S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 26.10.2021 um 10.30 UTC

Bis zum Wochenende ruhiges und oft freundliches Herbstwetter. Nachfolgend von
Westen allmählich windiger, wechselhafter und in der neuen Woche auch kühler.

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 02.11.2021

Am Freitag befindet sich ein massives Blocking über dem östlichen Mitteleuropa,
das weit nach Norden bis nach Lappland reicht. Gegenspieler ist ein
umfangreiches Höhentief über dem nahen Ostatlantik, dessen spitz zulaufender
Kurzwellentrog über die Biskaya nordostwärts schwenkt. Für Deutschland bedeutet
das eine antizyklonale Südströmung mit der recht trockene und milde Luft mit
T850 um oder knapp über 10 Grad herangeführt wird. Dass sich das nicht unbedingt
bis zum Boden bemerkbar macht, liegt zum einen an der fortgeschrittenen
Jahreszeit und zum anderen an der schwachen Durchmischung, da der Gradient am
Boden nicht sonderlich viel hergibt. So ist das Temperaturgefälle auch recht
groß mit bis knapp 20 Grad an den Nordrändern der Mittelgebirge (leebedingte
Durchmischung, prädestiniert östliches Ruhrgebiet) und keinen 10 Grad im
Dauernebel an der Donau. Dass die Frontalzone im Osten nicht ganz fern ist,
macht sich in Form zahlreicher hoher Wolkenfelder bemerkbar, die aus der
frontalen Bewölkung herauswehen, wobei auch ein gewisser Anteil an Saharastaub
begünstigend wirken kann. Rückwärtstrajektorien und Staubvorhersagen legen das
zumindest nahe.

Am Samstag wandert das Hoch nach Osteuropa ab ohne aber den Einfluss auf unser
Wettergeschehen komplett zu verlieren. An dessen Südwestflanke wird die
Komplexität steigernd ein Kaltlufttropfen nordwärts nach Österreich geführt,
wobei sich nach derzeitigem Stand daraus noch keine unmittelbare Wetteraktivität
für das Wetter in Bayern ergibt. Der eingangs erwähnte Kurzwellentrog schwenkt
von der Biskaya zur Deutschen Bucht, wird zunehmend flacher und büßt dabei auch
einiges an Schnittflächen zwischen Isohypsen und Isothermen ein. Eine neue
Zyklogenese am Kap Finisterre „schluckt“ einiges an Energie. Kurzum: Der
Nordwesten und Westen des Landes wird zwar vorübergehend von schwachen
Ausläufern der Frontalzone gestreift, aber viel mehr als ein paar Tropfen sind
dabei kaum zu erwarten. Der Südwind legt noch etwas zu, so dass auf der freien
Nordsee und im Lee der westlichen Mittelgebirge die ein oder andere Windböen Bft
7 erreicht werden kann. Auf den Alpengipfeln setzt Föhnsturm ein. Bessere
Durchmischung kontra leichter Rückgang der T850 von Westen auf rund 5 Grad
bewirkt letztlich sich kaum ändernde Höchstwerte meist zwischen 12 und 18 Grad.
Die Nebelneigung nimmt insgesamt ab.

Am Sonntag entwickelt sich im linken Ausgangsbereich der Vereinigung von
Subtropen- und Polarfrontjet ein stattliches Sturmtief, das zur Mittagszeit etwa
über Irland liegt. Nun ist der Kerndruck von rund 985 hPa nicht gerade
furchteinflößend. Mit 1030 hPa im Hoch über Russland sind die Gegensätze aber
groß genug, um zumindest über weiten Teilen Westeuropas eine ausgeprägte
Sturmlage zu initiieren. Dessen Südflanke bleibt im strömungsparallelen Umfeld
im Randbereich zu einer sehr energiereichen Luftmasse (über Spanien Theta 850
hPa >50 Grad) anfällig für Wellenbildungen. In der Konsequenz für Deutschland
kommt mit dem erneuten Warmluftvorstoß mehrschichtige Bewölkung auf, wobei die
Entfernung zum Haupttrog und damit auch die Hebungsimpulse weiterhin äußerst
überschaubar bleiben. Insofern fällt wohl weiterhin allenfalls an der Nordsee
sowie im Grenzbereich zu Benelux und Frankreich etwas Regen. Nach Osten hin
bleibt es noch oft freundlich und trocken. Auf den Alpengipfeln und dem Brocken
herrscht Sturm.

Am Montag und Dienstag wird die Lage zunehmend unsicher und komplex. Es deutet
sich jedoch allgemein an, dass das Sturmtief weiter Richtung Skandinavien zieht
und Wellen an dessen Südflanke nun auch Deutschland erreichen. Dabei strömt
sukzessive kühlere Meeresluft ein mit T850 um oder knapp über 0 Grad. Eine
wechselhafte und zyklonale Südwestlage mit häufigen Schauern oder schauerartigen
Regenfällen ist die Folge. Ob es hinsichtlich Wind und Regen für mehr reicht
(markante Warnschwellen) bleibt noch abzuwarten. Die Schneefallgrenze sinkt auf
1200 bis 1500 Meter ab.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Man könnte an dieser Stelle härter mit dem IFS ins Gericht gehen, zum Beispiel
was die Inkonsistenz mit dem Kaltlufttropfen von Österreich nord-nordostziehend
anbelangt oder auch die unterschiedliche Intensität, Zugbahn und zeitliche
Einordnung der Sturmtiefentwicklung(en) östlich der Azoren über die Britischen
Inseln bis nach Skandinavien. Aufgrund der zwar simplen Anordnung der
beteiligten Strömungszentren (T Atlantik, H Osteuropa), aber deren durchaus
komplexe Ausprägung, insbesondere mit hoch baroklinen Zonen über dem
Nordatlantik lässt derartige Unterschiede gleich in einem anderen Licht
erscheinen. Dadurch, dass die Folgewirkungen auf das Wettergeschehen hierzulande
großflächig gesehen eher gering sind, ist die Konsistenz unter dem Strich
durchaus als brauchbar einzustufen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Auffällig vor allem das GFS, das die Niederschläge doch sehr progressiv schon
ostwärts vorankommen lässt mit Regenfällen bis Sonntag Mittag schon östlich der
Elbe. Das ist aufgrund der bisher angestellten Überlegungen eher zu bezweifeln.
Sonst lassen sich keine gravierenden Unterschiede feststellen.

Kurzfassung: siehe Konsistenz

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen liegen wohltuend eng beieinander und folgen dem HL und CL bis in
die erweiterte Mittelfrist. Nach einer kurzen Delle in der 850 hPa Temperatur am
Samstag (erster versuchter Frontendurchgang) geht es Sonntag nochmal landesweit
auf rund 10 Grad hoch, bevor am Montag einhellig der Kaltfrontdurchgang
simuliert wird mit abstürzenden T850 auf Werte um 0 Grad. Spätestens zum Montag
sollte dann auch im Osten des Landes mit Regenfällen zu rechnen sein. Beim Blick
auf die alpennahen Rauchfahnen nimmt die Spreizung etwas zu, was der unsicheren
Schleifposition der Welle geschuldet ist, die letztlich über Details
hinsichtlich Dauerregens und Absinken der Schneefallgrenze entscheiden wird. Das
Gros der Member geht allerdings ebenfalls auf Werte um 0 Grad zurück, weshalb
die Schneefallgrenze unter 1500 Meter absinken sollte.
In der erweiterten Mittelfrist gehen die Temperaturen postfrontal noch
geringfügig zurück auf -2 bis -5 Grad. Demnach könnte man Mitte nächster Woche
eventuell auch in den Kammlagen der Mittelgebirge bereits die ein oder andere
Schneeflocke erhaschen. Wind und Wolken verhindern aber, dass die Frostgefahr
auch in tiefen Lagen ansteigt.

Der allmähliche Trogvorstoß bis Wochenanfang nach Mitteleuropa wird von allen
Clustern gezeigt. Die Ausprägung der daran beteiligten Sturmtiefs ist wie zu
erwarten war noch mit größeren Unschärfen versehen. Gerade Cluster 2 und 3 mit
rund 50% der Member zeigen doch einen sehr markanten Gradienten am Montag und
Dienstag über der Deutschen Bucht. Mit Windrichtung Südwest wäre demnach
zumindest für Nordfriesland ein markantes Ereignis mit teils schweren Sturmböen
sicher. Der Kontrolllauf ist ebenfalls in Cluster 3, deterministischer Lauf im
etwas „harmloseren“ Cluster 4.
In der erweiterten Mittelfrist stehen die Zeichen eindeutig auf Trog
Mitteleuropa mit kühlem wechselhaften Schauerwetter.

FAZIT:
Im Laufe des Wochenendes stellt sich die Wetterlage von Westen zögernd um und
das ruhige, oft freundliche und recht milde Herbstwetter endet vorerst. In der
kommenden Woche steht windiges und wechselhaftes Wetter mit häufigen Regenfällen
auf dem Programm, wobei es vor allem im Bergland deutlich kühler wird. Zumindest
an der Nordsee und auf den Bergen bleiben Sturmböen wahrscheinlich, wobei
potentiell auch mehr (schwerer Sturm, Orkan) möglich ist. Im Süden regnet es im
Schleifbereich der Luftmassengrenze auch längere Zeit mit absinkender
Schneefallgrenze auf unter 1500 Meter.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

STURM:
Der aufkommende Föhnsturm im Laufe des Freitags auf den Alpengipfeln ist
ziemlich unstrittig, in der Probabilistik aufgrund der Orographie aber kaum
präsent. Für starke bis stürmische Böen bis in die Täler reichen Gradient und
Durchmischung aller Voraussicht nach kaum aus. Die Föhnlage hält wahrscheinlich
bis zum Beginn der neuen Woche an, könnte dann in eine „Leitplankenefektlage“
mit Winddrehung auf Südwest bis West übergehen, wo Böen Bft 7 bis 8 auch mal ins
Alpenvorland ausgreifen können. Der EFI zeigt keine nennenswerten Signale – auch
nicht für die Nordsee.

DAUERREGEN:
Die deterministischen Läufe von IFS und GFS zeigen vom Sonntagabend bis Dienstag
Früh angekratzte Warnschwellen von 30-40 l/qm zwischen südlichem Oberrheingraben
und Allgäu. Die Probabilistik ist diesbezüglich noch verhalten mit maximal 15%
für mehr als 30 l/qm. Hier ist die Abhängigkeit groß vom Schleifbereich der
südlichen Wellenbildungen, muss weiter im Auge behalten werden.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen