SXEU31 DWAV 261800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 26.08.2021 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Wetter stellt frühzeitig die Weichen auf Herbst!

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC

Aktuell … wirbelt ein mächtiges Höhentief mit Zentrum über der westlichen
Nordsee. Gleichzeitig dominiert ein Rücken das Wetter auf den Britischen Inseln.
Am Boden korreliert das Höhentief mit einem Bodentief über dem Seegebiet
westlich des Baltikum. Resultierend kann sich hochreichend eine stramme,
nördliche und zyklonal geprägte Strömung einstellen, die sich schließlich für
die aktuelle Wetterlage NZ verantwortlich zeichnet. An das Bodentief gekoppelt
ist zudem eine Kaltfront, die Deutschland südwärts überquert hat und am Abend an
den Alpen liegt. Da das hochreichende Tief NICK Luft aus nördlichen Gefilden
anzapft, die rückseitig der Kaltfront das Land flutet, steigen die Temperaturen
nur auf mäßiges Sommerniveau. In 850 hPa werden demnach von Nord nach Süd nur
noch 3 bis 10 Grad erreicht. Da die Luft über die Nord- und Ostsee zu uns
gelangt, ist diese auch mit ausreichend Feuchte angereichert. Den Hebungsantrieb
für konvektive Umlagerungen mit Schauern und einzelnen Gewittern als
Folgeerscheinungen liefern in einer leicht potentiell labil geschichteten
Luftmasse in die Strömung eingelagerte kurzwellige Anteile. Entsprechend können
sich Schauer- und Gewitterstaffeln bzw. -linien ausbilden, die südostwärts
ziehen. Bei PPW-Werten von 15 bis 24 mm und einer ordentlichen
Zuggeschwindigkeit sollte Starkregen bei einzelnen Zellen weniger eine Rolle
spielen. Bei linienhaften Strukturen und somit mehrmaligen auftreten sind aber
Starkregenfälle bis 25 l/m² regional möglich. Der Wind weht in Gewitternähe in
Böen überwiegend steif, lokal auch stürmisch. Aus dem Gradient heraus sind
allenfalls an der See und in Hochlagen warnwürdige Windspitzen von 50 bis 75
km/h zu erwarten.
In der Nacht dämpft die bodennahe Stabilisierung die Schauer- und
Gewitterneigung etwas, lässt diese aber nicht komplett zum Erliegen kommen.
Etwas außen vor ist der Westen und Südwesten, wo sich der hochreichende NICK
zunächst nur geringfügig bemerkbar macht.
Dies scheint sich aber zu ändern. Denn Deutschland wirkt anziehend auf NICK.
Demnach setzt er schon in der Nacht den Weg nach Süden fort und soll sich
ausgangs der Nacht im Bereich der Oder befinden.
Freitag … nistet sich das hochreichende Tief NICK bei nur langsamer
Verlagerung über dem südlichen Brandenburg und Sachsen ein. Die Luftmasse bleibt
dabei die alte und das Temperaturniveau auch. Entsprechend ist auch das
Wettergeschehen von den gleichen Wetterphänomenen bezüglich des Vortages
geprägt. Kurzwellige Anteile sowie NICK selber heben bei leicht labiler
Schichtung die Luft und sorgen so erneut für eine auflebende Schauer- und
Gewittertätigkeit. Da die Höhenwinde nachlassen, kommt aber der Starkregen
wieder mehr in den Fokus. Allerdings reichen PPW von 20 bis 26 mm vielerorts
nicht aus, um Starkregen über 15 l/m² hervorzurufen. Anders sieht es aber wieder
bei wiederholt auftretenden Schauern und Gewittern sowie im Stau der Berge aus.
Dort sind durchaus Starkregenfälle bis 25 l/m² zu erwarten, punktuell kann sogar
auch heftiger Starkregen über 25 l/m² pro Stunde oder mehrstündig nicht
ausgeschlossen werden. Ein Maß für den Treibstoff der kühlen Luftmasse sind auch
die CAPE-Werte zwischen 100 und 400 J/kg. Der Schwerpunkt der konvektiven
Umlagerungen liegt dabei überwiegend nördlich von Mosel und Main. Aber auch an
den Alpen und im südöstlichen Mittelgebirgsraum geht es natürlich feucht
fröhlich weiter. Induziert durch ein schwaches Hoch über dem Alpenraum sind
sonnige Abschnitte vor allem nach Südwesten zu im Programm.
Samstag … bleibt Tiefdruckeinfluss Trumpf. Der hochreichende NICK findet es
im Erzgebirgsumfeld einfach so toll, sodass er keine Anstalten macht, sich
signifikant fortzubewegen. Allerdings doppelt sich NICK zum Samstag. Sein
kleiner Bruder soll dann im Grenzbereich von Polen und Weißrussland sein Unwesen
treiben und so eine Art Dipolstruktur aufbauen. Auf der Ostflanke des
Konstruktes führen beide feuchtwarme Luft nordwärts, die in abgeschwächter Form
herumgeholt, schließlich auch den äußersten Norden und Nordwesten erreicht.
Bodennah ist die Schliere von einer Okklusion markiert. Insgesamt sorgt der
hochreichende NICK also weiter für einen unbeständigen, zu Schauern und
Gewittern neigenden Wettercharakter. War am Vortag der Südwesten etwas außen
vor, ist es am Samstag eher der Osten. Allerdings hält sich auch dort die Sonne
mehr als zurück. Die Schwerpunkte des Niederschlags sind an den Alpen und im
Nordwesten zu finden. An den Alpen führt die nördliche Strömung zusätzlich zu
den schon bekannten vertikalen Antrieben für orographisch erzwungene Hebung der
labil geschichteten Luft. Im Nordwesten kooperieren potentielle kurzwellige
Anteile in der Strömung mit frontogenetischen Prozessen. Zudem ist durch die
etwas wärmere einsickernde Luft auch geringe WLA im Spiel. Entsprechend sind
dort länger anhaltende, schauerartig verstärkte Regenfälle zu erwarten. Dabei
kann LOKAL die markante Warnschwelle für Starkregen mehrstündigen Zeitraum von
20 l/m² genauso gerissen werden wie die Dauerregenschwelle über 12 bzw. 24
Stunden. An den Alpen sorgen PPW von unter 20 mm, dass dort vor allem die
längeren Zeiträume betrachtet werden müssen. Demnach ist dort lokal Dauerregen
über 12 Stunden bzw. 24 Stunden möglich. Ansonsten sollten die Schauer und
Gewitter nur selten die Starkregengrenze von 15 l/m² in kurzer Zeit oder wenigen
Stunden überschreiten.
Die angesprochenen Hebungsschwerpunkte bleiben auch in der Nacht zum Sonntag
bestehen. Die schauerartigen Regenfälle im Nordwesten und Westen stehen den
Niederschlägen an den Alpen gegenüber. Ansonsten lassen die Schauer und Gewitter
mit bodennaher Stabilisierung nach oder klingen ab. Dann könnte bei
Auflockerungen Nebel in den Vordergrund treten. Ausreichend Feuchte ist auf
jeden Fall vorhanden.
Sonntag … verabschiedet sich der hochreichende NICK nun doch gen Osten. Sein
Zentrum soll demnach im Verlauf über der Slowakei liegen. Auch wenn von der
Ostsee herumgeholt weiter etwas wärmere Luft in den Norden und Westen strömt,
sind insgesamt keine signifikanten Temperaturunterschiede zu verzeichnen. Auf
850 hPa liegen die Werte mit 4 bis 8 Grad fortschreitend auf mäßigem Niveau.
Auch bei den Wettererscheinungen grüßt das tägliche Murmeltier. Im Westen und
Südwesten sind erneut schauerartig verstärkte Regenfälle unterwegs. An den Alpen
staut sich die Nordströmung und sorgt so für weitere teils konvektive
Niederschläge. Im Osten und Südosten sind es die bekannten Schauer und Gewitter,
die vor allem tagsüber aufleben und Regengüsse bringen. Mit Blick auf die
Warnschwellen sind aber vor allem die Niederschläge an den Alpen zu beobachten.
Zwar zwingen sich die Dauerregenmengen nicht auf, sind aber dennoch regional
möglich. Im Westen müssen die Hebungsgebiete schon mit der Orographie und evtl.
weiteren Antrieben interagieren, um gebietsweise die Grenzen von Stark- bzw.
Dauerregen zu erreichen. Gleiches trifft auch auf die Gewitter im Osten zu. Dort
ist zwar das Starkregenrisiko bei PPW von 23 bis 28 mm nicht komplett zu
vernachlässigen, sollte aber eine lokale Ausnahme bleiben.

Modellvergleich und -einschätzung

Die verschiedenen Modelle simulieren die großskaligen Strukturen des
Geopotential- und Luftdruckfeldes vergleichbar. Im Detail ergeben sich
überwiegend am Sonntag geringe Unterschiede, die schließlich zu abweichenden
Niederschlagsschwerpunkten und teilweise auch Intensitäten führen. Das IFS z.B.
prognostiziert am Sonntag innerhalb der Tiefdruckzone um NICK und seinen Bruder
ein weiteren kleines Tief an der polnischen Ostseeküste, welches das ICON nicht
im Programm hat. Entsprechend ist beim IFS der Tiefdruckeinfluss etwas stärker
als beim ICON ausgeprägt. Die Niederschlagsschwerpunkte liegen östlicher und
sind stärker mit deutlichen Stark- bzw. Dauerregenhinweisen. Das GFS stützt ab
Sonntag eher das IFS. Sowohl IFS als auch GFS sind aber noch von 00 UTC bzw. 6
UTC.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Lars Kirchhübel