S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 07.10.2021 um 10.30 UTC

Wechselhaft und kühl, an der See windig. In den Alpen längere Schneefälle. In
der zweiten Wochenhälfte Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 14.10.2021

Am Sonntag, dem Übergangstag von Kurz- zur Mittelfrist, liegt Deutschland im
Bereich einer schwachen Hochdruckbrücke, die sich gerade noch zwischen den
kräftigten Hochs mit jeweils über 1030 hPa in den Zentren westlich von Irland
sowie über Westrussland hält. In der Höhe spielt ein Cut-Off über dem
Karpatenbogen keine Rolle für unser Wettergeschehen. Eher überwiegt auch hier
Absinken mit Annäherung einer Keilachse von der Nordsee, die vom Hoch über dem
nahen Ostatlantik ausgeht. Eine sich ziemlich genau in diesem Bereich
befindliche (Rest-)Kaltfront, die immer mehr den Charakter einer Okklusion
annimmt (abgehobene Warmluftschliere) ist daher kaum wetterwirksam und macht
sich erst zum Nachmittag direkt an der Nordsee mit aufziehenden Wolkenfelder und
etwas Regen bemerkbar. Im Vorfeld wird mit deren Annäherung über Ostdeutschland
etwas Hebung in mittleren Troposphärenschichten generiert, was sich in Form
ausgedehnter hoher und mittelhoher Wolkenfelder niederschlägt. Im großen Rest
des Landes zeigt sich nach Auflösung teils zäher Nebel- und Hochnebelfelder
(besonders hartnäckig am Bodensee und Alpenvorland bei schwacher Bise) länger
die Sonne. Während im Osten und Südosten noch eine gealterte, kontinental
geprägte und recht kühle Luftmasse lagert (T850 +2 bis +4 Grad), wird im Vorfeld
der Kaltfront im Westen etwas mildere Luft von Frankreich mit T850 bis +9 Grad
herangeführt. Die Höchstwerte liegendementsprechend zwischen kühlen 12 Grad in
Niederbayern und an der Neiße und 17 Grad in der Kölner Bucht.
In der Nacht zum Montag erreicht die Front mit geringen Regenfällen bis 5 l/qm
binnen 12 Stunden die zentralen Mittelgebirge. Rückseitig frischt der Wind an
der See aus West bis Nordwest auf mit einzelnen Windböen an der Nordfriesischen
Küste. Südlich des Mains bleibt es größtenteils gering bewölkt oder klar und es
bildet sich vor allem in Gewässernähe wieder Nebel. Zudem muss in letztgenannten
Gebieten wieder verbreitet mit Frost in Bodennähe, vereinzelt auch mit geringem
Luftfrost gerechnet werden. Unter den Wolken bleibt es im Nordweste mit 11 bis 7
Grad deutlich milder.

Am Montag kommt die thermisch äußerst flau ausgeprägte Front in der
nordwestlichen Strömung zwischen dem Hoch bei Irland und dem Tief über
Mittelschweden weiter südostwärts voran und erreicht bis zum Abend auch die
Alpen. Vor allem durch die Vertiefung über Mittelschweden nimmt der Gradient in
Küstennähe noch etwas zu, so dass an den Küsten verbreitet mit starken bis
stürmischen Böen (Bft 7 bis 8) aus Nordwest zu rechnen ist. Zudem erreicht ein
Streifschuss Höhenkaltluft (T500 unter -25 Grad) des Skandinavientroges
Vorpommern, so dass dort postfrontal neben Schauern auch kurze Gewitter
auftreten können – insbesondere getriggert auch durch die vergleichsweise warme
Wasseroberfläche. Zwischendurch zeigt sich aber auch mal kurz die Sonne. Durch
die allgemein bessere Durchmischung macht sich die niedertroposphärische
Abkühlung (T850 hPa im Norden bei 0 Grad, im Süden +4 Grad) kaum bemerkbar mit
Höchstwerten zwischen 10 und 16 Grad.

Am Dienstag schwenkt ein Randtrog von Südnorwegen nach Norddeutschland und beult
somit den Trog, der in seiner Hauptachse von Skandinavien bis nach Polen reicht
effektiv auch ein Stück nach Westen aus. Dadurch wird die nordwestliche Strömung
bei uns noch ein Stück weit zyklonaler und auch die Schichtung mit KLA in der
Höhe etwas labiler. Folglich werden auch die Schauer zahlreicher und kräftiger.
Darüber hinaus wird noch eine kleine Warmfrontwelle von England im Tagesverlauf
in den Westen Deutschlands gesteuert, wo schauerartige Regenfälle ohne Weiteres
für Niederschlagsmengen um 10 l/qm binnen 6 Stunden gut wären. Die 0 Grad
Isotherme in 850 hPa schiebt sich bis zum Abend bis zu den Alpen vor, so dass
die Schneefallgrenze zunächst auf 1500 Meter, im Laufe der Nacht zum Mittwoch
teilweise bis auf 1000 Meter absinkt. Besonders an der See bleibt es weiterhin
windig, an der Nordsee exponiert mit stürmischen Böen.

Am Mittwoch schwenkt der Randtrog weiter nach Oberitalien und die Strömung kippt
vorübergehend auf Nord. Gleichzeitig rückt das Irlandhoch etwas ostwärts nach
England vor, so dass sich dessen Einfluss auf Deutschland allmählich verstärkt.
Gleichwohl hält der Zustrom feucht-kühler Meeresluft weiter an, aus der aber nur
noch vereinzelt etwas Regen oder Sprühregen fällt. Anders an den Alpen, wo es im
Nordstau längere Zeit regnet, oberhalb etwa 1000 Metern schneit. Ob dabei auch
markante Warnschwellen überschritten werden, ist noch unsicher (siehe Abschnitt
unten). Ebenfalls ist noch nicht vollends geklärt, ob Gradient und Anströmung
ausreichen, um im Nordosten ein kleines „Skandinavienföhnfenster“ zu öffnen. IFS
deutet das zumindest an. Die Temperaturen liegen gerade mal noch bei 8 bis 14
Grad.

Am Donnerstag und Freitag verlagert sich der Schwerpunkt des Hochs nach
Mitteleuropa, so dass die Niederschläge zwar abklingen, die Temperaturen aber
auf kühlem Niveau bleiben und sich wieder vermehrt die Frage nach Nebel und
Hochnebel stellt.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Dienstag muss man dem IFS eine recht hohe Konsistenz
bescheinigen. Unsicherheiten kommen dann mit der Simulation des südwärts
übergreifenden Randtroges von Norwegen zustande, der das Bodendruckfeld und
damit auch die Wetteraktivität je nach Lage und Schärfe mehr oder weniger stark
nach Westen zyklonal deformiert. In diesem Zusammenhang hatte der gestrige 12z
Lauf für den kommenden Mittwoch (13.10.) noch einen recht scharfen Bodentrog mit
1015 hPa über Westdeutschland im Programm (auch stärkere Stauniederschläge an
den Alpen), wohingegen der aktuelle 0z Lauf mit einem flachen Keil von 1025 hPa
über der Mitte des Landes aufwartet. Zyklonale Nordlagen sind halt selten und
gerade durch die Überströmung der Norwegischen Gebirgskette diffizil.

In der erweiterten Mittelfrist präsentiert uns der aktuelle Lauf für das
übernächste Wochenende mit einem Cut-Off über Deutschland eine komplett neue
Variante, wo Vorzeichen/Vorläufe eher auf antizyklonales Geschehen getrimmt
waren.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Was für die Konsistenzbetrachtung gilt, findet sich auch im Modellvergleich
wieder. Ab Dienstag, spätestens Mittwoch gibt es leichte Dissonanzen in der
Ausgestaltung des Trogvorstoßes mit leichten Modifikationen des Druckfeldes. In
den großräumigen Strukturen besteht jedoch weitgehend Einigkeit.

Was die erweiterte Mittelfrist betrifft, geht GEM die IFS Lösung mit Cut-Off zum
Freitag/Samstag über Deutschland mit. Das chinesische CMA, das japanische JMA
sowie GFS (allesamt jedoch keine „Schwergewichte“ in Sachen Mittelfrist)
bestehen weiterhin auf Hochdruckeinfluss in allen Schichten.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Der Blick auf die Ensembles offenbart schnell Einigkeit dahingehend, dass die
850 hPa Temperaturen in der kommenden Woche landesweit auf Werte nahe 0 Grad
zurückgehen. Die Rauchfahne München geht am Mittwoch sogar auf -2 Grad zurück
mit Einzellösungen bis -5 Grad. Von daher kann ein Absinken der Schneefallgrenze
auf unter 1500 Meter als gesichert, auf rund 1000 Meter als wahrscheinlich und
im Extremfalls sogar kurzzeitig bis in die Täler nicht ausgeschlossen werden. Ob
er dann auch überall liegen bleibt, steht entsprechend auf einem anderen Blatt.

Ab Donnerstag nimmt auch die Spreizung im Geopotential deutlich zu und die
Vorhersage wird sehr unsicher. HL und CL setzen auf eine Erwärmung zum Freitag
bis auf rund 6 Grad in 850 hPa, einzelne Stränge im EPS bleiben aber um oder
etwas unter dem Gefrierpunkt.

Die Niederschlagssignale häufen sich in der ersten Wochenhälfte (ohne ernste
Hinweise auf Warnschwellen), am Donnerstag und Freitag liegt der Median nahe 0,
was allgemein ins Bild passt.

Die 5 gebildeten Cluster im Zeitraum +120-168h (Di-Do) sehen über Mitteleuropa
allesamt ähnlich aus, unterscheiden sich im bereits erwähnten Setup lediglich
wie stark zyklonal die nordwestliche Strömung ausgeprägt ist. Zyklonale und
antizyklonale Varianten halten sich dabei in etwa die Wage, wobei aufgrund der
Position zum Hoch der Westen eher antizyklonal und der Osten eher zyklonale
Präferenz besitzen. Zum Donnerstag wird mit großer Mehrheit die Verlagerung des
Hochs nach Deutschland simuliert.

Und was ist nun mit der erweiterten Mittelfrist? Der vom HL geplante Cut-Off
wird von den Clustern 2 und 3 gezeigt, im Cluster 4 noch angedeutet aber eher
weiter nördlich stattfindend. Cluster 1 und 5 sind damit auf der GFS und
Co.-Schiene. Das Gesamtverhältnis lautet nach Anzahl der Member 30:21 pro
deterministischer HL Variante des IFS. Diese ist aus Autorensicht nebst
Unterstützung des GEM die etwas wahrscheinlichere Lösung.

FAZIT:
Nach wechselhaftem Wochenstart, würde die Wetterberuhigung am Donnerstag und
Freitag nur von kurzer Dauer sein. Am kühlen Temperaturniveau dürfte sich
ohnehin nicht allzu viel ändern, selbst wenn es in der Höhe wieder etwas milder
werden sollte.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

STURM:
Dass zumindest die Nordseeinseln am Dienstag stürmische Böen (Bft 8) abbekommen,
ist ziemlich wahrscheinlich. IFS-EPS liegt dafür bei über 50%. Die Signale an
der Ostsee sind hingegen nur gering (meist um 20%).

SCHNEE:
Das 90%-Perzentil des IFS-EPS zeigt in den Staulagen der Alpen am Dienstag und
Mittwoch durchaus Neuschneemengen zwischen 15 und 25 cm binnen 24 Stunden. Ob es
tatsächlich für markante Warnungen reichen wird, entscheidet sich unter anderem
durch die o.e. Unsicherheiten in der Prognose. Die Ausbildung einer Schneedecke
oberhalb etwa 1000 Meter darf aber als relativ gesichert gelten.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen