S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 15.10.2021 um 10.30 UTC

Nach ruhigem Beginn wechselhaft und windig, Bergland und See auch stürmisch.
Nachts regional Nebel und im Süden teils leichter Frost in Bodennähe.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 22.10.2021

Der troposphärische Polarwirbel schwächt sich zum Beginn der Mittelfrist etwas
ab, kann sich jedoch im weiteren Verlauf fast überall wieder besser
strukturieren, was sich u.a. in einer allgemeinen Abnahme der
Geopotenzialanomalien in 500 hPa bzw. einer leichten Zunahme der gemittelten
Zonalwinde bei 60 Grad Nord äußert. Die große Ausnahme von dieser Entwicklung
bildet Kanada, wo sich ein mächtiger und stationärer Keil aufwölben soll mit
(besonders im IFS) imposanten Anomaliewerten des Geopotenzials. Dessen
Auswirkungen sind jedoch während dieser Mittelfrist bei uns noch nicht zu
spüren. Die aktuell noch negative NAM steigt somit allmählich auf neutrale
Werte, während die NAO-Vorhersage noch stark in der Memberschar streut, jedoch
insgesamt ebenfalls eine Tendenz hin zu neutralen Verhältnissen aufweist.

Die seit Anfang Oktober nahezu stationäre bzw. sich immer wieder regenerierende
Rossby-Welle über weiten Bereichen Europas weicht nun einem progressiveren
Strömungsmuster, ausgelöst durch einen Trog über dem Nordatlantik, der unter
Verkürzung seiner Wellenamplitude nach Osten zieht. Von daher deutet sich eine
recht überschaubare Entwicklung der Mittelfrist an, zumal auch die Tropen
momentan sehr inaktiv sind.

Zum Beginn der Mittelfrist, am Montag, den 18.10.21, wirkt sich ein
umfangreicher Azorenhochkeil wetterberuhigend auf das Wetter in Deutschland aus.
Neben harmlosen Cirren scheint nach Auflösung nächtlicher Nebelfelder häufig die
Sonne. Eine Ausnahme stellt der äußerste Norden/Nordosten dar, wo eine
schleifende Front dichte Wolkenfelder und etwas Regen bringt.
In der Nacht zum Dienstag bilden sich dann besonders über der Mitte und dem
Süden erneut teils dichte Bodennebelfelder aus.

Am Dienstag ändert sich an der Zweiteilung nichts Grundlegendes, allerdings muss
man nun nördlich der zentralen Mittelgebirge allgemein mit teils dichten
Wolkenfeldern und etwas Nass rechnen. Dazwischen kann sich auch mal die Sonne
zeigen. Im äußersten Norden (Deutsche Bucht bis Mecklenburg-Vorpommern) bleibt
es meist bedeckt und regnerisch.
Nach Süden zu werden die Sonnenanteile immer häufiger und länger und überwiegen
südlich der Donau. Dort bleibt es auch trocken. Allerdings können sich regional
zähe Nebelfelder bis weit in den Tag halten und sich in der Nacht zum Mittwoch
wieder verdichten/ausweiten.

Am Mittwoch greift im Tagesverlauf eine atlantische Kaltfront von Westen auf
Deutschland über und erreicht im Verlauf der Nacht zum Donnerstag auch den Süden
und Osten Deutschlands. Dabei regnet es im Umfeld der Frontpassage für längere
Zeit, bevor sich die Niederschläge im Verlauf der Nacht allgemein abschwächen.

Der Donnerstag und Freitag gestalten sich postfrontal und im Einflussbereich des
Höhentroges wechselhaft, wobei am Donnerstag lokal ein kurzes Gewitter über der
Mitte und dem Norden nicht ausgeschlossen werden kann.

Die Höchstwerte liegen am Montag und Dienstag je nach Bewölkungsverteilung und
Nebelauflösung zwischen 10 und knapp 20 Grad (mit den höchsten Werten im
Südwesten) und klettern zum Mittwoch etwas auf 17 bis 23 Grad. Nachfolgend
fließt mit der Frontpassage kühlere Meeresluft ein, sodass die Höchstwerte auf
rund 13 bis 16 Grad zurückgehen.
Besonders in der Nacht zum Dienstag und Mittwoch muss im Süden regional mit
leichtem Frost in Bodennähe gerechnet werden, bevor die Durchmischung der
Luftmasse (siehe Wind) inklusive der Bewölkung die Tiefsttemperatur auf
zweistellige Werte anhebt – davon ausgenommen der Süden.

Der Südwestwind gewinnt ab Mittwoch an Kraft, wobei zum Donnerstag auch im
Binnenland teils stürmische Böen nicht ausgeschlossen sind. Im Bergland und über
der See treten Sturmböen, exponiert teils schwere Sturmböen auf. Von Dienstag
auf Mittwoch kann der vorföhnige West- bis Südwestwind auf exponierten
Alpengipfeln Sturmstärke (teils mit schweren Sturmböen) erreichen.

Die erweiterte Mittelfrist verläuft im Westen/Norden weiterhin eher zyklonal
geprägt und somit wechselhaft, während im Süden höheres Geopotenzial und
freundliches Wetter überwiegt. Das Temperaturniveau liegt weiterhin zwischen 12
und 16 Grad.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Mittwoch liegt Deutschland im Einflussbereich eines
umfangreichen Azorenhochkeils. Diese Entwicklung wird homogen während der
letzten 3 IFS-Läufe vorhergesagt.
In der Folge zieht ein kräftiger Trog vom Nordostatlantik ostwärts in Richtung
Skandinavien. Dessen Verlagerung wurde von Lauf zu Lauf schneller berechnet,
wobei zwischen dem jüngsten Lauf und dem Lauf vom 14.10. 00 UTC eine Entfernung
von rund 1500 km liegt. Grund hierfür ist eine signifikante Verkürzung der
Wellenamplitude, sodass der ehemals als Langwellentrog berechnete Trog
mittlerweile eher den Charakter eines progressiven Randtroges annimmt. Die Folge
ist, dass bereits im Verlauf des Mittwochs Niederschläge auf ganz Deutschland
übergreifen können, wobei auch die Folgetage wechselhaft verlaufen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Ein ähnliches Bild zeichnet sich beim Vergleich mit den anderen Modellen ab. Bis
Mittwoch ist kaum eine Streuung z.B. der Geopotenzialfelder zu erkennen, bevor
diese in der Folge etwas zunimmt. Allerdings kann den internationalen Modellen
auch nach Mittwoch eine bessere Übereinstimmung bescheinigt werden, als der
Modelltendenz innerhalb des IFS Modells. Dessen Beschleunigung der
Trogverlagerung hat zu einer Anpassung an GFS und ICON geführt. Allerdings wird
die Geometrie des Troges besonders in Bezug auf mögliche Randtröge noch unsicher
gehandhabt. GFS deutet weiterhin eine negativ geneigte und deutlich
progressivere/schärfere Randtiefpassage an, was das Windpotenzial von Mittwoch
auf Donnerstag besonders über der Mitte und dem Norden deutlich erhöhen würde.
ICON und IFS hingegen deuten zwar ebenfalls Randtröge an, deren schlechtere
Platzierung zum Höhenjet jedoch eine Weiterentwicklung unterdrückt. Zudem ist
noch unsicher, wie das Druckfeld südlich der Alpen reagiert, denn bei
entsprechendem Fall würde der Luftdruckgradient über Deutschland zusätzlich
entschärft werden.
GFS hält zwar während der letzten 4 Läufe durchgehend an dieser progressiven
Randtiefpassage fest, platziert dieses jedoch ebenfalls variabel, was mit Blick
auf das Sturmböenpotenzial große Auswirkungen hat.
Zusammengefasst kann dank der vorherrschenden Dynamik eine Sturmtiefentwicklung
weiterhin nicht ausgeschlossen werden, diese Option wird jedoch bisher nur von
GFS anvisiert und auch dort nur von einem Teil der Member. Das bis jetzt Gesagte
betrifft das Sturmpotenzial im Tiefland. Alle Modelle zeigen jedoch zum
Mittwoch/Donnerstag über der Nordsee und im Bergland Sturmböen (exponiert auch
mehr) an.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Mittelfrist beginnt mit einem Cluster (klimat. Regime „Blockierung) und
zeigt einen kräftigen Keil, der von Spanien zur Nordsee gerichtet ist und uns
meist ruhiges Wetter beschert.

In der Folge nimmt die Clusteranzahl auf 6 zu, wobei das Regime „positive NAO“
überwiegt. Trotz dieser hohen Zahl an Clustern bleibt die Entwicklung recht
überschaubar, denn alle lassen den atlantischen Trog zügig nach Deutschland
ziehen. Größere Unterschiede ergeben sich bei der Geometrie des Troges
(Platzierung und Intensität von Randtrögen) sowie bei der Intensität des
Haupttroges. In allen Clustern wird der Azorenhochkeil jedoch zügig abgebaut und
macht dem von Westen nahenden Trog Platz.

In der erweiterten Mittelfrist geht die Clusteranzahl auf 3 zurück (Regime
„positive NAO“ und „Atlantikrücken“), gleichzeitig nehmen die Unterschiede
zwischen den Clustern deutlich zu. Hier wird sich die massive positive
Geopotenzialanomalie über Kanada noch weiter modifizierend auswirken.
Tendenziell aber überwiegt eine südwestliche bis westliche Anströmung, die
besonders im Norden zeitweise mit einem scharfen Luftdruckgradienten einhergeht.

Die Rauchfahnen mehrere Städte in Deutschland sind für die 850 hPa Temperatur
und das 500 hPa Geopotenzial meist eng gebündelt, wobei der det. Lauf und
Kontrolllauf gut eingebettet liegen. Erst zum Ende nimmt die Streuung deutlich
zu.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Insgesamt gestaltet sich die Warnlage während der Mittelfrist überschaubar. Am
Mittwoch wird die wärmere Luftmasse mit leicht erhöhten Werten (ohne SOT)
hervorgehoben, bevor nachfolgend der Wind in den Fokus rückt.

Besonders am Donnerstag springt der EFI „Windböen“ über der Mitte nordwärts mit
mehr als 0.7 sowie einem leicht erhöhten SOT an. Allerdings ist das eher ein
Signal für ein breites Windfeld ohne eingelagerte Maxima und deutet somit auf
Sturmböen im Bergland und über der Nordsee (exponiert auch mehr) sowie teils
stürmische Böen im Tiefland West- und Norddeutschlands hin. Natürlich muss eine
mögliche Randtiefpassage (siehe GFS) weiterhin im Auge behalten werden. Zudem
scheint der det. Lauf vom IFS eher auf der windschwachen Seite zu liegen, denn
immerhin mehr als 70% der Member deuten am Donnerstag auch im norddeutschen
Binnenland stürmische Böen und 5 bis 10% gar orkanartige Böen an.
Die potenzielle vorföhnige Lage von Dienstag auf Mittwoch spiegelt sich im EFI
nicht wider (wenigstens nicht auf deutscher Seite).

Am Donnerstag sind im Westen und Norden einzelne kurze Gewitter mit Sturmböen
nicht ausgeschlossen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS (EPS) und MOSMIX (mit Anpassungen)

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy