S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 31.08.2021 um 10.30 UTC

Nach ruhigem und warmen Hochdruckwetter ab dem Wochenende wieder zunehmend
unbeständig mit Schauern und Gewittern. Nachfolgende Abkühlung allerdings
unklar.

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 07.09.2021

Was sich durch meist nur kurze Hochdruckphasen, die schnell wieder durch
Tiefdruckeinfluss abgelöst wurden, wie ein roter Faden durch den ganzen Sommer
gezogen hat, setzt sich auch in der Mittelfrist ab Freitag und damit im
meteorologisch am morgigen Mittwoch beginnenden Herbst fort. Zwar stehen nun
zunächst ein paar Tage sonnig-warmes Wetter an, diese werden aber bereits ab dem
Wochenende erneut durch wechselhafteres Wetter abgelöst. Nach neuesten
Berechnungen kühlt es zumindest dem Hauptlauf des EZMW zufolge jedoch nicht
sofort auch wieder ab.

Dabei kann am Freitag und Samstag in der Höhe ein gut ausgebildetes Omega
gefunden werden. Es besteht aus einem Rücken, der am Freitag über die Britischen
Inseln bis nach Südgrönland reicht und einen schwachen Trog westlich davon auf
dem Nordostatlantik sowie einen weiteren, allerdings deutlich kräftigeren Trog
über Skandinavien und Nordwestrussland. Das Gebilde zeigt sich bei einer
Rossbywellenzahl von 4 bis 5 leicht progressiv, der östlich von uns gelegenen
Trog amplifiziert jedoch stark, was seine ostwärtige Bewegung hemmt. So wird der
Rücken bis zum Wochenende immer schmaler und reicht am Sonntag vom westlichen
Mittelmeer über Benelux bis zum Nordmeer.

Das zugehörige Bodenhoch GAYA verlagert seinen Schwerpunkt im Zuge dessen vom
Seegebiet nördlich von Schottland am Freitag nach Skandinavien am Sonntag. Dabei
ist in Deutschland zunächst überall warme Luft mit T850 hPa von 10 bis 12 Grad
wirksam, im Nordosten macht sich durch die Amplifizierung des östlichen Trogs
aber eine schwache Kaltfront von Skandinavien her nach Deutschland auf und
steuert mit einer nördlichen Strömung kühlere Polarluft mit T850 von 2 bis 7
Grad in den Nordosten ein.

Im Westen Deutschlands muss man den Blick dann schon gen Westen richten, weil
der Trog vom Nordostatlantik bis zum Sonntag bis zu den Britischen Inseln
vorankommt. Damit fällt der Druck bei uns und ein Tief bei den Britischen Inseln
lenkt feuchtere Luft nach West- und Süddeutschland. Während dadurch am Samstag
vornehmlich im südwestlichen und südlichen Bergland erste Konvektion zu erwarten
ist, breitet sich diese am Sonntag etwas weiter bis in die Mitte aus.

Am Montag sind Rücken und westlicher Trog weiter auf Ostkurs, wobei der Trog
Abtropftendenzen Richtung Seegebiet westlich der Iberischen Halbinsel aufweist.
Das Tief bei den Britischen Inseln zieht es mit dem nördlichen Residuum des
Trogs in die Nordsee weiter, die Warmfront erreicht dann Deutschland. Mit
südlicher bis südwestlicher Strömung gelangt warme bis sehr warme Luft mit T850
hPa von 8 bis 17 Grad nach Deutschland.

Am Dienstag verbleiben wir in der südwestlichen Strömung vorderseitig des Trogs
und eines neuen Tiefs über der Nordsee, während Hoch GAYA dann mit Zentrum über
dem Baltikum zu finden ist. Die Kaltfront des Tiefs über der Nordsee gelangt in
den Nordwesten, wird dort aber rückläufig. Die T850 hPa steigen auf 10 Grad im
Norden bis 19 Grad im Süden.

In der erweiterten Mittelfrist ab Mittwoch kommender Woche wird der Trog über
den Britischen Inseln durch einen weiteren Trogvorstoß erneuert, womit die
Zufuhr feuchtwarmer Luftmassen südlich der über Norddeutschland liegenden
Warmfront des von der Nordsee nach Skandinavien ziehenden Tiefs bis zum
Prognoseende des EZMW (t+240h) aufrechterhalten wird.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis zum Sonntag sind sich der heutige 0 UTC-Lauf des EZMW und seine beiden
gestrigen Vorläufe weitgehend einig, sodass auch das Vordringen der feuchteren
Luft am Samstag und Sonntag nun recht einheitlich gerechnet wird. Ab Montag
werden die Differenzen von Tag zu Tag größer, was vorrangig an der Simulation
des Trogs über den Britischen Inseln liegt. Das im neuesten Lauf gebrachte
Abtropfen ins Seegebiet westlich der Britischen Inseln und der Iberischen
Halbinsel ist neu, wobei das nördliche Residuum in die Nordsee und später nach
Skandinavien zieht und nachfolgend ein weiterer Trog zu den Britischen Inseln
gelangt. Das beschert uns eine anhaltende südwestliche Strömung mit feuchtwarmer
Luft vor allem südlich einer über Norddeutschland liegenden Warmfront. Im
gestrigen 0 UTC-Lauf sollte der Trog ein Tief über dem Ärmelkanal formieren,
dessen Ausläufer nach Deutschland vorgedrungen wären und sich von Westen her
bereits kühlere Luft durchgesetzt hätte. Das ist auch beim gestrigen 12 UTC-Lauf
zu sehen, der Trog hätte sich allerdings von den Britischen Inseln schon nach
Deutschland aufgemacht. Die Temperaturunterschiede sind mit bis zu 10 Kelvin
beachtlich, darüber hinaus ist das Gewitterpotenzial im neusten Lauf angesichts
der deutlich wärmeren Luftmasse südlich der Warmfront größer.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

GFS ist am Sonntag beim Vordringen der feuchteren Luft etwas progressiver als
EZMW, allzu groß sind die Unterschiede aber nicht mehr. Danach gleicht das
Modell im Prinzip dem gestrigen 0 UTC-Lauf des EZMW, womit es also rascher
kühler wird. ICON macht ein neues Fass auf und schickt den Trog von den
Britischen Inseln am Sonntag als Höhentief über den westlichen Alpenraum bis in
die Adria am Dienstag. Im Norden könnte sich dahinter ein flacher Keil
ausbreiten, sodass der Tiefdruckeinfluss von Norden her nachlassen würde. Auch
dieses Szenario ist deutlich kühler als das vom EZMW. GEM schließt sich übrigens
dem Ablauf vom ICON größtenteils an. NAVGEM bringt noch eine neue Variante ins
Spiel. Dabei tropft der Trog am Montag über Deutschland ab und gelangt
nachfolgend ebenfalls als Höhentief in die Adria.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

RAUCHFAHNEN:
Bei Betrachtung der Rauchfahnen des EZMW für diverse deutsche Städte fällt ins
Auge, dass der Hauptlauf ab Sonntag sowohl beim Geopot 500 hPa als auch bei T850
hPa jeweils weit oben angesiedelt ist und sich keinesfalls mehr im Median der
Mitglieder wiederfindet. Dieser ist jeweils mit eingebetteten Kontrolllauf als
Ast auf deutlich niedrigeren Niveau vorhanden, was große Zweifel an der
beständigen Trogvorderseite mit hohem Temperaturniveau aufkommen lässt. So
stellt der Hauptlauf derzeit wohl nur eine Außenseiterlösung dar.

CLUSTERANALYSE:
Die Clusteranalyse bietet für Sonntag (0 UTC) bis Dienstag (0 UTC) drei Cluster
an. Vor allem beim letzten Termin unterscheiden sich diese deutlich. C1 zeigt im
Prinzip die GEM/ICON-Lösung mit dem abtropfenden Höhentief über den Alpenraum.
C2 und C3 servieren den Trog über den Britischen Inseln bzw. nordwestlich der
Iberischen Halbinsel.
Zwischen Mittwoch (0 UTC) und Freitag (0 UTC) nächste Woche gibt es fünf Cluster
mit dem Mehrheitsregime der Blockierung. Diese setzt bei allen Clustern an
unterschiedlichen Stellen an, was sich letztlich auf unser Wetter abfärbt. Die
Lösungen sind daher für Mitteleuropa sehr unterschiedlich. C1 und C2 mit 14 plus
14 Mitgliedern (zusammen 28 Mitgliedern) sind zyklonal, C3 bis C5 mit 8, 8 und 7
Mitgliedern (zusammen 23 Mitglieder) antizyklonal gefärbt.

FAZIT:
Ist die Vorhersage bis zum Sonntag mit Hochdruckeinfluss bei recht hohen
Temperaturen und zunehmend feuchter Luft mit ersten Schauern und Gewittern im
Westen und Süden bzw. am Sonntag bis in die Mitte noch plausibel, so ist ab
Montag die Reise ziemlich ungewiss. Die Bandbreite der Lösungen ist enorm und
aus den Modellen lässt sich kaum eine Tendenz herausarbeiten. Mit etwas Fantasie
ist aber eine baldige Abkühlung unter Tiefdruckeinfluss nach den bisherigen
Mustern dieses Sommers für den Verfasser dieses Textes am ehesten vorstellbar.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

GEWITTER:
Beim CAPE „springt“ EFI nicht an. Dennoch könnte es im Zuge des Abbaus des
Hochdruckeinflusses und des Vordringens feuchter Luft lokal zu kräftigen
Gewittern kommen. Wahrscheinlich fallen diese nur lokal markant aus, EZMW zeigt
aber gebietsweise auch mal CAPE-Werte von über 2000 J/kg an. Dann könnte es
zumindest vereinzelt für Unwetter reichen. Eventuelle Randtröge wären dann das
Salz in der Suppe in Form dynamischer Unterstützung.

Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EZMW-ENS. Nach „hinten heraus“ vermehrt MOSMIX als Mittellösung.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler*