SXEU31 DWAV 281800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 28.08.2021 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Cut-Off-Tief über Tschechien, kühles Schauerwetter, teils mit kurzen Gewittern,
lokal Starkregen, regional größere akkumulierte Regenmengen

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC

Aktuell … erstreckt sich eine ausgedehnte Hochdruckzone von den Britischen
Inseln über Skandinavien bis nach Nordosteuropa. An seiner Südflanke liegt ein
stärkeres Cut-Off-Tief quasistationär mit seinem Zentrum über Nordtschechien
knapp südlich des Erzgebirges, das unser Wetter im gesamten Vorhersagezeitraum
beeinflusst. Es ergibt sich für Mitteleuropa eine sehr stabile
„High-over-Low-Lage“, bei der mit einer nordöstlichen Strömung kühle und feuchte
Luft herangeführt wird. So liegt die 850-hPa-Temperatur nur knapp über 5 °C.
An der Westflanke des Höhntiefs zieht aktuell ein eingelagerter Kurzwellentrog,
dessen Achse sich vom Bayerischen Wald, bis zum Schwarzwald erstreckt, süwärts.
An seiner Vorderseite liegt ein kompaktes Schauergebiet, das aktuelle auf die
Alpen trifft und dem eine Schauer- und Gewitterlinie folgt. So gibt es auch in
den nächsten Stunden dort weiterhin kräftigeren Regen, besonders in den
Nordweststaulagen sorgt. Mit dem heute bisher gefallenen Mengen werden bis
Montagfrüh dort Regenmengen von 20 bis 50 l/qm in der Fläche erwartet. Markante
Starkregenwarnungen laufen dort bis Dienstag. Die Schneefallgrenze schwankt
zwischen 2200 und 2600 m.
Weiterhin drehen sich mehrere Schauerstaffeln um das Höhentiefzentrum. Teilweise
bilden sich bei ~300 J/kg ML-CAPE (dünne aber hochreichende Profile) einzelne
kurzlebige Gewitter, die allerdings auf Grund ihrer Zuggeschwindigkeit nur
vereinzelt Starkregen bringen. Über mehrere Stunden hinweg wurde allerdings das
markante Starkregenkriterium in manchen Regionen bereits übertroffen. Besonders
hervorzuheben ist Westsachsen, wo Flächenmittel in den vergangenen 12 Stunden 20
bis 40 l/qm gefallen sind. Dort lässt aber die Schauerintensität in den nächsten
Stunden weiter nach.

In der Nacht zieht mit einem eingelagerten Bodentrog eine weiteres konvektiv
durchsetztes Regengebiet über die Mitte Deutschlands südwärts und trifft laut
ICON-D2 hauptsächlich Südniedersachsen und Hessen. Die Ensembles zeigen nur eine
sehr geringe Wahrscheinlichkeit für das Überschreiten von Starkregenschwellen.
SuperHD, ECMWF, Euro4 und GFS simulieren das Regengebiet allerdings deutlich
weiter östlich, wobei die Staulagen des Harzes und des Thüringer Waldes
getroffen werden.
Am Alpenland lassen die Schauer in der 2. Nachthälfte vorübergehend etwas nach.

Sonntag … schlägt das Höhentief mit seinem Drehzentrum wieder Ostkurs ein,
entfernt sich dabei aber nur wenig. Auf zyklonalem Weg gelangt weiterhin
feuchtkühle und leicht labil geschichtet Luft zu uns. Die Regenfälle aus der
Nacht verlagern sich weiter nach Süden und Westen und treffen in der Folge auf
die Alpen. Staubedingt verstärken sich die Regenfälle dort dann erneut und die
Dauerregenlage setzt sich fort. Die Modelle sind sich mit den Schwerpunkten noch
uneinig. Auch in Staulagen der Schwäbischen Alb sind kräftigere Regenfälle nicht
ausgeschlossen.
Ansonsten gibt es wieder zahlreiche Schauer, besonders in der Osthälfte, wo
wieder CAPE-Werte ~ 300 J/kg simuliert werden, kann es wieder einzelne Gewitter
geben. Sie gehen vor allem mit lokal mehrstündigem Starkregen einher. Im Westen
stabilisiert die Schichtung etwas, sodass dort die Schauer weniger intensiv
sind.

Im Dauerregen kommen die Temperaturen kaum über die 15°C hinaus, mit den im
Nordwesten etwas größeren Sonnenanteilen sind dort 20 bis 22°C drin.

Ab dem späten Nachmittag zieht ein Bodentrog von Nordosten kommend über die
Osthälfte. Die genaue Zugbahn streut auch weiterhin in den Modellen.
Voraussichtlich zieht damit verbunden ein konvektiv durchsetztes Regengebiet vom
Nordosten über Nordbrandenburg südwärts und trifft irgendwo zwischen Thüringer
Wald und Westerzgebirge auf den zentralen Mittelgebirgsraum. Zwischen der
westlichen Mitte und dem Osten Deutschland gibt es wieder etwas kräftigeren
Regen, mit eingelagerten Starkregen. In Teilen Thüringens und Westsachsens
werden die größeten Regenmengen berechnet.

Montag … verlagert das Höhentief seinen Schwerpunkt über Polen leicht
nordwärts, während der damit assoziierte Tiefkomplex mehrere Zentren, eines über
dem Riesengebirge und eines nahe der polnischen Ostseeküste aufweist. Am Boden
ziehen wieder Teiltröge über die Südosthälfte. Dadurch ist vor allem die
Südosthälfte von weiteren schauerartig verstärkten, teils gewittrigen
Regenfällen betroffen, die besonders in den Staulagen kräftiger ausfallen
können. Die genaue Position der Niederschlagsgebiete ist unsicher, das Potenzial
für lokalen Stark- und Dauerregen im Osten und Süden bleibt recht groß.
Besonders betroffen ist wahrscheinlich immer noch der Bereich zwischen
Westsachsen und Ostthüringen, wo sich am Thüringer Wald und am Westerzgebirge
eine Nord- bzw. später eine Nordoststaulage ergibt. Der ICON-D2 12z-Lauf
verstärkt nochmals die Niederschlagsmengen und geht bis Montagabend akkumuliert
bis 70 mm hoch. SuperHD zeigt im 00z-Lauf ähnlich Mengen. So sind regional
begrenz auch Unwetter möglich. Ein weiterer Regenschwerpunkt liegt
voraussichtlich an den östlichen Alpen und im angrenzenden Alpenvorland.

Dienstag … baut sich ein kräftiges Hoch über dem Atlantik auf. Die
Hochdruckbrücke über Norwegen wird in Folge dessen durch einen stromabwärts
vorstoßenden Trog rasch abgebaut, wobei unser Cut-Off-Tief vom Trog eingefangen
wird und es sich endlich in östliche Richtung in Bewegung setzt und zunehmend
den Einfluss auf uns verliert. Während es im Osten durch einen weiteren nach
Süden abziehenden Randtrog weitere schauerartige, teils auch gewittrige
Regenfälle gibt, die besonders in den Staulagen wieder markante Schwellen reißen
können, stabilisiert es im Westen durch zunehmenden Einfluss des Atlantikhochs.
Die Luftmasse bleibt mit 850-hPa-Temperaturen um 7°C recht kühl.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle haben mit den zahlreichen kleinen Randtrögen größere
Schwierigkeiten. So kommt es bereits in der kommenden Nacht zu einigen
Unsicherheiten. Die Herausgabe von frühzeitigen Warnungen bleibt weiterhin
deutlich erschwert. Trotzdem lassen sich in den nächsten Tagen zwei Regionen
eingrenzen, in denen die größten Regenmengen zu erwarten sind: Westsachsen und
Thüringen und der Alpenrand. In diesen Gebieten regionale Schwerpunkte zu
setzten ist auch auf Grund des konvektiven Charakters kaum möglich. Da die
Globalmodelle den konvektiven Anteil nicht oder schlecht auflösen, sollte eher
auf die Lokalmodelle gesetzt werden. Diese bieten in den betroffenen Regionen 40
bis 70 mm, am Alpenrand teils auch über 90 mm bis Dienstagmittag an.

VORSCHLAG FÜR DIE WARNSTRATEGIE:

Sachsen/Thüringen: Die betroffenen Gebiete werden trotz noch größerer
Unsicherheiten in den nächsten Stunden großflächig bis Dienstag mit Ocker
bewarnt. Die Warnschwelle wird dabei ausgereizt. In Anbetracht der Tatsache,
dass dort in den vergangenen 3 Tagen schon größere Mengen von 30 bis 80 mm und
auch schon über 100 mm bei einem Regenereigniss vor einer Woche gefallen sind,
sollte nicht gezögert werden, dort Gebiete auf Unwetter hochzustufen, wenn sich
die höheren Niederschlagsmengen des ICON-D2-12z-Laufes in den folgenden Läufen
bestätigen. Teils sind dort schon Bäche/Flüsse bei Meldestufe 1 und über 50 mm
in 24 Stunden sind durchaus möglich (ICON-D2 und SuperHD). Sollte sich das
Gebiet nicht regionalisieren lassen, so besteht die Möglichkeit mit
Vorabinformationen zu arbeiten.

Alpenrand/Alpenvorland: Dort laufen bereits Ocker Warnungen bis Dienstag. Sollte
sich auch dort Gebiete mit größeren Niederschlagsmengen in den nächsten Läufen
regionalisieren lassen, so sollten dort ebenfalls Unwetterwarnungen ausgegeben
werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christian Herold