S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 29.10.2021 um 10.30 UTC

Wechselhafter und deutlich kühler als zuvor, dabei teils windig.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 05.11.2021

Bei einer Rossbywellenzahl von 5 bis 7 ist die Höhenströmung in der mittleren
Troposphäre zwar weiterhin gut in Bewegung, über dem westlichen Russland stellt
aber ein weit nach Norden aufgewölbter Rücken mit korrespondierendem Bodenhoch
ein Hindernis dar. Das führt dazu, der das über dem Nordostatlantik liegende
Trog letztlich nur schleppend nach Osten bis nach Mitteleuropa vorankommt, durch
Randtröge zunächst jedoch regeneriert wird und dann nach Süden ausweichen muss.
Letztlich tropft der Trog zum Ende der Mittelfrist hin damit in Richtung
zentrales Mittelmeer ab und könnte nach dem möglichen Medicane APOLLO dann dort
für weiteres Ungemach sorgen.

Im Detail erstreckt sich der Langwellentrog in der ab Montag beginnenden
Mittelfrist von Grönland bis vor die Küste Skandinaviens und bis nach
Nordfrankreich. Er ist mit mehreren Drehzentren ausgestattet und wird durch
einen von Grönland nach Süden laufenden kräftigen Randtrog regeneriert. Ein
Drehzentrum knapp südöstlich von Schottland in der Nordsee ist am Boden mit
einem Sturmtief verbunden, dessen Kern nahezu achsensenkrecht darunter liegt und
das seinen Höhepunkt mit einem Kerndruck von dann 975 hPa bereits erreicht hat.
Die Kaltfront des Tiefs dringt schon in den Osten und Südosten Deutschlands vor,
nachfolgend lässt ein Schwall Meereskaltluft die T850 hPa auf 1 bis 3 Grad
sinken. Der Gradient sorgt zwar für lebhaften Wind, aber nicht für einen
größeren Sturm.

Am Dienstag schwenkt ein Randtrog um den Langwellentrog herum über Deutschland
hinweg und schiebt die Kaltfront nach Osten ab. Gleichzeitig amplifiziert der
Langwellentrog durch den von Grönland kommenden Randtrog zur Iberischen
Halbinsel, wobei sich über dem Ärmelkanal ein neues Drehzentrum bildet, in
dessen Bereich Zyklogenese einsetzt. Das Frontensystem dieses Tiefs erreicht
Deutschland nach kurzen Zwischenhocheinfluss am Abend von Westen her. Bei einem
Minimaldruck von knapp 990 hPa ist der Gradient nicht allzu üppig, sodass es
zwar erneut windig wird, aber neuerlich kein Sturm zu erwarten ist.

Am Mittwoch und Donnerstag verlagern sich Dreh- und Bodenzentrum über
Norddeutschland zur mittleren Ostsee, wobei das Bodentief bei achsensenkrechter
Lage zum Höhentiefkern sich bereits wieder auffüllt. Hinter dem Tief dreht die
Strömung auf Nord, sodass über dem Meer erwärmte feuchtkalte Meeresluft polaren
Ursprungs den Weg zu uns findet. Damit gehen die T850 hPa noch weiter auf 0 bis
-2 Grad zurück.

Am Freitag tropft der Langwellentrog in Richtung zentrales Mittelmeer ab,
gleichzeitig läuft ein weiterer Randtrog von Norden herein, der über das
westliche Skandinavien und die Ostsee hinwegwandert. Es führt ein Tief in die
nördliche Ostsee, dessen Ausläufer den Norden überqueren, die Mitte erreichen
und dort rückläufig werden, da sich von Westen her ein Rücken aufwölbt, der den
Druck von Südwesten her steigen lässt.

In der erweiterten Mittelfrist ab Samstag schwenkt der Rücken rasch über uns
hinweg und ein neuer, recht schmaler Trog über dem Nordostatlantik bringt ein
weiteres Tief für uns in Stellung. Dessen Ausläufer tangieren jedoch nur den
Westen und Norden, während in der Südosthälfte der Einfluss eines mit den Rücken
verbundenen Hochs über Südosteuropa dagegenhält. Bei T850 hPa von -2 bis 2 Grad
bleibt es eher kalt.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des heutige 0 UTC-Laufs des EZMW zu seinen gestrigen Vorläufen
kann bis Freitag als hoch angesehen werden, auch wenn es erwartungsgemäß in der
Behandlung von Trögen und Tiefs Detailunterschiede gibt. So zeigte vor allem der
gestrige 0 UTC-Lauf am Dienstag und in der Nacht zum Mittwoch windigere, im
Norden teils stürmische Verhältnisse an. Im neuesten Lauf füllt sich das neue
Tief über dem Ärmelkanal bereits auf, wenn es Deutschland erreicht und ist daher
mit nicht so starkem Gradienten ausgestattet. Am Freitag kommt nun ein neuer
Randtrog ins Spiel, der den abtropfenden Langwellentrog im verbleibenden
Residuum noch einmal verstärkt und die Ausläufer eines Tiefs über Skandinavien
bis in die Mitte Deutschlands bringt. In den gestrigen Läufen hätte
Hochdruckeinfluss dominiert. Nachfolgend wurde auch der nachrückenden schmale
Langwellentrog anders simuliert. Dieser war im gestrigen 0 UTC-Lauf viel
kräftiger, was uns eine südwestliche Vorderseite eingebracht hätte. Im gestrigen
12 UTC-Lauf wurde dagegen nur ein kleiner Randtrog, der über das südliche
Skandinavien hinwegzieht, simuliert. Im neuesten Lauf dringen Ausläufer eines
Tiefs in den Westen und Norden ein.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis zum Donnerstag sind ICON und GFS auf der EZMW-Linie ohne größeren Sturm.
Beim ICON ist der Trogeinfluss am Freitag (letzter Vorhersagetag des Modells)
noch deutlich stärker, da er stärker regeneriert wird. Beim GFS tropft der
Langwellentrog nicht zum zentralen Mittelmeer, sondern zur Iberischen Halbinsel
ab. Der Rücken würde sich nördlich anschließen und eine Hochdruckbrücke von der
Biskaya über Deutschland hinweg bis zur Ukraine generieren. Ein kleines
Höhentief über Süddeutschland könnte jedoch leichten zyklonalen Touch im Süden
bringen. Das japanische JMA rudert zunächst auch im EZMW-Fahrwasser, am
übernächsten Wochenende ist der neue Trog aber deutlich kräftiger, sodass die
Tiefausläufer das ganze Land erfassen. GEM wiederum ist dem JMA sehr ähnlich.
NAVGEM folgt bis zum Freitag (Vorhersageende) größtenteils dem EZMW.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

RAUCHFAHNEN:
Die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles sind für repräsentative Städte in Deutschland
bis zum Freitag für T850 hPa und Geopot 500 hPa zumeist sehr eng gebündelt, was
den Hauptlauf bestätigt und der Vorhersage größere Sicherheit verleiht. Ab
Samstag öffnen sich die T850 hPa-Kurven, ab Sonntag auch die Geopot 500
hPa-Kurven. Vor allem die (wenigen) Ausreißer nach unten hin beim Geopot 500 hPa
zeigen, dass der Trogeinfluss stärker sein könnte.

CLUSTERANALSE:
Für Dienstag bis Donnerstag werden 3 Cluster ausgegeben, sie sich über
Mitteleuropa aber nicht signifikant voneinander unterscheiden. Für Freitag bis
Sonntag gibt es ebenfalls 3 Cluster, wobei C1 und C2 dem Hauptlauf gleichen
(Hauptlauf in C1, Kontrolllauf in C2). C3 hingegen betont den neuen schmalen
Trog deutlicher, was uns wie beim gestrigen 0 UTC-Lauf eine Trogvorderseite
unter antizyklonalen Vorzeichen mit südwestlicher Strömung eingebringen würde.

FAZIT:
Der zyklonal dominierte Witterungsabschnitt in der kommenden Woche mit deutlich
sinkenden Temperaturen ist recht sicher und bringt frischen Wind in die
Grenzschichtproblematikbude. Ein größerer Sturm wird dabei nicht simuliert,
windiger als zuvor wird es aber auf jeden Fall. Was dann zum Ende der kommenden
Woche passiert, ist ziemlich unsicher. Die Varianz in den Modellen ist groß und
reicht von antizyklonaler Trogvorderseite bis voller zyklonaler Trogbreitseite.
Ein Sturm wird allerdings auch dann nicht von den Modellen ins Feld geworfen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

WIND:
Am Montag liefert EFI ein schwaches Signal mit Werten bis 0,6 für den Nordwesten
Deutschlands. Die Ensembles quittieren dies mit guten Wahrscheinlichkeiten für
stürmische Böen Bft 8 bzw. noch geringen Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen Bft

  1. Auf den Nordseeinseln sind schwere Sturmböen Bft 10 nicht ausgeschlossen.
    Am Dienstag zeigt EFI im äußersten Südwesten leicht erhöhte Werte. Auch dort
    springen die Ensembles mit stürmischen Böen Bft 8 bzw. exponiert Sturmböen Bft 9
    an. Auf den höchsten Gipfeln sind schwere Sturmböen BBft 10 gering
    wahrscheinlich.
    Am Freitag gibt es seitens der EZMW-Ensembles geringe Wahrscheinlichkeiten für
    stürmische Böen Bft 8 an der Ostsee.

DAUERREGEN:
Am Montag weist EFI an den Alpen Signale auf, die die Ensembles mit erhöhten
Wahrscheinlichkeiten für mehr als 30 l/m2 in 24 Stunden bestätigen.
Am Dienstag ist bei EFI im Südwesten ebenfalls ein leichtes Signal vorhanden,
dass sich in den Ensembles aber nicht widerspiegelt.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW, EZMW-ENS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler