S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 18.08.2021 um 10.30 UTC

Am Wochenende vorübergehend Hochdruckeinfluss und warm, schon ab Sonntag von
Westen her teils kräftige Gewitter. Ab Montag wieder wechselhaft und kühler.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 25.08.2021

Keine Frage, es ist frisch geworden im deutschen Lande. Fast schon
frühherbstlich könnte man sagen, wenn man dazu noch den forschen Wind von
gestern insbesondere im Norden und Osten berücksichtigt. Nun ist das alles
nichts Besonderes, stehen wir doch unmittelbar vor der letzten Augustdekade, was
nichts anderes bedeutet, als dass der meteorologische Sommer in seine ultimative
Crunchtime tritt und der Herbst – zumindest per definitionem – ante portas
steht. Stellt sich also die Frage, ob der in vielerlei Hinsicht bemerkenswerte
Sommer 2021 in den nächsten Tagen einen zumindest passablen Endspurt hinbekommt
oder ob er seiner von starker Wechselhaftigkeit geprägten Linie treubleibt –
urteilen Sie selbst.

Der Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Samstag lässt sich
durchaus mit dem Attribut „sommerlich“ titulieren, was wir einer vom
Europäischen Nordmeer bis nach Mitteleuropa reichenden Hochdruckzone zu
verdanken haben. Diese wird gestützt von einem Höhenrücken, der sich von Westen
kommend über weite Teile Mitteleuropa legt. Dabei setzt sich in weiten Teilen
des Vorhersageraums Warmluft durch, lediglich der Norden hinkt etwas hinterher
(T850 um 18 UTC zwischen 5°C an der vorpommerschen Küste und bis zu 16°C am
Alpenrand respektive an der Grenze zur Schweiz).

Schon am Sonntag geht es wieder zu Ende mit dem sommerlichen Intermezzo, auch
wenn thermisch davon zunächst noch nichts zu merken ist (T850 um 12 UTC zwischen
10°C in Vorpommern und rund 18°C im Alpenvorland). Fakt ist, dass das gesamte
Strömungsmuster leicht progressiv ist, so dass der Rücken nach Osten
durchgereicht wird, während sich gleichzeitig von UK her ein abgeschlossenes
Höhentief dem Kontinent nähert. Es korrespondiert einerseits mit einem
Bodentief, das in den Abendstunden englisches Festland in Richtung Nordsee
verlässt. Andererseits induziert das weit nach Osten ausgreifend Druckfall, der
den Aufbau einer Rinne fördert, welche von Frankreich her nach Deutschland
schwenkt. Dabei gelangt vor einer Kaltfront, die die Rinne auf ihrer Rückseite
abschließt, zunehmend potentiell instabile Subtropikluft erst in die West-,
spätestens in der Nacht zum Montag dann auch in die Osthälfte. In dieser
Luftmasse entwickeln sich – ohne hier schon auf Details eingehen zu können –
kräftige Gewitter mit Unwettergefahr.

Zu Beginn der neuen Woche greift besagtes Höhentief noch im Laufe des Montags
von Benelux her auf den Nordwesten über und setzt das ganze Land unter eine
stark zyklonal südwestliche bis westliche Höhenströmung. Die Tiefdruckrinne legt
sich zonal exponiert mitten über den Vorhersageraum, wobei sich hinter der im
äußersten Südosten schleifenden Kaltfront konvektionsfreudige da labile
Meeresluft subpolaren Ursprungs ausbreitet (T850 um 18 UTC 8 bis 11°C, nur im
äußersten Süden und Südosten noch etwas darüber).

Am Dienstag überquert das Höhentief den Norden Deutschlands in Richtung Polen,
wobei es zunehmend Anschluss an einen großräumigen Trog über Nordwestrussland
findet. Der dem Höhentief angeschlossen Trog hängt über den Vorhersageraum
hinweg nach Südwesten zurück bis nach Frankreich bzw. zur Biskaya, so dass das
zyklonal geprägte Strömungssetup bei geringen Luftdruckgegensätzen am Boden
erhalten bleibt. Trotzdem soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich über dem nahen
Atlantik bis hoch zum Europäischen Nordmeer hohes Potenzial und hoher Luftdruck
aufbauen.

Beides soll, wenn auch sehr zögerlich und möglicherweise auch nicht
vollumfänglich, zur Wochenmitte von der Nordsee her auf unseren Raum
übergreifen. Am Mittwoch passiert das in Form eines veritablen Bodenhochkeils,
der von einem eher flachen Höhenrücken supportet wird. Bei auf Nord bis Ost
drehendem Wind beginnt die nicht überbordend hoch temperierte Luftmasse (T850 um
12 UTC im Norden um 5°C, im Süden um 9°C) abzutrocken. Es kommt nur noch zu
leichten Regenfällen vornehmlich in der Südhälfte.

In der erweiterten Mittelfrist ab Donnerstag soll sich dann nicht etwa der
Höhenrücken über dem nahen Atlantik bis nach Mitteleuropa ausdehnen. Vielmehr
kommt es über Skandinavien zu einer deutlichen, weit nach Süden reichenden
Austrogung, von der auch Deutschland nicht verschont bleibt. So gelangen wir
quasi zwischen die Stühle in eine nordwestliche Strömung, mit der eher
wechselhaftes und vergleichsweise kühles Wetter verbunden wäre.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz der letzten drei Modellläufe von IFS (ECMF) kann als sehr gut
eingestuft werden. Die Kongruenz der Basisfelder ist hoch, erst zum Ende der
Mittelfrist werden die Unschärfen allmählich größer, ohne aber aus dem normalen
mittelfristtypischen Rahmen zu fallen. Eine grundlegende Änderung der
Wettervorhersage von gestern erscheint auf Basis der Konsistenzbetrachtung nicht
erforderlich.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Zunächst offerieren die an dieser Stelle für gewöhnlich betrachteten
Globalmodelle eine harmonische Einigkeit, die sich im weiteren Verlauf aber als
trügerisch erweist. Casus knacksus scheint das für den Wochenanfang avisierte
Höhentief zu sein, das ab Dienstag unterschiedlich simuliert wird. Das betrifft
nicht nur die zeit-räumliche Verteilung des Tiefs sondern auch seine Geometrie.
Während das kanadische GEM mit einigen Abstrichen auf der Seite von IFS ist,
lassen ICON und GFS das Tief bzw. den nach Südwesten zurückhängenden Trog
nachhaltiger über Deutschland liegen (=> Mittwoch zyklonaler mit mehr
Niederschlag). Es sei in dem Zusammenhang aber darauf hingewiesen, dass sowohl
ICON als auch GFS eine schlechtere Konsistenz aufweisen als IFS. So rechnete
ICON in seinem gestrigen 00-UTC-Lauf weit progressiver als heute, während GFS
das Tief von England her gar nicht erst den Zutritt auf den Kontinent gewährt
hat.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die IFS-EPS-Rauchfahnen repräsentativer Städte zeigen bis einschließlich
nächsten Dienstag einen gutmütigen, nur wenig gespreizten Verlauf, der die
Aussagen des Hauptlauft stützt. Gut erkennbar der satte, im Osten etwas
verzögerte Temperatur und Potenzialrückgang zum Wochenanfang sowie zwei
deutliche RR-Maxima (im Westen (Essen) Sonntag/Montag, im Osten (Berlin)
Montag/Dienstag). Ab Mittwoch nimmt die Streuung zu, wobei Haupt- und
Kontrolllauf eher im unteren Bereich, im Osten (Leipzig, Berlin) sogar am
unteren Rand zu finden sind. Die Mehrheit der Ensembles tendiert zu höherem
Potenzial und auch höheren Temperaturen.
GFS-EPS zeigt im Grunde einen sehr ähnlichen Verlauf wie die „Kollegen“ aus
Reading. Auffallend ist der ab Mittwoch gerade beim Potenzial ganz weit unten
anzutreffende Hauptlauf (die Mehrheit liegt meist deutlich darüber), was eher
gegen die nicht simulierte Progression des Höhentiefs respektive -troges
spricht.

Zurück zu IFS-EPS und dort zur Clusterung, die am Wochenende (T+72…96h) mit nur
einem einzigen Cluster beginnt. Von Montag bis Mittwoch (T+120…168h) sind dann
vier Cluster in der Verlosung, die alle dem Klimaregime „Blocking“ zugeordnet
sind. Bezogen auf unseren Raum erkennt man kleine Unterschiede hinsichtlich des
Höhentiefs, dessen Passage entweder unterschiedlich schnell gerechnet wird
oder/und dessen Geometrie sich jeweils etwas anders darstellt. Das
Außenseitercluster CL 4 (nur 6 Mitglieder) zeigt übrigens den Durchgang eines
sehr flachen Troges (=> weniger Höhenkaltluft, weniger Labilität). In der
erweiterten Mittelfrist ab Donnerstag (T+192…240h) werden ebenfalls vier Cluster
feilgeboten (18 Fälle, 14, 10 + HL/KL, 9), von denen CL 1 eindeutig das
Übergreifen des Höhenrückens vom nahen Atlantik propagiert (antizyklonal
geprägtes Wetter). CL 2 hingegen versucht es mit einem neuen Höhentief, das aber
über Westeuropa verbleiben soll. CL 3 und 4 streben eher eine leicht
mäandrierende westliche bis nordwestliche Höhenströmung an (leicht wechselhaftes
Wetter). Nichts Genaues weiß man nicht…

FAZIT: Bis einschließlich Dienstag ist die Vorhersage auf Basis
deterministischer als auch probabilistischer Prognosen relativ sicher. Danach
nehmen die Unsicherheiten zu.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Sonntag kommt es zunächst in der Westhälfte, in der Nacht zum Montag dann
auch im Osten zu starken Gewittern mit örtlicher Unwettergefahr (heftiger
Starkregen/größerer Hagel). Für Details ist es freilich noch etwas zu früh.

Am Montag und Dienstag besteht dann in Verbindung mit dem Höhentief eine recht
hohe Wahrscheinlichkeit markanter Gewitter. Die Unwettergefahr bleibt dabei aber
gering. Unsicher ist derzeit noch, ob es am Montag im äußersten Südosten
(Alpenrand, Vorland, ostbayerische Mittelgebirge) für Gewitter oder gewittrigen
(Stark)Regen reicht.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS, zum Ende statt MOS-Mix eher IFS-Mix.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann