SXEU31 DWAV 101800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 10.10.2021 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Umstellung der Wetterlage auf Nordwest zyklonal. Damit zum Wochenbeginn deutlich
wechselhafter und nasser. An der See windig. In den Alpen zunehmend winterlich.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC

Aktuell … beginnt sich die Wetterlage umzustellen. Die bisher
wetterbestimmende Hochdruckbrücke wird abgebaut und mit Vorstoß eines
Nordmeertiefs nach Skandinavien setzt Potentialfall ein. Die Trogachse an dessen
Südflanke ist gut definiert und schwenkt in den kommenden Stunden von der
Deutschen Bucht südostwärts zur hohen Tatra. Am Boden ist dabei eine
vorauseilende schwache Kaltfront zu finden, die zum einen thermisch äußerst flau
ist und zum anderen in ein noch mehrheitlich antizyklonal geprägtes Gebiet
hineinläuft. Bis zum Morgen erreicht die Front in Form eines schmalen
Wolkenbandes mit geringen Regenfällen im kaum messbaren Bereich Vorpommern im
Osten sowie die Nordränder von Eifel und Sauerland im Westen. Das vorgelagerte
schmale Wolkenband mit hoher/mittelhoher Bewölkung ist an ein schwaches
PVA-Maximum gekoppelt, das sich bis Mitternacht unter Abschwächung zur Oder
verabschieden wird.

Rückseitig frischt der Wind an der See aus West bis Nordwest auf mit einzelnen
Windböen (Bft 7) an der Nordfriesischen Küste. Richtung Lausitz und Erzgebirge
sowie südlich des Mains bleibt es größtenteils
gering bewölkt oder klar und es bildet sich vor allem in Gewässernähe
wieder Nebel. Ähnlich wie am Vortag scheren noch immer einzelne automatische
Sichtweitenmessungen mit unplausiblen Werten unter 1 km aus (Wunstorf,
Hoyerswerder, Tholey).
Zudem muss in der Südosthälfte wieder verbreitet mit teils mäßigem Frost in
Bodennähe, gebietsweise auch mit leichtem Luftfrost gerechnet werden. Unter den
Wolken bleibt es im Nordwesten mit 11 bis 7 Grad deutlich milder.

Montag … kommt die „schlappe“ Front in der nordwestlichen Strömung zwischen
dem Hoch bei Irland und dem Tief über Mittelschweden weiter südostwärts voran
und erreicht bis zum Abend auch die Donau. Dabei eilt sie dem Trog weiterhin zu
stark voraus und die Nähe zum Irlandhochkeil mit 1025 hPa über dem Südwesten
Deutschlands ist wenig förderlich, um die ohnehin äußerst geringe
Wetteraktivität zu puschen. So bleibt ein schmales Band mit mehrschichtiger
Bewölkung übrig, aus dem allenfalls ein paar Tropfen fallen.

Vor allem durch die Vertiefung über Mittelschweden nimmt der Gradient in
Küstennähe noch etwas zu, so dass an den Küsten verbreitet mit steifen (Bft 7),
auf Sylt auch stürmischen Böen (Bft 8) aus Nordwest zu rechnen ist.

Zudem bohrt sich das Höhentief, das sich nun vollends über Skandinavien
etabliert, weiter südwärts vor und versucht Kontakt zum Cut-Off über der Adria
aufzunehmend. Das gelingt zumindest tagsüber noch nicht ganz. Ein Streifschuss
Höhenkaltluft (T500 unter -25 Grad) erreicht bis zum Abend die Dänische Grenze
und Rügen, so dass dort postfrontal neben Schauern (vorrangig über der
Norddeutsche Tiefebene) auch kurze Gewitter auftreten können – insbesondere
getriggert auch durch die vergleichsweise warme Wasseroberfläche.

Zwischendurch zeigt sich aber auch mal kurz die Sonne – am längsten im
Ostseeumfeld und präfrontal (abseits morgendlicher Nebelfelder) südlich der
Donau. Durch die allgemein bessere Durchmischung macht sich die
niedertroposphärische Abkühlung (T850 hPa im Norden bei 0 Grad, im Süden +4
Grad) kaum bemerkbar mit Höchstwerten zwischen 10 und 16 Grad.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt ein Kurzwellentrog von der Nordsee
landeinwärts. Dadurch werden in der Nordhälfte Deutschlands
vermehrt Schauer ausgelöst, teils mit Graupel. Diese können sich auch linienhaft
organisieren, da die hochreichende Scherung mit teils mehr als 20 m/s gewaltig
ist und sich auch am Boden ein Randtrog abzeichnet, der gewissermaßen eine
zweite Kaltfrontstaffel markiert. Vor allem in Ostseenähe treten bei einem T500
Rückgang auf -30 Grad ziemlich wahrscheinlich auch einzelne kurze Gewitter auf.
Angesichts von Wassertemperaturen um die 14 Grad sind das satte 44K
zwischen Boden und 500 hPa. Laut Faustformel sind ja Werte ab 40
Kelvin ein guter „first guess“ für ausreichend Labilität für
Gewitter.

Ein Nebenaspekt ist die Reaktivierung der Front im Süden, was
immerhin zu Regensummen von quasi 0 hin zu 1-5 l/qm binnen 6 Stunden
führt. In den Alpen fällt ab etwa 1400 Metern etwas Schnee.

Der Gradient bleibt in Küstennähe ziemlich stabil. Verbreitet und langanhaltend
ist mit Böen der Stärke 7 Bft, bei Durchzug des Troges vorübergehend mit
stürmischen Böen 8 Bft zu rechnen. Die
Wahrscheinlichkeit dafür liegt im aktuellen Lauf des ICON-EU-EPS an der Nordsee
und in exponierten Lagen der Ostsee bei 20-30%, auf Sylt bei über 50%.

Die Frostgefahr ist dann mit Wind und Wolken erstmal passé, so dass
sich die Tiefstwerte meist im Bereich zwischen 10 und 4 Grad bewegen.

Dienstag … weitet sich mit dem südwärts schwenkenden Randtrog der
skandinavische Haupttrog weiter südwärts über Ostdeutschland und
Tschechien bis zum Balkan aus, womit das einstige Cut-Off eingefangen
wird. Dadurch wird die nordwestliche Strömung bei uns noch ein Stück
weit zyklonaler und auch die Schichtung mit KLA in der Höhe etwas
labiler, was zahlreiche Schauer, im Nordosten weiterhin auch lokale
Gewitter mit Graupel zur Folge hat.
Darüber hinaus wird die zweite Kaltfrontstaffel bis zum Abend vergleichsweise
langsam nach Süddeutschland geführt. Daher sind in einem Streifen von NRW bis
nach Franken auch zweistellige Regensummen innerhalb von 12 Stunden möglich.
Nachdem am gestrigen Tag des ICON-EU noch das „aggressivste“ Modell war, liegt
nun IFS mit maximal 15 l/qm in der Eifel und im Odenwald knapp vorne. Die
anderen vorliegenden Modelle haben recht einheitlich 5-10 l/qm auf der Agenda.

Die 0 Grad-Isotherme in 850 hPa schiebt sich bis zum Abend bis zu den
Alpen vor, so dass die Schneefallgrenze im Laufe des Abends mit Intensivierung
der Niederschläge allmählich bis auf 1000 Meter absinkt. Bis dahin sollten
oberhalb von 1300-1400 Metern 5 bis 10, in Staulagen bis 15 cm Neuschnee allemal
drin sein.

Besonders an der See bleibt es weiterhin windig, an der Nordsee
exponiert mit stürmischen Böen. Anströmung und Gradient erscheinen
äußerst günstig, dass sich in Ostholstein und Mecklenburg für längere
Zeit ein „Skandinavienföhnfenster“ mit Sonnenschein öffnen
könnte, dreht doch die Strömung nach Durchschwenken des Troges noch
etwas weiter recht auf Nord.

Die fortschreitende niedertroposphärische Abkühlung schlägt sich nun
auch langsam in den Höchstwerten nieder, wo bei T850 hPa um 0 Grad
selbst bei idealer Durchmischung bei 14-15 Grad Schluss ist. Gerade
in den Schauern und an den Nordrändern der Mittelgebirge werden es kaum mehr als
10 Grad sein.

In der Nacht zum Mittwoch setzt am Rande des Höhentiefs mit Schwerpunkt über
Polen und Tschechien von Norden schwache NVA ein. Zusammen mit dem Tagesgang
sorgt das für eine leichte Stabilisierung und die Schauer werden seltener,
stauen sich aber an den Nordrändern der Mittelgebirge. Insbesondere in stärkster
Nähe zum abziehenden Randtrog liegen die Niederschlagsschwerpunkte am Erzgebirge
sowie am Alpenrand. Dort fallen noch 5 bis 10 l/qm binnen 12 Stunden, an den
Alpen 10 bis 20 l/qm. Oberhalb von etwa 1000 Meter bedeutet das entsprechend
weiteren Neuschneezuwachs, wobei bei dieser Lage das Verhältnis 1:1 (1 l/qm ca.
1 cm) zutreffend sein sollte. Also werden auch die Kammlagen des Erzgebirges
angezuckert.

Vor allem im Norden und Nordosten lockert es teils stärker auf und es könnte
lokal wieder für Frost in Bodennähe reichen, da auch der Gradient ein Stück weit
auffächert. Selbst an der Nordseeküste sind auch immer seltener Windböen ein
Thema. Allgemein liegen die Tiefstwerte zwischen 6 und 1 Grad.

Mittwoch … entfernt sich das Höhentief ein Stück weiter südostwärts und
erreicht im Tagesverlauf Ungarn. Mit dem Gegenpart des doch recht mächtigen
Rückens über der Biskaya und Irland herrscht eine nördliche Höhenströmung. Am
Boden ist es eher eine west-nordwestliche Strömung am Rande des Hochs über den
Britischen Inseln, das immer mehr an Bedeutung gewinnt.

So bleibt es schon immer häufiger trocken bei einem Wechsel aus Sonne und
Wolken. Von Ostholstein über Mecklenburg-Vorpommern bis in den Berliner Raum
bestehen weiterhin gute Chancen für längeren Sonnenschein dank
Skandinavienföhns. Die höhenkälteste Luft mit T500 hPa unter -30 Grad wird aus
dem Osten und Südosten Deutschlands bis zum Abend auch aus dem östlichen Zipfel
Niederbayerns ostwärts rausgedrückt, so dass sich Schauer dort noch am längsten
neu entwickeln, weshalb sich auch die Stausituation an den Alpen fortsetzt. Bis
zum Abend kommen weitere 5 bis 10 Zentimeter oberhalb etwa 1000 Meter hinzu, was
die Gesamtschneehöhe in Staulagen schon in die Richtung von 30-40 Zentimeter
führen sollte.

Zwar wird es im Nordwesten in höheren Luftschichten schon deutlich wärmer und
stabiler, unterhalb etwa 650 hPa hält sich aber eine leidlich labile Schichtung
und von der Nordsee sind bis nach NRW auch deutschlandweit die höchsten
spezifischen Feuchten mit rund 15 g/kg zwischen 0 und 500 Metern zu finden.
Daher simulieren die Modelle auch dort im Tagesverlauf einzelne Schauer, deren
Mengen natürlich weit weg von irgendwelchen Warnschwellen liegen.

Der Wind weht bei weiterer Gradientauffächerung nur noch schwach, an der Nordsee
mäßig. Die Höchstwerte liegen in der kühlen Luftmasse (T850 verbreitet um oder
leicht unter 0 Grad) bei gerade mal 7 bis 13 Grad.

Modellvergleich und -einschätzung

Auf Basis der aktuellen Läufe ergeben sich keine gravierenden Diskrepanzen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen