SXEU31 DWAV 291800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 29.09.2021 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
STARKREGEN/GEWITTER:
Von Westen und Norden auf die Mitte übergreifend kurze Gewitter. Dabei
vereinzelt Sturmböen (Bft 8/9, bis 80 km/h). Ab dem späten Abend und in der
Nacht zum Donnerstag von der Nordsee her wiederholt gewittrige Schauer. In
Nordseenähe strichweise Starkregen bis 35 l/m² innerhalb weniger Stunden
möglich. Am Donnerstagvormittag vor allem noch über den nördlichen
Schleswig-Holstein vereinzelt Starkniederschläge. Im weiteren Verlauf
nachlassend.

WIND:
Aktuell im Norden, Westen und in der Mitte Windböen bei Schauern stürmische Böen
um 70 km/h (Bft 8) aus Südwest bis West. Im höheren Bergland und an der Nordsee
bis 85 km/h (Bft 8-9), auf dem Brocken Bft 10. Ab dem Abend an der Nordsee
deutlich auffrischender Westwind. In der Nacht zum Donnerstag zunächst auf den
ostfriesischen Inseln, später auch in Nordfriesland schwere Sturmböen um 100
km/h (Bft 10) und einzelne orkanartige Böen (110 km/h, Bft 11). Im küstennahen
Binnenland sowie ausgangs der Nacht auch an der westlichen Ostsee einzelne
Sturmböen bis 85 m/h (Bft 8-9.

Am Donnerstagvormittag an Nord- und Ostsee Sturmböen, exponiert anfangs an der
Nordfriesischen Küste und bis in den Tag hinein an der Ostseeküste noch schwere
Sturmböen bis 100 km/h. Am Nachmittag nachlassender Wind. Dann nur noch an der
See stürmische Böen. In der Nacht zum Freitag an der Nordsee sowie auf höheren
Berggipfeln erneut Sturmböen Bft 8/9, in Nordfriesland exponiert Bft 10. Auch an
der ostholsteinischen Küste später stürmische Böen, den Freitag über
wahrscheinlich andauernd. In der Nacht zum Samstag abflauender Wind. Am Samstag
lediglich in einigen höheren Berglagen Sturmböen Bft 8/9.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC

Aktuell … schwenkt von der westlichen Nordsee her ein markanter Trog in den
Nordwesten Deutschlands und tropft über der Deutschen Bucht aus. Über Osteuropa
hält sich dagegen ein blockierendes Hoch. Das korrespondierende Bodenhoch liegt
mit seinem Schwerpunkt über Westrussland.
Das diesem Trog vorgelagerte, längst okkludierte Frontensystem überquert mit
kräftigen Schauern und kurzen Gewittern, die mit einzelnen Sturmböen Bft 8/9
einhergehen können, rasch die Mitte Deutschlands. Weiter nach Osten hin lässt
kompensierendes Absinken und auch das osteuropäische Bodenhoch, das hier
gegenhält, dieses Frontensystem an Wetterwirksamkeit verlieren.
Trogvorderseitige Hebung, ausgelöst durch positive Vorticityadvektion, generiert
Druckfall, was über der Deutschen Bucht eine markante Zyklogenese zustande
bringt. Der aktuell noch kräftige Gradient weicht im Binnenland zusehends auf,
so dass ab dem Abend, südlich der Mittelgebirgsschwelle auch schon etwas früher,
warnrelevante Böen nur noch in höheren Berglagen (dort mit Böen bis Bft 8/9)
auftreten.
Mit dem Hereinschwenken des Troges erfolgt von Nordwesten und Westen her auf die
Mitte übergreifend eine Labilisierung. Von hoher Labilität kann nur in
Nordseenähe, bedingt durch das noch relativ warme Meerwasser, die Rede sein.
Daher sollte weiter landeinwärts die Schauer- und Gewittertätigkeit in der Nacht
zum Donnerstag tagesgangsbedingt weitgehend zur Ruhe kommen. Von der Nordsee her
werden jedoch wiederholt kräftige Schauer und auch kurze Gewitter auf das
küstennahe Binnenland übergreifen. Hierdurch kann Starkregen um 30 l/m²
innerhalb weniger Stunden zustande kommen. Eine größere Gefahr geht jedoch von
der Windentwicklung aus. Der Höhentrog zeichnet sich auch zusehends im
Bodendruckfeld in Form eines markanten Bodentroges ab, der von dem zum
schleswig-holsteinisch-dänischen Grenzgebiet ziehenden Tief ausgeht. Dieser Trog
generiert ganz im Norden eine weitere Gradientzunahme. Ab dem Abend wird daher
von Ostfriesland und von der Emsmündung her der Wind erneut auffrischen und in
Böen Sturmstärke (Bft 8/9) erreichen. Später sind dann an der Nordseeküste
schwere Sturmböen vorstellbar. In der zweiten Nachthälfte erfasst das Sturmfeld
mit dem ostwärts herumschwenkenden Bodentrog Nordfriesland mit schweren
Sturmböen und einzelnen orkanartigen Böen bis Bft 11. Eine entsprechende
Unwetterwarnung ist bereits in Kraft. Windböen treten bis ins küstennahe
Binnenland hinein auf. Böen bis Sturmstärke (Bft 9) sind auch im nördlichen
Schleswig-Holstein abseits der Küste zu erwarten. Die hohen Böen resultieren
neben dem kräftigen Gradienten auch aus einem starken Oberwind, der von
Ostfriesland bis zur Unterelbe und in der zweiten Nachthälfte bis in den
Nordwesten von Mecklenburg hinein im 850 hPa-Niveau 50 bis 60 kt erreicht. Die
hohe Labilität in Küstennähe lässt Böen dieser Größenordnung auch in
Erdbodennähe wahrscheinlich werden. Demzufolge sind dann, d.h. in der zweiten
Nachthälfte, Sturmböen Bft 8/9 auch an der Küste der westlichen Ostsee, in der
Lübecker Bucht und an deren Küsten, rund um Fehmarn und bis hin zum Darß zu
erwarten. Exponiert können in diesen Gebieten auch schwere Sturmböen bis Bft 10
auftreten. Während im nördlichen Schleswig-Holstein auch im Binnenland Sturmböen
Bft 8/9 erwartet werden, sind ansonsten auf das nördliche Binnenland allenfalls
Böen Bft 7 vorstellbar. Abgesehen davon sind warnrelevante Böen auf exponierte
Berggipfel (dort mit Bft 8/9) beschränkt.
Die Gradientzunahme macht sich auch in den mittleren Gebieten Deutschlands
bemerkbar. Zwar reicht es dort abseits der Hochlagen der Gebirge nicht für
warnrelevante Böen, aber die Bildung von Nebel oder Hochnebel wird unterbunden.
Relativ gradientschwach bleibt es dagegen im Süden, wodurch sich dort zum Teil
dichter Nebel bilden kann.

Donnerstag … verlagert sich das Cut-Off-Tief nebst dem sich auffüllenden
Bodentief über die dänischen Inseln und das Kattegat hinweg nordostwärts nach
Südschweden. Dabei ist zunächst noch der von diesem Tief ausgehende Trog
wetterwirksam. Dies verhindert, dass der Gradient allzu rasch auseinandergezogen
wird. Daher sind bis weit in den Vormittag hinein an der Nordsee noch Sturmböen
Bft 8/9, in Nordfriesland exponiert auch schwere Sturmböen zu erwarten. Dasselbe
trifft auch für die Ostseeküste von Ostholstein und der Trave bis hin nach Rügen
zu. Ab Mittag flaut der Wind an der Nordsee ab; mit Wind- und stürmischen Böen
muss an der Nordseeküste bis zum Abend noch gerechnet werden. Mit etwas
Verzögerung, d.h. etwa ab dem Nachmittag, ist dies auch an der Ostseeküste der
Fall. Kurze Gewitter sind bis in den frühen Vormittag an der Nordsee (durchaus
mit der Gefahr von Starkregen zur dänischen Grenze hin) und bis gegen Mittag an
der Ostsee vorstellbar. In Verbindung mit kräftigeren Schauern oder kurzen
Gewittern können auch weiter im Binnenland Sturmböen Bft 8/9 auftreten.
Ansonsten sind nahezu im gesamten Norden bis hin zu den nördlichen
Mittelgebirgen Windböen bis Bft 7 zu erwarten.
Warmluftadvektion, die bereits in den Frühstunden im Westen einsetzt und bis zum
Abend auch die östlichen Teile Deutschlands erfasst, dürfte die Böigkeit des
Windes im Tagesverlauf dämpfen. Stürmische Böen sind ab dem Abend auf die Küste
und einige höhere Berggipfel, Windböen auf das küstennahe Binnenland beschränkt.
Mit der ostwärts übergreifenden Stabilisierung sollte es ab dem späten
Nachmittag selbst an der Vorpommerschen Ostseeküste nicht mehr für Gewitter
reichen. Im Nordwesten zieht dann mehrschichtige Bewölkung auf, von Ostfriesland
her setzt gegen Abend skaliger Niederschlag ein.
Während sich über dem Nordwesten und Norden meist stärkere Bewölkung hält,
zeichnen sich ansonsten größere Auflockerungen, im Osten und Süden auch längere
sonnige Phasen ab, wodurch Tageshöchsttemperaturen zwischen 16 und 19 Grad zu
erwarten sind. Unter Wolken werden kaum mehr als 15 Grad erreicht.

In der Nacht zum Freitag setzt sich, gestützt durch Warmluftadvektion, über
Mitteleuropa ein flacher, in der Frontalzone eingelagerter Rücken durch.
Allerdings greift ein weiterer markanter Trog bereits auf Irland über, so dass
ein sich Schottland näherndes Randtief in eine entwicklungsgünstige Position
gelangt. An dessen Südostflanke zieht über dem Norden, Westen und den mittleren
Gebieten der Gradient wieder an. Dies lässt an der Nordseeküste und auf
exponierten Gipfeln der nördlichen Mittelgebirge erneut Sturmböen Bft 8/9 und an
der Ostseeküste sowie in höheren Berglagen Wind- und stürmische Böen Bft 7/8
aufkommen. Die Schichtung ist jedoch stabil, was nur eine geringe Böigkeit
erwarten lässt.
Im Süden Deutschlands bleiben dagegen die Luftdruckgegensätze gering, so dass
sich dort erneut Nebelfelder bilden können. Bei Aufklaren erfolgt eine Abkühlung
auf niedrige einstellige Temperaturminima, in Bodennähe kann leichter Frost
nicht ausgeschlossen werden.

Freitag … schwenkt der „neue“ Trog über Schottland hinweg in die Nordsee. Das
korrespondierende Randtief intensiviert sich noch etwas und gelangt in den
Bereich der Shetlands. Das Starkwindfeld dieses Tiefs verbleibt jedoch in
sicherer Entfernung über der Nordsee, so dass an deren Küste gegenüber der Nacht
zuvor keine weitere Windzunahme erfolgt, d.h. bei weitgehend stabiler Schichtung
sowie auf dem Brocken nach wie vor Sturmböen Bft 8/9 zu erwarten sind.
Trogvorderseitig steilt die Strömung ein wenig auf, was sich an der Ostsee eher
mit einer Windabnahme bemerkbar macht, so dass an der Ostseeküste bei ablandigem
Wind allenfalls noch Windböen auftreten. Böen bis Bft 7 sind auch im
nordwestlichen Binnenland und an den Nordrändern der westlichen Mittelgebirge
(Eifel usw.) vorstellbar.
Mit einer süd-südwestlichen Strömung wird dann wieder wärmere Luft herangeführt.
Niederschläge beschränken sich auf die Gebiete in Nordseenähe und in der zweiten
Tageshälfte in Verbindung mit einer sich annähernden Kaltfront auch auf den
äußersten Nordwesten und Westen bis etwa zur Westeifel. Ansonsten stellen sich,
gestützt durch einen in den Alpenraum reichenden Bodenhochkeil, längere sonnige
Abschnitte ein. Dies dürfte nach der Auflösung von Nebel- oder Hochnebelfeldern
auch im Süden Deutschlands der Fall sein. Während unter dichter Bewölkung in
Nordseenähe und im Nordwesten Maxima um 16 Grad zu erwarten sind, erfolgt
ansonsten ein Temperaturanstieg auf 18 bis 22 Grad.

In der Nacht zum Samstag schwenkt der Trog nebst zugehörigem Randtief weiter
nordwärts in das Seegebiet zwischen Südnorwegen und Island. Eine weitere, sich
entwickelnde Welle nähert sich Irland. Dazwischen, d.h. über Mitteleuropa,
stellt sich am Rande des über Oberitalien und dem Alpenraum liegenden
Bodenhochkeils in den unteren Troposphärenschichten eine antizyklonale Strömung
ein.
Die o.g. Kaltfront greift dann zwar auf Deutschland über und dringt bis in die
Mitte Deutschlands vor und wird aber von dem nachfolgenden Trog, der allmählich
zugeschüttet wird, überlaufen. Zwar sind in der ersten Nachthälfte im Nordwesten
und Westen noch einige bis etwa 10, in Nordseenähe auch geringfügig mehr,
Millimeter an Niederschlag zu erwarten. In der zweiten Nachthälfte bleiben
hiervon nur noch wenige Millimeter Niederschlag (meist weniger als 3 mm) übrig,
die hauptsächlich in Staulagen fallen. Ansonsten sind selbst mit Frontpassage
keine nennenswerten Niederschläge zu erwarten.
Im Osten, Süden und zumeist auch in der Mitte dürfte es größtenteils trocken
bleiben. Während in den mittleren Regionen Deutschlands aufgrund der
aufziehenden frontalen Bewölkung die Nebelneigung gering ist, kann sich im Süden
erneut gebietsweise Nebel bilden. Da aber auch über diesen Gebieten hohe und
vielleicht auch mittelhohe Wolkenfelder aufziehen, wird es nicht mehr so kalt
wie in der Nacht zuvor.

Samstag … bleibt zwischen einem Langwellentrog über dem Ostatlantik und einem
blockierenden Keil über Osteuropa die südwestliche Strömung über Deutschland
bestehen. Der allmählich ostwärts schwenkende und sich noch etwas nach Süden
ausweitende Trog lässt die Strömung über Mitteleuropa aufsteilen, was die Zufuhr
von Warmluft eher noch verstärkt. Dies geht mit einer leichten Gradientzunahme
einher. Für warnrelevante Böen reicht es wahrscheinlich nur an der Nordsee
(Windböen bis Bft 7) und den Hochlagen der Mittelgebirge (Bft 7/8, Brocken
Sturmböen bis Bft 9). Immerhin dürften sich Nebel und Hochnebel abgesehen
vielleicht von Teilen der Donauniederung zügig auflösen.
Mit der auf Süd-Südwest drehenden Strömung wird die o.g. Kaltfront (oder was
davon übrig ist) rückläufig. Nennenswerte Niederschläge sind in Verbindung mit
dieser Front ohnehin nicht mehr zu erwarten. Im Tagesverlauf setzen sich
vermehrt Auflockerungen, im Süden und Osten zum Teil auch längere sonnige
Abschnitte durch. Dabei erfolgt ein Temperaturanstieg, je nach Sonnenscheindauer
auf 19 bis 24 Grad. Nur im Nordwesten und in Küstennähe wird es mit Höchstwerten
um 17 Grad nicht ganz so mild.

Modellvergleich und -einschätzung

Hinsichtlich des sich über der Deutschen Bucht entwickelnden Sturmtiefs ergeben
sich unterschiedliche Ansichten bzgl. der Zugbahn und Intensität dieses Tiefs.
Die deutschen Modelle verlagern dieses Tief mit einem Kerndruck knapp unter 1010
hPa bis Donnerstagfrüh zum Nordausgang des Großen Belts, EZMW belässt dieses
Tief etwa 300 km weiter nordwestlich über der Nordsee, aber unmittelbar vor der
nördlichen dänischen Küste. Dies sind aufgrund des kurzen Vorhersagezeitraumes
doch beachtliche Unterschiede bzgl. der Position dieses Tiefs und erklärt auch
die deutlich schwächeren Böen, die von EZMW simuliert werden. GFS zeigt eine
ähnliche Verlagerung wie die deutsche Modellkette, aber mit einem um ca. 5 hPa
tieferen Kerndruck, was einen doch gegenüber dem beschriebenen Szenario
stärkeren Gradienten ergibt. EURO4 stützt hingegen die Variante der deutschen
Modellkette.
Ab Donnerstag im Tagesverlauf stützen die vorliegenden Modelle weitgehend die
oben beschriebene Entwicklung. Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich
dann keine prognoserelevanten Unterschiede mehr Äableiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann