S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 05.10.2021 um 10.30 UTC

Zunächst Hochdruckbrücke und ruhiges Wetter. Zur neuen Woche grundlegende
Umstellung der Großwetterlage über Nordwest auf Nord und damit auf nachhaltigen
Vollherbst

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 12.10.2021

Am Freitag erstreckt sich eine Zunge mit hohem Geopotential vom nahen
Ostatlantik über die Nordsee und Südskandinavien bis nach Westrussland, sodass
auch am Boden große Teile von Europa von einer Hochdruckbrücke beeinflusst
werden. Der höchste Luftdruck erstreckt sich dabei von Westrussland bis
Norddeutschland. Daraus folgend prägt eine gradientschwache und ruhige
Wetterlage das Wettergeschehen in Deutschland. Dabei wird man in Richtung
Alpenrand noch leicht von den Ausläufern des Höhentiefs über Italien
beeinflusst. Zudem gibt es dort auch noch niedertroposphärische Restfeuchte.
Entsprechend ist es im Süden noch häufiger dicht oder hochnebelartig bewölkt. Im
Rest des Landes gibt es hingegen nach Auflösung teils zäher Nebelfelder einen
freundlichen und trockenen Tag.
Nachts lockert die Wolkendecke teils stärker auf und es wird in der Südosthälfte
mit 5 bis 0 Grad und teils Frost in Bodennähe recht frisch.

Am Wochenende dominiert weiterhin die Hochdruckbrücke, wobei mit einer östlichen
Grundströmung eher kühle Luftmassen herangeführt werden. So gehen die
Temperaturen in 850 hPa in der Südosthälfte auf Werte um 0 Grad zurück. Zudem
machen sich am Sonntag im Osten allmählich tiefe Wolkenfelder bemerkbar. Diese
werden an der Nordflanke des Höhentiefs, das mittlerweile über der nördlichen
Adria liegt, westwärts geführt. Auch im Westen hat die Hochdruckbrücke eine
Schwachstelle. Ein Kurzwellentrog und eine schwache Kaltfront nähern sich von
Frankreich her und schieben erste Wolkenfelder im Laufe des Sonntags in den
Westen und Nordwesten Deutschlands.
Davon abgesehen wird aber ein sonniges Wochenende erwartet. Zumindest abgesehen
von den teils zähen Nebel/Hochnebelfeldern, die sich bei der gradientschwachen
Lage mancherorts auch länger halten können. Dazu gibt es außerhalb von
Dauernebel 12 bis 18 Grad, mit einem NW-SO Gefälle. Nachts gibt es gebietsweise
Frost in Bodennähe, vornehmlich in der Südosthälfte.

Am Montag verbindet sich das Höhentief über der Adria, mit dem von Frankreich
sich nähernden Trog. Nachfolgend gelangt Deutschland am Dienstag auf deren
Rückseite in eine unbeständige NW-Strömung, mit der recht kalte Luftmassen
herangeführt werden. In der Folge werden von Montag zum Dienstag die
Niederschläge häufiger und sind teils konvektiv geprägt. Die Maxima gehen zurück
und liegen am Dienstag nur noch bei 11 bis 16 Grad.

Im weiteren Wochenverlauf verbleibt Deutschland rückseitig eines mittlerweile
stark amplifizierten Troges über Osteuropa in einer zunehmend nördlichen
Höhenströmung. Die 850 hPa Temperatur liegt dann landesweit unter 0 Grad.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Mittelfrist startet mit einer recht guten Übereinstimmung der verschiedenen
Modellläufe des ECMWF. So wird von allen Läufen die Hochdruckbrücke
vorhergesagt. Es gibt aber noch Differenzen bezüglich der genauen Lage der
Hochdruckachse und des Höhentiefs in Richtung Adria. Die Unterschiede haben
keine direkten Auswirkungen auf das hochdruckgeprägte Wochenende, können aber
für das eine Grad weniger oder mehr bei den Höchstwerten sorgen.

Zum Sonntag werden die Unterschiede langsam klarer. So sind die prognostizierten
850er im Osten niedriger, als in den Vorläufen und auch die Feuchtefelder aus
Osten werden deutlich offensiver gerechnet, als noch im gestrigen 12 UTC Lauf.
Das gilt auch für die Ausläufer der sich nähernden Front von Frankreich im
weiteren Tagesverlauf. Kurzum wird die Hochdruckbrücke am Sonntag im aktuellen
00 UTC doch deutlich stärker geschwächt, als noch im Vorlauf.

Zu neuen Woche wurde auch schon in den Vorläufen ein Übergreifen des Troges auf
Mitteleuropa und Deutschland prognostiziert. Auch wenn es natürlich Unterschiede
im Detail gibt, wird diese Umstellung der Großwetterlage auf Nordwest konsistent
vorhergesagt. Das gilt auch zum Ende der Mittelfrist mit Drehung der
Höhenströmung auf nördliche Richtungen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Alle Modelle prognostizieren für den Beginn der Mittelfrist die Hochdruckbrücke
über Europa mit stabilem Wetter für Deutschland in einer östlichen
Grundströmung.
Unsicherheiten mit Auswirkungen auf Deutschland ergeben sich ab Sonntag, wenn
das Höhentief über Südosteuropa von den verschiedenen Globalmodellen leicht
unterschiedlich positioniert wird und sich damit auch die anderen gekoppelten
Druckgebilde etwas verschieben. Beim ICON ist die Kaltfront über Westeuropa
beispielsweise schon bis nach Deutschland vorangekommen. Diese ist zwar nicht
sonderlich wetterwirksam, bringt aber dem Westen und Nordwesten schon früh und
rascher ostwärts ausgreifend als beim ECMWF, dichte Wolkenfelder. Diese
überqueren zum Sonntagnachmittag bereits die Mitte des Landes. Dafür hätte beim
ICON das Höhentief keinen Einfluss auf den Osten und Südosten. Das GFS ist
hingegen etwas langsamer als das ECMWF, sieht aber ebenfalls keine Wolkenfelder
aus Osten.

Zur neuen Woche sehen alle Modelle ein Übergreifend des Troges. Beim GFS geht
dies langsamer von Statten und Deutschland läge am Dienstag noch direkt im
Zentrum des Troges. Beim ECWMF läge man rückseitig in einer NW-Strömung und beim
ICON würde bereits die volle Nordströmung zuschlagen.
Im weiteren Verlauf sieht auch das GFS eine nördliche Strömung mit kalten
Luftmassen und Temperaturen unter 0 Grad in 850 hPa.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen des ECMWF zeigen bis zum Wochenende einen gebündelten Verlauf
der verschiedenen Modellmember. Auffällig ist allerdings, dass Haupt- und
Kontrolllauf zum Sonntag klar im unteren Bereich bei Temperatur und Geopotenial
liegen und damit klar außerhalb des Median. Das lässt schlussfolgern, dass das
Ensemblemittel das Übergreifen und etablieren des westeuropäischen Troges erst
am Montag zeigt und damit 1.5 Tage später als Haupt- und Kontrolllauf verläuft.
Im Anschluss liegen dann beide wieder klar im Median.

Das Clustering bietet für den Zeitraum +120 h (So 00) bis +168 h (Di 00)
insgesamt drei Lösungen. In allen drei Lösungen lässt sich das Übergreifen und
Amplifizieren des westeuropäischen Troges auf Deutschland sowie der
gleichzeitige Geopotentialanstieg über Westeuropa erkennen. Unterschiede
bestehen in der Stärke der Amplifizierung. Während Haupt- und Kontrolllauf in
Cluster 1 eine deutliche Amplifizierung sehen, ist der Trog in Cluster 3 nicht
ganz so kräftig ausgebildet und kommt auch langsamer ostwärts voran.

Im Zeitraum +192 h (Mi 00) bis +240 h (Fr00) gibt es wieder drei Cluster. Im
Grunde zeigen alle Member hohes Geopotential über Westeuropa und England und
eine negative Geopotentialanomalie über Osteuropa. Deutschland liegt dazwischen
in einer nördlichen bis nordwestlichen Höhenströmung. Die Unterschiede zwischen
den Clustern lassen sich in der genauen Achsenlage und -neigung finden. Ganz
praktisch bedeutet dies, es bestehen noch Unterschiede über den genauen Ursprung
der Luftmasse, eher Nordpol oder Nordpolarmeer. Auch hat die Achsenlage Einfluss
auf die Frage, ob die Großwetterlage eher zyklonal oder antizyklonal geprägt
ist.

Das Ensemble des GFS zeigt eine recht ähnliche Entwicklung wie das ECMWF. Die
Umstellung der Großwetterlage ist auch hier im Mittel eher ausgangs des
Wochenendes in Richtung Montag prognostiziert mit einem anschließend
nachhaltigen Zustrom kalter Luftmassen.

FAZIT: Die Mittelfrist wird ziemlich konsistent vorhergesagt. Das gilt sowohl
für die Hochdruckbrücke von Freitag bis ins Wochenende, als auch für die
grundlegende Umstellung der Großwetterlage auf zunächst Nordwest und später
Nord. Unsicher ist noch, ob diese bereits am Sonntag stattfindet, oder erst zum
Montag. In der erweiterten Mittelfrist gibt es modellübergreifend Einigkeit,
dass die Umstellung auf Vollherbst nachhaltig und länger bestehend erfolgt.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Abgesehen davon zeitweiligen Sturmböen auf den Schwarzgipfeln (Wochenende) und
der Alpen (ausgangs des Wochenendes und zur neuen Woche) zeigt sich die
Großwetterlage frei von signifikanten Wettererscheinungen.

Mit der Umstellung auf eine Nordlage im Laufe der neuen Woche deutet sich eine
Windzunahme in Richtung Nordsee an, sodass dort auch markante Böen möglich sind.
Zudem kann es am Dienstag und Mittwoch über der Nordhälfte zu Kaltluftgewittern
kommen, wobei stürmische Böen nicht ausgeschlossen werden können.

Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF-EPS, EZ-MOS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Marcus Beyer