S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 24.08.2021 um 10.30 UTC

Zunächst kühl und häufig nass, ab Wochenbeginn zunehmend unsicher.

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 31.08.2021

Zunächst sollen übergeordnete Faktoren kurz beleuchtet werden, die für die
Mittelfrist bzw. auch die erweiterte Mittelfrist durchaus eine Rolle spielen
könnten:

Persistent hohe Meeresoberflächentemperaturen (SST) herrschen über Teilen des
Atlantik, v.a. vor der Küste Nordamerikas, Neufundlands und Südgrönlands. Hier
kommen Wechselwirkungen mit den atmosphärischen Bedingungen in der Mittelfrist
teilweise zum Tragen (einerseits Feedback nach längeren Hochdrucklagen,
andererseits können persistent zu hohe SST über hohen Breiten (z.B. Neufundland)
auch zu günstigeren Bedingungen für Zyklogenese in diesen Bereichen führen, die
dann wiederum stromab hohes Geopotenzial längere Zeit aufrechterhalten kann).

Der NAO-Index ist derzeit leicht negativ, die Prognose sieht bis Anfang
September nur wenig Member, die in Richtung NAO positiv tendieren.

Die Saison der African Easterly waves bzw. auch nachfolgend günstige Bedingungen
für vermehrte Tropische Stürme auf dem Atlantik (siehe Ensemble IFS) wird im
wahrsten Sinne des Wortes weiter angeheizt. Somit führen verstärkte Wellenflüsse
(hauptsächlich lokal verstärkte meridionale Wärmeflüsse), ausgehend von
tropischen Systemen unmittelbar zu einer Zunahme der Vorhersagesicherheit (siehe
Cluster IFS, erweiterte MiFri) über dem Atlantik. Ist doch teils noch unklar, ob
und wenn ja wie diese Systeme in die atlantische Zirkulation (einschl.
Frontalzone) mit einbezogen werden.

Nun zum simulierten Wetterablauf in der Mittelfrist, einschließlich Trend für
die erweiterte Mittelfrist:

Am Freitag wird das große Höhentief mit Schwerpunkt über Polen und
Ostdeutschland flankiert von hohem Geopotential, das sich einerseits erstreckt
von der Iberischen Halbinsel bis zum Nordmeer, andererseits auch über
Nordskandinavien. Ausgehend vom Höhentief greift ein markanter Randtrog von
Nord- und Ostsee her auf Norddeutschland über, was einhergeht mit wiederholten
Schauern und einzelnen kurzen Gewittern. Die Temperaturen bleiben mit 20 bis 21
Grad zuvor im Südwesten und Westen, sonst meist 16 bis 19 Grad. Die
850hPa-Temperatur liegt Freitagabend bei 4 bis 6 Grad. An den Küsten können
steife, an der Nordsee vereinzelt auch stürmische Böen aus Nord- bis Nordost
auftreten, sonst spielt der Wind eher eine untergeordnete Rolle.

Am Samstag ändert sich die Lage nicht grundsätzlich. Wie liegen unter dem
Einfluss des Höhentiefs (welches sich mehr und mehr meridional ausrichtet bzw.
ausweitet, auch als Ergebnis der markanten Randtröge und damit einhergehender
Advektionen an den Rändern des Höhentiefs), während die Blockinglage durch die
Hochdruckzone über West- und Nordeuropa weitgehend aufrechterhalten wird.
Während ein Randtrog in Richtung Norditalien zieht, folgt von Nordosten/Osten in
der Nacht zum Sonntag der Nächste. Dieser wird begleitet von einem Bodentief,
das entlang der polnischen Ostseeküste zieht und später mit kräftigeren
Regenfällen Ostdeutschland stärker beeinflussen könnte (Signale für starken
Dauerregen im Erzgebirgsumfeld). Ansonsten setzt sich das fast schon
frühherbstliche Schauerwetter fort.
Im Westen dürfte die Niederschlagsneigung insgesamt etwas geringer ausfallen.
Die Temperatur in 850 hPa sowie die Tagesmaxima bleiben nahezu unverändert.

Zum Sonntag wird das Höhentief östlich von uns noch stärker in meridionaler
Richtung in die Länge gezogen, was uns verstärkt unter eine zyklonale nördliche
Strömung kommen lässt. Die Zufuhr feuchtkühler, aber nicht allzu hochreichend
labiler Luft setzt sich fort, was zu weiteren Schauern oder schauerartigen
Regenfällen führt. Einzelne kurze Gewitter sind ebenfalls wieder mit auf dem
Programm. Im Westen ist die Regenneigung weiter geringer als zur Mitte und vor
allem nach Osten (östliche Mittelgebirge) und Südosten (eventuelle Staulage
Alpen) zu, wo es auch mal kräftiger und länger regnen kann.

Am Montag soll sich das Höhentief mit seiner Achse etwas in zonale Richtung
bewegen (IFS) bzw. nahezu ortsfest bleiben (GFS) mit
Schwerpunkt dann aber über Ostsee bzw. dem westlichen Polen. Gleichzeitig hat
IFS noch einen stärker ausgeprägten Randtrog über Frankreich parat. ICON dagegen
lässt das Höhentief zunächst weiter meridional auseinanderdriften, danach
allmählich südostwärts ziehen in Richtung Balkan. Gleichzeitig wird letzterer
durch stärkere Warmluftadvektion an dessen Ostseite und PVA an dessen Nordseite
zum Langwellentrog umfunktioniert. Damit wird auch die bei IFS und GFS über
Nordskandinavien weiterhin vorhandene Geopotenzialbrücke bei ICON durch den nun
offenen Weg der nördlich gelegenen Frontalzone durchbrochen und einem anderen
synoptischen Muster in der Folge der Weg geebnet. Der Luftmasse die zu uns
gelangt, tut das aber noch nicht viel (bei nordwestlicher Strömung). Sie bleibt
feucht und ziemlich kühl mit weiteren schauerartigen Regenfällen vor allem über
der Osthälfte (laut IFS und GFS am Alpenrand und im Osten erneut kräftiger).
Nach Westen und Südwesten macht sich eine schwache Hochdruckzone bemerkbar, die
ausgehend vom stabilen Hochdruckgebiet zwischen Schottland und Island nach
Westeuropa reicht. Mit etwas mehr Einstrahlung sind dann auch mal 20 bis 23 Grad
möglich.

Am Dienstag lassen IFS und teilweise auch GFS das Höhentief über Mitteleuropa
weiter zonal in die Länge ziehen – mit einem Schwerpunkt über Polen und einem
weiteren (IFS) über Benelux. Dadurch ändert sich am Wettercharakter gegenüber
dem Vortag nicht viel, einzig die 850 hPa-Temperatur und Tagesmaxima könnten
noch etwas höher liegen, da sich das Höhentief etwas abschwächt. Auch die
Geopotenzialbrücke über Skandinavien soll weitgehend erhalten bleiben. ICON
eröffnet dagegen die GWL Atlantischer Rücken, mit ausgeprägtem Langwellentrog,
von Skandinavien bis ins östliche Mitteleuropa reichend. Damit könnte in der
Folge verstärkt relativ feuchte und kühle Luft polaren Ursprungs über den
Atlantik oder aber erneut über Skandinavien zu uns gelangen.

Nach der Lesart von IFS und teils auch GFS sollten wir dagegen am Rande hohen
Luftdrucks über den Britischen Inseln in einer westlichen bis nordwestlichen
Strömung, also eher am Rande des Troggeschehens über Osteuropa verbleiben, womit
auch nur mäßig warme Luftmassen herangeführt würden. Allerdings könnte die
Niederschlagsneigung insgesamt etwas abnehmen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Der neue Lauf des IFS weist bis zum Wochenende eine gute Konsistenz auf.
Allerdings verstärken sich die Niederschlagssignale im Gegensatz zu den
Vorläufen zunehmend auch vom Nordwesten bis in den Südwesten des Landes, da um
das Drehzentrum des Höhentiefs über Polen kurzwellige Randtröge simuliert
werden, die sich zum Teil bis nach Benelux und Frankreich erstrecken. Bei
Eintreten dieses Szenarios dürfte sich dieser Umstand auch dämpfend auf die
Tagesmaxima dort auswirken. Von Samstag bis Montag erscheinen dagegen die
Signale für starken Dauerregen im Osten und Südosten des Landes weiterhin nicht
besonders erheblich, auch weil sich das zugehörige Bodentief über Polen nach dem
neuen Lauf nicht mehr so stark intensivieren bzw. laut ICON eher ein
Streifschuss für den Osten darstellen
soll.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis Sonntag wird die Entwicklung auch von GFS und ICON ähnlich gesehen, zu
Wochenbeginn bzw. ab Dienstag nimmt die Streuung deutlich zu. ICON setzt dann
auf ein anderes synoptisches Muster (siehe Beschreibung oben), während IFS-EPS
und auch GEFS eher Varianten bevorzugen, die Deutschland eher am Rande hohen
Geopotenzials über den Britischen Inseln und Westeuropa sieht, wobei auch dort
die Umstellung auf GWL Atlantischen Rücken später möglich erscheint.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Cluster des IFS für t+120…168 h enthalten zwei gruppierte Cluster, die sich
allerdings synoptisch für Mitteleuropa kaum unterscheiden (Höhentief
Mitteleuropa, hohes Geopotenzial Teile Ostatlantik, teils bis nach Westeuropa
reichend sowie über Nordeuropa). Im nächsten Zeitschritt (t+192…240 h, Mittwoch
bis Nacht zum Freitag) sind drei gruppierte Cluster zu finden, wobei dort auch
die beschriebene ICON-Variante (Cluster 3) enthalten ist. Generell mehren sich
die Anzeichen vom Übergang einer Blockierungslage (derzeit) zu einer Variante
GWL „Atlantischer Rücken“ bzw. auch NAO negativ (siehe Anmerkungen weiter oben).
Damit wären für die erweiterte Mittelfrist insgesamt eher zyklonal geprägte
Nordwest- bis Nordlagen wahrscheinlicher, wenngleich auch weiterhin
Ensemblemember (Cluster 2) für einen zumindest teilweisen bzw. anfänglichen
Erhalt der Geopotenzialbrücke vom Atlantik über Westeuropa bis nach
Südskandinavien sprächen.

Bei Betrachtung der Rauchfahnen für ausgewählte Städte in Deutschland fallen
mehrere Aspekte auf:

Bis Sonntag recht geringer Spread bei allen Variablen (Temperatur 850 hPa,
Niederschlag, Geopotenzial in 500 hPa);
Ab etwa Dienstag zunehmende Temperaturstreuung (mit größerer Memberschar Trend
nach unten);
Insgesamt abnehmende Niederschlagsneigung, allerdings bei steigender
Unsicherheit (einzelne Peaks bzw. Wahrscheinlichkeiten für das Auftreten von
Niederschlag durchaus vorhanden);
Ähnlich heterogener Spread beim Geopotenzial, allerdings mit mehr Membern auf
der höheren Seite, also Anstieg des Geopotenzials.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Hinsichtlich signifikanter Erscheinungen hat der Mittelfristzeitraum zunächst
kaum etwas zu bieten. Die Konvektion ist in kühler Luft eher schwach als markant
(stürmische Böen und/oder Starkregen als Begleiterscheinung sind nur gering
wahrscheinlich). Sonst frischt der Wind lediglich an den Küsten (vor allem
Nordsee) mal etwas auf, mehr als einzelne Bft 8 an exponierten Abschnitten
sollte aber nicht drin sein.

Am Wochenende/ Wochenanfang könnte kräftiger Regen im Osten und Südosten ins
Spiel kommen. Die Modelle deuten die Entwicklung von Randtiefs über Polen jedoch
noch recht unterschiedlich bzw. nicht konsistent genug an. Es könnte sich z.B.
für den Osten eher um einen Streifschuss handeln (ICON). Dann wäre allerdings
die Möglichkeit von Stark- oder Dauerregen gegeben. Ob in Staulagen über der
östlichen Mitte und an den Alpen (aktuell vor allem IFS und GFS) oder abseits
davon von Gewittern durchsetzt im Nordosten, ist noch nicht definitiv zusagen.
Die Ensembles von IFS und ICON liefern eher schwache Signale (EFI z.B. mit einem
Peak im östlichen Mittelgebirgsraum), in einzelnen deterministischen Läufen, wie
der IFS und GFS 00z Version, sind entsprechende größere Mengen (v.a. an den
Alpen) zu finden.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, ICON, GEFS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Dr. Jens Bonewitz