S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 02.10.2021 um 10.30 UTC

Nach wechselhaftem Start von Norden freundlicher und zögernd milder.

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 09.10.2021

Diese Mittelfrist wird durchweg von der außertropischen Umwandlung
(extratropical transition, ET) des Hurrikans SAM beeinflusst, der die
vergangenen Tage (und auch die Tage bis zum Beginn der Mittelfrist) über den
tropischen und subtropischen Nordostatlantik stetig nach Nord und in der Folge
Nordost zog und nun in dieser Mittelfrist die Außertropen erreicht.

Die ET findet unter gemäßigten Rahmenbedingungen statt, denn stromauf von SAM,
in der Peripherie von Neufundland, liegt kein dynamischer, sondern eher ein
statischer Trog, an dessen Vorderseite SAM in die Frontalzone eingebunden wird.

Dass er bereits Ausfluss auf die Außertropen auch am heutigen Tag (02.10.)
ausübt zeigt sich im Satellitenbild, wo der polare Outflow mit viel
Gewölk/Feuchtigkeit direkt nach Nordost in die Frontalzone gerichtet ist, was
entlang der Ostflanke des Troges für eine Verschärfung des PV Gradienten bzw.
eine Intensivierung des Polarfrontjets sorgt. Dieser Energietransfer erreicht
Mitteleuropa zum Beginn der Mittefrist in Form eines beginnenden
Abtropfprozesses, der uns beschäftigen wird.

Zum Beginn der Mittelfrist, am Dienstag, den 05. Oktober, soll aus heutiger
Sicht die ET im vollen Prozess sein. Dabei verschmilzt SAM mit dem
angesprochenen Höhentief vor Neufundland, was ebenfalls noch mit Unsicherheiten
behaftet ist. Bilden sich zügig mehrere dipolartige Zentren aus, dann findet
eher eine rasche Nordostverlagerung statt, oder wird die gesamte Energie in eine
intensive Orkantiefentwicklung mit einem kräftigen warmen Kern gesteckt, was
eher dem Typus „marine Zyklogenese bzw. Shapiro-Keyser Entwicklung“ entsprechen
würde. Das würde die Verlagerung etwas verzögern. IFS-EPS reagiert während
dieser Phase der ET mit einzelnen Membern im Bereich von 955-960 hPa und einer
Mehrheit, die rund 10 hPa höher liegen sowie einer räumlichen Aufweitung der
Memberschar.
Also auch wenn GEFS und IFS-EPS beide mittlerweile eine recht enge Bündelung der
Zugbahn von SAM (später Ex-SAM) anzeigen, so gibt es noch Unschärfen bei der
zeitlichen Verlagerung. Diese Unsicherheiten werden natürlich auch stromab in
unsere Richtung transferiert. Ex-SAM zieht bis zum Ende der Woche als kräftiges
Sturmtief in das Seegebiet vor Südgrönland und schwächt sich dort allmählich ab.

Der Polarwirbel in der oberen Troposphäre etabliert sich die Mittelfrist über
immer weiter zwischen der Ostsibirischen See und der Karasee, wobei der
Polarfrontjet auch im kanadisch-atlantischen Sektor an Kraft gewinnt – und zwar
genau zu dem Zeitpunkt, wo Ex-Sam vor Südgrönland liegt. Dadurch wird die
Wellenamplitude des Höhentrogs, in den Ex-SAM eingebettet ist, sehr weit nach
Süden über den offenen Atlantik vergrößert, was wiederum stromab einen Keil in
Richtung westliches Mitteleuropa aufspannt.

Mitteleuropa steht zum Beginn der Mittelfrist also im Zeichen eines
Abtropfprozesses, bevor in der Folge der sich aufwölbende Keil wetterberuhigend
wirkt. Zum Ende der Mittelfrist / Beginn der erweiterten Mittelfrist etabliert
sich nach dem jüngsten IFS-Lauf gar eine Art Omega-Blockierung mit der Keilachse
knapp westlich der Biskaya, wobei der östliche Bereich der Blockierung zudem
einer Hoch-über-Tief Blockierungslage ähnelt. Da diese Blockierung zudem aus
herumeiernden Höhentiefs besteht ist es müßig zu sagen, dass die Unsicherheiten
zum Ende der Mittelfrist rasch zunehmen.

AO und NAO bleiben negativ und stützen weiterhin dieses gestörte Strömungsmuster
über dem atlantisch-europäischen Sektor.

Doch wie entwickelt sich diese Mittelfrist in Deutschland? Dabei wird eine hohe
Gewichtung auf die beiden jüngsten IFS-Läufe gelegt (siehe folgenden Abschnitt
„Bewertung Konsistenz des operationellen Laufs“). Zudem wird durchgehend der
Begriff „Höhentief“ verwendet, auch wenn besonders zum Ende der Mittelfrist die
Umwandlung in einen Kaltlufttropfen möglich erscheint. Die Unsicherheiten sind
einfach zu groß, um diese Detailfrage zeitlich besser abgrenzen zu können.

Da der Abtropfprozess von Lauf zu Lauf immer westlicher ansetzt, dürften der
Dienstag und Mittwoch deutschlandweit sehr wechselhaft ausfallen, wobei jegliche
Niederschlagsschwerpunkte natürlich von der genauen Zugbahn des Tiefs abhängen.
Im Osten kann es auch noch für Gewitter reichen, sodass lokal Starkregen nicht
ausgeschlossen werden kann.

Zum Donnerstag sollte sich das Höhentief soweit nach Süden in Richtung
Mittelmeer verlagert haben, dass sich die Niederschläge bevorzugt auf den Süden
und vereinzelt auch noch auf den Osten beschränken, während sich ansonsten von
Nordwesten eine deutliche Stabilisierung wetterberuhigend auswirkt.

Zum Freitag und besonders am Samstag sollte es dann abgesehen von einzelnen
Schauern im Süden überall meist trocken bleiben. Somit würden der Donnerstag,
Freitag und Samstag nördlich der zentralen Mittelgebirge freundlich und trocken
verlaufen, während nach Süden noch dichte Wolkenfelder überwiegen. Da das
Höhentief zum Samstag jedoch im jüngsten Lauf vom Schwarzen Meer zu den Seealpen
rutschte ist noch alles offen und die jüngste Modellrechnung wäre zum Ende der
Mittelfrist besonders für den Süden die wettertechnisch wechselhafteste für
Deutschland.

In der erweiterten Mittelfrist hängt alles von der Lage dieses Höhentiefs ab.
Entweder es beeinflusst uns direkt und bringt Schauer/Aufgleitniederschläge,
oder wir verbleiben unter dem Keil und genießen ruhiges Spätsommerwetter.

In den Nächten besteht bei Aufklaren wieder eine zunehmende Nebelneigung und
besonders am Mittwoch könnte je nach Zugbahn des Höhentiefs Schnee oberhalb von
1000 bis 1500 m eine vorübergehende Rolle spielen (besonders entlang der Alpen
und des Bayerischen Waldes).
Der Wind weht meist schwach bis mäßig aus Südwest bis West mit einzelnen
stürmischen Episoden auf exponierten Berggipfeln. Auch dieser Parameter wird
jedoch maßgeblich von der Intensität und Zugbahn des Abtropfprozesses
beeinflusst.

Die Höchstwerte liegen am Dienstag/Mittwoch bei länger anhaltenden Regenfällen
teils nur wenig über 10 Grad und erreichen auch sonst nur Werte von 13 bis 17
Grad. In der Folge erwärmt sich die Luftmasse etwas, nach dem aktuellen IFS-Lauf
wäre jedoch das Erreichen der 20 Grad – Marke eher ein unwahrscheinliches
Unterfangen. Die Tiefstwerte liegen meist im einstelligen Bereich (abgesehen vom
Osten in der Nacht zum Mittwoch und Donnerstag) und bodennah kann man leichten
Frost in Bodennähe nicht ausschließen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Mittelfrist wird durch die Umwandlung des Hurrikans SAM in eine umfangreiche
außertropische Zyklone über dem Nordostatlantik stark beeinflusst. Zwar ließen
die teils immensen Modellsprünge in den letzten 4 IFS-Modellläufen etwas nach,
doch noch immer ergeben sich gröbere Diskrepanzen.

Nehmen wir als Beispiel die 4 letzten IFS Läufe für den Vorhersagezeitpunkt
Mittwoch, der 06. Oktober um 00Z. Für dieses Datum zeigte der älteste Lauf SAM
noch weit abseits der Außertropen als mächtigen Hurrikan, während in den
Folgeläufen auf eine außertropische Umwandlung vor Neufundland umgeschwenkt
wurde, die ebenfalls bezüglich ihrer Position variabel berechnet wurde.
Natürlich fällt die Antwort im „downstream development“ unterschiedlich aus,
wobei mittlerweile ein kräftiger Abtropfprozess über Mitteleuropa immer
wahrscheinlicher erscheint, dessen Zentrum sich in den vergangenen 3 Läufen von
der Deutschen Bucht in Richtung Belgien verschob (ebenfalls für dieses Datum).
Allerdings wird dieser Abtropfprozess von Lauf zu Lauf immer schwächer
berechnet, was in der Folge Auswirkungen hat, wir weit es nach Süden vorankommt.
In den letzten 3 Läufen lag das Zentrum des Höhentiefs am Freitag, den 08.
Oktober zunächst über Serbien und rutschte von Lauf zu Lauf nach Westen in
Richtung Italien.

Wenn man diese Tendenz der 3 jüngsten Läufe zusammenfasst, dann beginnt die
Mittelfrist mit einem Abtropfprozess, wobei das Höhentief über Mitteleuropa nach
Süden tropft und in der Folge immer wahrscheinlicher wieder zurück nach
Westen/Nordwesten zieht.

Von daher erscheint der wechselhafte Beginn in der Mittelfrist bis Mittwoch (im
Süden bis Donnerstag) wahrscheinlich und auch eine nachfolgende Stabilisierung
ist recht wahrscheinlich. Unsicher wird es zum Ende der Mittelfrist, inwieweit
das Höhentief wieder auf Deutschland Einfluss ausübt.
Diese Vorhersage wurde auf Basis der beiden jüngsten IFS Modellläufe erstellt,
da diese in sich recht übereinstimmend waren.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Beim internationalen Modellvergleich ergeben sich bereits zum Beginn
Diskrepanzen bei der Handhabung des Abtropfprozesses. GFS ist das zügigste, ICON
das langsamste und IFS bevorzugt einen Mittelweg (mit Blick auf die
Südverlagerung des Höhentiefs). In der Folge sehen alle Modelle das Höhentief
irgendwo über dem zentralen Mittelmeer (Italien) herumziehen, wobei IFS/GFS
tendenziell zum Ende der Mittelfrist ein Zurückdriften in Richtung
Ostfrankreich/Schweiz andeuten. Beide stimmen auch mit dem Zentrum der
blockierenden Höhenantizyklone sehr gut überein (Südschweden bis Weißrussland).

Die Entwicklung über dem Nordostatlantik wird stark variabel angezeigt, doch
alle Modelle haben eins gemeinsam: Von Westen nähert sich vorerst kein Trog an.

Zusammenfassend kann man sagen, dass sich der jüngst im IFS zu erkennende Trend
einer im weiteren Mittelfristverlauf retrograden Verlagerung in der Tat auch
innerhalb der internationalen Modellwelt zu bestätigen scheint. Besonders GFS
bläht die blockierende Antizyklone über Südskandinavien von Lauf zu Lauf immer
weiter auf, die zum Steuerungsmechanismus für dieses Höhentief wird. Somit
scheint ein Nord-Südgefälle beim Wetter zum Ende der Mittelfrist wahrscheinlich

  • mit dem schönsten Wetter im Norden.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Clusteranalyse des IFS-EPS beginnt mit 6 Clustern, wobei ein geringer
Überhang des klimatologischen Regimes „Blockierung“ vorherrscht. Der det. Lauf
(D) und der Kontrolllauf (KL) befinden sich beide im 3. Cluster. Die
Unsicherheiten entspringen vor allem der Frage, wie schnell SAM in die
Frontalzone eingebunden wird. Für Deutschland ergeben sich kaum Unterschiede,
denn alle Cluster deuten einen beginnenden Abtropfprozess an, dessen Amplitude
aber noch variiert.

Von Mittwoch bis Freitag geht die Anzahl der Cluster auf 4 zurück mit dem Regime
„Blockierung“ und mit beiden Läufen (D und KL) im ersten Cluster. Hier wachsen
die Anfangsfehler weiter an und beeinflussen die Entwicklung. Entsprechend der
Unsicherheit über die Intensität des Abtropfprozesses ist noch unklar, wie weit
nach Süden das Höhentief abtropft und wie schnell es dann in der Folge von der
Antizyklone im Norden wieder eingefangen wird. 61% der Member deuten dabei eine
recht zonal ausgerichtete Brücke von Irland bis Weißrussland an, während der
Rest eher auf einen kräftigen blockierenden Keil über Frankreich und England
setzt. Auch das hat natürlich Auswirkungen auf die weitere Entwicklung, denn
nach der eher meridional ausgerichteten Achsenlage käme das Höhentief kaum mehr
nach Westen voran.

In der erweiterten Mittelfrist hebt das EPS „mit vollster und vielleicht auch zu
viel Zuversicht“ in 2 Clustern eine kräftige positive Geopotenzialanomalie
hervor, die entweder zentral über Dänemark, oder eher über England liegt. Mit
rund 63% der Member wird der erste Cluster momentan bevorzugt, wobei beide
Lösungen ruhiges Hochdruckwetter für Deutschland bedeuten würden. Sollte sich
ein retrograder Verlagerungstrend des Höhentiefs etablieren, muss natürlich auch
noch abgewartet werden, wie weit dieses wirklich nach Nordwest/Nord vorankommt
und nicht durch die immer weiter zunehmende Höhenantizyklone eher wieder nach
Süden abgedrängt wird.

Die Meteogramme in Deutschland (Hamburg, Frankfurt am Main, Leipzig und
München), sehen am Dienstag noch einen Niederschlagsschwerpunkt, bevor sich
dieser in den Süden zurückzieht. Danach bleiben die meisten Member trocken,
sieht man von geringen Ausschlägen am kommenden Wochenende ab. Die Temperatur
geht überall auf unter 20 Gad zurück und das spiegelt sich auch deutlich bei der
Betrachtung der 850 hPa Temperatur (Rauchfahne) wider, die z.B. von Dienstag auf
Mittwoch von 15 Grad auf 2 Grad abfällt (mit enger Bündelung der Member).
Insgesamt nehmen die Unsicherheiten zum Ende der Mittelfrist zu, wobei der det.
Lauf am untersten Ende der 500 hPa Geopotenzialfahne liegt. Auch bei der 850 hPa
Temperatur wird eher die kühlere Variante favorisiert.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Die Mittelfrist ist recht arm an markanten Wettererscheinungen. Allerdings
springt der EFI NIEDRSCHLAG am Dienstag besonders im Stau der Alpen deutlicher
an und davon ausgehend erstreckt sich eine Schliere mit leicht positiven Werten
einmal quer durch Deutschland nach Norden. Alles in allem aber sind das keine
Anzeichen einer umfangreichen Dauerregenlage, die zudem im det. Output auch
nicht gezeigt wird. Dennoch kann je nach Lage des Höhentiefs die Staukomponente
an den Alpen natürlich auch kräftiger ausfallen. Dann muss man aber auch die
absinkende Schneefallgrenze mit einbeziehen, die einen Teil des Niederschlags
binden würde. Alles in allem also aus heutiger Sicht zu diffuse Anzeichen um
eine alpine Dauerregenlage hervorzuheben.

IFS-EPS hebt am Mittwoch den Norden mit leicht erhöhten Wahrscheinlichkeiten für
STÜRMISCHE BÖEN hervor. Da der det. Lauf und der Median mehr oder weniger keinen
Wind anzeigen entspringt diese Lösung wahrscheinlich nur einzelnen Membern, die
über Schweden ein kräftigeres Tief zeigen, das den Gradienten über
Norddeutschland erhöht (Member 3,5,10,22-25 und besonders 41). Mit 15% werden
die vom EPS gezeigten Wahrscheinlichkeiten von 10-15% (örtlich etwas mehr) durch
diese Member repräsentiert.

Nebel und lokal leichter Frost in Bodennähe können natürlich am Rande noch
erwähnt werden, fallen aber nicht in die Kategorie „signifikant“.

Am Dienstag und in der Nacht zum Mittwoch können im Osten einzelne GEWITTER
auftreten, lokal mit markantem Starkregen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, GEFS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy