S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 16.09.2021 um 10.30 UTC

Sonntag/Montag im Süden und Südwesten gewittrige (Stark-)Regenfälle möglich,
ansonsten bis Mittwoch ruhiges, vor allem im Nordosten aber auch recht kühles
Hochdruckwetter. Danach große Unsicherheiten.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 23.09.2021

In der Mittelfrist bleibt das großräumige Strömungsmuster durch positive
Geopotenzialanomalien über (Fenno-)Skandinavien, dem Nordpolarmeer und
Nordwestrussland fortwährend blockiert. Für Deutschland bedeutet die Blockierung
zunächst meist ruhiges und ereignisarmes Wetter, das vor allem nach Nordosten zu
durch einen Temperaturrückgang frühherbstliche Züge aufweist. Aufgrund der
Entfernung der Blockierung bleibt allerdings unklar, in welcher Ausprägung der
Süden und Südwesten am Sonntag/Montag, der Norden und Nordwesten ab Wochenmitte
unter Trogeinfluss gelangen könnten und folglich zumindest zeitweise
unbeständigeres Wetter zu erwarten haben.

Zu Beginn der Mittelfrist am Sonntag reicht ein langgestreckter Höhenrücken von
Norddeutschland und der Nordsee über Norwegen bis zur Barentssee. Das dadurch
gestützte, für die Blockadesituation verantwortliche Hochdruckgebiet liegt mit
seinem Schwerpunkt etwa über der Halbinsel Kola und streckt seine Fühler in Form
eines Hochkeiles bis nach Nord- und Nordostdeutschland aus. Der Rücken wird
flankiert von einem zum Nordmeer schwenkenden Trog sowie von zwei Höhentiefs,
von denen eines zur Biskaya zieht und ein anderes im Raum Weißrussland/Ukraine
zu finden ist. Die beiden Höhentiefs sind mit einer Potenzialrinne verbunden,
deren räumliche Exposition noch unsicher ist. Wahrscheinlich verläuft sie zonal
über Süddeutschland oder den Alpenraum. Mit gewissen Unschärfen behaftet ist
demnach auch die Vorhersage der mit der Potenzialrinne korrespondierenden
Tiefdruckrinne mit mehreren kleinen Drehzentren, die die beiden Tiefdruckgebiete
über der Ukraine und über der Grönlandsee miteinander verbindet. In die
Südwesthälfte des Landes könnten mit der Rinne aus Südwesten feuchte, mäßig
warme (T850 um 6 Grad) und teils instabile Luftmassen einfließen, in denen ein
ostwärts durchschwenkender Kurzwellentrog für Hebung und schauerartig verstärkte
Regenfälle sorgt. Auch einzelne, eingelagerte Gewitter, die lokal mit Starkregen
begleitet sein können, sind nicht ausgeschlossen. Möglicherweise beschränken
sich die Niederschläge aber auch auf den Alpenrand. Die Nordosthälfte profitiert
dagegen vom Hochkeil, aus dem mit nordöstlicher Strömung trockene, aber auch
kältere Kontinentalluft einfließt. In Vorpommern klopft auf der 850
hPa-Druckfläche die 0-Grad-Isotherme an.

Am Montag wird der Rücken über Skandinavien in die Mangel genommen, zum einen
durch den Trog über dem Nordmeer, zum anderen durch den sich nach
Mittelskandinavien ausweitenden osteuropäischen Höhentiefkomplex. Dadurch kann
sich ein Höhenhoch über der Barentssee abschnüren. Zugleich schwenkt aber ein
sich intensivierender Rücken zu den Britischen Insel und zur Nordsee. Damit wird
über der Nordsee und den Britischen Inseln eine Hochdruckbrücke gestützt, die
das Blockadehoch über Nordwestrussland mit dem Azorenhoch verbindet. Die südlich
daran anschließende Potenzial- und Tiefdruckrinne wird dabei langsam nach Süden
verdrängt. Diese bleibt über dem Süden mit feuchten Luftmassen aber eventuell
noch wirksam, sodass es zu weiteren schauerartigen und gewittrigen Regenfällen
kommen könnte (zumindest direkt an den Alpen). Die Nordhälfte bleibt dagegen im
Einfluss kühler Kontinentalluft, wenngleich unterhalb der Absinkinversion
ebenfalls etwas feuchtere, wolkenreichere Luft von der Ostsee einsickern könnte.

Am Dienstag schwenkt der Rücken nach IFS-Lesart unter Konturverlust nach
Frankreich und Nordwestdeutschland. Die Rinne wird dabei zum Mittelmeerraum
gedrückt, die nachfolgende Hochdruckbrücke verlagert sich mit ihrer
Divergenzachse nach Mitteleuropa. Durch das Absinken und Einmischen trockenerer
Luft lässt auch im Süden die Niederschlagsneigung immer mehr nach, sodass
allgemein ruhiges und abseits teils zäher Nebelfelder auch recht freundliches
Wetter herrscht. Dabei bleibt bei der Temperatur ein seichtes Süd-Nord-Gefälle
erhalten (T850 zwischen 1 und 7 Grad).

Am Mittwoch und Donnerstag gelangt Deutschland nach Lesart des jüngsten
IFS-laufes zügig auf die Vorderseite eines umfangreichen Troges über dem nahen
Nordatlantik und Westeuropa, wodurch sich eine westsüdwestliche Strömung
durchsetzt, mit der recht warme Atlantikluft herangeführt wird (T850 auf 9 bis
13 Grad ansteigend). Während der äußerste Nordwesten und Norden vom
Frontensystem des mit dem Trog korrespondierenden Sturmtiefs erfasst werden
könnten, bleibt ansonsten Hochdruckeinfluss und damit fernab etwaiger
Nebelfelder sonniges Wetter vorherrschend.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz zwischen den jüngsten IFS-Läufen ist mit Fokus auf Deutschland
schon zu Beginn der Mittelfrist am Sonntag eher mäßig. Die Position der
Geopotenzialrinne über dem südlichen Mitteleuropa (Süddeutschland oder
Alpenraum?) springt von Lauf zu Lauf. Somit ist unklar, inwieweit der Süden und
Südwesten, eventuell sogar die Mitte am Sonntag und Montag von schauerartigen,
teils gewittrigen Regenfälle mit lokalem Starkregenpotenzial erfasst werden. Am
größten ist die Wahrscheinlichkeit am Alpenrand.
Im weiteren Verlauf nimmt die Konsistenz weiter ab, wenngleich sich die
Prognoserelevanz für Deutschland bis Mittwoch noch in Grenzen hält (ruhiges, oft
trockenes Hochdruckwetter).
Erst ab Donnerstag sind die Unterschiede von zunehmender Relevanz: von der im
jüngsten IFS-Lauf berechneten, sich rasch durchsetzenden Trogvorderseite, die
dem Norden und Nordwesten neben Regen auch Sturm bringt, wollten die gestrigen
IFS-Läufe noch nichts wissen (sich fortsetzender Hochdruckeinfluss). Insofern
ist das oben beschriebene Szenario noch mit Vorsicht zu genießen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Am Sonntag und Montag verläuft die Potenzialrinne nebst eingebettetem
Kurzwellentrog sowohl in ICON als auch GFS südlicher über den Alpenraum.
Folglich würde allenfalls der Alpenrand von den Regenfällen erfasst werden.
Danach setzt sich aber in beiden Modellen ebenfalls Hochdruckeinfluss durch,
wenngleich das großräumige Muster durchaus recht stark differiert: Die Position
der beiden Höhentiefs sowie die Ausrichtung der Rücken dazwischen unterscheiden
sich deutlich.
Ab Wochenmitte favorisieren ICON und GFS weiterhin antizyklonales
Wettergeschehen – im Gegensatz zu IFS. Der atlantische Trog wird in ICON von
einem neuen Höhenhoch bei den Britischen Inseln blockiert, in GFS von einem
Rücken über Mitteleuropa.
Bei GFS setzt sich die Trogvorderseite in der erweiterten Mittelfrist (Freitag)
durch.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen des IFS-EPS laufen bis etwa Wochenmitte – wenn man einzelne
Ausreißer ausblendet – relativ gut gebündelt. Der zyklonale Einfluss durch die
Potenzialrinne am Sonntag und Montag macht sich bei nicht wenigen Membern in
Form einer kleinen Geopotenzialdelle bis in die mittleren Landesteile bemerkbar.
Insofern findet der im Hinblick auf die Zyklonalität forsche deterministische
Lauf durchaus Unterstützung vom angeschlossenen EPS.
Nach Wochenmitte weiten sich die Rauchfahnen deutlich auf, wobei insbesondere
bei der Temperatur im Verlauf ein enormer Spread entsteht. Der deterministische
Lauf läuft bezüglich der Temperatur, mit Ausnahme des Nordwestens auch bezüglich
des Geopotenzials am oberen Rand. Auffällig ist darüber hinaus, dass die starken
Niederschlags- und Sturmsignale des deterministischen Laufes im Nordwesten eine
„High-End“-Lösung innerhalb des EPS darstellt. Die sich zügig einstellende,
stramme Trogvorderseite mit zyklonalem Einfluss und Sturm im Nordwesten scheint
in dem Ausmaß also kaum vom IFS-EPS gestützt zu werden. Aber auch sonst fällt es
schwer, eine haltbare Aussage auf Basis des EPS zu treffen. Sowohl die
Möglichkeit von fortwährendem Hochdruckeinfluss als auch von einer kühlen
Troglage lassen sich ableiten.

Im Zeitraum +120-168 h (Dienstag-Donnerstag) werden 4 Cluster gebildet. Alle
Cluster haben eine mehr oder weniger starke positive Geopotenzialanomalie über
dem Nordpolarmeer bzw. Nordwestrussland gemein (Fortdauer der Blockadelage).
Über Mitteleuropa ergeben sich aber signifikante Unterschiede: C1 (19/51 Member)
und C3 (19+11=30/51 Member) simulieren den Übergang zu einer Troglage
(westeuropäische und osteuropäische Höhentiefkomplexe beginnen sich über
Mitteleuropa zu vereinigen); in C2 (12/51, inkl. det.+cont. Lauf) bildet sich
ein massiver Trog über dem Nordatlantik, auf dessen Vorderseite Deutschland
anfangs noch unter einem Rücken liegt; bei C4 (9/51) bleibt der Trog weiter
draußen auf dem Atlantik und Mitteleuropa vorderseitig eines umfangreichen
Rückens über den Britischen Inseln und der Nordsee (ICON-Lösung)

FAZIT ##: Von den noch mit ein paar Fragezeichen behafteten schauerartigen

und gewittrigen Regenfälle in der Südwesthälfte abgesehen setzt sich bis etwa
Wochenmitte ziemlich sicher ruhiges, nach Norden und Nordosten zu aber auch
frühherbstlich frisches Hochdruckwetter durch. Danach ist alles offen: Von einer
warmen Trogvorderseite (weniger mit Regen und Sturm im Nordwesten, wie vom
deterministischen Lauf propagiert), über eine Fortdauer des Hochdruckeinflusses
bis hin zu einer klammen Troglage scheint alles möglich. Zumindest auf Basis des
IFS-EPS scheint die Troglage etwas wahrscheinlicher zu sein.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Sonntag und Montag besteht eine geringe, allerdings zu den Alpen hin leicht
zunehmende Wahrscheinlichkeit für schauerartige Regenfälle und einzelne,
eingelagerte Gewitter mit lokalem Starkregen.

Mit der aus Nordosten einfließenden recht trockenen Kontinentalluft nimmt die
Gefahr von örtlichem Frost (zumindest in Bodennähe) vor allem in den östlichen
Mittelgebirgen und später auch an den Alpen zu.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX als „Mittelding“ aus IFS-det. und ICON. IFS-det. (00Z) selbst wird
verworfen.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser