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S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 09.10.2021 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Ruhiges Herbstwetter mit teils frostigen Nächten, zum Wochenbeginn deutlich
wechselhafter. An der See windig, in den Alpen winterlich.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC

Aktuell … ist der Himmel deutschlandweit nahezu blank geputzt, was man in der
Form auch nicht allzu häufig sieht. Das liegt an einer umfassenden
Hochdruckbrücke, die sich von den Azoren über die Britischen Inseln bis zum
Baltikum erstreckt. Dadurch wird am Boden zum einen das Hoch OLDENBURGIA
westlich von Irland und zum anderen – für unser Wetter bedeutender – das Hoch
LIOBA über Belarus. Ein südlich flankierendes Höhentief über dem Balkan ist an
seiner Nordwestflanke von kräftiger Kaltluftadvektion überlagert, so dass sich
die Wetteraktivität auf nur noch wenige Restwolken an den Alpen beschränkt.

Mit einer östlichen Strömung wird dabei in nahezu allen Troposphärenschichten
sehr trockene Luft herangeführt. Die Taupunkte gehen dabei aktuell von
Tschechien her in Teilen Sachsens und Bayerns auf negative Werte zurück, weshalb
es verständlich ist, dass bereits großflächige Frostwarnungen ausgegeben wurden.
Reichte es letzte Nacht nur zu vereinzelten Luftfrösten, sollte dies in der
kommenden Nacht deutlich verbreiteter bis nach Nordhessen und Südniedersachsen
der Fall sein. Mit Frost in Bodennähe muss ziemlich verbreitet gerechnet werden.
Wer also noch anfällige Pflanzen ungeschützt auf dem Balkon oder im Garten hat,
sollte noch flugs vorbereitende Maßnahmen treffen.

Persistenzbezogen sollte die Nebelneigung im Thüringer Becken sowie in den
Flusstälern der zentralen und westlichen Mittelgebirge am größten sein. Aber
auch vom Niederrhein bis ins Emsland sowie in Teilen Süddeutschlands kann sich
das ein oder andere dichtere Nebelfeld bilden. Derzeitige Automatenmeldungen mit
Sichtweiten unter 1 km (vermehrt Uckermark/BB, aber auch Wunstorf/NS und
Gelbelsee/BY) werden weder durch relative Luftfeuchten von rund 60%, als auch
von Beobachtungen umliegender bemannter Stationen geteilt und können daher
(vorerst) ignoriert werden. Auch tagsüber gab es dort bereits
Sichteinschränkungen, so dass vermutlich die Messgeräte verschmutzt sind.

Zum Morgen nähern sich von der Nordsee harmlose hohe und mittelhohe
Wolkenfelder, die…

Sonntag … l… zu einer schwachen (maskierten) Kaltfront, die immer mehr den
Charakter einer Okklusion annimmt (abgehobene Warmluftschliere), gehören. Diese
nähert sich allmählich der Deutschen Bucht und erreicht diese zum Abend auch mit
geringfügigem Regen. Die Front läuft einem Nordmeertrog weit voraus (daher die
geringe Wetterwirksamkeit), der sich dank postfrontaler südwärts gerichteter KLA
immerhin schon bis zur nördlichen Nordsee ausweiten kann.

Die wiederum der Front vorauseilenden hohen Wolkenfelder gelangen auf ihrem Weg
nach Südosten in den Bereich des stärksten kompensatorischen Absinkens zum
Gegenpart des Höhentiefs über der Adria. Dadurch wird das Wolkenband am
Nachmittag (etwa auf einer Linie Vorpommern-Saarland befindlich) immer schmaler
und poröser.

Im großen Rest des Landes zeigt sich nach Auflösung teils zäher Nebel- und
Hochnebelfelder (besonders hartnäckig bis zum späten Vormittag und Mittag
wahrscheinlich am Bodensee und Alpenvorland bei schwacher Bise) länger die
Sonne. Während im Osten und Südosten noch eine gealterte, kontinental geprägte
und recht kühle Luftmasse lagert (T850 +2 bis +4 Grad), wird im Vorfeld der
Kaltfront im Westen etwas mildere Luft von Frankreich mit T850 bis +9 Grad
herangeführt. Die Höchstwerte liegendementsprechend zwischen kühlen 12 Grad in
Niederbayern und an der Neiße und 17 Grad in der Kölner Bucht.

In der Nacht zum Montag erreicht die Front mit geringen Regenfällen im kaum
messbaren Bereich Vorpommern im Osten sowie die Nordränder von Eifel und
Sauerland im Westen. Rückseitig frischt der Wind an der See aus West bis
Nordwest auf mit einzelnen Windböen (Bft 7) an der Nordfriesischen Küste.
Südlich des Mains bleibt es größtenteils gering bewölkt oder klar und es bildet
sich vor allem in Gewässernähe wieder Nebel. Zudem muss in letztgenannten
Gebieten wieder verbreitet mit Frost in Bodennähe, gebietsweise auch mit
geringem Luftfrost gerechnet werden. Unter den Wolken bleibt es im Nordwesten
mit 11 bis 7 Grad deutlich milder.

Montag … kommt die thermisch äußerst flau ausgeprägte Front in der
nordwestlichen Strömung zwischen dem Hoch bei Irland und dem Tief über
Mittelschweden weiter südostwärts voran und erreicht bis zum Abend auch die
Donau. Vor allem durch die Vertiefung über Mittelschweden nimmt der Gradient in
Küstennähe noch etwas zu, so dass an den Küsten verbreitet mit steifen (Bft 7)
auf Sylt auch stürmischen Böen (Bft 8) aus Nordwest zu rechnen ist.

Zudem bohrt sich das Höhentief, das seinen Schwerpunkt zunehmend vom Nordmeer
nach Skandinavien verlagert, weiter südwärts vor und versucht Kontakt zum
Cut-Off über der Adria aufzunehmend. Das gelingt zumindest tagsüber noch nicht
ganz. Ein Streifschuss Höhenkaltluft (T500 unter -25 Grad) erreicht bis zum
Abend die Dänische Grenze und Rügen, so dass dort postfrontal neben Schauern
auch kurze Gewitter auftreten können – insbesondere getriggert auch durch die
vergleichsweise warme Wasseroberfläche. Zwischendurch zeigt sich aber auch mal
kurz die Sonne – am längsten im Ostseeumfeld und südlich der Donau. Durch die
allgemein bessere Durchmischung macht sich die niedertroposphärische Abkühlung
(T850 hPa im Norden bei 0 Grad, im Süden +4 Grad) kaum bemerkbar mit
Höchstwerten zwischen 10 und 16 Grad.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt ein Kurzwellentrog von der Nordsee
landeinwärts. Dadurch werden vermehrt in der Nordhälfte Deutschlands vermehrt
Schauer, vor allem in Ostseenähe bei T500 Rückgang auf -30 Grad ziemlich
wahrscheinlich auch mit Blitz und Donner ausgelöst. Angesichts von
Wassertemperaturen um die 14 Grad sind das satte 44K zwischen Boden und 500 hPa.
Laut Faustformel sind ja Werte ab 40 Kelvin ein guter „first guess“ für
ausreichend Labilität für Gewitter.

Ein Nebenaspekt ist die Reaktivierung der Front im Süden, was immerhin zu
Regensummen von quasi 0 zu 3-7 l/qm binnen 6 Stunden führt. In den Alpen fällt
ab etwa 1300 bis 1400 Metern Schnee.

Der Gradient bleibt in Küstennähe ziemlich stabil. Je nachdem wie stark sich der
Randtrog auch am Boden abbildet, sind zumindest an der Nordsee zeitweise auch
Sturmböen (8 bis 9 Bft) vorstellbar. Die Wahrscheinlichkeit dafür liegt im
aktuellen Lauf des IFS-EPS bei 10-20%. Windböen Bft 7 dürfen als gesichert
gelten.

Die Frostgefahr ist dann mit Wind und Wolken erstmal passé, so dass sich die
Tiefstwerte meist im Bereich zwischen 10 und 3 Grad bewegen.

Dienstag … weitet sich mit dem südwärts schwenkenden Randtrog der
skandinavische Haupttrog weiter südwärts über Ostdeutschland und Tschechien bis
zum Balkan aus, womit das einstige Cut-Off eingefangen wird. Dadurch wird die
nordwestliche Strömung bei uns noch ein Stück weit zyklonaler und auch die
Schichtung mit KLA in der Höhe etwas labiler, was zahlreiche Schauer, im
Nordosten weiterhin auch lokale Gewitter zur Folge hat.
Darüber hinaus wird noch eine kleine Warmfrontwelle von England im Tagesverlauf
in den Westen Deutschlands gesteuert, wo es zu schauerartigen Regenfällen kommt.
Der 12z Lauf des ICON06 ist hier am stärksten aufgestellt mit 12h Mengen von
10-15 l/qm vom Ruhrgebiet bis zum Spessart. Die anderen vorliegenden Modelle
sind mit Mengen meist im einstelligen Bereich etwas zurückhaltender.

Die 0 Grad-Isotherme in 850 hPa schiebt sich bis zum Abend bis zu den Alpen vor,
so dass die Schneefallgrenze im Laufe der Nacht zum Mittwoch teilweise bis auf
1000 Meter absinkt. 5 bis 10, in Staulagen um 15 cm Neuschnee sollten bis zum
Abend allemal drin sein, wobei beim Blick in die Mittelfrist in der Folge noch
Einiges dazukommen dürfte.

Besonders an der See bleibt es weiterhin windig, an der Nordsee exponiert mit
stürmischen Böen. Anströmung und Gradient erscheinen äußerst günstig, dass sich
in Ostholstein und Mecklenburg für längere Zeit ein „Skandinavienföhnfenster“
mit längerem Sonnenschein öffnen könnte, dreht doch die Strömung nach
Durchschwenken des Troges noch etwas weiter rum auf Nord.

Die fortschreitende niedertroposphärische Abkühlung schlägt sich nun auch
langsam in den Höchstwerten nieder, wo bei T850 hPa um 0 Grad selbst bei idealer
Durchmischung bei 14-15 Grad Schluss ist. Gerade in den Schauern werden es kaum
mehr als 10 Grad sein, Herbstfeeling inklusive.

Modellvergleich und -einschätzung

Es sind keine gravierenden Unterschiede in grundsätzlichen Fragestellungen zur
Kurzfrist auszumachen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen