S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 21.08.2021 um 10.30 UTC

Ab Wochenmitte wieder unbeständiger. Am Mittwoch in Vorpommern und an der
Nordsee stürmische Böen. Frühherbstliches Temperaturniveau.

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 28.08.2021

Am Dienstag, zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraumes, befindet sich
Deutschland am Rande eines Hochs mit Schwerpunkt über den Britischen Inseln.
Dieses wird gestützt durch einen Langwellenrücken über dem nahen Atlantik und
den Britischen Inseln selbst. Östlich flankiert wird dieser Rücken von einem
Langwellentrog, dessen Drehzentrum in etwa beim Ladogasee liegt. Seine Achse
verläuft über das nahe Belarus, das polnisch-ukrainische Grenzgebiet und
Österreich bis nach Galicien. Demzufolge befinden wir uns in einer schwachen,
überwiegend nördlichen Höhenströmung. Auf der unmittelbaren Vorderseite des
Troges lagern die Reste einer Kaltfront, die zu einem Tief über der
nordwestlichen Ukraine gehören. Diese Frontreste sorgen zwischen Bayerischem
Wald und Alpen noch für etwas Regen. Auch im Erzgebirgsstau kann es ein paar
Tropfen geben. Sonst gestaltet sich das Wetter weitgehend störungsfrei mit
zeitweisem Sonnenschein. Die Temperatur im 850 hPa-Niveau liegt zwischen gut 3
°C in der Lausitz und etwa 9 °C im Südwesten.

Am Mittwoch bildet sich über dem Atlantik und den Britischen Inseln ein
abgeschlossenes Höhenhoch. Das korrespondierende Bodenhoch verlagert seinen
Schwerpunkt zu den Hebriden. An seiner Ostflanke zieht ein Tief, das am Dienstag
über dem Nordmeer lag, bereits in der Nacht über Nordnorwegen und Nordschweden
hinweg und erreicht zum Morgen den Bottnischen Meerbusen, wo es tagsüber
verweilt. Über Fennoskandien kommt es indes zu einer neuerlichen Austrogung, die
mit jenem Bodentief korrespondiert und ein abgeschlossenes Höhentief aufweist.
Die Warmfront des Tiefs erreicht dabei den Norden Deutschlands, wobei die
Okklusion recht rasch über der Kimbrischen Halbinsel stattfindet. Die Front
liegt dann abends in etwa breitenkreisparallel über dem Raum Hamburg. Sie bringt
dem Norden Deutschlands etwas Regen, größere Mengen kommen dabei aus aktueller
Sicht tagsüber noch nicht zusammen. Erwähnenswert ist jedoch der Wind, der
zumindest im Norden mit zeitweise steifen, in Vorpommern und später auch an der
Nordsee mitunter stürmischen Böen daherkommt. In der Nacht zum Donnerstag
verlagert das Höhentief sein Drehzentrum nach Öland, das Bodentief kommt
unterdessen nach Semgallen voran, seine Front erreicht in etwa den Main.
Entsprechend regnet es in weiten Teilen der Mitte, postfrontal gibt es einige
Schauer. Lag die 850 hPa-Temperatur mittags noch zwischen 5 °C in Ostsachen und
11 °C auf Sylt (Warmsektor), geht sie in der Nacht sukzessive auf 3 bis 10 °C
zurück, wobei die höchsten Werte nun im Südwesten zu verzeichnen sind.

Am Donnerstag erreicht die Front nun auch den Süden und bleibt zum Abend an den
Alpen mehr oder weniger hängen. Das Drehzentrum des Höhentiefs bleibt nahezu
ortsfest, jedoch weitet sich die Höhenkaltluft weiter in Richtung Deutschland
aus. In der Folge regnet es nicht nur an der Front, sondern es gibt in der
Höhenkaltluft auch zahlreiche Schauer. Gerade im Osten könnte die
Temperaturdifferenz zwischen 850 und 500 hPa vielleicht ausreichen, um genug
Labilität für ein kurzes Gewitter zu haben (4 °C vs. -22 °C). Gleichzeitig wird
der Höhenrücken über dem Atlantik durch die „Ausbreitung“ des Höhentiefs immer
mehr abgebaut. Bei ähnlichem 850 hPa-Temperaturregime wie in der Nacht mutet der
Donnerstag doch eher frühherbstlich als spätsommerlich an. Noch dazu bleibt es
vergleichsweise windig, vor allem im Nordosten gibt es einzelne Windböen.

Am Freitag erreicht das Drehzentrum des Höhentiefs die Pommersche Bucht. Dabei
plustert sich das Höhentief richtiggehend auf und nimmt allmählich Kontakt zu
einer weiteren Austrogung über dem Atlantik auf, ohne dies aber vollends zu
schaffen. Die Zone höheren Geopotenzials wird dadurch nach Nordeuropa
abgedrängt. Am Boden findet man ein abgeschlossenes Hoch nun über dem nördlichen
Fennoskandien und dem Weißen Meer, von wo aus ein ganz schmaler Keil noch bis zu
den Britischen Inseln reicht. Durch den Einfluss des Höhentiefs gibt es vor
allem im Norden und in der Mitte zahlreiche Schauer oder schauerartigen Regen.
Südlich des Mains fällt zwar auch etwas Regen, doch ist man dort etwas weiter
weg vom Höhentiefzentrum und profitiert mit viel gutem Willen von gaaaanz
schwachem Hochdruckeinfluss. Die 850 hPa-Temperaturen liegen bei 4 bis 9 °C
(letzerer Wert wird aber nur unmittelbar an den Alpen erreicht).

Schon in der Nacht zum Samstag, aber erst am Samstag selbst besinnt sich das
Höhentief, dass es nun für genug Regen in Deutschland gesorgt hat und verlagert
sein Drehzentrum ins Baltikum. Übrig bleibt hierzulande ein Trog, in dem es in
der Nordosthälfte noch zu einigen Schauern kommt. Im übrigen Land herrscht
schwacher Zwischenhocheinfluss, was immerhin für meist trockenes Wetter sorgt.
Das Ganze spielt sich bei nahezu unveränderten T850 ab. Zum Abend und in der
Nacht zum Sonntag kommt nun das Bodentief wieder ins Spiel (das hat
Zwischendurch ja für unser Wettergeschehen pausiert). Zum Tageswechsel liegt
dieses vor der pommerschen Küste, wobei seine rückwärtige Okklusion über Seeland
und Jütland zur Nordsee verläuft und in Verbindung mit dem Trog im Nordosten ein
paar Liter (teils 5 bis 10 l/m²) an Regen bringt. Im Rest des Landes bleibt es
weiter trocken.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des neuesten IFS-Laufes ist gegenüber dem gestrigen 00-UTC-Lauf
am Dienstag, mit Abstrichen auch noch am Mittwoch, gut. In der weiteren Folge
lässt sich die Konsistenz im Vergleich dieser beiden Läufe nur noch als mäßig
bezeichnen. Der neueste Lauf bevorzugt – wie auch schon der gestrige 12-UTC-Lauf

  • nun eine teils deutlich zyklonalere Lösung. Dadurch gibt es allgemein mehr
    Niederschläge: Auch der Donnerstag, der aus der Sicht des gestrigen Frühlaufes
    noch weitgehend trocken war, stellt sich nun wie oben beschrieben als ziemlich
    verregnet dar.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Über weite Strecken der Mittelfrist ähneln sich ICON, IFS und GFS im Grunde
genommen. Der Teufel steckt wie so oft im Detail. Augenfälligster Unterschied
ist, dass das Höhentief beim ICON am Mittwoch bereits über Südschweden liegt.
GFS simuliert hingegen ähnlich wie IFS.
So verwundert es auch nicht, dass ICON das Höhentief am Donnerstag bereits über
Vorpommern sieht, während IFS und GFS ziemlich exakt gleich eine Position bei
Öland vorschlagen. Zudem wird das korrespondierende Bodentief bei ICON in der
Pommerschen Bucht gerechnet. Mit der ICON-Variante wäre das Wetter also nicht
nur noch „schauriger“, sondern vor allem im Nordwesten auch windiger (stürmische
Böen an der Nordsee).
Am Freitag divergieren auch die Lösungen von GFS und IFS. Beim GFS positioniert
sich das Höhentief im Raum Kaschubien, von wo aus die Trogachse in etwa zur
Eifel zeigt. Als Gegenbeispiel dient ICON, das das Drehzentrum am Kyffhäuser
sieht und demzufolge ganz Deutschland mit richtigem Schietwetter beglückt. IFS
nimmt hier also die Mittelposition zwischen den beiden anderen Lösungen ein.
Zum Samstag zieht das Höhentief und allmählicher Auffüllung südwestwärts in
Richtung Südwestdeutschland und Ostfrankreich. Die relativ glatte Boden- und
Höhenströmung dreht dabei auf eher östliche Richtung. Konträr zur IFS-Lösung
zieht das Höhentief beim GFS nicht zum Baltikum sondern ähnlich wie bei ICON 24
Stunden zuvor in Richtung Harz. Man darf also gespannt bleiben, wie sich das
Wetter am Ende der kommenden Woche entwickelt.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen für eine repräsentative Auswahl deutscher Städte zeigt bei der
850 hPa-Temperatur einen anfangs (im Norden durchweg) stark, ab Donnerstag immer
noch relativ stark gebündelten Verlauf. Dabei steigt die Temperaturkurve von
Dienstag zu Mittwoch vor allem im Norden (Warmfront/Warmsektor), teils auch in
der Mitte an, was so von allen Ensemblemitgliedern mitgetragen wird. Im Süden
lässt sich hingegen kein Amplitudenanstieg ausmachen. Zum Donnerstag hin fällt
die T850 dann dort, wo sie zuvor angestiegen war, wieder stark ab. Während
Haupt- und Kontrolllauf in der Folge eine relativ konstante Temperatur sehen,
schlagen einige Member ab Donnerstag (im Süden) bzw. ab Freitag (im Norden) nach
oben aus. Die wahrscheinlichste Lösung befindet sich jedoch immer noch im Niveau
von Haupt- und Kontrolllauf.
Hinsichtlich des Geopotenzials kann man den Abfall zum Donnerstag hin bei allen
Städten erkennen, wobei der Abfall im Norden und in der Mitte stärker ausfällt
als im Süden. Besonders im Süden lässt sich jedoch erkennen, dass es einige
Lösungen gibt, die ein noch niedrigeres Geopotenzial im Angebot haben, was in
etwa der Lösung von ICON entspräche. Ebenso zeigen aber mehrere Member für alle
Städte ein höheres Geopotenzial. Insgesamt gesehen liegen Haupt- und
Kontrolllauf im Bereich der wahrscheinlichsten Lösung, tendenziell aber eher am
unteren Rand.
Ab Mittwoch und Donnerstag mehren sich die Niederschlagssignale, zuerst im
Norden, dann auch in der Mitte und im Süden, wobei sie für den Süden insgesamt
schwächer sind (leichter Hocheinfluss).

Beim Clustering gibt es für den Zeitraum von Dienstag bis Mittwoch (T+72…96h)
zwar zwei mit 30 bzw. 21 Membern besetzte Cluster, die aber für das
Wettergeschehen hierzulande keine wirklich prägnanten Unterschiede aufweisen.
Für den Zeitraum von Donnerstag bis Samstag (T+120…168h) gibt es drei Cluster,
die mit 24, 14 und 13 Membern besetzt sind. Haupt- und Kontrolllauf
korrespondieren dabei mit dem ersten Cluster. Das Höhentief zieht bei allen drei
Cluster mehr oder weniger nach Osten, jedoch wird beim ersten und zweiten
Cluster eine Zone tiefen Geopotenzials gebildet, die vom östlichen Mitteleuropa
bis auf den Atlantik reicht und im Norden von einer Zone höheren Geopotenzials
flankiert wird. Im dritten Cluster hingegen gibt es über dem östlichen
Mitteleuropa und Osteuropa eine Austrogung bis hinunter zur Adria, flankiert im
Westen von einem Rücken. Dieser stützt auch ein Hoch mit Schwerpunkt bei den
Britischen Inseln, von dem Aus ein Keil nach Süddeutschland reichen würde. Etwas
benachteiligt wäre nach diesem Cluster der Nordosten, wo es noch leicht zyklonal
bleibt. Im Gegensatz zum ersten Cluster, bei dem es vom Hoch über dem nördlichen
Fennoskandien einen schwachen Keil bis nach Westeuropa gibt, gibt es beim
zweiten Cluster so etwas nicht. Dabei herrschen über dem nördlichen Mitteleuropa
schwache Luftdruckunterschiede.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Viel Futter für signifikante Wetterereignisse gibt die Wetterlage nicht her. Am
Mittwoch gibt es in Vorpommern, später auch an der Nordsee zeitweise stürmische
Böen aus West bis Nordwest. Die einzelnen Kaltluftgewitter am Donnerstag im
Osten werden wahrscheinlich – so sie denn auftreten – von der Marke „gelb“ sein.
Dass bei den wiederholten Schauern bzw. dem schauerartigen Regen am Donnerstag
und Freitag Warnschwellen lokal gerissen werden, ist zwar nicht ausgeschlossen,
aber auch nicht sonderlich wahrscheinlich. Die EPSe liefern dahingehend keine
Hinweise. Die ICON-Lösung, die für Donnerstag an der Nordsee stürmische Böen im
Programm hat, wurde verworfen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMix

VBZ Offenbach / M.Sc. Met. Stefan Bach