S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 25.10.2021 um 10.30 UTC

Zunächst ruhiges Herbstwetter. Zum Wochenende hin unbeständiger und windiger.
Sturmtiefentwicklung noch unsicher.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 01.11.2021

Am Donnerstag, zu Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraumes, befindet sich
Deutschland noch unter dem Einfluss eines abgeschlossenen Höhenhochs, dessen
Schwerpunkt sich allerdings schon über dem nahen östlichen Mitteleuropa
befindet. Der sich von dort aus bis weit nach Nordeuropa aufwölbende Höhenrücken
wird im Westen flankiert von einem Langwellentrog, dessen Drehzentrum sich
südlich von Island befindet, ebenso wie ein korrespondierendes Bodentief. Dem
Trog unmittelbar vorgelagert ist eine Kaltfront, die von Südwest nach Nordost
diagonal über Großbritannien verläuft und dann schließlich über der nördlichen
Nordsee als Warmfront in Richtung Südskandinavien „abbiegt“. Das o.e. Höhenhoch
stützt eine Antizyklone am Boden, deren Schwerpunkte allerdings noch etwas
weiter östlich über den Waldkarpaten und über Ostrumänien liegt. Dennoch
dominiert hierzulande noch der Hochdruckeinfluss und in der resultierenden
südwestlichen Strömung erreichen die Temperatur im 850 hPa-Niveau Werte um 10
°C. Nach Auflösung von teils zähen Nebelfeldern scheint dabei häufig die Sonne.
Interessant ist noch ein kleiner Kaltlufttropfen, der sich am Donnerstag nach
Lesart des aktuellen IFS-Laufes über Bulgarien befinden soll. Diesen werden wir
weiter verfolgen…

Am Freitag verlagert sich die Schwerpunkte des Höhen- und des Bodenhochs noch
weiter nach Osten, wodurch hierzulande der Druck weiter fällt. Nördlich der
Alpen bildet sich ein schwaches Leetief, auf den Alpengipfeln setzt schwacher
Föhn ein. Aber auch abgesehen von den Alpen wird der Wind spürbar sein, in den
Hochlagen der Eifel, auf den Ostfriesischen Inseln und in Ostsachsen kann es
steife Böen geben. Ob es in Ostsachsen sogar mal für eine einzelne stürmische
Böe reicht, bleibt abzuwarten. Der Trog auf dem Atlantik und die vorgelagerte
Front kommen etwas weiter ostwärts voran, jedoch nicht so weit, dass sie unser
Wetter beeinflussen würden. Erneut scheint vielfach die Sonne, vereinzelt tut
sich der Nebel in windgeschützten Lagen wie dem Donautal aber auch schwer mit
der Auflösung. Die T850 ändert sich nur wenig und liegt zwischen 8 und 11 °C.
Kurzer Blick auf den Kaltlufttropfen: Dieser zieht mit Nordwestkurs an der
Ostküste der Adria entlang und erreicht zum Tageswechsel Kärnten.

Am Samstag greift die Kaltfront auf den Westen und Nordwesten Deutschlands über
und bringt dort gebietsweise etwas Regen, kommt jedoch kaum ostwärts voran. In
ihrem Umfeld kann es einzelne steife Böen geben, ebenso wie in Ostsachen. Ob es
in den Hochlagen der Eifel und in Ostsachsen auch für stürmische Böen langt, ist
noch unsicher. Auf den Alpengipfel kommt der Wind aber wahrscheinlich mit
Sturmböen daher. Naturgemäß wird der Sonnenscheinanteil in der Westhälfte
deutlich reduziert sein. Was die östlichen Landesteile angeht, muss man
abwarten, was der kleine Störenfried Kaltlufttropfen so macht. Dieser zieht
nämlich von Österreich über Böhmen und Westpolen nach Südskandinavien. Dabei
macht er seinem Namen alle Ehre: Im 500 hPa-Niveau ist es in seinem Zentrum -24
°C kalt. Diese Kaltluft macht sicher aber selbst noch im 850 hPa-Niveau mit
knapp unter 0 °C bemerkbar. Bemerkenswert ist das auch deshalb, weil die T850
nur zwölf Stunden zuvor noch über 10 °C betrug. Wir dürfen gespannt sein, ob
dieser Kaltlufttropfen tatsächlich kommt und was er den östlichen Landesteilen
an Wolken bringt. Niederschlag wird daran im aktuellen Lauf kaum oder gar nicht
gerechnet. Sonst sickert Kaltluft mehr oder weniger ein, thermisch gesehen hat
es die Kaltfront nicht so drauf.

Am Sonntag kommt es über dem Ärmelkanal zur einer Zyklogenese, wobei sich ein
abgeschlossenes Tief bildet, dessen Kerndruck mittags schon unter 995 hPa liegt.
Durch diese Entwicklung wird niedertroposphärisch wieder wärmere Luft
herangeführt, sodass die T850 zwischen 6 °C im Nordwesten und um 13 °C im Süden.
Abends erreicht das Tief den Osten des Seegebiets Humber und hat da schon einen
Kerndruck von 986 hPa. Zum Tageswechsel liegt das Tief mit einem Kerndruck von
knapp unter 980 hPa an der Grenze zwischen Deutscher Bucht und dem Seegebiet
Fischer. Durch diese Entwicklung nimmt natürlich auch der Gradient allgemein zu
und es kommt in der zweiten Tageshälfte sowie in der Nacht zum Montag vor allem
im Westen, Nordwesten und in einigen anfälligen Lagen der Mitte zu steifen Böen,
gebietsweise können auch stürmische Böen mit dabei sein. Auf den Alpengipfeln
sind dann schwere Sturmböen möglich. Durch den etwas mehr nachrückenden Trog
werden auch die Niederschläge an der Front etwas befeuert, sodass es
gebietsweise schauerartige Verstärkungen gibt. Wirklich ostwärts voran geht es
tagsüber aber mit den Niederschlägen zunächst noch nicht. Das ist erst in der
Nacht zum Montag der Fall.

Am Montag erreicht das Tief am Morgen mit etwa 973 hPa seinen Höhepunkt, bevor
es mittags mit etwa 975 hPa am Kap Lindesnes ankommt. Das sorgt vor allem im
Nordseeumfeld für Böen der Stärke 8 bis 9, in den Hochlagen der Mittelgebirge
für Sturmböen. Die Kaltfront überquert in den Morgen- und Vormittagsstunden nun
auch die östlichen Teile Deutschlands. Die daran gebundenen Niederschläge können
auch mal schauerartig verstärkt sein, wobei aber aus derzeitiger Sicht
wahrscheinlich keine Warnschwellen überschritten werden. Postfrontal geht die
T850 geht bis zum Abend auf 0 bis 4 °C zurück. Im nachfolgenden Einflussbereich
des Troges kommt es zu zahlreichen Schauern. Im Westen kann man sich bei T500
von um die -29 °C auch ein Kaltluftgewitter vorstellen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des aktuell vorliegenden IFS-Laufes zu seinen Vorgängern ist bis
einschließlich Samstag hoch. Einzig wirklich neu Idee bis zu diesem Tag ist der
o.e. Kaltlufttropfen, der sich von der Balkanhalbinsel auf den Weg macht und am
Samstag über Österreich nach Böhmen, Westpolen und schließlich Südschweden
zieht.
Konsistent gerechnet wird auch das Übergreifen einer Kaltfront am Samstag. Die
oben erörterte Sturmtiefentwicklung über dem Ärmelkanal bzw. der Nordsee ist
eine neue Idee des aktuellen Laufes
Unstrittig erscheint dagegen die Umstellung der Wetterlage hin zu einem
unbeständigeren und kühleren Witterungsabschnitt.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

GFS und ICON sehen die Lage zunächst ganz ähnlich wie IFS. Sogar der
Kaltlufttropfen ist allen drei gemein, wenngleich dieser bei ICON schneller ist
und schon am Freitag über die Osthälfte Deutschlands hinweg nach Norden zieht.
Bei GFS ist hingegen etwas langsamer und zieht dann auch nicht nordwärts,
sondern biegt über die nördliche Adria wieder nach Osten zur Balkanhalbinsel ab.
Dafür nähert sich bei GFS die Front etwas schneller und bringt schon am Freitag
im Vorfeld im äußersten Westen und Nordwesten etwas Regen, die
Hauptniederschläge bleiben aber auch hier außen vor. Am Sonntag greifen die
Niederschläge bei GFS und ICON schon um einiges weiter nach Osten aus und sind
zum Teil auch stärker. Vor allem bei ICON könnte es im Westen und Südwesten
(insbesondere im Schwarzwald, ggf. im Saarland) für ein Überschreiten der
Dauerregenwarnschwelle reichen. Das ist allerdings nur eine deterministische
Lösung (ICON-EPS reicht nicht so weit in die Zukunft). Während ICON am Sonntag
das Sturmtief nördlich von Schottland sieht, liegt es bei GFS über Südengland,
also ähnlich wie bei IFS. Großer Unterschied ist jedoch, dass das Tief bereits
Sonntagmittag einen Kerndruck von etwa 970 hPa aufweisen soll und auf einer
ähnlichen Bahn wie bei IFS und unter weiterer Vertiefung (Mo 00 UTC 967 hPa über
der nördlichen Deutschen Bucht) zum Skagerrak ziehen soll. Das würde eine
deutlich markantere Sturmlage hierzulande bedeuten. Markant ist auch, dass der
nachrückende Trog bei GFS deutlich weniger amplifiziert ist, die
Schaueraktivität wäre demnach vor allem nach Süden hin reduziert, wobei dort
noch die Reste der Kaltfront hängen würden.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen für eine repräsentative Auswahl deutscher Städte zeigt
hinsichtlich der T850 einen kontinuierlichen Rückgang, wobei die Einzellösungen
ab Samstag stärker divergieren. Das spricht dafür, dass noch unklar ist, wie
stark die postfrontale Abkühlung ausfällt. Es läst sich jedoch festhalten, dass
Haupt- und Kontrolllauf im Bereich der wahrscheinlichsten Lösung und auch über
weite Teile relativ mittig dran liegen. Ähnliches lässt sich für das 500
hPa-Geopotenzial festhalten, vor allem für den Süden divergieren die Lösungen
stärker. Ein etwas höheres Geopotenzial spräche hier für die GFS-Lösung (siehe
oben).
Dass zum Wochenende die Umstellung hin zu einem unbeständigeren
Witterungsabschnitt stattfindet, zeigen auch die am Samstag reichlich
vorhandenen Niederschlagssignale.

Beim Clustering gibt es für den Zeitraum von Donnerstag bis Freitag (T+72…96h)
drei Cluster, die mit 21, 16 und 14 Membern besetzt sind. Haupt- und
Kontrolllauf korrespondieren mit dem ersten Cluster. Auch wenn sich einige feine
Unterschiede zeigen, haben diese für Mitteleuropa noch keine Prognoserelevanz.
Für den Zeitraum von Samstag bis Montag gibt es wiederrum drei Cluster (22, 16,
13 Member) und erneut korrespondieren Haupt- und Kontrolllauf mit dem ersten
Cluster. Der Kaltlufttropfen zeigt sich im ersten und zweitem Cluster, in
letzterem jedoch weiter westlich. Richtige Unterschiede ergeben sich erst am
Sonntag (Sturmtiefentwicklung im zweiten Cluster ähnlich wie bei GFS) und am
Montag. Am Montag wäre läge das Tief nach dem zweiten Cluster über dem Nordmeer,
jedoch bestünde an seiner Südflanke bis in den Norden Deutschlands ein kräftiger
Gradient. Im dritten Cluster scheint der Gradient relativ aufgeweicht. Markanter
Unterschied des zweiten Clusters ist auch, dass der Trog gar nicht so weit
ostwärts vorankommen würde, sondern vielmehr über dem Atlantik und den
Britischen Inseln liegen bleibt, während er im dritten Cluster sogar etwas
schneller ist als im ersten Cluster.

Kurzum: Die Entwicklung für das Wochenende bleibt noch spannend.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Die Lage gibt in erster Linie signifikante Windereignisse her. Auf diese wurde
schon oben eingegangen, ebenso wie auf die Möglichkeit einer noch stärkeren
Entwicklung, wie sie von GFS apostrophiert wird.
Der EFI zeigt insbesondere für Montag Signale für eine Sturmlage.
Ob es von So 06 UTC bis Mo 06 UTC wie von ICON gezeigt für eine Dauerregenlage
im Schwarzwald (und im Saarland) reicht, bleibt abzuwarten. IFS-EPS geht da
nicht so recht mit.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMix

VBZ Offenbach / M.Sc. Met. Stefan Bach