S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 30.08.2021 um 10.30 UTC

Zunächst ruhige und mäßig warme bis warme Hochdruckrandlage, ab dem kommenden
Wochenende zunächst im Süden und Westen wieder unbeständiger.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 06.09.2021

Kaum neigt sich der aus Sicht eines Vorhersagemeteorologen äußerst
abwechslungsreiche und auch herausfordernde (meteorologische) Sommer 2021 seinem
Ende entgegen, steht zu Beginn des Herbstes tatsächlich mal zumindest
vorübergehend etwas stabileres Wetter ins Haus. Aber auch das wird wohl erst
einmal nur ein Intermezzo bleiben.

Am Donnerstag und Freitag befindet sich das Vorhersagegebiet allerdings erst
einmal an der Ostflanke eines umfangreichen Höhenrückens, der sich über weite
Teile West- und Nordwesteuropas erstreckt und ganz allmählich nach Osten
vorankommt. Das zunächst noch kräftige, sich dann aber allmählich abschwächende
Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt von Schottland bis Freitag zum Nordmeer,
wobei ein breit angelegter Hochkeil über die Nordsee und Mitteleuropa hinweg bis
nach Südosteuropa reicht. Flankiert wird die Hochdruckzone im Nordosten von
einem am Donnerstag von der Barentssee bis zur Ukraine reichenden Höhentrog, der
am Freitag durch einen nach Skandinavien bzw. zum Baltikum gerichteten markanten
Trogvorstoß regeneriert wird. Südwestlich der Hochdruckzone reicht ein flacher
Trog vom Ostatlantik bis zur Iberischen Halbinsel bzw. am Freitag auch bis nach
Frankreich.
Im Vorhersagegebiet dominiert somit an beiden Tagen ruhiges Hochdruckwetter.
Über den Norden und Nordosten ziehen zeitweise lockere Wolkenfelder hinweg, es
bleibt aber trocken, das Tief über Frankreich kann sich am Freitag eventuell im
Südwesten sowie an den Alpen mit höher reichenden Quellwolken bemerkbar machen,
es sollte aber noch trocken bleiben. Insgesamt kann sich die Luftmasse erwärmen,
in 850 hPa steigt die Temperatur auf 8 bis 12 Grad, somit liegen die Höchstwerte
meist zwischen 22 und 26 Grad, an den Küsten um 20 Grad.

Am Wochenende erstreckt sich der Höhenrücken dann über Mitteleuropa und die
Nordsee bis zum Nordmeer. Die Hochdruckbrücke über Mitteleuropa wird dann aber
quasi in die Zange genommen. Einerseits weitet sich der Höhentrog über Nord-
bzw. Nordosteuropa etwas nach Westen aus, wodurch am Samstag bzw. in der Nacht
zum Sonntag eine schwache Kaltfront wohl ohne Niederschläge, aber mit polarer
Meeresluft den Nordosten des Landes streift. Bis Sonntagmittag sinkt die
Temperatur in 850 hPa nordöstlich der Elbe auf 2 bis 6 Grad. Gleichzeitig
verstärkt sich mit dem Vorstoß maritimer Polarluft aber wieder das Nordmeerhoch
und verlagert seinen Schwerpunkt nach Skandinavien, so dass vor allem zum
Sonntag hin sehr trockene Luftmassen in den Norden und Osten Deutschlands
gelangen.
Andererseits kann sich an der Südwestflanke des sich über dem Nordmeer und
Skandinavien verstärkenden Hochs die Tiefdruckrinne über Frankreich allmählich
nach West- und Süddeutschland ausweiten. Im Einflussbereich zunehmend feuchter,
aber weiterhin warmer und auch labil geschichteter Luftmassen (T850 hPa sowohl
am Sa als auch am So 9 bis 13 Grad) gibt es dort am Samstag nur vereinzelt, am
Sonntag dann wohl häufiger Schauer und Gewitter.
An den Temperaturen ändert sich aber nur wenig, lediglich im Nordosten bleibt es
wohl mit auflebendem Nord- bis Nordostwind etwas frischer, vor allem nachts.

Bereits am Sonntag tropft ein Höhentrog über dem Ostatlantik westlich der
Britischen Inseln ab. Zu Beginn kommender Woche verlagert das Cut-Off-Tief sein
Drehzentrum zu den Britischen Inseln. Der Höhenrücken wird vor allem über
Mitteleuropa etwas nach Osten abgedrängt und das Vorhersagegebiet gerät
allmählich auf die Vorderseite des inzwischen hochreichenden Tiefs über den
Britischen Inseln. Die Tiefdruckrinne über West- und Süddeutschland kommt
zögernd nordostwärts voran und wird regeneriert. Somit breiten sich die Schauer
und innerhalb der mäßig warmen bis warmen (T850 hPa 9 bis 13 Grad, im Nordosten
etwas kühler, am Alpenrand bei Föhn über 15 Grad) und labil geschichteten
Luftmasse teils kräftigen Gewitter nordostwärts aus, ganz im Osten sowie am
föhnigen Alpenrand bleibt es aber aufgrund der Blockadewirkung des nach wie vor
kräftigen Hochs über Skandinavien nach Lesart des aktuellen IFS-Laufes zumindest
am Montag noch trocken.

In der erweiterten Mittelfrist wird das Höhentief über den Britischen Inseln
durch einen Trogvorstoß von Nordwesten her regeneriert und der daraus
resultierende Langwellentrog weitet sich zu Wochenmitte bis nach Mitteleuropa
aus. Das blockierende Skandinavienhoch bleibt zwar erhalten, dessen
Blockadewirkung reicht aber nur bis ins östliche Mitteleuropa, so dass sich nach
Lesart des aktuellen Laufes erneut eine unbeständige und maximal mäßig warme
Witterungsphase im Vorhersagegebiet einstellen würde.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Freitag unterscheiden sich die letzten drei IFS-Läufe nicht
relevant.
Am Wochenende gibt es dann kleinere Differenzen, das Vordringen der feuchteren
Luftmasse von Frankreich her nach Süd- und Westdeutschland betreffend. Dabei
fährt der gestrige 00 UTC-Lauf eine progressivere Variante und lässt bereits am
Samstag die Schauer/Gewitter auf ganz Süddeutschland übergreifen. Während der
gestrige 12 UTC-Lauf selbst gegenüber dem aktuellen Lauf noch etwas defensiver
aufgestellt ist.
Den neuen Trogvorstoß Richtung Westeuropa samt kräftigem Höhentief über den
Britischen Inseln zu Beginn kommender Woche hatten die beiden gestrigen Läufe
etwas anders auf der Agenda und simulierten am Montag einen flachen Trog über
Frankreich (gestriger 12 UTC-Lauf) bzw. das Höhentief weiter südwestlich
(gestriger 00 UTC-Lauf). Entsprechend beschränken sich die Schauer/Gewitter auch
am Montag und Dienstag nach Lesart beider Läufe lediglich auf die Südwesthälfte
des Vorhersagegebietes und können vielleicht noch bis in die mittleren
Landesteile vordringen, im Nordosten und Osten dominiert dagegen die
Blockadewirkung des seinen Schwerpunkt allmählich von Skandinavien zum Baltikum
verlagernden Hochdruckgebietes.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Auch die vorliegenden Globalmodelle unterscheiden sich bis einschließlich
Freitag kaum. Am Samstag und Sonntag sind dann, was das Vorankommen der
feuchteren Luftmassen von Frankreich her angeht, ICON, vor allem aber das
kanadische GEM defensiver aufgestellt als das IFS. Nach ICON beschränken sich
einzelne Schauer/Gewitter auch am Sonntag noch grade so auf den äußersten
Westen, den Schwarzwald und eventuell den Alpenrand, GEM hat sogar in diesen
Regionen noch keine Niederschläge auf der Agenda.
Anders dagegen GFS: Der erneute Trogvorstoß am Sonntag wird weiter östlich,
bereits zu den Britischen Inseln gerichtet, simuliert, das Cut-Off-Tief am
Montag dann über Ostfrankreich. Somit kann die feuchte und mäßig warme Luftmasse
bereits am Sonntag deutlich weiter nordostwärts vorankommen als nach Lesart des
IFS, so dass es wohl lediglich nordöstlich der Elbe noch trocken bleiben dürfte.

Zu Beginn kommender Woche tendiert ICON dann eher Richtung Winkelwest, wobei das
Hoch über dem Baltikum bzw. den Westen Russlands noch blockierend wirkt und
Tiefausläufer weiterhin nur den Westen und Süden Deutschlands beeinflussen. Das
GEM lässt den Trog über Westeuropa über dem Westen Frankreichs austropfen mit
teils ergiebigen Niederschlägen in West- und Süddeutschland, während sich das
Hochdruckgebiet auch über Skandinavien wieder verstärken kann und trockene
Festlandsluft von Osten her nach Ost- und Norddeutschland steuert. Nach Lesart
des GFS verlagert sich das Höhentief dagegen allmählich Richtung Alpenraum bzw.
Süddeutschland und beschert vor allem dem Süden und der Mitte des Landes
unbeständiges und niederschlagreiches Wetter, während an dessen Nordflanke von
Osten her vor allem ab Dienstag ebenfalls trockene Festlandsluft nach
Norddeutschland gelangen kann.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Zwar verteilen sich die 49 Einzelmember, der Haupt- und der Kontrolllauf zu
Beginn der Mittelfrist (Zeitraum T+72 bis 96 Stunden) auf 5 Cluster, diese
unterscheiden sich aber, die Wetterentwicklung in Mitteleuropa betreffend, nicht
signifikant voneinander. Den nach Skandinavien gerichteten Trogvorstoß zeigen
alle Cluster zwar leicht unterschiedlich, diese Differenzen erweisen sich aber
für uns als kaum prognoserelevant (eventuell könnte es nach Lesart des
allerdings nur mit 5 Membern belegten Cluster 5 am Freitag für Böen Bft 7 bis 8
an der Ostsee reichen).

Danach wird’s dann interessanter: Im Zeitraum T+120 bis 168 Stunden verteilen
sich die Member auf 6 Cluster. Cluster 2 bis 5 (jeweils 10, 10, 9 und 4 Member,
Kontroll- und Hauptlauf in Cluster 3) deuten einen Trogvorstoß Richtung
Britische Inseln an, Cluster 2, 3 und 5 mit Cut-Off-Tief am Montag südwestlich
von GB. Nach Lesart aller vier Cluster wirken der ins Nordmeer gerichtete
Hochkeil bzw. ein Hoch über Skandinavien oder dem Baltikum blockierend und – wie
auch vom Hauptlauf simuliert – schaffen es Frontensysteme zunächst nur, auf den
Süden und Westen Deutschlands überzugreifen, nach Lesart des Cluster 5 bleiben
sie sogar, ähnlich wie beim GEM, komplett außen vor.
Cluster 1 lässt den Trogvorstoß eher ins Seegebiet nordwestlich der Britischen
Inseln gerichtet und deutet – ähnlich wie im ICON – zu Wochenbeginn eine
Winkelwest-Lage an mit blockierendem Hoch über Skandinavien und schwachen
Frontensystemen über West- bzw. Südwestdeutschland.
Der mit 3 Membern bestückte Cluster 6 tendiert dagegen Richtung antizyklonaler
Westlage mit Trögen über dem mittleren Nordatlantik und Nordosteuropa sowie
einem nach Mitteleuropa gerichteten Azorenhochkeil.

Allen Clustern gemein ist übrigens ein Tropensturm im Bereich der Azoren. Dieser
könnte im weiteren Verlauf wohl noch einiges durcheinanderwürfeln.

Jedenfalls zeigt die erweiterte Mittelfrist (T+192 bis 240 Stunden) ebenfalls
die Maximalanzahl von sechs Clustern. Insgesamt nimmt dabei wieder die Neigung
zu blockierenden Lagen zu. Cluster 1 (11 Member) mündet dabei in die
Großwetterlage Hoch Mitteleuropa, Cluster 2 (10 Member) mit einem kräftigen
Islandtief und einem nach Osteuropa gerichteten Hochkeil in eine mehr oder
weniger antizyklonale Südwestlage. Cluster 3 (9 Member, inklusive Hauptlauf)
belässt es – ähnlich wie Cluster 4 (9 Member) bei einer vorübergehend
antizyklonalen, später wieder zyklonaleren Südostlage, wobei das Hoch über
Skandinavien und dem Baltikum blockierend wirkt und die Tiefausläufer nie nach
Nordostdeutschland vorankommen lässt.
Cluster 5 (7 Member) hat einen markanten Höhenrücken über Mitteleuropa auf der
Agenda – bestes Spätsommerwetter – und Cluster 6 (5 Member) lässt einen
Höhentrog allmählich von West- auf Mitteleuropa übergreifen.

Die Kurvenschar der 850 hPa-Temperatur der Rauchfahnen verschiedener
Gitterpunkte im Vorhersagegebiet verläuft bis Freitag noch in einem relativ
engen Spread auf recht hohem Niveau (9 bis 12 Grad) im Norden und Osten
Deutschlands und auf ein ähnliches Niveau steigende Temperaturen im Westen und
Süden.
Danach wird der Spread mit dem nach Skandinavien gerichteten Trogvorstoß vor
allem im Nordosten des Landes größer, da einige Member die Kaltluft recht weit
nach Süden vorankommen lassen (Rostock z.B. am Samstag zwischen 1 und 9 Grad,
wobei die meisten Member im unteren Bereich angesiedelt sind).
Bereits ab dem Wochenende nehmen dann erwartungsgemäß vor allem im Süden und
Westen die Niederschlagssignale deutlich zu, zu Beginn kommender Woche dann aber
auch im Norden und Osten. Der Spread der 850 hPa-Temperatur wird vor allem zu
Beginn kommender Woche noch deutlich größer, was auf eine sehr hohe
Prognoseunsicherheit ab Montag hindeutet.

FAZIT:
Donnerstag und Freitag ist ruhiges und mäßig warmes bis warmes Hochdruckwetter
garantiert und dürfte vor allem im Norden und Osten auch noch am Wochenende
andauern, wobei der Sonntag noch unsicher ist.
Was danach passiert, steht mehr oder weniger in den Sternen. Die Andauer des
stabilen Hochdruckwetters vor allem im Norden und Osten des Landes erscheint
ähnlich wahrscheinlich wie ein Rückfall in ein zyklonal geprägtes Regime.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Zunächst sind bei ruhigem Hochdruckwetter keine signifikanten
Wettererscheinungen zu erwarten.
Am Wochenende gelangen dann in den Süden und Westen des Landes von Frankreich
her feuchtere und potenziell instabile Luftmassen. Dabei können sich einzelne
Gewitter entwickeln, markante Begleiterscheinungen in Form von Starkregen,
kleinkörnigem Hagel und stürmischen Böen sind nicht ausgeschlossen.
Unwetterartige Entwicklungen sind aber wohl eher unwahrscheinlich.
Unsicher ist noch, ob die Gewitter am Sonntag auch bereits die mittleren
Landesteile erfassen oder sich gar nur auf den südwestdeutschen
Mittelgebirgsraum bzw. den Alpenrand beschränken.
Tendenziell kommen die Schauer und Gewitter dann zu Beginn kommender Woche
weiter nach Nordosten voran. Welche Regionen dann aber betroffen sind und wie
häufig diese dann auftreten, ist aber noch unsicher.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff