsüber noch meist mild.

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 13.11.2021

Am Dienstag liegt Deutschland unter einem Höhenkeil, der sich vom Seegebiet
nördlich der Kanaren über das nördliche Mitteleuropa hinweg bis nach Lappland
erstreckt. Durch diesen Keil wird eine Hochbrücke gestützt, die eine Verbindung
vom mittleren Nordatlantik zu einem übe Weißrussland liegenden Bodenhoch
darstellt. Aufgrund der relativ weit nördlich liegenden Frontalzone können nur
schwache Frontenreste den Norden Deutschlands streifen. In der Mitte und im
Süden ist ruhiges Spätherbstwetter bei geringen Luftdruckgegensätzen zu
erwarten.
Am Mittwoch wird der Keil nach Osten gesteuert, am Donnerstag läuft in der nach
wie vor relativ weit nördlich liegenden Frontalzone ein schwacher Trog nach
Osten ab, der den Norden Deutschlands passiert. Das vorgelagerte Frontensystem
bringt im Nordwesten und Norden Niederschlag; in Küstennähe sind um 10 mm
innerhalb von 12 Stunden möglich. Weiter landeinwärts sind die Niederschläge nur
noch gering. Außerdem frischt der Wind auf, an der See können Sturmböen Bft 8
exponiert Bft 9 auftreten. Während die Mitte Deutschlands dann von einer
leichten Gradientzunahme profitiert, was dort Nebel oder Hochnebel
unwahrscheinlich werden lässt, dauert im Süden das ruhige und teils ganztägig
neblig-trübe Spätherbstwetter an. Bereits in der Nacht zum Freitag setzt sich
dann auch in den mittleren Regionen wieder der Einfluss der Hochbrücke durch,
die sich dann im Tagesverlauf bis in den Norden hinein ausweitet.
Am Samstag wölbt sich von der Biskaya ausgehend über den Britischen Inseln ein
Rücken auf. In Verbindung mit der Frontalzone, die sich von Südskandinavien bis
in die Ukraine erstreckt, ergibt sich über Mitteleuropa eine west-nordwestliche
antizyklonal geprägte Strömung. In diese wird ein weiteres schwaches
Frontensystem eingesteuert, wodurch im Norden und Nordosten etwas Regen (nicht
mehr als 5 mm innerhalb von 12 Stunden) zu erwarten ist. Auch der Gradient legt
wieder etwas zu, für warnrelevante Böen (exponiert bis Bft 8) sollte es jedoch
nur an der Ostseeküste reichen. Gleichzeitig stößt, ausgehend von einem Vorstoß
arktischer Polarluft von Grönland her, ein markanter Trog in Richtung Island
vor. Dieser weitet sich bis Sonntag bereits in die nördliche Nordsee aus. Das
Frontensystem des nach Südnorwegen ziehenden korrespondierenden Bodentiefs
erfasst den Norden Deutschlands, was dort erneut Niederschläge aufkommen lässt.
Bedingt durch die Gradientzunahme an der Südflanke dieses Tiefs frischt der Wind
aus Südwest bis West auf und erreicht an der Küste in Böen Sturmstärke. Im Laufe
des Montags tropft der Trog über Südschweden hinweg nach Nordpolen aus. Mit dem
korrespondierenden Bodentief, vielmehr einem Tiefdruckkomplex mit Zentren über
Nordpolen und Lettland, ergibt sich eine nahezu senkrechte Achsenlage, so dass
sich dieses Tief in ein Zentraltief umwandelt. Als Gegenspieler bringt sich
westlich von Irland ein blockierendes Hoch in Position. Mit dem Ergebnis, dass
über Mitteleuropa die Strömung über Nordwest nahezu auf Nord dreht. Dies lässt
die den Niederschlag rasch bis zu den Alpen ausgreifen. Diese sind bedingt durch
den südostwärts schwenkenden Teiltrog konvektiv geprägt sind (kurze Gewitter
können nicht ausgeschlossen werden). Oberhalb von 800 bis 1000 m, d.h. auch in
den Kamm- und Gipfellagen der ost- und süddeutschen Mittelgebirge sowie am
Alpenrand gehen diese in Schnee über.
Generell erfolgt eine Gradientzunahme. Im Norden, Osten und in Teilen der Mitte
sind bis in tiefere Lagen stürmische Böen zu erwarten, an der See und im
Bergland stellen sich Sturm- und auch schwere Sturmböen ein. In Verbindung mit
kräftigeren Schauern oder kurzen Gewittern sind bei Passage der Kaltfront
durchaus höhere Böen vorstellbar.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Freitag ist der aktuelle Modelllauf im Vergleich zu den
beiden gestrigen Modellrechnungen weitgehend konsistent. Am Samstag ließ der 12
UTC-Lauf einen Trog über den Nordosten Deutschlands hinweg südostwärts
schwenken, der jedoch bei der neuesten Simulation verschwunden ist.
Der nach der aktuellsten Vorhersage am Sonntag auf die Nordsee übergreifende
markante Trog ist jedoch neu im Programm, genauso auch der hieraus resultierende
Kaltluftvorstoß und das Vordringen der Niederschläge bis zu den Alpen. Nach den
beiden gestrigen Modellrechnungen würde diese Entwicklung in abgeschwächter Form
nur den Norden und Nordosten Deutschlands erfassen und im Südwesten sowie im
Süden noch das ruhige Spätherbstwetter andauern.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis einschließlich Mittwoch stützen die verfügbaren Modelle die oben
beschriebene Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis dahin
nicht ableiten. Der am Donnerstag in der Frontalzone sich ostwärts verlagernde
Trog wird von ICON kräftiger gezeigt und greift demnach auf Deutschland über,
was Niederschläge bis nach Süddeutschland ausgreifen lässt. Die anderen Modelle
zeigen durchweg diese Entwicklung weiter östlich. Am Samstag gelangt nach ICON
Deutschland unter einen Keil, wogegen die anderen Modelle eine mehr oder weniger
steile nordwestliche Strömung im Angebot haben. Übereinstimmend hält sich im
Süden und Westen Hochdruckeinfluss, wogegen der Nordosten nach GFS, EZMW und
nach dem Modell des kanadischen Wetterdienstes von schwachen frontalen Prozessen
gestreift wird.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum zeigen EZMW und GFS ein
ähnliches Szenario, wobei nach GFS die Austrogung ein wenig weiter nordöstlich
ansetzt und auch der Gradient über Mitteleuropa schwächer ausfällt. Dies wäre
das wahrscheinlichere Szenario. Das kanadische Modell setzt im Süden
Deutschlands auf die Andauer der ruhigen Hochdruckrandlage, wogegen sich im
Norden und in der Mitte eine westliche Strömung bei insgesamt sehr milden
Temperaturen einstellt.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Das EPS des GFS stützt im Wesentlichen die Version des hauseigenen
deterministischen Modells. Bemerkenswert ist, dass etwa bei einem Viertel der
Einzellösungen Signale zu finden sind, die vor allem vom aktuellsten Modelllauf
gezeigt werden und die einen Trogdurchgang bereits am Donnerstag oder Freitag
signalisieren, was der Version des ICON entspricht. Etwa ab Wochenmitte zeichnet
sich ein deutlich höherer Spread mit einer Tendenz zu tieferen Temperaturen und
Geopotential ab (was durchaus als normal anzusehen ist). Eine Häufung von
Einzelläufen auf der kalten oder warmen Seite der Verteilung ist nicht
erkennbar.
Das EPS des EZMW wird bis H+168 in 5 Cluster unterteilt. Eines hiervon zeigt
eine diffuse Troglage, aber immerhin 13 Member ähneln der Version des ICON. Für
den erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum werden nur noch 2 Cluster
gebildet, wobei das mit 21 Membern schwächer besetzte Cluster und Austrogung
weiter östlich, aber dafür kräftiger, zeigt. Die beiden ungestörten Läufe sind
dem ersteren Cluster zugeordnet, das aber gegenüber der deterministischen
Version den Trog deutlich „entschärft“. Dies zeigt sich auch anhand der
Rauchfahnen, bei denen die Mehrzahl der Einzellösungen auf einem relativ hohen
Geopotentialniveau verbleiben und sich nur einzelne Member (im erweiterten
mittelfristigen Vorhersagezeitraum auch der deterministische Lauf) an den kalten
Rand der Verteilung begeben. Als wahrscheinlichstes Szenario ließe sich daher
eine Austrogung weiter östlich und etwas schwächer, als vom deterministischen
Lauf gezeigt wird, ableiten. Auch die für Montag beschriebene Windentwicklung
ist daher nur als gering wahrscheinlich anzusehen, von Seiten des EPS wird
hierfür keine Stütze geboten.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Dienstag und Mittwoch sind, abgesehen vielleicht von der Nordfriesischen
Küste, wo einzelne stürmische Böen auftreten können, keine markanten
Wettergefahren zu erwarten. Am Donnerstag sind an der gesamten Küste (an der
Ostsee mit geringerer Wahrscheinlichkeit als an der Nordsee) stürmische und in
exponierten Küstenlagen einzelne Böen bis Sturmstärke zu erwarten. Am Freitag
dagegen sind markant zu bewarnende Böen unwahrscheinlich. Auch am Samstag
sollten derartige Böen auf exponierte Küstenabschnitte an der Ostsee beschränkt
bleiben.

Basis für Mittelfristvorhersage
EPS + MOS, MOS nur zu Beginn des Vorhersagezeitraumes

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann